BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5756 21. Wahlperiode 06.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 29.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Flüchtlinge in Bad Segeberg – Nachfragen zu Drs. 21/5571 Die Antworten des Senats auf die Anfrage Drs. 21/5571 zur Flüchtlingsunterbringung in Bad Segeberg waren unzureichend. Eine detaillierte Kostenaufstellung fehlt nach wie vor. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Vor dem Hintergrund der hohen Zugangszahlen von Flüchtlingen im Jahr 2015, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, den begrenzten Unterbringungsmöglichkeiten in Hamburg und den Forderungen aus Politik und Gesellschaft, offensiv auch Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen außerhalb Hamburgs zu erarbeiten, hat die zuständige Behörde im Jahr 2015 Verhandlungen mit dem Land Schleswig-Holstein mit dem Ziel aufgenommen, dort eine Unterbringungsmöglichkeit für Hamburg zugewiesene Flüchtlinge zu finden. Das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein hat sich bereit erklärt, eine solche Einrichtung bereitzustellen und dafür die Herrichtung einer Unterkunft bei Bad Segeberg angeboten . Vor dem Hintergrund der zum Jahresende 2015 vorhandenen Zugangszahlen und den zu dieser Zeit bestehenden Prognosen wurde den für eine solche Bereitstellung üblichen Rahmenbedingungen für eine Absicherung der notwendigen Investitionen des Landes Schleswig-Holstein in die Fertigstellung der Anlage zugestimmt. Dazu gehört die Zusicherung einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren und die Übernahme der mit dem Betrieb der Anlage in dieser Zeit verbundenen Kosten durch die Freie und Hansestadt Hamburg. Die Einrichtung bietet eine maximale Kapazität zur Unterbringung von 1.500 Personen. Vor dem Hintergrund der im Jahresverlauf 2016 zurückgehenden Flüchtlingszahlen wurde mit dem Land Schleswig-Holstein im weiteren Verhandlungsverlauf die Vereinbarung getroffen, die Belegung der Anlage und damit die belegungsabhängigen Kosten auf eine Belegung mit zunächst maximal 600 Personen zu beschränken. Die genutzte Platzzahl kann dabei entsprechend der weiteren Entwicklung mit entsprechenden zeitlichen Vorläufen angepasst werden, verändert aber naturgemäß nicht die Fixkosten für die Einrichtung als solche. Die Einrichtung wurde zum 01. August 2016 betriebsbereit gemeldet, seit dem 10. August 2016 erfolgt die Belegung durch die zuständige Behörde im Rahmen der Erstaufnahme von Hamburg zugewiesenen Flüchtlingen. Entsprechend der Kostensituation für jede vorgehaltene Einrichtung sind die üblichen Anlagekosten fixe Kosten, die aus der Erstellung und der Gewährleistung der Betriebsbereitschaft der Anlage entstehen. Sie entstehen damit unabhängig von der Zahl der untergebrachten Flüchtlinge und sind vom Nutzer der Anlage entsprechend zu erstatten. Diese Bewirtschaftungs- und Betriebskosten der Erstaufnahmeeinrichtung Bad Segeberg belaufen sich auf jährlich 5.775.000 Euro, zuzüglich 270.000 Euro Investitionskosten und 60.000 Euro für Telekommunikationskosten. Für andere Leistungen sind die Vergabeverfahren noch nicht abgeschlossen, sodass die Kosten noch nicht genannt werden können. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen wurde geprüft, Drucksache 21/5756 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ob der Vertrag im Vergleich mit Hamburger Einrichtungen wirtschaftlich ist. Die Kosten für das Vorhalten einer Einrichtung in Hamburg mit einer entsprechenden Kapazität sind vergleichbar. Die abschließenden Kosten für die Nutzung der Einrichtung in Schleswig-Holstein können erst nach Abschluss der Vergabeverfahren und einer ersten Rechnungsstellung Schleswig-Holsteins angegeben werden, die im September 2016 erwartet wird. Es besteht aber Einvernehmen, dass die Kosten für die Freie und Hansestadt Hamburg nicht über den für hiesige Einrichtungen vergleichbaren Kosten liegen werden. Die Nutzung der Einrichtung in Schleswig-Holstein ist dabei von vornherein auch mit der Zielsetzung erfolgt, eine