BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5675 21. Wahlperiode 30.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Thilo Kleibauer (CDU) vom 23.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Steuerung der öffentlichen Unternehmen – Was passiert mit der HOCH- BAHN-Aktivität BeNEX? Nach einer entsprechenden Abschreibung über 4 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2013 hat die HOCHBAHN im Jahr 2015 den Wertansatz der 51-Prozent-Beteiligung an der BeNEX GmbH um 12 Millionen Euro abgewertet . Dies wurde über den Verlustausgleich durch die HGV und damit den Hamburger Landeshaushalt ausgeglichen. In der BeNEX sind die Nahverkehrsaktivitäten der HOCHBAHN außerhalb der Metropolregion Hamburg zusammengefasst. Diesbezüglich hatte die HOCHBAHN immer dargestellt, dass diese Aktivität nicht zulasten des Hamburger Haushaltes geht, sondern Zusatzerträge für die HOCHBAHN erwirtschaftet . So wurde der Bürgerschaft im Ausschuss Öffentliche Unternehmen im Februar 2013 ausdrücklich mitgeteilt, dass steigende Ergebnisse und Gewinnabführungen von BeNEX erwartet würden (siehe Protokoll Nummer 20/17 des Ausschusses Öffentliche Unternehmen). Die Abschreibung von 12 Millionen Euro wird von der HOCHBAHN im Jahresabschluss 2015 mit nicht auskömmlichen Verkehrsverträgen begründet. Diese betreffen offenbar insbesondere auch die agilis Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG, an der die HOCHBAHN auch unmittelbar beteiligt ist. Zudem gibt es bezüglich der Verpflichtungen der Hochbahn bei der agilis laut HOCHBAHN-Jahresabschluss juristische Auseinandersetzungen zwischen HOCHBAHN und BeNEX. Gemäß dem Lagebericht der HOCHBAHN für das Jahr 2015 „kann mittelfristig von rückläufigen bis zu vollständig ausbleibenden Beteiligungserträgen von der BeNEX ausgegangen werden.“ Dagegen wurde im Lagebericht zum vorangegangenen Geschäftsjahr 2014 noch ausgeführt: „Auf Basis der aktuellen Planung der BeNEX ist mittelfristig eine Reduzierung bzw. ein Ausfall von Beteiligungserträgen nicht zu erwarten.“ Demnach haben sich die Perspektiven der Beteiligung an BeNEX mit entsprechenden negativen Auswirkungen für die HOCHBAHN deutlich eingetrübt. Unabhängig von der schwachen operativen Entwicklung besteht eine hohe Unsicherheit bezüglich der Auswirkungen der Beteiligung an BeNEX auf die Durchführung der HOCHBAHN-Busverkehrsleistungen in Hamburg über das Vertragsende im Jahr 2019 hinaus. Eine Direktvergabe an die HOCHBAHN ist demnach nur zulässig, wenn die HOCHBAHN über keine Aktivitäten auf anderen Verkehrsmärkten verfügt. So heißt es im Lagebericht 2015 sehr klar und deutlich: „Des Weiteren muss die HOCHBAHN vor der Direktvergabe eine Lösung für die BeNEX finden.“ Drucksache 21/5675 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ich frage den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie folgt: 1. Aus welchen Gründen im Einzelnen wurden im Geschäftsjahr 2015 bei der HOCHBAHN Abschreibungen in Höhe von 12 Millionen Euro für die BeNEX-Aktivitäten vorgenommen? Im Rahmen des Engagements der BeNEX GmbH auf dem Markt des Schienenpersonennahverkehrs bestehen Verkehrsverträge, die derzeit nicht auskömmlich sind. Insbesondere bei den agilis-Gesellschaften erreichten die Umsatzerlöse und Fahrgastzahlen nicht die Erwartungen. Dies ist neben den anhaltend niedrigen Kraftstoffpreisen , die eine Pkw-Eigennutzung begünstigen, auch auf die zunehmende Popularität des Fernbusverkehrs zurückzuführen. Die Abschreibungen stehen im Zusammenhang mit den aus diesen Effekten bei der agilis Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG (agilis E) resultierenden wirtschaftlichen Folgen. Im Zusammenhang mit einem mit der BeNEX geführten Rechtsstreit über die Zuordnung der Finanzierungsverantwortung für agilis E erwartet die HOCHBAHN ein für sie positives Urteil, welches eine Verpflichtung der BeNEX bestätigt. Die daraus für die BeNEX erwachsenen Folgen und die Auswirkungen auf die zukünftigen Ergebnisausschüttungen an die HOCHBAHN wurden im Jahresabschluss 2015 bereits durch die genannte Abschreibung auf die Finanzanlage BeNEX berücksichtigt. 2. Welche Verkehrsverträge der BeNEX-Gruppe sind derzeit nicht auskömmlich und bis wann laufen diese Verträge? 