BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5710 21. Wahlperiode 30.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 24.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Edib S. – Was ist über den 38-Jährigen bekannt? Am Abend des 20. August 2016 kam es zu einem Polizeieinsatz in Neuallermöhe , bei dem der offenbar psychisch kranke, blutverschmierte 38-jährige Edib S. von zwei Polizeibeamten nach der Abgabe von Warnschüssen niedergeschossen wurde. Edib S. soll zuvor mehrere Passanten und die Polizeibeamten bedroht haben. Laut Medienberichten beging Edib S. bereits vor 15 Jahren eine extreme Gewalttat gegenüber seiner damaligen Lebensgefährtin, woraufhin er im Jahre 2002 vom Gericht wegen Schuldunfähigkeit in den Maßregelvollzug eingewiesen wurde. Nach seiner Freilassung im Jahre 2010 habe er in einer betreuten Wohneinrichtung gelebt und unter Führungsaufsicht gestanden. 2015 endete diese Maßnahme. Im Juni 2016 sei er auf dem Polizeikommissariat in Niendorf erschienen und habe selbst um eine Klinikeinweisung gebeten; die hinzugezogenen Ärzte erkannten jedoch weder eine Eigennoch eine Fremdgefährdung. Am 12. August 2016 soll ein Bruder von Edib S. auf dem Polizeikommissariat an der Oberaltenallee um Hilfe gebeten haben, da Edib S. wirre Facebook-Einträge verfasst habe, unter Wahnvorstellungen leide und seine Medikamente nicht mehr nehme. Daraufhin seien Polizeibeamten mit einer Amtsärztin zu seiner Wohnung gefahren, doch Edib S. war nicht zuhause. Was daraufhin vom zuständigen Bezirksamt Nord veranlasst wurde, ist bislang nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden über den Vorfall am Abend des 20. August 2016 und dessen Hintergründe vor? Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen soll der Beschuldigte am Tatabend mehrere Personen mit einem Gegenstand bedroht und versucht haben, Fahrzeuge anzuhalten. Er hatte sich zudem offenbar selbst Verletzungen zugefügt. Gegen den Beschuldigten wird wegen eines versuchten Tötungsdeliktes sowie wegen Nötigung ermittelt. Im Übrigen wird von einer weitergehenden Beantwortung dieser Frage im Hinblick auf die Möglichkeit der Gefährdung von Ermittlungen abgesehen. 2. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden über Edib S. vor? a) Wo lebte er zuletzt? In Hamburg. b) Stand er unter Betreuung? Falls ja, seit wann und auf wessen Veranlassung? Drucksache 21/5710 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Falls nein, weshalb nicht? Der Betroffene stand unter Betreuung. Diese wurde am 14. März 2013 durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek auf Anregung der f & w fördern und wohnen AöR mit dem Einverständnis des Betroffenen eingerichtet. c) Wurde er bereits nach § 1906 BGB oder §§ 8 fortfolgende des Hamburgischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (HmbPsychKG) untergebracht? Falls ja, wann, für welchen Zeitraum und auf welcher rechtlichen Grundlage? Eine Unterbringung gemäß § 1906 BGB wurde nicht beantragt. Im Übrigen ist der Senat daran gehindert, die Frage zu beantworten, soweit sie sich auf eine etwaige Unterbringung nach §§ 8 fortfolgende HmbPsychKG bezieht. Die Daten, die durch die zuständigen Stellen im Hinblick auf eine etwaige Unterbringung nach §§ 8 fortfolgende HmbPsychKG erhoben oder gespeichert worden sein könnten, dürfen nur unter den Voraussetzungen von § 30 HmbPsychKG übermittelt werden. § 30 HmbPsychKG enthält keine Übermittlungsbefugnis zum Zwecke der Beantwortung Parlamentarischer Anfragen. 3. Inwieweit war Edib S. der Polizei bekannt, mit welchen Delikten war er jeweils wann aufgefallen? Der Betroffene ist über den in Rede stehenden Sachverhalt hinaus im April 2012 wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz polizeilich in Erscheinung getreten. Es wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet . Weiterhin wurde die Polizei im Rahmen von Familienstreitigkeiten mit Bezug auf den Betroffenen hinzugezogen. 4. Wie viele und Ermittlungs- und Strafverfahren wurden jeweils wann wegen jeweils welcher Tatvorwürfe gegen Edib S. geführt? a) Welche strafrechtlichen Konsequenzen hatten etwaig begangene Delikte bisher? Bitte unter Angabe der verwirklichten Straftatbestände , der Art der Erledigung des Strafverfahrens einschließlich der ausgeurteilten Strafhöhe darstellen. b) In welchen Zeiträumen war er gegebenenfalls inhaftiert? c) In welchen Zeiträumen wurde er aufgrund von Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht? Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige abgeschlossene Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahren mitzuteilen, die nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen wären. Der Betroffene wurde im August 2002 vom Vorwurf der Vergewaltigung, der gefährlichen Körperverletzung, der versuchten Nötigung und der Sachbeschädigung aufgrund von Schuldunfähigkeit freigesprochen (§ 20 StGB) und es wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Maßregel wurde bis zum 5. Juli 2010 vollstreckt und anschließend zur Bewährung ausgesetzt. Bis zum 1. August 2015 stand er unter Führungsaufsicht. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Verlängerung der Führungsaufsicht lagen nicht vor. 5. Welche sonstigen Behörden waren inwiefern in den vergangenen 15 Jahren mit Edib S. befasst? Was haben sie infolge welches Verhaltens von Edib S. jeweils wann veranlasst? Bei den unter 3. genannten Vorgängen hat die Polizei die jeweils erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung getroffen. Die Behörde für Gesund- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5710 3 heit und Verbraucherschutz (BGV) war als zuständige Behörde für die Aufsicht über den Maßregelvollzug in Hamburg mit der Person befasst. Im Juni 2016 erhielt das Bezirksamt Hamburg-Nord von der Polizei Kenntnis über die Person, da diese der Polizei gegenüber einen verwirrten Eindruck gemacht hatte. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. bis 4.c. 6. Was hat das Bezirksamt Hamburg-Nord aufgrund der Meldung des Bruders von Edib S. auf dem Polizeikommissariat am 12. August 2016 konkret unternommen? Nach einer Meldung am 12. August 2016 fand ein Hausbesuch durch zwei Ärzte des Sozialpsychiatrischen Dienstes Hamburg-Nord in Polizeibegleitung statt. Der Patient konnte in seiner Wohnung nicht angetroffen werden. Bei einem Kontrollanruf auf dem Handy des Patienten konnten keine Rufsignale in seiner Wohnung wahrgenommen werden. Von einer Nachbarin war zu erfahren, dass sich der Patient für 14 Tage in den Urlaub begeben hätte. Da ein unmittelbares Antreffen der Person in den folgenden Tagen nicht zu erwarten war, entschloss sich der Sozialpsychiatrische Dienst einen erneuten Besuch nach der erwarteten Rückkehr vorzusehen. Zum Urlaubsort der Person lagen keine Informationen vor.