BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5911 21. Wahlperiode 20.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 12.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Weiterentwicklung der Schulbegleitung Die Schulbegleitung stellt ein wesentliches Element für das Gelingen der schulischen Inklusion dar. Das Sozialgesetzbuch unterscheidet dabei zwei Typen: Die Schulbegleitung für Kinder mit Behinderungen nach SGB XII und die Schulbegleitung für Kinder mit emotional psychischen Belastungen nach SGB VIII. Letztere wurde in Hamburg bislang von der Sozialbehörde (BASFI) organisiert, nach Auskunft der Schulbehörde (BSB) vom Frühjahr 2016 allerdings mittlerweile ebenfalls von der BSB (konkret: den ReBBZ) übernommen .1 Im aktuellen Haushaltsplan für 2016/2017 der BSB ist jedoch nur die Schulbegleitung nach SGB XII berücksichtigt (Produktgruppe 24001). So begründeten die Senatsvertreter in der Sitzung des Schulausschusses am 2. September 2016 die Kennzahl 7 in der Produktgruppe 24001, die die Anzahl der Schüler angibt, die eine Schulbegleitung erhalten. Diese Zahl liegt im Haushaltsplan für die vergangenen und künftigen Jahre jeweils nur bei einigen Hundert. In der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion von Sommer 2015 wurde diese Zahl hingegen mit 860 für das Schuljahr 2013/2014 und mit 1.569 für das Schuljahr 2014/2016 angeben.2 In dieser Anfrage wurden offensichtlich die gesamten Zahlen angegeben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Fälle von Schulbegleitung gab es in den Schuljahren 2013/ 2014 bis 2015/2016? Bitte aufschlüsseln nach Art der Schulbegleitung (SGB VIII oder SGB XII). 2. Wie viele Fälle von Schulbegleitung gibt es im laufenden Schuljahr? Bitte aufschlüsseln nach Art der Schulbegleitung (SGB VIII oder SGB XII). Im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens wird der Unterstützungsbedarf von Schülerinnen und Schülern mit erheblichem oder umfassendem Unterstützungsbedarf im Bereich der geistigen oder körperlich-motorischen Entwicklung seit dem Schuljahr 2014/2015 für SuS an Schwerpunkt- und speziellen Sonderschulen und seit dem Schuljahr 2015/2016 an allen Hamburger Schulen überprüft. Statt sozialhilferechtlicher Antragsverfahren durch die Sorgeberechtigten erfolgen nach Bedarfsanzeigen durch die Schulen eine Begutachtung durch die für Bildung zuständige Behörde, eine schulbezogene Beratung und schließlich die Zuweisung geeigneter Schulbegleitungen. Dabei werden Schulen auf Grundlage 1 Vergleiche Drs. 21/4564. 2 Vergleiche Drs. 21/1047. Drucksache 21/5911 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 einer schülerbezogenen Bedarfserhebung mit einem festen Pool von FSJ-Schulbegleitungen ausgestattet. Die Schulen können diesen Pool bedarfsgerecht und flexibel vor Ort einsetzen. von schülerindividuellen Unterstützungsbedarfen mit erhöhten Anforderungen mit einer schülerbezogenen spezifisch geeigneten Schulbegleitung ausgestattet. Antragsverfahren nach dem SGB XII sind nichtsdestotrotz weiterhin möglich. Da Sozialhilfe jedoch gemäß § 2 SGB XII nachrangig zu gewähren ist, sind diese nicht notwendig für die Erlangung einer Schulbegleitung und werden lediglich bei Fallkonstellationen genutzt, bei denen zwar eine Zuständigkeit der Behörde für Schule und Berufsbildung gegeben ist, die Leistungsempfänger jedoch beispielsweise eine Schule außerhalb Hamburgs besuchen. Auch nutzen manche Sorgeberechtigte einen Antrag nach SGB XII, wenn sie unzufrieden mit der Bewilligung nach § 12 HmbSG sind. Für die Anzahl von Schülerinnen und Schülern mit Schulbegleitungen seit dem Schuljahr 2013/2014 siehe folgende Tabelle: Personenkreis SJ 2013/14 SJ 2014/15 SJ 2015/16 SJ 2016/17 Kinder mit Unterstützungsbedarf im Bereich der geistigen oder körperlich-motorischen Entwicklung nach SGB XII und §12 HmbSG (Individualbewilligungen und Pooling) 448 755 664 705 Kinder mit Unterstützungsbedarf im Bereich der psychosozialen Entwicklung nach SGB VIII und § 