3. Seit wann genau sind dem Senat sowie dem für die HOCHBAHN zuständigen Senator jeweils bekannt, dass Verkehrsverträge der BeNEX-Gruppe nicht auskömmlich sind? 4. Wann war der Aufsichtsrat der HOCHBAHN seit Anfang 2015 jeweils mit Veränderungen der Planannahmen für die BeNEX-Aktivitäten und nicht auskömmlichen Verkehrsverträgen befasst? Aufgrund der Beteiligung des privaten Gesellschafters INPP Public Infrastructure Germany GmbH & Co. KG und des daraus resultierenden gemischt-wirtschaftlichen Status der zur BeNEX-Gruppe gehörenden Unternehmen unterliegen die erbetenen Einzelheiten zu den jeweiligen Verträgen als Geschäftsgeheimnis der Vertraulichkeit. Eine Veröffentlichung könnte unmittelbar die Wettbewerbssituation der BeNEX und der BeNEX-Gruppe negativ beeinflussen und in diesem Zusammenhang gegebenenfalls auch Schadenersatzansprüche zulasten der HOCHBAHN auslösen. Seit Gründung der BeNEX im Jahr 2007 wurde in allen Sitzungen des Aufsichtsrates der HOCHBAHN über die jeweiligen Ergebnisentwicklungen der Unternehmen innerhalb der BeNEX-Gruppe informiert. Erstmalig wurde in der Sitzung des Aufsichtsrates der HOCHBAHN vom 19. März 2012 über eine unter der Kalkulationsannahme liegende Nachfrage und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Ertragslage der agilis E berichtet. Auswirkungen auf die prognostizierte Auskömmlichkeit des Verkehrsvertrages über dessen gesamte Vertragslaufzeit haben sich zu dieser Zeit jedoch noch nicht ergeben. Siehe dazu auch Antwort zu 5. Zuletzt wurde in den Sitzungen des Aufsichtsrates der HOCH- BAHN vom 18. März 2015, 24. Juni 2015, 5. Oktober 2015, 11. Dezember 2015, 3. März 2016 und 24. Juni 2016 über die wirtschaftliche Entwicklung der BENEX-Gruppe berichtet. 5. Wann wurden jeweils Veränderungen in der Einschätzung der Entwicklung der Erträge aus der BeNEX-Beteiligung gegenüber den Angaben im Geschäftsbericht 2014 vorgenommen? Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um rückläufige Beteiligungserträge zu kompensieren? Im Rahmen des Jahresabschlusses 2014 wurde für die Verkehrsverträge der agilis- Gruppe von einem auskömmlichen Ergebnis ausgegangen. Erst die im Jahr 2015 aufgrund neuer gutachterlicher Erkenntnisse zur Fahrgastzahlen- und Einnahmeent- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5675 3 wicklung geänderte Einschätzung durch die Geschäftsführung der agilis ergab, dass der Verkehrsvertrag agilis E ohne noch zu treffende Kompensationen nicht auskömmlich sein würde. Zur Kompensation wurden vorrangig intensive Verhandlungen mit dem Aufgabenträger – der Bayerischen Eisenbahngesellschaft – über mögliche Ausgleichsbeträge für die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht vorherseh- und kalkulierbaren Auswirkungen durch Fernbusverkehre geführt. 6. Wie waren jeweils in den Jahren 2013, 2014 und 2015 die Ergebniseffekte der BeNEX-Aktivitäten in der Gewinn- und Verlustrechnung der HOCHBAHN durch Beteiligungserträge, Zusatzerträge sowie Abschreibungen auf Finanzanlagen? BeNEX 2013 2014 2015 Ergebniseffekt 828 T€ 1.541T€ 2.162 T€ Wertberichtigungen Finanzanlage 4.000 T€ -- 12.000 T€ 7. Wie sind derzeit die Erwartungen bezüglich der Ergebnisentwicklung der BeNEX-Gruppe für die Jahre 2016 und 2017 und welche Auswirkungen werden in diesen Jahren auf die Gewinn- und Verlustrechnung der HOCHBAHN erwartet? Siehe Antwort zu 2. bis 4. 8. Wie ist der genaue Sach- und Verfahrensstand bezüglich der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Verpflichtung der HOCHBAHN zur Finanzierung der agilis Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG? In welcher Höhe wurden geltend gemachte Ansprüche von der HOCHBAHN bestritten? Die HOCHBAHN macht im Rahmen einer im August 2015 erhobenen Klage gegenüber der BeNEX Ansprüche auf Freistellung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber der agilis Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG geltend. Aus prozessualen Gründen richtet sich die Klage auch gegen die agilis Eisenbahngesellschaft. Hinsichtlich des Verkehrsvertrages für das Netz der agilis Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG hatte die HOCHBAHN gegenüber den dortigen SPNV-Aufgabenträgern im Jahr 2007 aus vergaberechtlichen Gründen Zusicherungen für die Durchführung übernommen, um in dem damaligen Wettbewerbsverfahren die Rechtsstellung als Bieter nicht zu verlieren. Die HOCHBAHN hat durch eine vertragliche Vereinbarung bereits im Jahr 2007 alle rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Zusicherungen auf die BeNEX übertragen . Die BeNEX bestreitet allerdings die Anwendbarkeit der genannten Vereinbarung. Der Klageanspruch der HOCHBAHN resultiert aus der zur Abwendung der Inanspruchnahme aus den Zusicherungen als Vorleistung erfolgten mittelbaren Bereitstellung finanzieller Mittel zur Sicherstellung der notwendigen Liquidität. Das Gerichtsverfahren befindet sich derzeit in der ersten Instanz. Eine mündliche Verhandlung hat noch nicht stattgefunden. 