BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5936 21. Wahlperiode 20.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 13.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Strafvollzug – Geplante Kooperation mit Schleswig-Holstein In der vergangenen Woche veröffentlichte der Justizsenator mit seiner Kollegin aus Schleswig-Holstein den gemeinsamen Zwischenbericht zum Ausbau der Kooperation auf dem Gebiet des Strafvollzuges. Trotz erheblicher Kritik aus den Kreisen der Bediensteten, Experten und der Opposition halten sie an ihrem Vorhaben fest. Immer wieder betont der Senator, dass einer der Hauptgründe für die Kooperation die Personalbedarfsreduzierung durch Schließung einer Anstalt sei, gleichzeitig geht nun aber aus dem Bericht hervor, dass die Verlegung der jugendlichen Strafgefangenen nach Schleswig-Holstein zu einem erhöhten Personalaufwand unter anderem im Rahmen des Übergangsmanagements, bei Vollzugslockerungen, Transportfahrten und externen Fachkräften für Beratung und Therapiemaßnahmen führen wird. Die Höhe könne indes zurzeit noch nicht abgeschätzt werden. Auch die erforderliche Wiedereröffnung des Hauses 7 in der JVA Billwerder mit 35 Plätzen für den Frauenvollzug wird weiteres Personal binden. Der Zwischenbericht bietet Raum für Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ziel des Prüfvorhabens zur Neustrukturierung des Hamburger Justizvollzuges ist es, Strukturen für einen zukunftsfähigen Justizvollzug zu schaffen. Unter Wahrung hoher qualitativer Ansprüche an die Aufgabenerfüllung soll eine Vollzugskonzeption entwickelt werden, die den besonderen Bedürfnissen der jeweiligen Vollzugsbereiche Rechnung trägt und die Beibehaltung eines differenzierten Behandlungsangebotes auch in zahlenmäßig kleineren Gefangenengruppen ermöglicht. Die nachhaltige Sicherung der Resozialisierungs- und Integrationsarbeit ist dabei von besonderer Bedeutung. Eine enge Kooperation mit dem Land Schleswig-Holstein, für die es bereits bewährte Formen der Zusammenarbeit im Justizvollzug gibt, und die Zusammenlegung von Vollzugseinrichtungen stellen hier eine ernstzunehmende Option dar. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Es ist vorgesehen, dass Hamburger Gefangene „mit lediglich kurzen von bis zu 4 bis 6 Monaten Jugendstrafen (…) ihre Strafhaft in einer gesonderten Station der neu zu errichtenden Jugenduntersuchungshaftanstalt verbüßen.“ Bei der Darstellung der Verweildauer im Vollzug zum Stichtag 1. Februar 2016 gibt es jedoch nicht einen einzigen Gefangenen, der eine Jugendstrafe von bis zu vier bis sechs Monaten verbüßte. Gemäß § 18 JGG beträgt die Dauer einer Jugendstrafe mindestens sechs Monate. Wenn im Zwischenbericht auf die Gefangenengruppe mit lediglich kurzen Jugendstra- Drucksache 21/5936 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 fen von bis zu vier bis sechs Monaten Bezug genommen wird, handelt es sich um Jugendstrafgefangene, deren Strafrest im Zeitpunkt des Übertritts in die Strafhaft nach Abzug der anzurechnenden Dauer der Untersuchungshaft noch bis zu sechs Monate oder weniger beträgt. a. Wie viele Plätze soll die gesonderte Station umfassen? Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. b. Inwiefern ist geplant, für die Jugenduntersuchungshaftgefangenen sowie die Kurzstrafler in der JVA Billwerder Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen anzubieten? Wo können diese Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt werden? Nach derzeitigem Planungsstand der Errichtung einer neuen Jugenduntersuchungshaftanstalt werden die Möglichkeiten der Ausgestaltung eines Berufsentwicklungszentrums innerhalb der Jugenduntersuchungshaftanstalt – getrennt vom Männer- und Frauenvollzug – auf dem Gelände der JVA Billwerder geprüft. Im Übrigen siehe Drs. 21/5780. c. Wie viele Jugendliche und Heranwachsende verbüßten in der JVA Hahnöfersand seit dem Jahre 2014 Jugendstrafen von vier bis zu sechs Monaten? (Bitte pro Jahr angeben.) Jahr Verbüßte Jugendstrafen in der JVA HS von sechs Monaten oder weniger *) Kommentar 2014 9 2015 18 davon 3 schon in 2014 gezählt 2016 7 davon 1 schon in 2015 gezählt *) Es wurden nur Jugendstrafen gezählt, die am 31. August 2016 abgeschlossen waren. 