Kapazitätsreserve vorhalten zu können, die bei einer erneuten Veränderung von Zugangszahlen jederzeit genutzt werden kann, um eine größere Flexibilität im Umgang mit solchen Zugängen zu bekommen als bei einer rein auf Hamburg beschränkten Unterbringung. Dabei hat auch die Wahrnehmung in Hamburg eine Rolle gespielt, dass auf dem begrenzten Raum Hamburgs eine vergleichsweise dichte Belegung erfolgt, während in den umliegenden Ländern deutlich mehr nutzbare Flächen zur Verfügung stünden. Entsprechend ist festzustellen, dass die Einrichtung in Bad Segeberg auch von der reinen Ausrichtung her deutlich mehr Raum bietet als vergleichbare Einrichtungen in Hamburg. Aktuell wird die Einrichtung in Bad Segeberg für die Unterbringung von neu in Hamburg eintreffenden und Hamburg zugewiesenen Flüchtlingen genutzt, über deren weiteren Aufenthalt in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Hamburg nicht abschließend entschieden werden kann. Am 31. August 2016 waren 120 Personen dort untergebracht. Im Übrigen siehe Drs. 21/5571. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch sind die vom Senat genannten fixen Kosten, die Hamburg als Grundbetrag an Schleswig-Holstein zahlt? 2. Gilt dieser Betrag an Fixkosten nur für das derzeit vereinbarte Kontingent von 600 Plätzen? Ändert sich der zu zahlende Fixkosten-Betrag bei Ausweitung auf die Maximalkapazität von 1.500 Plätzen? Wenn ja: in welcher Höhe und Staffelung? Bitte begründen. 3. Wie hoch sind diese Fixkosten umgerechnet pro Platz für das derzeit vorgehaltene Kontingent von 600 Plätzen? Wie hoch wären diese Fixkosten pro Platz bei Inanspruchnahme der Maximalkapazität von 1.500 Plätzen? 4. Wie hoch sind die vom Senat genannten variablen Kosten, die Hamburg gemäß Vereinbarung an Schleswig-Holstein pro Platz zahlt? In welcher Höhe werden derzeit variable Kosten an Schleswig-Holstein gezahlt? 5. Wie viele Flüchtlinge sind aktuell in Bad Segeberg untergebracht? 6. Anhand welcher Kriterien wird entschieden, wer nach Bad Segeberg kommt? 7. Handelt es sich dabei um Flüchtlinge mit „komplexen Asylgründen“, die entsprechend des Heidelberger Modells weder zu den Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten noch aus Bürgerkriegsländern wie Syrien kommen? 8. Wie hoch sind aktuell die Kosten pro Platz insgesamt bei der derzeitigen Belegung in Bad Segeberg (Fixkosten plus variable Kosten)? Siehe Vorbemerkung. 9. Auf welcher Berechnungsgrundlage beruhen diese Kostenvereinbarungen ? Siehe Drs. 21/5571. 10. Für welchen Zeitraum werden die Platzkapazitäten von derzeit 600 Plätzen vorgehalten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5756 3 Siehe Vorbemerkung. 11. Innerhalb welchen Zeitraums kann die Platzzahl erhöht werden bis zur Maximalkapazität von 1.500 Plätzen? Sind Stufen vorgesehen? Die Regelbelegung von 600 Plätzen wird ab der 38. Kalenderwoche zur Verfügung stehen. Derzeit ist keine Überschreitung der Regelbelegung geplant. Ein Erreichen der in der Verwaltungsvereinbarung genannten nominellen Kapazität von 1.500 Plätzen wäre innerhalb von sechs Monaten möglich. 12. Welche vertraglichen Regelungen gibt es, das Kontingent gegebenenfalls zu reduzieren oder aufzulösen? Welche Fristen gelten dafür jeweils? Die Einrichtung soll für mindestens die vereinbarte Laufzeit von zwei Jahren genutzt beziehungsweise vorgehalten werden. Regelungen zur Reduzierung beziehungsweise Auflösung sind daher entbehrlich. 13. In welcher Höhe hat Schleswig-Holstein bereits Gelder aus Hamburg erhalten? Wenn noch keine Gelder gezahlt wurden: Wann erfolgt die erste Abrechnung und in voraussichtlich welcher Höhe? Siehe Vorbemerkung. 