BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5988 21. Wahlperiode 23.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 15.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Verkehrte Welt – Sonderbehandlung für LSBTI-Flüchtlinge (II) In Drs. 21/5581 wurde der Senat zur bevorzugten Behandlung der sogenannten LSBTI-Flüchtlinge befragt. Dabei handelt es sich um Personen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in der Vergangenheit von den Bewohnern diverser Flüchtlingsunterkünfte psychisch drangsaliert, nicht aber körperlich attackiert, worden sind.1 Obwohl dem Senat nach eigener Aussage „keine verlässlichen Daten zum Ausmaß von Gewalt und Diskriminierung gegen LSBTI-Geflüchtete“ vorliegen2, hat er in einer Pressemitteilung vom 4. August 2016 erklärt, das Schutzbedürfnis dieser Gruppe aufzuwerten, mit der Folge, dass gegenwärtig Appartements für sie angemietet werden, die sich außerhalb der Erst- und Folgeunterbringungen befinden. Auf Nachfrage hat der Senat erklärt, dass diese Maßnahme auf der Grundlage von Daten zu den Katalogwerten „Hasskriminalität“ und „sexuelle Orientierung “ erfolgt ist. Ihnen zufolge sind der Polizei Hamburg im Jahr 2015 zwölf sowie im Jahr 2016 sechs Vorgänge aus diesen Bereichen zur Kenntnis gelangt.3 Wegen der unkonkreten Oberbegriffe bleibt allerdings unklar, ob beziehungsweise in wie vielen Fällen überhaupt Personen im Sinne von „LSBTI“4 involviert gewesen sind. Dies hat den Senat jedoch nicht davon abgehalten, die beschriebenen Sondermaßnahmen einzuleiten, deren Kosten er bislang noch nicht absehen kann.5 Brisant ist auch, dass sich kein einziger der aktenkundig gewordenen Fälle innerhalb einer Flüchtlingsunterkunft ereignet hat.6 Vor dem Hintergrund der zum Teil akuten Bedrohungslage, der christliche Flüchtlinge durch massive psychische und physische Übergriffe seit Monaten in den Flüchtlingsunterkünften ausgesetzt sind, sowie in Hinblick auf die bedeutend größere Anzahl, wurde der Senat zur Verhältnismäßigkeit der oben skizzierten Sonderbehandlung der LSBTI-Flüchtlinge befragt. In seiner Antwort erklärte er: „Der Senat trägt dem Schutzbedürfnis einzelner Personen in den Unterkünften Rechnung. Diskriminierungen und Bedrängungen in den Unterkünften werden verfolgt.“7 Was dies in der Realität bedeutet, kann man Drs. 21/5664 entnehmen. In ihr wird deutlich, dass für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 24. August 1 Confer Drs. 21/5581. 2 Confer Drs. 21/5581. Seite 3. 3 Confer Ibidem. 4 LSBTI steht für „Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Intersexual Persons“. 5 Confer Drs. 21/5581. Seite 3. 6 Confer Ibidem. 7 Confer Ibidem. Drucksache 21/5988 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2016 insgesamt acht Fälle aktenkundig sind, in denen es zu „religiös motivierter Diskriminierung“ (psychischer und physischer Natur) von Christen gekommen ist8. Auf die Frage, welche Maßnahmen er bislang zum Schutz der christlichen Flüchtlinge unternommen habe, erklärte der Senat: „Sobald massive Konfliktlagen mit Bedrohungspotential in der Unterkunft bekannt werden, wird das Belegungsmanagement informiert und die Trennung der Beteiligten durch Verlegungen in andere Einrichtungen veranlasst.“9 Hier wird deutlich, dass christliche Flüchtlinge ungeachtet der zahlreichen verbürgten Übergriffe gegen sie bislang in keinem einzigen Fall in eine separate Unterbringung verlegt worden sind. Dabei handelt es sich um eine Erkenntnis, die der Senat in seiner Antwort auf die Frage, wie viele christliche Flüchtlinge bereits außerhalb der Erst- und Folgeunterkünfte untergebracht worden seien , mit folgenden Worten formuliert hat: „In keinem einzigen Fall.