9. In welcher Höhe haftet die HOCHBAHN für Verbindlichkeiten von Gesellschaften der BeNEX-Gruppe und in welcher Höhe wurde den Gesellschaften durch die HOCHBAHN Fremdkapital zur Verfügung gestellt? Die HOCHBAHN haftet – abgesehen von dem eingelegten Kommanditkapital bei der agilis Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG in Höhe von 12.750 Euro – nicht für Verbindlichkeiten von Gesellschaften der BeNEX-Gruppe. Die im Rahmen einer Cash- Pool-Vereinbarung an Gesellschaften der BeNEX-Gruppe eingeräumten Kreditlinien wurden bislang nicht in Anspruch genommen (Stand: 31. Dezember 2015). 10. Wie hoch war der Wertansatz für die BeNEX-Beteiligungen in der Bilanz der Freien und Hansestadt Hamburg am 31.12.2014? Die BeNEX ist keine unmittelbare Beteiligung Hamburgs und wird daher in der Bilanz der Freien und Hansestadt Hamburg nicht als Finanzanlage aktiviert. 11. Wie sind der genaue Sachstand sowie der Zeitplan für die im HOCH- BAHN-Geschäftsbericht 2015 angesprochene Findung einer „Lösung für Drucksache 21/5675 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 die BeNEX“ vor einer zukünftigen Direktvergabe von Bus-Verkehrsleistungen in Hamburg? 12. Bis wann muss nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde und der HOCHBAHN eine Lösung für die BeNEX gefunden werden? Die HOCHBAHN verfolgt das Ziel, spätestens bis zum Ablauf der derzeitigen Bestandsbetrauung im November 2019 eine Anschlussbetrauung für Bus-Verkehrsleistungen durch die Freie und Hansestadt Hamburg zu erhalten. Dabei werden Bestimmungen der EU-Verordnung 1370/2007 beachtet. Weitere Einzelheiten stellen ein Geschäftsgeheimnis dar und unterliegen der Vertraulichkeit. Eine Veröffentlichung würde die Realisierung einer für die HOCHBAHN und die Freie und Hansestadt Hamburg zielführenden Lösung gefährden. 13. Welche Stellen waren oder sind mit Fragestellungen im Zusammenhang mit der Suche einer Lösung für die BeNEX im Einzelnen befasst? Mit den Fragestellungen ist die HOCHBAHN befasst, die auch auf die Unterstützung durch externe Berater zurückgreift. Darüber hinaus findet eine Abstimmung mit der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, der Finanzbehörde und der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV) statt. 14. Ist geplant, die Beteiligung der HOCHBAHN an der BeNEX zu veräußern ? Die Überlegungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. 15. Ist es zutreffend, dass der Mitgesellschafter an der BeNEX einem möglichen Verkauf von Anteilen zustimmen muss? Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter der BeNEX sind in einem Konsortialvertrag geregelt, dessen Inhalte der Vertraulichkeit unterliegen. Im Übrigen siehe Antworten zu 2. bis 4. sowie zu 11. und 12. 16. Wie schätzen der Senat sowie die zuständige Fachbehörde derzeit die Risiken und Chancen aus der Beteiligung an BeNEX ein? Siehe Antworten zu 1. und zu 14. 17. Warum geht der im Einzelplan 7 des Haushaltsplan-Entwurfs 2017/2018 abgedruckte Erfolgsplan der HOCHBAHN im Jahr 2016 von einem Rückgang des Beteiligungsergebnisses um fast 3 Millionen Euro aus? Für das Jahr 2015 wurden die Daten aus dem Jahresabschluss verwendet. Die ausgewiesenen Daten für das Jahr 2016 entstammen der mittelfristigen Planung des Wirtschaftsplans 2014, der im Dezember 2013 durch den Aufsichtsrat genehmigt wurde . Für die Jahre 2017 und 2018 wurde die mittelfristige Planung des aktuellen Wirtschaftsplans 2016 verwendet, der im Dezember 2015 genehmigt wurde. Eine Vergleichbarkeit der einzelnen Jahre untereinander ist aufgrund der unterschiedlichen Planungszeitpunkte nur bedingt möglich, da bei wesentlichen Planungsprämissen (Fahrgastzahlensteigerung, Leistungssteigerung, Energiekosten) aufgrund sich im Zeitablauf ergebender Entwicklungen unterschiedliche Annahmen getroffen wurden. Die aktuelle Planung sieht für das Jahr 2016 Beteiligungserträge in Höhe von 11.100.000 Euro vor. Der planerische Rückgang dieser Beteiligungserträge spiegelt die Ertragsannahmen der HOCHBAHN Beteiligungen wider und ist insbesondere auf folgende Gesellschaften zurückzuführen: FFG, BeNEX, Jasper und TEREG.