BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5690 21. Wahlperiode 30.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 23.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Barrierefreier Umbau von Schnellbahnhaltestellen Nach § 8 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) muss der Aufgabenträger eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen sicherstellen. Dazu hat er einen Nahverkehrsplan zu erstellen und dabei unter anderem Behindertenbeauftragte, Verbände der in ihrer Mobilität eingeschränkten Fahrgäste sowie Fahrgastverbände anzuhören. Außerdem soll bis 1. Januar 2022 vollständige Barrierefreiheit erreicht werden. Ich frage den Senat: § 8 Personenbeförderungsgesetz begründet grundsätzlich keine Pflicht zur Erstellung eines Nahverkehrsplans. Der Nahverkehrsplan ist als Regelinstrument dann sinnvoll, wenn der Aufgabenträger des ÖPNV für mehrere Gebietskörperschaften zuständig ist. Dies ist in den meisten Flächenländern der Fall. In Hamburg ist ein Nahverkehrsplan entbehrlich. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) wie folgt: 1. Wer ist in Hamburg Aufgabenträger im Sinne des § 8 PBefG? Aufgabenträger auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Gemäß Abschnitt I der Anordnung des Senats über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Personenbeförderungsrechts vom 16. Dezember 1993 in der derzeit gültigen Fassung ist die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) für die Durchführung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) als Aufgabenträger zuständig. Innerhalb der BWVI wird diese Aufgabe vom Amt Verkehr und Straßenwesen wahrgenommen. 2. Wann wurde vom Aufgabenträger der Nahverkehrsplan aufgestellt? 3. Welche der in der Vorbemerkung genannten Institutionen wurden wann an der Aufstellung des Nahverkehrsplans beteiligt? Es ist nicht beabsichtigt, einen Nahverkehrsplan (NVP) für Hamburg zu erstellen. Grundlage für eine kontinuierliche Verkehrsentwicklungsplanung in Hamburg ist das Mobilitätsprogramm 2013 (Drs. 20/9376). Im Übrigen siehe Drs. 21/4908. 4. Hat Hamburg von der Ermächtigung Gebrauch gemacht, weitere Einzelheiten als die in § 8 PBefG genannten Punkte, zu regeln? Wenn ja: welche? Nein, da hierfür kein Bedarf besteht. 5. Ist die Vorschrift betreffend die vollständige Barrierefreiheit bis zum 1. Januar 2022 eine unverbindliche Zielvorgabe oder Pflicht? Drucksache 21/5690 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nach § 8 Absatz 3 Satz 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) hat ein Nahverkehrsplan die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die Länder können jedoch nach § 62 Absatz 2 PBefG, soweit dies nachweislich aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unumgänglich ist, den Zeitpunkt abweichend festlegen sowie Ausnahmetatbestände bestimmen, die eine Einschränkung der Barrierefreiheit rechtfertigen. Der Senat verfolgt das Ziel, das System des öffentlichen Nahverkehrs schnellstmöglich vollständig barrierefrei auszubauen. 6. Wird Hamburg von der Möglichkeit Gebrauch machen, Ausnahmen von der Barrierefreiheit zu benennen? Falls ja: Welche Ausnahmen sind das und wie werden diese begründet? Ob und in welchem Umfang aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen Ausnahmetatbestände bestimmt werden müssen, die für einzelne Fälle eine Einschränkung der Barrierefreiheit rechtfertigen oder ob Abweichungen von dem vorgeschriebenen Zeitpunkt festgelegt werden müssen, steht derzeit noch nicht fest. 7. Wird Hamburg bis zum 1. Januar 2022 vollständige Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr herstellen? Gilt dies sowohl für Schnellbahnen wie für Busse? Hamburg ist an einem umfangreichen Abstimmungsprozess im HVV beteiligt, in dem alle Aufgabenträger, Verkehrsunternehmen und Vertreter der Behinderten- und