BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5665 21. Wahlperiode 30.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse, Dirk Nockemann und Dr. Joachim Körner (AfD) vom 22.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Salafisten im Fokus – Ein Querschnitt der Hamburger Szene Dem aktuellen Jahresbericht des Hamburger Landesamts für Verfassungsschutz für 2015 zufolge haben sich die Potenziale salafistischer Bestrebungen im Zeitraum von 2011 bis heute kontinuierlich vergrößert. Demnach sind den Behörden gegenwärtig 460 Personen als Salafisten bekannt. Von ihnen gelten wiederum 270 als gewaltbereit, wobei im Mai 2016 bislang 70 Personen in den Dschihad nach Syrien gereist waren.1 Diversen Medienberichten kann man entnehmen, dass seit mehreren Monaten verstärkt die Einreise von Migranten aus Regionen erfolgt, die stark vom Islamismus betroffen sind. Dabei handelt es sich um eine Entwicklung, die seit Neustem besonders von aus dem russischen Nordkaukasus stammenden Tschetschenen geprägt ist. Dadurch, dass viele von ihnen über Polen einreisen, hat ihre Anzahl zuletzt stark zugenommen.2 Eine Anfrage der AfD- Fraktion in Brandenburg hat ergeben, dass 2016 bisher 734 Tschetschenen ins Land gekommen sind, woraus sich eine Verdreifachung des Vorjahreswertes ergibt. Die Besorgnis, mit der Verfassungsschutz und Polizei diese Entwicklung verfolgen, deutet darauf hin, dass innerhalb der salafistischen Szene bestimmte Staatsangehörige offenbar als besonders problematisch gelten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie ist die Struktur der salafistischen Szene gegenwärtig in Hinblick auf die Staatsangehörigkeit ihrer Angehörigen beschaffen? Bitte anhand der Staatsangehörigkeit aufschlüsseln sowie die bislang 70 nach Syrien gereisten Personen gesondert nennen. 2. Wie viele von ihnen verfügen über die doppelte Staatsbürgerschaft? Der Datenbestand zur salafistischen Szene unterliegt aufgrund sich verändernder Informationslagen einem stetigen Wandel. Bereits in der Drs. 21/4700 war die Zahl von 581 Personen genannt, die nach Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg der salafistischen Szene zuzuordnen waren. Zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage waren beim LfV Hamburg 621 Personen als Salafisten gespeichert. Diese gliedern sich hinsichtlich der Staatsangehörigkeit wie folgt auf: 1 Confer Verfassungsschutzbericht 2015. Seiten 27, 42. 2 Behörden alarmiert. Immer mehr Tschetschenen reisen über Polen ein. N24 online vom 22. Juni 2016. Drucksache 21/5665 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Staatsangehörigkeit Anzahl Deutsch 192 Türkisch 45 Afghanisch 15 Marokkanisch 13 Russisch 12 Syrisch 11 Libysch 9 Tunesisch 9 Algerisch 7 Bosnisch-Herzegowinisch 6 Ägyptisch 5 Sonstige* 48 Staatsangehörigkeit unbekannt 61 Anmerkung*: Unter „sonstige“ sind diejenigen Staatsangehörigkeiten erfasst, deren Anzahl jeweils unter fünf liegt. Darüber hinaus besitzen 188 Personen die deutsche und eine weitere Staatsangehörigkeit . 73 in Richtung Krisengebiete ausgereisten Personen hatten folgende Staatsangehörigkeiten : Staatsangehörigkeiten Anzahl Deutsch 25 Türkisch 8 Syrisch 4 Jordanisch 2 Libanesisch 2 Israelisch, Russisch, Kamerunisch, Ägyptisch, Mazedonisch Je 1 Staatsangehörigkeit unbekannt 2 Darüber hinaus besitzen 25 der ausgereisten Personen die Deutsche und eine weitere Staatsangehörigkeit. 3. Wie viele russische Staatsbürger aus Tschetschenien sind seit dem 1. Januar 2016 in Hamburg registriert worden? 4. Wie hoch fällt der Vergleichswert für 2015 aus? Tschetschenien ist eine Teilrepublik der Russischen Föderation. Aus diesem Grunde werden tschetschenische Volkszugehörige ausländerbehördlich als russische Staatsangehörige erfasst, sodass die erbetenen statistischen Angaben nicht vorliegen. Eine nachträgliche Ermittlung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, weil dies, soweit die Volkszugehörigkeit überhaupt angegeben wird, händisch ermittelt werden müsste. Im Jahr 2016 wurden bis Ende Juli 335 russische Staatsbürger als Asylsuchende registriert, die Hamburg im Rahmen des bundesweiten Verteilungsverfahrens zugewiesen wurden. Im ganzen Jahr 2015 wurden insgesamt 335 russische Asylsuchende registriert. Ein Vergleichswert für den gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres liegt nicht vor und kann nachträglich auch nicht ermittelt werden. 5. Wie schätzt der Senat die Bedeutung der Tschetschenen für die salafistische Szene in Hamburg gegenwärtig ein? 6. Seit 20 Jahren ist Tschetschenien vom militanten Islamismus betroffen. Wie beurteilt der Senat eine steigende Anzahl der Tschetschenen in Hamburg für eine etwaige Radikalisierung der salafistischen Szene? Das von Angehörigen der salafistischen Szene in Hamburg ausgehende individuelle Gefährdungspotenzial hängt nicht in erster Linie von der Nationalität ab. Hamburger Salafisten haben, wie in der Antwort zu 1. und 2. ersichtlich, die verschiedensten Nationalitäten und Hintergründe.