14. In welchem Rhythmus werden künftig Abrechnungen durchgeführt? Der monatliche Vorauszahlungsbetrag ist jeweils zum Ersten eines Monats fällig. Der monatliche Betrag entspricht einem Zwölftel der gemäß der Verwaltungsvereinbarung über die Benutzung der Landesunterkunft für Asylsuchende in Bad Segeberg vereinbarten Kostensumme. Der Betrag ist gegebenenfalls zu reduzieren, sofern ein Guthaben der zuständigen Behörde aus einer Jahresabrechnung vorhanden ist und die Behörde die Anrechnung auf zukünftige Forderungen aus der Verwaltungsvereinbarung gewählt hat. 15. Wie viele Flüchtlinge sind jeweils wann nach Bad Segeberg umgezogen ? Bislang fanden vier Verlegungen von Asylsuchenden aus der Zentralen Erstaufnahme nach Bad Segeberg statt: - 11. August 2016: 65 Personen - 16. August 2016: 20 Personen - 23. August 2016: 34 Personen - 30. August 2016: 27 Personen 16. Welche Verkehrsmittel wurden dafür eingesetzt? Busse. 17. Welche Transportkosten sind dabei jeweils entstanden? Pro Transfertermin entstehen Kosten von 435 Euro netto. 18. Erhalten Flüchtlinge, die in Bad Segeberg untergebracht werden, auch ein HVV-Ticket? Wenn ja: Fallen hierfür höhere Kosten an als bei einer Unterbringung in Hamburg? Nein. 19. Werden die in Bad Segeberg untergebrachten schulpflichtigen Flüchtlinge in Hamburg oder in Schleswig-Holstein beschult? Die Beschulung erfolgt in Bad Segeberg. 20. Wie erfolgen Vorsprachen beim BAMF für die in Bad Segeberg untergebrachten Flüchtlingen? Sind Mitarbeiter des BAMF vor Ort? Drucksache 21/5756 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 a. Wenn ja: wie oft? Handelt es sich dabei um Mitarbeiter aus Hamburg oder Schleswig-Holstein? b. Wenn nein: Müssen diese Flüchtlinge zur nächsten Dienststelle pendeln? Wie oft und welche Kosten kommen dafür auf Hamburg zu? Die Betroffenen werden regelhaft von der Außenstelle des BAMF in Hamburg zur Asylanhörung geladen. Für die Hin- und Rückfahrt werden den Betroffenen finanzielle Mittel in Höhe von einmalig 17,40 Euro zur Verfügung gestellt. 21. Welchen Aufenthaltsstatus haben die in Bad Segeberg untergebrachten Flüchtlinge? Werden dort auch Geduldete untergebracht? Es handelt sich um Asylantragsteller, die im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Absatz 1 Satz 1 Asylgesetz sind. 22. Wie hoch ist (prozentual und absolut) der Anteil der im Ankunftszentrum registrierten Personen, die den Fallgruppen (A bis D) entsprechend des Heidelberger Modells zuzuordnen sind? (Bitte monatlich angeben seit Inbetriebnahme.) Diese Daten werden von der zuständigen Behörde statistisch nicht erfasst. Bezüglich der Hauptherkunftsländer seit Juni 2016 siehe Drs. 21/5124 und 21/5453. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 8. 23. Wie hoch ist die Auslastungsquote des Ankunftszentrums? (Bitte monatlich angeben seit Inbetriebnahme.) Die Unterbringungsmöglichkeiten im Ankunftszentrum sind nicht auf dauerhafte Belegung mit einer bestimmten Quote ausgerichtet, sondern darauf, temporäre Spitzen im Zugang von Asylsuchenden so aufzufangen, dass der ordnungsmäße Betrieb des Ankunftszentrums aufrechterhalten wird. Daher wird für das Ankunftszentrum eine Auslastungsquote statistisch nicht erfasst. 24. Wie hoch ist die Gesamtauslastungsquote aller Erstaufnahmen in Hamburg ? (Bitte monatlich angeben für 2016.) Die Belegungsquoten zum Stichtag 30. August 2016 sind der folgenden Übersicht zu entnehmen, im Übrigen siehe Drs. 21/5635: Erstaufnahmeeinrichtung Belegung zum 30.08.2016 Albert-Einstein-Ring 178 Bad Segeberg 120 Behrmannplatz 51 Blomkamp 155 Dratelnstraße 719 Eißendorfer Pferdeweg, Asklepios Klinik 74 Fiersbarg 8 93 Flagentwiet 630 Geutensweg 343 Grellkamp 427 Harburger Poststrasse 288 Hellmesbergerweg 398 Heselstücken 294 Holstenhofweg 211 Jenfelder Moorpark 323 Karl-Arnold-Ring 169 Kieler Straße 428 Kurdamm 139 Münzstraße (Belegungsabbau zur Rückgabe ins Winternotprogramm) 81 Neuland I 341 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5756 5 Erstaufnahmeeinrichtung Belegung zum 30.08.2016 Neuland II 499 Niendorferstraße 198 Nostorf-Horst 114 Ohlstedter Platz 0 Oktaviostraße 522 Osterrade 302 Papenreye 246 Reichspräsident-Ebert-Kaserne 47 Schaarsteinweg (Belegungsabbau zur Rückgabe ins Winternotprogramm) 86 Schmiedekoppel (der Standort befindet sich im Belegungsaufbau) 326 Schnackenburgallee 1.177 Schwarzenberg 424 Sportallee/Heselstücken 294 Vogt-Kölln-Str. 384 Wendenstrasse 127 Wiesendamm (Museum) 47 Wiesendamm 24 (in Betrieb bis 30.08.2016) 0