BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5666 21. Wahlperiode 30.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Dr. Joachim Körner (AfD) vom 22.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Jungfernstieg die Zweite – Beginn einer „never-ending Story“? Am Dienstag nahm die Polizei drei Ägypter am Jungfernstieg fest, wobei sie sich mit einem Großaufgebot gegen sich solidarisierende Nordafrikaner schützen musste, die versuchten, die Festnahme zu verhindern. Am Mittwochabend nahm die Polizei einen Syrer im Zusammenhang mit einem Drogendelikt fest, wobei die Polizei von 60 Anwesenden bedrängt wurde, weshalb erneut ein Großaufgebot notwendig war. Zuvor hatten sich zwei 17 und 18 Jahre alte Frauen geprügelt, von denen die 18-Jährige dem Syrer zuvor Haschisch verkauft haben soll. Auch in der Nacht zu Freitag hat es einen Polizeieinsatz am Jungfernstieg gegeben: Anlass war, dass ein 25 Jahre alter Syrer durch einen Flaschenwurf im Gesicht verletzt wurde. Ein Täter konnte offenbar noch nicht ermittelt werden. Entgegen den Angaben des Polizeisprechers Zill, der die Situation als harmlos darstellt, ist der Jungfernstieg nach Angaben eines Artikels im „Hamburger Abendblatt“ vom 19.08.2016, mit dem Titel „Brennpunkt Jungfernstieg“, bei Polizisten berüchtigt. Die „Szene“ vor Ort bestehe „zu fast 85 Prozent aus Männern, die zu einem großen Teil aus Ländern rund um das Mittelmeer kommen“. „Besonders auffällig seien dabei Nordafrikaner wegen ihrer hohen Aggressivität“. Das „Hamburger Abendblatt“ zitiert einen Beamten vor Ort, der sagt, dass der Polizei fast immer zu wenig Kräfte zur Verfügung stünden, weil es zu viele andere Prioritäten gäbe. Freddi Lohse, der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Hamburg, äußerte im Gespräch mit NDR 90,3, dass man mittlerweile bereits Zivilfahnder in Uniform auf die Straße schicken müsse, die dadurch anschließend eigentlich nicht mehr als Zivilfahnder arbeiten könnten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Jungfernstieg sowie der angrenzende Grün- und Erholungsbereich der Binnenalster einschließlich des Bereiches um die Kunsthalle ist für die hamburgische Bevölkerung wie auch für Touristen ein Anziehungspunkt. Zugleich ist er insbesondere bei günstiger Witterung vermehrt auch Treffpunkt für Gruppen von Jugendlichen und Heranwachsenden in unterschiedlicher Größenordnung und Zusammensetzung. Die Europapassage mit Vorplatz sowie der Bereich vor den Geschäften im Jungfernstieg sind dabei besondere Anziehungspunkte. Aufgrund einer Gemengelage aus einzelnen Straftaten, Ordnungswidrigkeiten und Belästigungen durch dort anwesende Personen Drucksache 21/5666 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 führt das Polizeikommissariat 14 seit dem März 2012 zielgerichtete Maßnahmen im Bereich Binnenalster durch, um Störungen, Straftaten sowie eine Verfestigung einer Szene zu verhindern. Diese Maßnahmen werden in der Regel freitags und sonnabends in den Monaten März bis Oktober beginnend in den späten Nachmittagsbeziehungsweise frühen Abendzeiten getroffen und werden lageangepasst fortgesetzt . Am 17. August 2016 um 23.08 Uhr wurde die Polizei zum Jungfernstieg gerufen, weil es dort zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Frauen gekommen war. Die beiden Frauen beschuldigten sich gegenseitig, von der jeweils anderen geschlagen worden zu sein und erstatteten entsprechende Strafanzeigen. Am Einsatzort erhielten die Beamten dann den Hinweis, dass ein Mann von einer der Frauen Drogen gekauft haben soll. Als die Polizisten den Mann überprüften, stellten sie einen Beutel mit einer kleinen Menge Haschisch sicher, den er in der Hosentasche hatte. Bei der Kontrolle seines Rucksackes rannte der Mann plötzlich davon und sprang in die Binnenalster. Polizeibeamte zogen ihn unverletzt aus der Alster und nahmen ihn in Gewahrsam. Die Beamten fanden in dem Rucksack mehrere Beutel mit vermutlichem Haschisch, die sichergestellt wurden. Bei dem Mann handelt es sich um einen 27 Jahre alten Syrer. Er wurde vorläufig festgenommen. Es sind insgesamt vier Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, davon zwei Verfahren wegen wechselseitig begangener Körperverletzungen und zwei Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz . Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Während des Polizeieinsatzes kamen etwa 60 Personen auf die Einsatzkräfte zu. Zur Gefahrenabwehr wurden die Personalien von 23 Personen festgestellt und ein Platzverweis erteilt. Eine Person provozierte die eingesetzten Polizeibeamten und erhielt zunächst ebenfalls einen Platzverweis, dem sie jedoch nicht nachkam. Die Person wurde daraufhin in Gewahrsam genommen. Am 18. August 2016 um 22.33 Uhr kam es laut Zeugenaussagen zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Syrer und einer weiteren Person. Beide Personen hielten sich in unterschiedlichen Gruppen auf. Nach derzeitigem Sachstand kam es aufgrund zu lauter Musik zu einem Streit zwischen den Gruppen. Ein bislang unbekannter Täter aus der Gruppe, die sich von der Musik gestört fühlte, zerschlug eine Flasche, lief damit auf den Geschädigten zu und verletzte ihn ihm Gesicht. Ein Strafverfahren wurde eingeleitet, die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welchen aufenthaltsrechtlichen Status hat der 18-jährige Syrer inne, den die Polizei am Mittwochabend festnahm? Welches ist die Begründung für diesen Status? 