BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5882 21. Wahlperiode 16.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 08.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Besserstellung versus Schlechterstellung von Flüchtlingen in Erstaufnahmen mit Hartz-IV-Bezug – Was macht der Senat jetzt? Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Erstaufnahme und Folgeunterbringung ist die Vollversorgung durch Catering in Erstaufnahmen und die Eigenversorgung durch selbstständiges Einkaufen und Zubereiten von Lebensmitteln in zur Verfügung stehenden Kochvorrichtungen in der Folgeunterbringung.1 Wenn anerkannte Flüchtlinge, die bereits Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhalten, noch in Erstaufnahmeeinrichtungen leben, erhalten diese Doppelleistungen, weil sie eine Vollversorgung in der Erstaufnahme und zugleich den Hartz-IV-Satz in voller Höhe bekommen.2 Sie werden damit finanziell besser gestellt als andere SGB-II- Bezieher. Bisher konnte der Senat keine Aussagen dazu tätigen, wie viele SGB-II-Leistungsempfänger derzeit in Erstaufnahmen leben und in welcher Höhe in diesem Sinne bisher Kosten für Doppelleistungen angefallen sind. Zur Abhilfe dieser Problematik hat die Bundesregierung im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des § 65 Absatz 1 SGB II eingeführt , dass im Rahmen einer Kann-Bestimmung möglich ist, dass einer in einer „(…) Gemeinschaftsunterkunft ohne Selbstversorgungsmöglichkeit untergebrachten Person der Anspruch auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld, soweit er sich auf Ernährung und Haushaltsenergie bezieht, (...) in Form von Sachleistungen erfüllt werden (könne)“3. Der Einbehalt einer Essenspauschale – wie in BT.-Drs. 18/8909 ausgeführt – bedeutet aber, dass der Betroffene für eine Leistung auch dann zahlen muss, wenn er sie nicht in Anspruch nimmt. Diese Lösung zur Unterbindung von Doppelleistungen schafft zwar Abhilfe, ist in ihrer Ausgestaltung jedoch fragwürdig, weil sie anerkannte Flüchtlinge in ihrer Selbstbestimmung einschränkt, sie schlechter stellt als andere SGB-II-Bezieher und damit weiterhin ungleich behandelt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie steht der Senat zur Kann-Regelung in Bezug auf die Unterbindung der Ausgabe von Doppelleistungen bei SGB-II-Empfängern in Erstaufnahmen ? Wird dieses Gesetz in Hamburg umgesetzt? Wenn ja: 1 Vergleiche Drs. 21/4153, Seite 3, Antwort zu Fragen 9. bis 9. e. 2 Vergleiche Drs. 21/4238, Seite 2, Antwort zu Fragen 3. + 4. „Es werden von den Leistungen nach SGB II keine Beiträge für die Verpflegung einbehalten. Für eine Anrechnung auf den Regelbedarf (…) gibt es derzeit keine gesetzliche Grundlage“ sowie Seite 3, Antwort auf Fragen 5. a. und b. 3 Vergleiche BT.-Drs. 18/8041 und 18/8909 sowie BR.-Drs. 66/16 und 343/16. Drucksache 21/5882 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. Wie ist der aktuelle Status quo? b. Mit welchem Zeitplan erfolgt die Umsetzung? c. Wie erfolgt die Umsetzung konkret? d. Welche organisatorischen Herausforderungen sind dabei zu bewältigen ? Der betroffene Personenkreis wird anhand eines gesonderten Datenabgleiches ermittelt und nach Bedarfsgemeinschaften beziehungsweise Einzelpersonen geordnet. Die in den Erstaufnahmeeinrichtungen erbrachten Sachleistungen können nunmehr gegenüber Jobcenter team.arbeit.hamburg für jede Person/Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht werden. Die Inanspruchnahme von Sachleistungen muss für jede Einzelperson /Bedarfsgemeinschaft gesondert geltend gemacht und durch Verwaltungsakt gegenüber den Leistungsberechtigten festgestellt werden. Die Umsetzung erfolgt einzelfallbezogen zum jeweils technisch möglichen frühesten Zeitpunkt. e. Welche finanziellen Ressourcen sind damit verbunden? Keine. Die Aufgaben werden durch das vorhandene Personal wahrgenommen. 2. Falls der Senat auf die Umsetzung der Kann-Regelung verzichtet, warum? Was unternimmt der Senat, um die Ausgabe von Doppelleistungen an Hartz-IV-Empfänger in Erstaufnahmen (Vollversorgung sowie voller Bezug von SGB-II-Leistungen) zu unterbinden? Siehe Antwort zu 1.a. bis 1.d. und 1.e. Im Übrigen: entfällt. 3. Wie viele SGB-II-Leistungsbezieher lebten mit Stichtag 15. Juni, 30. Juni, 15. Juli, 31. Juli, 15. August, 31. August sowie zum aktuellen Stichtag in Hamburgs Erstaufnahmeeinrichtungen? 4. Falls der Senat die Anzahl der SGB-II-Bezieher noch immer nicht erhebt, warum nicht? Was unternimmt der Senat, um Klarheit in die Datenlage zu bringen? Wann ist mit entsprechenden Daten zu rechnen? Siehe Drs. 21/4043, 21/4238 und 21/4843. Die Feststellung der Leistungsbezieher nach dem SGB II ist weiterhin nur durch eine Sonderauswertung möglich (siehe Antworten zu 1. Schutzberechtigte Personen werden mit hoher Priorität in öffentlich-rechtliche Unterkünfte verlegt, zum anderen werden laufend Asylsuchende als schutzberechtigt anerkannt und beantragen hierauf Leistungen nach dem SGB II. Es ist davon auszugehen, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB II in Erstaufnahmeeinrichtungen nur kurzfristig erfolgt, weil alle Anstrengungen unternommen werden, anerkannte Schutzberechtigte so schnell wie möglich in eine öffentlich-rechtliche Unterkunft zu verlegen. 5. Kann der Senat mittlerweile Auskünfte erteilen, inwiefern und in welcher Höhe im Jahr 2015 beziehungsweise bis heute Kosten aufgrund der Ausgabe von Doppelleistungen an in Erstaufnahmen lebende SGB-II- Empfänger angefallen sind? Wenn ja, bitte konkretisieren. Wenn nein, warum nicht? Bis wann ist eine entsprechende und vollständige Auswertung der Datenerfassung zu einem bestimmten Stichtag im QMM-System durchführbar? 6. Wie viele Flüchtlinge im SGB-II-Bezug leben mit Stichtag 15. Juni, 30. Juni, 15. Juli, 31. Juli, 15. August, 31. August sowie zum aktuellen Stichtag in Hamburg? Welche Kenntnisse liegen dem Senat über diese Personen vor im Hinblick auf die Dauer des Bezugs von SGB II, die Aufenthaltsdauer in Deutschland sowie die Art der Unterbringung? Siehe Drs. 21/4843. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5882 3 7. Wie viele Überresidenten leben zum Stichtag 15. Juni, 30. Juni, 15. Juli, 31. Juli, 15. August, 31. August sowie zum aktuellen Stichtag in Hamburgs Erstaufnahmen? Siehe Drs. 21/5124, 21/5453 und 21/5812. Zum Stichtag 9. September 2016 wurden 7.836 Überresidente verzeichnet.