Seniorenverbände kontinuierlich an der Weiterentwicklung von Standards der Barrierefreiheit mitarbeiten. Dies betrifft alle Bereiche des ÖPNV wie zum Beispiel Haltestellen, Fahrgastinformationen und Fahrzeuge. Derzeit sind in Hamburg circa 80 Prozent der S-Bahn-Stationen und circa 60 Prozent der U-Bahn-Stationen barrierefrei ausgebaut. Das bedeutet, dass die Bahnsteige stufenfrei erreichbar, teil- oder voll erhöht sind und über ein Leitsystem für sehbehinderte Menschen verfügen. Ziel ist ein barrierefreier Ausbau aller Schnellbahnhaltestellen in Hamburg bis Mitte der 2020er-Jahre. Der barrierefreie Ausbau der Bushaltestellen erfolgt kontinuierlich im Rahmen der Maßnahmen zur Busoptimierung oder im Rahmen erforderlicher Instandsetzungsmaßnahmen . Für Bushaltestellen wird der Aufbau eines Haltestellenkatasters vorangetrieben. Dieses soll die Grundlage für den Soll-/Ist-Abgleich im Hinblick auf die erarbeiteten Standards bilden sowie der Festlegung und Priorisierung von erforderlichen Ausbaumaßnahmen mit dem Ziel ihrer schnellstmöglichen Umsetzung dienen. 8. Bis wann werden welche Schnellbahn- und Busstationen barrierefrei ausgebaut sein? U-Bahn Mit Fertigstellung der Haltestelle Stephansplatz im Mai 2016 ist die erste von zwei Ausbaustufen des Beschleunigungsprogramms zum barrierefreien Ausbau der U-Bahn-Haltestellen der HOCHBAHN erfolgreich abgeschlossen worden. Zusätzlich wird die HOCHBAHN im Jahr 2016 die Maßnahmen zur Barrierefreiheit an der U1- Haltestelle Klosterstern abschließen. Damit werden 58 von insgesamt 91 U-Bahn- Haltestellen barrierefrei ausgebaut sein. Danach beginnt die zweite Ausbauphase, in der die verbleibenden 33 U-Bahn-Haltestellen barrierefrei ausgebaut werden sollen. Im Laufe des Jahres 2016 soll der barrierefreie Ausbau von neun U-Bahn-Haltestellen auf den nordöstlichen Ästen der U1 ab Volksdorf (Ohlstedt, Buckhorn, Buchenkamp, Ahrensburg West, Ahrensburg Ost, Schmalenbeck) sowie auf der U2-Strecke (Merkenstraße , Hagendeel, Joachim-Mähl-Straße) beginnen. Weitere sechs U-Bahn- Haltestellen an der U1/U3 sind für das Jahr 2017 projektiert (Habichtstraße, Hoheluftbrücke , Langenhorn Nord, Lübecker Straße U3, Meiendorfer Weg, Uhlandstraße). Weitere Maßnahmen ab dem Jahr 2018 sind derzeit in der Planung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5690 3 S-Bahn Der Aufzug an der S-Bahn-Station Hasselbrook ist seit März 2016 in Betrieb. Die S-Bahn-Station Landungsbrücken ist seit Mai 2016 barrierefrei erreichbar. Weitere Projekte befinden sich in der Entwurfs- beziehungsweise Genehmigungsplanung. Bis zum Jahr 2019 soll der Ausbau an den S-Bahn-Stationen Jungfernstieg, Kornweg, Reeperbahn, Wellingsbüttel und Königstraße voraussichtlich fertiggestellt sein. Weitere S-Bahn-Stationen sollen voraussichtlich ab dem Jahr 2020, im Zusammenhang mit anderen Baumaßnahmen, barrierefrei ausgebaut werden. Der barrierefreie Ausbau der S-Bahn-Station Berliner Tor ist ab dem Jahr 2021 vorgesehen und kann erst erfolgen , wenn die DB Netz die Sanierung der Brückenbauwerke abgeschlossen hat (Bauphase bis Ende 2020). Busse Siehe Antwort zu 7. 9. Welche Kosten verursachen die einzelnen in Frage 8. abgefragten Baumaßnahmen ? Wie viel davon trägt die Stadt Hamburg und wie viel der Bund? Bitte für jede Maßnahme getrennt angeben. Die Kosten für die einzelnen Baumaßnahmen können derzeit noch nicht beziffert werden . Das Beschleunigungsprogramm zum barrierefreien Ausbau von U-Bahn-Haltestellen wird seit dem Jahr 2011 aus den Kompensationszahlungen des Bundes nach dem Entflechtungsgesetz finanziert. Die Finanzierung des stufenfreien Ausbaus von S-Bahn-Stationen erfolgt grundsätzlich aus Eigenmitteln der DB AG über eingenommene Stationsentgelte sowie aus Bundesmitteln im Rahmen des sogenannten Programms zur Steigerung der Haltestellenattraktivität. Im Übrigen siehe Drs. 21/1177.