BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5583 21. Wahlperiode 23.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 15.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Müssen Hamburger Fachstellen im Rahmen des SGB II für lau beraten? Kosten der Unterkunft sind seit der Einführung des SGB II ein häufiger Streitpunkt bei den Sozialgerichten und den Jobcentern. Drohende Wohnungslosigkeit , Obdachlosigkeit oder Unsicherheiten im Umgang mit Leistungsbescheiden durch die Jobcenter t.a.h. lassen die Betroffenen bei den Fachstellen für Wohnungsnotfälle auflaufen. Parallel dazu ändern sich in regelmäßigen Abständen die Fachanweisung nach § 22 SGB II der BASFI. Für die Berechnung der KdU gilt unter anderem der Einsatz eines Wirtschaftlichkeitsrechners in den Jobcentern. Parallel dazu gilt das schlüssige Konzept , in dem die BASFI als Erstellerin auftritt. Fachstellen für Wohnungsnotfälle müssen neben ihrer eigentlichen Beratung bei drohendem Wohnungsverlust , Obdachlosigkeit, Wohnberechtigung in Unterkünften und so weiter auch zusätzlich im Rahmen des SGB II beraten, da Betroffene oftmals Arbeitslosengeld II beziehen. Ebendas gilt auch für andere spezifische Fachstellen in Hamburg. Eine Überschneidung lässt sich oftmals nicht vermeiden. Das bedeutet einen zusätzlichen Zeitaufwand für die Beratungsstellen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) wie folgt: 1. Wann wurde der Wirtschaftlichkeitsrechner zur Ermittlung der Kosten der Unterkunft zuletzt aktualisiert und wann ist die nächste Aktualisierung geplant? Was wurde jeweils geändert? Der Wirtschaftlichkeitsrechner wurde zuletzt am 20. Mai 2016 aktualisiert. Hierbei wurde der Stadtteil Hamm-Nord aus der im Wirtschaftlichkeitsrechner hinterlegten Liste mit den Stadtteilen, bei denen gemäß Ziffer 3.4 der Fachanweisung zu § 22 SGB II ein Zuschlag gewährt wird, herausgestrichen, da dieser Stadtteil in der Fachanweisung nicht mehr enthalten ist. Sofern rechtlicher oder fachlicher Aktualisierungsbedarf entsteht, wird eine entsprechende Anpassung des Wirtschaftlichkeitsrechners erfolgen. 2. Wer hat den zuletzt aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechner erstellt beziehungsweise wurde mit der Aktualisierung beauftragt? Bitte namentlich benennen. Die Erstellung des Wirtschaftlichkeitsrechners erfolgte durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. 3. Ist es mit dem zuletzt aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechner möglich, dass jemand aufgrund eines Kostensenkungsverfahrens die bislang bezogene Wohnung verlassen muss, vielleicht sogar wohnungslos wird, Drucksache 21/5583 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 und dieselbe Wohnung in der Folge von einer/-m SGB-II-Beziehenden bezogen werden kann, die/der aufgrund längerer Wohnungslosigkeit einen Zuschlag gemäß Fachanweisung 3.1., 3.2. beziehungsweise 3.3. nach §22 SGB II um bis zu 15 oder 30 Prozent (3.1.) beziehungsweise um bis zu 10 Prozent (3.2.) beziehungsweise von bis zu 15 Prozent (3.3.) erhält? Wenn ja, müsste für eine solche Fallkonstellation nicht ein Sicherheitspuffer in den Wirtschaftlichkeitsrechner berücksichtigt werden? Der Wirtschaftlichkeitsrechner dient lediglich dazu, die Wirtschaftlichkeit eines Umzuges zu beurteilen. Ob tatsächlich eine Kostensenkung erfolgt, ist im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung festzustellen. Weist ein Mieter im Kostensenkungsverfahren nach, dass es ihm nicht möglich war, eine Wohnung im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen anzumieten, kommt der Wirtschaftlichkeitsrechner nicht zum Tragen. Ziel der zuständigen Behörde ist es, in jedem Fall Wohnungslosigkeit zu vermeiden. Die Gewährung der Zuschläge soll bei besonderen Problemlagen den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern. Es müssen deshalb die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung der genannten Zuschläge erfüllt sein und der/die Leistungsberechtigte muss folglich tatsächlich einen Anspruch auf diese haben. Theoretisch ist es insofern im Einzelfall möglich, dass ein anderer Leistungsberechtigter, der diese Voraussetzungen erfüllt, die Wohnung anmieten kann. Die Beschränkung der Zuschlagsregelung auf bestimmte Fallkonstellationen ist fachlich begründet. Ein Sicherheitspuffer wäre mit dieser Zielsetzung nicht vereinbar. 4. Gibt es Pläne, bei den Zuschlägen auf die zulässige Höhe der Kosten der Unterkunft, welche in Punkt 3. der Fachanweisung zu §22 SGB II formuliert sind, Änderungen vorzunehmen? Wenn ja, welche Änderungen sind geplant? Die zuständige Behörde plant aktuell keine Änderung bei den Zuschlägen in Ziffer 3 der Fachanweisung zu § 22 SGB II. 5. Als zuständige Erstellerin für das Schlüssige Konzept in Bezug auf die Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II wird in der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/2823 die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration angegeben. Hat die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration für die Erstellung des schlüssigen Konzeptes eine externe Stelle oder externe Expertise für die Erstellung des schlüssigen Konzepts herangezogen? Nein; im Übrigen siehe Drs. 21/2823. 6. Welche Konzepte, Berechnungen oder sonstige Grundlagen, neben dem Mietenspiegel Hamburg, spielen bei der Berechnung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft in den Fachlichen Hinweisen § 22 SGB II noch eine Rolle? Bitte jeweils einzeln nach Ersteller auflisten. Neben dem qualifizierten Mietenspiegel werden bei der Berechnung der Höchstwerte die Wohnflächenhöchstwerte der Fachanweisung zur Durchführung des Hamburgischen Wohnraumförderungsgesetzes und des Hamburgischen Wohnungsbindungsgesetzes der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen berücksichtigt. 7. Wenn der Senat und die zuständige Behörde, hier BASFI, aktuell weder die Einführung einer Quadratmeterhöchstmiete noch die Einführung einer Gesamtangemessenheitsgrenze planen, ist für die Zukunft eine Änderung bei den Kosten der Unterkunft nach den Fachlichen Hinweisen § 22 SGB II etwas vorgesehen? Wenn ja, was und zu wann? Bitte ausführlich erläutern. Im Bereich Kosten der Unterkunft ergeben sich aus der Weiterentwicklung des Hilfesystems regelmäßig Anpassungsbedarfe. Derzeit wird die Anpassung an das 9. Änderungsgesetz zum SGB II vorbereitet. Aufgrund der erforderlichen Abstimmungsbedarfe kann ein konkreter Termin nicht genannt werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5583 3 8. Wie viele Menschen wurden durch Jobcenter t.a.h. im Jahr 2015 und 2016 bislang an Beratungsstellen über einen Beratungsgutschein vermittelt ? Bitte jeweils nach Art der Beratung, Beratungsstellen und Fallzahl auflisten. Eine „Vermittlung“ über einen „Beratungsgutschein“ findet durch Jobcenter nicht statt. Sollte sich im Gespräch mit den Kundinnen und Kunden ein Handlungsbedarf ergeben , der nicht durch eigene Ressourcen und Maßnahmen adressiert werden kann, erfolgt eine Verweisberatung an Dritte. Diese wird in der Eingliederungsvereinbarung festgehalten. Wenn vorhanden, werden entsprechende Informationsflyer an die Kundinnen und Kunden ausgehändigt. Eine Erhebung und Auswertung im Sinne der Fragestellung erfolgt darüber hinaus nicht. 