2. Wie gestaltete sich sein bisheriger Aufenthalt in Deutschland? Hat er insbesondere ein Asylverfahren durchlaufen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Ermittelt wird gegen einen 27-jährigen Syrer, der von einer 18-jährigen Deutschen Drogen erworben haben soll und der am 17. August vorläufig festgenommen wurde. Der Betroffene ist am 5. Juli 2015 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 22. September 2015 einen Asylantrag gestellt. Ihm wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 16. Dezember 2015 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach Eintritt der Bestandskraft am 27. Dezember 2015 wurde ihm durch das Einwohner-Zentralamt ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz mit einer jeweiligen Geltungsdauer bis zum 20. Januar 2019 erteilt. 3. In welcher Weise ist er bislang bereits polizeilich in Erscheinung getreten ? Der 27-jährige Syrer ist vor seiner vorläufigen Festnahme am 17. August 2016 im Jahr 2015 wegen des Verdachts des illegalen Aufenthaltes sowie im Jahr 2016 mit einem Diebstahlsdelikt in Erscheinung getreten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5666 3 4. Befindet er sich noch in Haft? Wenn ja, mit welcher Begründung? Nein. 5. Welche Staatsangehörigkeit haben die 17 und 18 Jahre alten Frauen? Falls sie keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, welchen aufenthaltsrechtlichen Status haben sie inne? Welches ist die Begründung für den jeweiligen Status? Es handelt sich um deutsche Staatsangehörige. 6. In welcher Weise sind die beiden Frauen bisher polizeilich in Erscheinung getreten? Die 18-jährige Frau ist vor der in Rede stehenden Auseinandersetzung mit einem Diebstahls- und einem Körperverletzungsdelikt in Erscheinung getreten; die 17-jährige Frau ist vorher polizeilich nicht in Erscheinung getreten. 7. Befinden sich die beiden Frauen in Untersuchungshaft? Nein. 8. Von wie vielen Personen aus dem Pulk von circa 60 Personen, die die Polizei an der Festnahme hindern wollten, sind die Personalien aufgenommen worden? Siehe Vorbemerkung. 9. Waren unter diesen Personen welche, die bereits polizeibekannt sind? Ja. 10. Sind Maßnahmen gegen Personen aus dem Pulk von circa 60 Personen getroffen worden? Wenn ja, welche? Siehe Vorbemerkung. 11. Wie viele Einsatzkräfte waren an dem Polizeieinsatz beteiligt? Es waren insgesamt 20 Polizeibeamte eingesetzt. 12. Welche Ermittlungsverfahren sind infolge der Ereignisse am Mittwochabend anhängig? 13. Welche Erkenntnisse liegen mittlerweile hinsichtlich der geschilderten Ereignisse von der Nacht auf Freitag vor? Ist insbesondere ermittelt worden, welche Personen an der Auseinandersetzung beteiligt waren und aus welchem Grund sie entstanden ist? Siehe Vorbemerkung. 14. Welchen aufenthaltsrechtlichen Status hat der verletzte Syrer? Hat er bislang ein Asylverfahren durchlaufen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Dem Betroffenen wurde mit Bescheid des BAMF vom 4. Dezember 2015 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach Eintritt der Bestandskraft am 31.Dezember 2015 wurde ihm durch das Einwohner-Zentralamt ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz mit einer jeweiligen Geltungsdauer bis zum 21. Januar 2019 erteilt. 15. Was kann die Behörde grundsätzlich zur Zusammensetzung der „Szene“ abends am Jungfernstieg sagen? Wer versammelt sich dort und werden dort regelmäßig Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/5666 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 16. Ist es ein mittlerweile übliches Phänomen, dass Einsatzkräfte der Polizei von Personen, die am ursprünglichen, zum Polizeieinsatz führenden Ereignis gar nicht beteiligt waren, bedrängt und attackiert werden? Nein. Vereinzelt kommt es bei Polizeieinsätzen zu Solidarisierungseffekten von Personen , die am ursprünglichen, zum Einsatz führenden Ereignis nicht beteiligt waren. 17. Wie beabsichtigt die Behörde auf die Problematik „Brennpunkt Jungfernstieg “ zu reagieren? Siehe Vorbemerkung. 18. Wie ist die Haltung des Senats zu den sich geradezu widersprechenden Darstellungen der Situation am Jungfernstieg durch einerseits den Pressesprecher der Polizei, die harmlos klingt, und andererseits von eingesetzten Polizeibeamten vor Ort? Die Polizei nimmt zu angeblichen Äußerungen einzelner Beamter keine Stellung.