12 HmbSG 412 819 1026 759* Summe 860 1.574 1.710 1.464 Quelle: Interne Daten der zuständigen Behörde (Stichtag: 13.09.2016) Anmerkung: Bei den dargestellten, absoluten Zahlen handelt es sich um die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die in dem jeweiligen Schuljahr eine Schulbegleitung während des laufenden Unterrichts erhielten * Aufgrund des gerade erst begonnenen Schuljahres und dem Personenkreis ist davon auszugehen, dass diese Zahl noch nennenswert steigen wird. Bei der Anzahl von Schülerinnen und Schülern mit Schulbegleitung aufgrund körperlich-motorischer oder geistiger Behinderung erfolgen die Bewilligungen schuljahresbezogen, sodass keine gröberen Abweichungen im Laufe des Schuljahres zu erwarten sind. 3. Wie viele Fälle von Schulbegleitung gab es im Schuljahr 2015/2016? Bitte aufschlüsseln nach Schulform. Schulbegleitungen nach Schulform im Schuljahr 2015/16 Schulform Anzahl Grundschulen 831 Stadtteilschulen 320 Gymnasien 88 Spezielle Sonderschulen/ReBBZ 457 berufliche Schulen 14 Summe 1.710 Quelle: Interne Daten der zuständigen Behörde (Stichtag: 13.09.2016) 4. Wie viele Widersprüche von Eltern im Rahmen von Schulbegleitungen gab es im Schuljahr 2015/2016 und wie viele bereits im aktuellen Schuljahr 2016/2017? Im Schuljahr 2015/2016 gab es einen Widerspruch, im Schuljahr 2016/2017 bisher zwei. 5. Welche Kosten fallen für die Stadt im Rahmen der Schulbegleitung insgesamt an? Welche Behörde übernimmt diese jeweils (nach Typ SGB VIII oder XII) und in welcher Produktgruppe werden diese Ausgaben gebucht? Bitte für die Schuljahre 2013/2014 bis 2016/2017 angeben. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5911 3 Schulbegleitungen für Fälle des Personenkreises nach §§ 53, 54 SGB XII wurden im Haushaltsjahr 2013 aus dem Titel 03.1.3020.684.06 finanziert. Seit 2014 wird diese Leistung in der Produktgruppe 240.01 geführt. Die Kostenträgerschaft obliegt der für Bildung zuständigen Behörde und es sind folgende Kosten angefallen: 2013 2014 2015 2016* SGB XII 3.564.291,71 € 5.167.031,11 € 6.035.696,35 € 3.887.251,27 € * Für 2016 ist insgesamt von einem Mittelabfluss in mindestens der Höhe des Vorjahres auszugehen . Quelle: Interne Daten der zuständigen Behörde (Stichtag: 13.09.2016) Die Schulbegleitung nach SGB VIII wurde bis 2014 (Schuljahreswechsel) aus der kameral bestehenden Zweckzuweisung 4460.671.86 – Betriebsausgaben für einzelfallfinanzierte Hilfen nach dem SGB VIII – durch die Bezirke gezahlt. Diese Ausgaben sind im Gesamttitel enthalten und nicht separat auswertbar. Ab August 2014 wurde (nach Umstellung auf die Doppik) eine Fremdbewirtschaftungsvereinbarung mit der Behörde für Schule und Berufsbildung abgeschlossen, aufgrund derer eine Auswertung möglich ist. Die hierüber abgewickelten Kosten sind in der Produktgruppe 254.04 Erziehungshilfen in Höhe von 1.476.216,56 Euro ausgewiesen . Darüber hinaus haben die Bezirke (bis Jahresende 2014 noch kameral) weiterhin Altfälle angewiesen, die entsprechend nicht separat auswertbar sind. Ab dem Haushaltsjahr 2015 wurden auch mit den Bezirken für die Altfälle Fremdbewirtschaftungsvereinbarungen abgeschlossen. Im Haushaltsjahr 2015 sind in der Produktgruppe 254.04 Erziehungshilfen Kosten in Höhe von 7.660.508,84 Euro (per Fremdbewirtschaftung mit der Behörde für Schule und Berufsbildung) und in Höhe von 26.422,82 Euro (per Fremdbewirtschaftung durch die Bezirke für Altfälle) insgesamt somit 7.686.931,66 Euro für Schulbegleitung angefallen . Im Haushaltsjahr 2016 (Stichtag der Auswertung: 13.09.2016) sind in der Produktgruppe 254.04 Erziehungshilfen Kosten in Höhe von 6.455.177,22 Euro (per Fremdbewirtschaftung mit der Behörde für Schule und Berufsbildung) und in Höhe von 8.868,12 Euro (per Fremdbewirtschaftung durch die Bezirke für Altfälle) insgesamt somit 6.464.045,34 Euro für Schulbegleitung angefallen. 