BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5943 21. Wahlperiode 20.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Carsten Ovens (CDU) vom 14.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Digitale Bildung in der Schule Die Bedeutung der digitalen Kompetenz und Exzellenz für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands ist unbestritten. Daneben eröffnen digitale Technologien erhebliche Potenziale für das lebensbegleitende Lernen und verbessern Qualität, Flexibilität sowie Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Leider zeigen internationale Vergleichsstudien, dass Deutschland nur im Mittelfeld liegt. Neben den Bereichen der Weiterbildung und Umschulung betrifft dies auch die Ausbildung in der Schule. Hamburg ist im Vergleich zu anderen Bundesländern zwar bereits laut der Studie der Telekom Stiftung „Schule digital“ gut aufgestellt, doch gibt noch weiteren Nachholbedarf. Der Digitalverband Deutschlands Bitkom hat ein Positionspapier mit Handlungsempfehlungen für den Bildungsstandort Deutschland veröffentlicht. (https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Digitale-Bildung- Handlungsempfehlungen-fuer-den-Bildungsstandort-Deutschland.html) Die den Bereich der Schule betreffenden Empfehlungen sind vor insbesondere folgende: - Der Erwerb von digitaler Kompetenz muss durch die fächerübergreifende curriculare Verankerung digitaler Bildungsinhalte und digitaler Technologien gewährleistet werden. Die Bildungspläne der Länder wie auch die Ausbildungs- und Studienordnungen müssen für die Digitalisierung fit gemacht werden. - Die ländergemeinsame sowie eine – wo immer sinnvolle – Zusammenarbeit über unterschiedliche Schulformen hinweg ermöglicht eine kostengünstigere Umsetzung des Gesamtmodells Digitale Bildung. Nur in einem Gesamtmodell können die Stärken und Chancen digitaler Infrastrukturen und Endgeräte zusammen mit didaktischen und methodischen Modellen, digitalisierten Inhalten und individualisierten Lernanwendungen , Lehrerfortbildung et cetera sinnvoll aufeinander abgestimmt und genutzt sowie zum Vorteil der Lernenden und Lehrenden weiterentwickelt werden. Bund, Länder und Kommunen müssen hierfür funktionsfähige Kooperationsstrukturen entwickeln - Verlässliche und langfristig stabile Lernumgebungen über alle Fächer und Klassenstufen hinweg sind notwendig, um digitales Lernen so effizient und gleichzeitig so zugänglich wie möglich zu gestalten. - An jeder Bildungseinrichtung müssen Verantwortliche aus dem Lehrpersonal befähigt und anerkannt werden, als »Digitale Mentoren« die Kon- Drucksache 21/5943 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zipierung, Fortschreibung und Umsetzung eines digitalen Rahmenkonzepts zu begleiten. - Für die Umsetzung des Gesamtmodells digitale Bildung ist eine nachhaltige Finanzierung notwendig. Zudem müssen Anreizmodelle, die den Aufwand digitaler Bildung widerspiegeln, etabliert werden. Lehrenden, die neue digitale Methoden erproben wollen, muss ein Rahmen geschaffen werden, der ihnen dieses Engagement erlaubt. - Laptops und Tablets müssen steuerlich als Schulmaterialien behandelt werden. - Der Hartz-4-Katalog sollte um Schüler-Laptops und -Tablets, elektronische Lernmaterialien, die zugehörige IT-Peripherie sowie entsprechende Software und Dienstleistungen ergänzt werden. - Der flächendeckende Breitbandausbau und die mobile Netzabdeckung müssen weiter vorangetrieben werden. Zum intelligenten Klassenzimmer gehören eine sichere und verlässliche WLAN-Anbindung sowie Cloud- Dienste für digitalisierte Bildungsinhalte und individualisierte Lernanwendungen . - In allen Bildungsbereichen, in denen Lernmittel staatlich finanziert