BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5757 21. Wahlperiode 06.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Dr. Bernd Baumann (AfD) vom 29.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Neues Zivilschutzkonzept: Rechnet der Senat mit inneren Unruhen? In der Großen Anfrage Drs. 21/3922 fragten wir vor wenigen Monaten den Senat unter dem Eindruck der Terroranschläge von Paris und Brüssel nach dessen Konzepten, die Hansestadt vor terroristischen Anschlägen zu schützen . Der Senat antwortete unter anderem, dass „die zuständige Behörde von der Beantwortung einzelner, auf konkrete Maßnahmen oder Erkenntnisse zielende Fragen absieht, wenn zu befürchten ist, dass öffentliche Auskünfte die Wirksamkeit von Maßnahmen gefährden könnten.“ Einerseits ist es natürlich verständlich, wenn die Behörden sensible Fakten, die die Innere Sicherheit beziehungsweise den Zivilschutz betreffen, nicht öffentlich machen. Andererseits sorgt die hohe Geheimhaltung im Lichte immer neuer Bedrohungen für wachsende Verunsicherung der Bevölkerung, die durch die IS-Attentate von Würzburg und Ansbach, den Amoklauf von München sowie die zahlreichen islamistischen Anschläge europa- und weltweit einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Hinzu kommen die jüngsten Verlautbarungen der Bundesregierung hinsichtlich eines neuen Zivilschutzkonzepts , welches schon länger habe überarbeitet werden sollen.1 Im Zuge dessen wurden ebenfalls vonseiten der Bundesregierung Überlegungen geäußert , die ausgesetzte Wehrpflicht wieder zu reaktivieren.2 Eine militärische Bedrohung von außen wie in Zeiten der Bedrohung durch den Warschauer Pakt ist jedoch derzeit unwahrscheinlich. Und offensichtlich teilt der Senat wie die AfD-Fraktion – im Gegensatz zu zahlreichen Abgeordneten in der Bürgerschaft – die Ansicht, dass eine ungesteuerte Masseneinwanderung ein Sicherheitsrisiko auch für Hamburg ist. In Drs. 21/3922 schreibt er, dass „eine Einreise von Personen, die in Teilen nicht oder nur unzureichend registriert werden, unter Sicherheitsaspekten kritisch zu bewerten ist. Die festgestellten Reisebewegungen einiger Täter der Anschläge von Paris und Brüssel belegen diese Einschätzung.“ Dies alles nährt Überlegungen , dass auch die Hamburger Behörden mit Szenarien von großen, gewalttätigen Konflikten arbeiten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Bund hat für die Aufgabe Zivilschutz die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 73 Absatz 1 Nummer 1 Grundgesetz. Danach umfasst der Zivil- 1 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/zivilschutz-bund-will-fuer-alle-faelle-geruestet-seinauf -fuer-angriff-a-1108777.html. 2 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-08/zivilschutzkonzept-bundesregierungwehrpflicht -bundeswehr-sicherheit. Drucksache 21/5757 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schutz alle nichtmilitärischen Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen , Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern. Behördliche Maßnahmen ergänzen die Selbsthilfe der Bevölkerung. Zur Erfüllung seiner Zivilschutzaufgaben bedient sich der Bund des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sowie der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Des Weiteren baut der Bund dabei auf den Strukturen und Ressourcen des Katastrophenschutzes der Länder auf, die er mit Ausstattung und Ausbildung für Zivilschutzzwecke ergänzt. Demgegenüber ist Katastrophenschutz eine Aufgabe in der Zuständigkeit der Länder. Er bezweckt den Schutz der Allgemeinheit und der Umwelt vor Gefährdungen und Schädigungen durch Katastrophen und umfasst sowohl Maßnahmen zur Vorbereitung der Bekämpfung von Katastrophen (vorbeugender Katastrophenschutz) als auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Katastrophen (abwehrender Katastrophenschutz). Er soll die Selbsthilfe der Bevölkerung durch im öffentlichen Interesse gebotene behördliche Maßnahmen ergänzen und hierdurch den Einzelnen im Rahmen organisatorischer und technischer Möglichkeiten vor der Entstehung oder Vergrößerung eines Schadens schützen. Katastrophen sind Störungen oder Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, zu deren Bekämpfung die Verstärkung der für den täglichen Einsatz bestimmten Kräfte und Mittel sowie die einheitliche Lenkung der Abwehrmaßnahmen mehrerer Behörden erforderlich sind. Vorbereitete Katastrophenschutzplanungen können einzelfallbezogen auch im Zivilschutz genutzt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Inwieweit ist das neue Zivilschutzkonzept des Bundes mit den einzelnen Ländern abgestimmt gewesen? Welche Beiträge liefert Hamburg dazu? Eine formelle Beteiligung der Länder beziehungsweise von Hamburg an der Erarbeitung des neuen Zivilschutzkonzeptes des Bundes und eine Abstimmung mit den Ländern beziehungsweise mit Hamburg ist nicht erfolgt. Mit den Ländern abgestimmt wurden die bereits am 24. März 2016 in Kraft gesetzte „Richtlinien für das zivile Melde- und Lagewesen in einer Krise oder im Verteidigungsfall “, welche die bisherigen gleichnamigen Regularien vom 10. Mai 1988 ersetzen und ein Element des Zivilschutzkonzeptes bilden. Im Übrigen wurden keine Beiträge durch den Bund von den Ländern beziehungsweise von Hamburg erbeten. Darüber hinaus siehe Vorbemerkung. 2. Rechnet der Senat mit inneren Unruhen aufgrund der Flüchtlingskrise auch in Hamburg, für die das neue Zivilschutzkonzept dann greifen soll? Wenn ja, bitte Details angeben. Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Mit welchen weiteren großflächigen Bedrohungsszenarien rechnet man im Senat für die Hamburger Bevölkerung? Wie sieht die Vorbereitung darauf aus? Im Rahmen des vorbeugenden Katastrophenschutzes wurden für Hamburg konzeptionelle und organisatorische Vorkehrungen für die Katastrophenabwehr und –bekämpfung für nachfolgend genannte potenzielle Gefahren- oder Schadensereignisse getroffen : Sturmflut und Hochwassergefahr Gefahr durch Öl oder andere wassergefährdende Stoffe Störfall in Betrieben mit besonderem Gefahrenpotenzial Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5757 3 Flugunfall Bahnunfall Freisetzung von giftigen Gasen Pandemie Notfall im Zusammenhang mit kerntechnischen Anlagen Diesbezügliche Einsatzplanungen beinhalten die erforderlichen Festlegungen zu einsatztaktischen Maßnahmen, zu Aufgaben und Verantwortlichkeiten, zur Zusammenarbeit und Kommunikation sowie weitere Maßnahmen- und Einsatzpläne für alle an der Katastrophenabwehr und -bekämpfung beteiligten Stellen und sind in den jeweiligen Aufgabenbezügen behördenübergreifend abgestimmt. 4. Wird es Groß-Übungen im Rahmen des Zivilschutzes geben, in die neben Polizei und Rettungskräften auch die Bevölkerung einbezogen ist? Wenn ja, bitte Details angeben. Nein. 5. Gibt es Überlegungen im Senat, über den Bundesrat an Gesetzesänderungen hinsichtlich eines Bundeswehreinsatz im Innern mitzuwirken? Wenn ja, bitte Details angeben. Siehe Drs. 21/5539.