6. Gibt es Zuwendungen des Bundes, die für die Schulbegleitung in Hamburg genutzt werden können? Wenn ja: In welcher Höhe und in welcher Produktgruppe werden diese gebucht? Nein. 7. Wie bewerten die zuständigen Behörden das neue System zum Antragsverfahren für eine Schulbegleitung seit Schuljahr 2014/2015 nach Ablauf des ersten Schuljahres? Die zuständigen Behörden bewerten das neue System zum Antragsverfahren für Schulbegleitungen nach Ablauf des ersten Schuljahres überaus positiv. Hervorzuheben sind die Vereinfachung des Verfahrens für die Sorgeberechtigten und die Schulen . Diese wurden gleichermaßen entlastet. Eine Antragstellung durch die Sorgeberechtigten ist nicht länger notwendig, während sich der Aufwand für Schulleitungen und Lehrkräfte gegenüber der vormals üblichen Beantragung erheblich reduziert hat. Auch ist eine schnellere Zuweisung von Hilfen möglich. Im Bedarfsfall kann eine zeitnahe und unbürokratische Bearbeitung stattfinden. Darüber hinaus wurde eine flexible Zuordnung von Schulbegleitungen im Rahmen des Poolings sowie bei Schulfahrten oder Praktika ermöglicht. Hier können Möglichkeiten der schulinternen Steuerung des Einsatzes von Schulbegleitung beispielsweise krankheitsbedinge Ausfälle leichter auffangen. Weitergehend wurde die ganztägige Betreuung stärker als zuvor berücksichtigt. In vielen Fällen sind Hilfskräfte mit ihrer vollen Arbeitszeit den Schulen zugeordnet, womit die Betreuung auf den Nachmittag ausgeweitet wurde. Drucksache 21/5911 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Grundsätzlich lässt sich eine bessere Qualität im Verfahren feststellen. Schulen und Träger haben mit dem Verfahren frühzeitig Planungssicherheit und können sich deutlich früher um geeignetes Personal bemühen und damit die hohe Qualität der Betreuung sicherstellen. Diese positiven Entwicklungen spiegeln sich auch in den seit Implementierung des neuen Verfahrens stark zurückgegangenen Zahlen von Anträgen nach §§ 53, 54 SGB XII (Schuljahr 2016/2017: Acht Anträge nach §§ 53, 54 SGB XII, davon fünf für Schülerinnen und Schüler, die außerhalb Hamburgs beschult werden und somit nicht in das Verfahren nach § 12 HmbSG integrierbar sind) und Widersprüchen sowie den Rückmeldungen der Schulen wider. 8. Sind weitere Änderungen am Verfahren erfolgt oder in Planung? Wenn ja: welche? Derzeit: nein. 9. Wie weit ist die Normierung des neuen Antragssystems gediehen? Wie stellt der Senat sicher, dass alle Schulen die gleichen Maßstäbe für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Schulbegleitung anlegen? Gibt es einen Kriterienkatalog der zuständigen Behörde? Wenn nein: warum nicht? Bereits mit Einführung des Systems der Steuerung des Einsatzes von Schulbegleitungen gemäß § 12 Absatz 4 HmbSG wurden in den jeweiligen Dienstanweisungen (zu finden in MBlSchul Nummer 3 2014 sowie MblSchul Nummer 2 2015) Kriterien für die Beurteilung der individuellen Unterstützungsbedarfe definiert. Diese bilden die Grundlage für die einzelbezogene Prüfung und Entscheidung. 10. Welche Möglichkeiten sehen die zuständigen Behörden bei der weiteren Verzahnung von Schul- und Ganztagsbetrieb? Inwiefern können Erzieher , die insbesondere im GBS-Modell tätig sind, auch vormittags in die Schulbegleitung eingebunden werden? Wie können die arbeitsrechtlichen Probleme (zwei Arbeitsverträge mit zwei Lohnsteuerklassen und zwei Vorgesetzten et cetera) gelöst werden? Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter werden in der Regel über die Träger der Jugend- und Behindertenhilfe angeworben und ausgewählt. Insoweit können Erzieherinnen und Erzieher über einen Träger vormittags in der Schulbegleitung eingebunden werden. Da die Erzieherinnen und Erzieher in der GBS erst am Nachmittag tätig sind, stellt ein zweiter Arbeitsvertrag mit zwei Lohnsteuerklassen kein arbeitsrechtliches Problem dar. Darüber hinaus ist der Einsatz von Erzieherinnen und Erziehern im Vormittag bei selbständigen und jugendhilfebezogenen Leistungen des Trägers über Kooperationsverträge regelhaft möglich, sodass auch hier Möglichkeiten der personellen Verzahnung gegeben sind.