9. Sind Änderungen in der Koordinierung beziehungsweise in der Zuständigkeit von einzelnen Beratungsfeldern für die Träger von sozialen Beratungsstellen , welche auch SGB-II-Beziehende beraten und Geld von der BASFI erhalten, geplant? Wenn ja, welche Änderungen sind vorgesehen und wann treten diese in Kraft? Nein. 10. Welche Beratungsstellen, an die durch Jobcenter t.a.h. gemäß §16 a SGB II verwiesen wird, haben die Berechtigung zur Beratung bei Fragen durch Arbeitslosengeld-II-Leistungsberechtigten im Rahmen des SGB II? Bitte einzeln auflisten. Die Beratung der Leistungsberechtigten zu leistungsrechtlichen sowie die Integration betreffenden Fragestellungen obliegt gemäß § 14 Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) Jobcenter. 11. Welche Beratungsstellen nach Frage 10. beraten bei Wohnungsnotfällen oder Fragen nach den KdU gemäß § 22 SGB II und in welchem Umfang? Bitte einzeln auflisten. Beratungsstellen nach § 16a SGB II verweisen bei Wohnungsnotfällen grundsätzlich an die Fachstellen für Wohnungsnotfälle der Bezirksämter. Die Fachstellen für Wohnungsnotfälle sind etablierter Bestandteil des bestehenden Hilfesystems für von Wohnungslosigkeit betroffene Personen und Personen, deren Wohnraum akut gefährdet ist oder denen unmittelbar Wohnungslosigkeit droht. Die flankierenden Leistungen gemäß §16a SGB II werden in Hamburg für die Beratungsleistung Sucht, Schulden und Lebenslagenberatung zur Verfügung gestellt. 12. Wie bewertet es der Senat, dass Fachstellen für Wohnungsnotfälle derzeit nicht im Rahmen des SGB II allgemeine Fragen beantworten dürfen ? Ist hier eine Änderung für die Zukunft geplant? Wenn ja, zu wann? Wenn nein, warum nicht? Die Fachstellen für Wohnungsnotfälle klären im Rahmen der Hilfen zur Wohnungssicherung und Wohnungsversorgung mit den betroffenen Personen grundsätzlich auch deren finanzielle Situation. Dies umfasst auch eine vorläufige Prüfung und Beratung, ob Ansprüche auf öffentliche Leistungen bestehen. Betroffene Personen werden bei der Realisierung ihrer Ansprüche unterstützt. Im Übrigen siehe Antwort zu 10. 13. In welchem Rahmen und Umfang hat Jobcenter t.a.h. nach § 14 SGB I eine Beratungspflicht beziehungsweise § 15 SGB II Auskunftspflicht beim 1. Primären, 2. Semi, 3. Funktionalen Analphabetismus bei Arbeitslosengeld -II-Leistungsberechtigten und inwieweit wird die Beratungspflicht beziehungsweise Auskunftspflicht in welchem Rahmen tatsächlich umgesetzt? Drucksache 21/5583 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Welche Alternativen bietet sich für Jobcenter t.a.h. an, wenn nach Frage 13. die Beratungs- beziehungsweise Auskunftspflicht nicht eingehalten werden kann? Bitte Alternativen einzeln auflisten. 15. In welchem Rahmen und Umfang werden Beratungsstellen zu Hilfe genommen, wenn Analphabetismus vorliegt? Bitte einzelne Beratungsstellen auflisten. Für die Grundbildungsangebote sind die jeweiligen Länder zuständig. Rahmen und Umfang für Jobcenter ergeben sich aus § 14 und § 15 SGB I. Sofern im Beratungsgespräch mit den Kundinnen und Kunden erkannt wird, dass eine der verschiedenen Arten des Analphabetismus vorliegen könnte, erfolgt ein Angebot entsprechender Maßnahmen oder – falls diese nicht passend sind – ein Verweis an Dritte (Anbieter/ Beratungsstellen). Eine Erhebung und Auswertung im Sinne der Fragestellungen erfolgt darüber hinaus nicht.