2. Es wird angegeben, dass Hamburg Schleswig-Holstein im Bereich der TAF 60 Haftplätze im geschlossenen Vollzug garantieren könne. „Erforderlichenfalls könnte im Einzelfall die Binnendifferenzierung zwischen den Abteilungen zeitweise angepasst werden, um die Aufnahme weiterer Gefangener in Spitzenbelegungszeiten zu ermöglichen.“ a. Was ist unter einer zeitweisen Anpassung der Binnendifferenzierung zu verstehen? Inwiefern führt dies nach Ansicht der zuständigen Behörde zu einem erhöhten Konfliktpotenzial? In der TAF werden bei Durchführung der Kooperation insgesamt 135 Haftplätze für Frauen im geschlossenen Vollzug (Strafhaft und Untersuchungshaft) zur Verfügung stehen. Das Kontingent, welches Schleswig-Holstein für die Übernahme des Frauenvollzuges zur Verfügung gestellt wird, sind insgesamt 60 Haftplätze. Die bisher geplante Aufteilung geht von einer erforderlichen Belegungskapazität von 40 Plätzen in der Untersuchungshaft und 95 Plätzen in der Strafhaft aus. Die Binnendifferenzierung ermöglicht es bei dieser Planung, die Untersuchungshaft, die im gesamten linken Flügel des Hafthauses der TAF im Erd- und Obergeschoss untergebracht ist, vom Strafhaftbereich weiterhin komplett zu trennen. Sollten mehr als 40 Untersuchungshaftgefangene untergebracht werden müssen, wäre es erforderlich die Binnendifferenzierung den Anforderungen entsprechend zu verändern und abgetrennte Bereiche der Strafhaft vorrübergehend mit Gefangenen der Untersuchungshaft zu belegen. Durch eine erhöhte Flexibilität bei der Nutzung von freien Haftplätzen kann eine erweiterte Unterbringung im Untersuchungshaftbereich garantiert werden. Eine Erhöhung des Konfliktpotenzials besteht durch diese Maßnahmen nicht. b. Wie viele Haftplätze im Jugendvollzug der JVA Neumünster und Schleswig können für Hamburger Jugendstrafgefangene garantiert werden? Es werden insgesamt 55 Haftplätze im geschlossenen Jugendstrafvollzug garantiert, vergleiche Drs 21/5780. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5936 3 3. „Im Jugendvollzug der JVA Neumünster werden vor allem junge Gefangene untergebracht, die eine berufliche Orientierung bereits haben.“ a. Was ist darunter konkret zu verstehen? In der Jugendanstalt Schleswig sind berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen eingerichtet , in denen sich die Jugendlichen erproben können. Als zentrale Ausbildungsanstalt des Landes bildet die JVA Neumünster in elf Berufen aus und verfügt über Teilqualifizierungen in drei Gewerken. Die Teilnahme an diesen Maßnahmen setzt neben einer Restverbüßungsdauer von in der Regel sechs Monaten voraus, dass eine berufliche Orientierung bereits erfolgt ist. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.b. b. Wie hoch ist aktuell der Anteil der Jugendstrafgefangenen aus Hamburg, die in diesem Sinne bereits eine berufliche Orientierung haben? Von den 53 Strafgefangenen (Gefangenenbestand am 14. September 2016) haben 50 Strafgefangene Maßnahmen der Berufsorientierung durchlaufen. c. Wie viele Haftplätze für nicht gemeinschaftsfähige Gefangene gibt es jeweils in der JVA Schleswig und der JVA Neumünster? In der Jugendanstalt Schleswig befindet sich die Aufnahmeabteilung für den Jugendvollzug in Schleswig-Holstein. Nach Abschluss des Aufnahmeverfahrens werden Gefangene, die nicht in einer Wohngruppe untergebracht werden können, in die JVA Neumünster verlegt. Die Abteilungen im Haus D der JVA Neumünster sind so konzipiert , dass jeweils ein Flur mit 17 beziehungsweise 22 Haftplätzen von dem Wohngruppenbereich abgetrennt werden kann. d. In der JVA Hahnöfersand ist für (vorübergehend) wohngruppengeeignete Gefangene eine Sicherungsstation mit insgesamt sieben Plätzen für Jugendstrafgefangene eingerichtet. Wie stellt sich die monatliche durchschnittliche Auslastung dieser Station seit Beginn des Jahres dar? Die nachfolgende Tabelle enthält die Belegung mit Jugendstrafgefangenen, die sich gemäß § 19 Absatz 4 HmbJStVollzG in der eingeschränkten Unterbringung im Haus 6 (Station für nicht wohngruppengeeignete Gefangene) befinden. Monat 2016 durchschnittliche Belegung Januar 3 Februar 5 März 5 April 4 Mai 1 Juni 2 Juli 6 August 4 September (bis einschl. 13. September 2016) 5 4. Erfordert die geplante Errichtung der Jugenduntersuchungshaftanstalt auf dem Gelände der JVA Billwerder die Eröffnung einer zweiten Pforte? Falls ja, wie viel zusätzliches Personal wird hierfür benötigt? Nach dem derzeitigen Planungsstand ist die Errichtung einer zweiten Pforte nicht vorgesehen .