werden , müssen Lernende und Lehrende mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden. Eine Abkehr von Projektförderungen hin zu kontinuierlichen IT-Budgets an Schulen sollte angestrebt werden. - Die Entwicklung digitaler Kompetenz sowie didaktisch-methodischer Fähigkeiten müssen verbindlicher Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Lehrpersonals an Schulen und Hochschulen sein. Digitale Kompetenz muss daher stärker in die hochschuldidaktische Aus-und Fortbildung integriert werden. - Für eine erfolgreiche Umsetzung digitaler Lernstrategien müssen digitale Lerninhalte noch stärker als bisher sowohl didaktisch-methodisch als auch technisch und inhaltlich in ihrer Entwicklung und Umsetzung ineinander greifen und multidisziplinare Anwendungsszenarien ermöglichen. - Informatikunterricht sollte in allen Schularten als Pflichtfach ab Jahrgangsstufe 5 mit mindestens einer Wochenstunde realisiert werden. In der gymnasialen Oberstufe muss es den Lernenden möglich sein, Informatik zu wählen und gleichwertig in die Abiturprüfung einzubringen. Auch die GRÜNEN hatten in der vergangenen Legislaturperiode die Einführung von Informatik als Pflichtfach an allen weiterführenden Schulen in der Sekundarstufe I gefordert, siehe Drs. 20/13366. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie beurteilen Senat oder zuständige Behörde die Handlungsempfehlungen der Bitkom? Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat im Sommer 2015 die Entwicklung einer länderübergreifenden Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ gestartet. Ein erster Entwurf der Strategie wurde der Fachöffentlichkeit im Mai 2016 vorgestellt und in Fachforen diskutiert. Bei der anschließenden Überarbeitung wurden schriftliche Stellungnahmen von Fachverbänden berücksichtigt, auch die vom Bundesverband Informationswirtschaft , Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom). Die in der Strategie der KMK bearbeiteten Handlungsfelder umfassen auch die vom Verband Bitkom genannten Handlungsempfehlungen. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5943 3 2. Welche konkreten Planungen bestehen seitens des Senats oder der zuständigen Behörde zur Verbesserung der digitalen Bildung an Hamburgs Schulen? Inwiefern sind insbesondere eine Anpassung der Bildungspläne und/oder die Einführung von Informatik als Pflichtfach ab Jahrgangsstufe 5 geplant? Die für Bildung zuständige Behörde hat mit dem Pilotprojekt „Start in die nächste Generation“ den ersten Schritt mit der systematischen Einbindung digitaler Medien in Lehr- und Lernprozesse zur Verbesserung der digitalen Bildung an Hamburgs Schulen getan. Nach der Auswertung des Pilotprojekts wird über die Schritte zur Ausweitung des Projekts entschieden. Alle Schulstandorte in Hamburg haben bereits eine Breitbandanbindung und in fast allen Klassen- und Fachräumen stehen Internetanschlüsse zur Verfügung. Diese sollen um eine sichere und verlässliche WLAN-Vernetzung erweitert werden, damit auch mobile Endgeräte im Unterricht jederzeit genutzt werden können. Über ein sicheres und datenschutzkonformes Zugangsportal sollen zusammen mit Lernplattformen auch digitale Bildungsmedien über ein Single-Sign-On-Verfahren zugänglich sein. Die Hamburger Bildungspläne beinhalten bereits Kompetenzanforderungen und inhaltliche Vorgaben für die Entwicklung von Medienkompetenz. Im Rahmen der geplanten Strategie der KMK „Bildung in der digitalen Welt“ wird ein erweitertes Kompetenzmodell erarbeitet, das den digitalen Wandel stärker berücksichtigt als die bisherigen Anforderungen. Da alle Fächer zukünftig zur Entwicklung der Kompetenzen in der digitalen Welt mit ihren spezifischen Zugängen beitragen sollen, werden nach der Entscheidung der KMK auch die Hamburger Bildungspläne entsprechend zu überarbeiten sein. Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung baut seine Fortbildungen zum digital gestützten Fachunterricht kontinuierlich aus. Im aktuellen Programmheft sind mehr als 30 fachbezogene Fortbildungen zum digital gestützten Lernen ausgewiesen . Diese werden um das fachübergreifende Fortbildungsangebot des Referats Medienpädagogik zum Lernen mit und über digitale Medien ergänzt. Im Übrigen siehe Drs. 21/3267. 3. Welche Kooperationsstrukturen bestehen hinsichtlich der digitalen Bildung mit anderen Bundesländern beziehungsweise dem Bund und inwiefern sollten diese nach Ansicht der zuständigen Behörde ausgebaut werden? Zurzeit kooperieren alle Länder unter Einbindung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Erarbeitung der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“, siehe Antwort zu 1. 4. Welche Kooperationsstrukturen beziehungsweise Programme bestehen bereits, um die Kompetenz und Ressourcen der Wirtschaft in Fragen der digitalen Bildung für Hamburgs Schulen zu nutzen beziehungsweise was planen Senat oder zuständige Behörden? Der Senat fördert im Rahmen des Talent Day Medien+IT gemeinsam mit der Handelskammer Hamburg und der Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e.V. die Kooperation von Unternehmen der Hamburger IT- und Medienwirtschaft gemeinsam mit Schulen zur Berufsorientierung in diesen Branchen. 5. Wie viele und welche Schulen verfügen über eine sichere und verlässliche WLAN-Anbindung? Ein standardisiertes WLAN ist von der zuständigen Behörde im Rahmen des Projektes „Start in die nächste Generation“ in den sechs Pilotschulen aufgebaut worden. Es handelt sich um die die Gymnasien Altona, Ohmoor, Osterbek und die Stadtteilschulen Oldenfelde, Maretstraße und Ilse Löwenstein. Im Übrigen siehe Drs. 21/3267. 6. Wie viele und welche Schulen verfügen über Cloud-Dienste und Apps für digitalisierte Bildungsinhalte, zur Organisation des Schulalltags (zum Drucksache 21/5943 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Beispiel bei kurzfristigen Unterrichtsausfall) sowie für individualisierte Lernanwendungen? Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler aller staatlichen allgemeinbildenden Schulen in Hamburg haben Zugriff auf die Schulmediathek Hamburg (http://www.schulmediathek.hamburg.de/). Die sechs Schulen des Projekts „Start in die nächste Generation“ haben zudem Zugang zur Lernplattform „islearning“ und nutzen mehrere Portale mit digitalen Bildungsinhalten , zum Beispiel bettermarks, Lerneo, Scoyo, Sofatutor, Zugang zur eBücherhalle der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (https://www.buecherhallen.de/ ebuecherhalle). Neun Hamburger Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien (Fritz-Köhne- Schule, Schule An der Glinder Au, Gretel Bergmann Schule, Otto-Hahn-Schule, Ida Ehre Schule, Bildungszentrum Tor zur Welt, Gymnasium Bornbrook, Goethe- Gymnasium, Gymnasium Hamm) sind seit 2009 mit ihren Schulbibliotheken an ein onlinebasiertes Netzwerk angeschlossen (http://schulbibliotheken-hamburg.de). Den Schülerinnen und Schülern wird eine kompetenzfördernde Lernumgebung für individualisiertes Lernen geboten. Sie können im Online-Katalog den multimedialen Gesamtbestand recherchieren und aktualisierte Datenbanken und Wissensportale (Biographien, Länderprofile, Online-Lexika zu Literatur, Film, Musik) nutzen. Das Kooperationsprojekt der für Bildung zuständigen Behörde, der Kulturbehörde und der Bücherhallen Hamburg wird kontinuierlich weiterentwickelt. Die berufsbildenden Schulen nutzen bereits seit 2005 die Plattform WiBeS.