“10 Angesichts der offenkundigen Unverhältnismäßigkeit, die in der Sonderbehandlung der „LSBTI-Flüchtlinge“ gegenüber der numerisch größeren und weitaus häufiger von Übergriffen betroffenen Gruppe der Christen zum Ausdruck kommt, erweisen sich die in Drs. 21/5581 gegeben Antworten als ungenügend . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Siehe Drs. 21/2912, Drs. 21/5581, Drs. 21/4174 und Drs. 21/5664. Im Übrigen beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben der im Auftrag der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) fachlich zuständigen Träger wie folgt: 1. Wie rechtfertigt der Senat vor dem Hintergrund obenstehender Zusammenhänge seine Entscheidung, die „LSBTI-Flüchtlinge“ gegenüber den Christen durch die Verlegung in speziell angemietete Appartements zu begünstigen? Bitte dieses Mal ausführlich antworten und von Verweisen auf Drucksachen absehen, die faktisch nicht zur Klärung der Fragestellung beitragen.11 Siehe Vorbemerkung. Eine Begünstigung findet nicht statt. 2. Wie begründet der Senat demgegenüber, dass christliche Flüchtlinge in keinem der acht seit dem 1. Januar 2015 verbürgten Fälle in externe Unterbringungen verlegt, sondern lediglich in andere Flüchtlingsunterkünfte überwiesen worden sind? Bitte dieses Mal ausführlich antworten und von Verweisen auf Drucksachen absehen, die faktisch nicht zur Klärung der Fragestellung beitragen. Geprüft wird immer im Einzelfall, ob eine geschützte Unterbringung der betroffenen Personen innerhalb der öffentlichen Unterbringung möglich ist. Häufig ist die Verlegung in eine Folgeunterkunft mit mehr Privatsphäre eine angemessene Lösung. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie geht der Senat mit der Kritik um, Minderheiten, deren Personenzahl er nach eigener Aussage nicht einmal zu ermitteln in der Lage ist, gegenüber Mehrheiten zu bevorzugen, deren akute Bedrohungslage ausführlich dokumentiert und sogar in den Medien (Tagesthemen vom 3. Februar 2016) dargestellt worden ist? Siehe Antworten zu 1. und zu 2. 4. In Drs. 21/5664 hat der Senat auf die Frage, ob die religiös motivierte Diskriminierung von Christen und sexuellen Minderheiten womöglich 8 Confer Drs. 21/5664. Seite 2. 9 Confer Drs. 21/5664. Seite 2. 10 Confer Ibidem 11 Dazu zählen etwa die Drs. 21/2912, 21/5581 und 21/4174. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5988 3 etwas mit der muslimischen Konfession der Täter zu tun haben könnte, erklärt, sich bislang nicht mit dieser Fragestellung befasst zu haben. Wie ist das möglich? Gehört es nicht zu den Pflichten des Senats, die Ursachen von religiös motivierter Gewalt sowie die aus ihr resultierenden Diskriminierungen zu ergründen und entsprechende Konsequenzen zu aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen zu ziehen? 5. Warum ignoriert der Senat die Tatsache, dass die Diskriminierung religiöser und sexueller Minderheiten im Milieu der Flüchtlinge regelmäßig von Muslimen begangen wird? Ist der Umstand, demzufolge die Täter stets derselben Religionsgemeinschaft angehören, für ein tiefgehendes Verständnis des Phänomens der religiös motivierten Gewalt aus Sicht des Senats nicht von Bedeutung? 6. Wie erklärt sich der Senat, dass es nach eigener Aussage bislang in keinem einzigen Fall zu religiös motivierten Diskriminierungen von Muslimen durch Christen gekommen ist? Falls sich der Senat bislang nicht mit dieser Fragestellung befasst, möge er dies bitte näher erläutern. Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen verpflichtet das parlamentarische Fragerecht nach Artikel 25 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg den Senat zu Auskünften , nicht aber zur Kommentierung politisch motivierter Unterstellungen innerhalb von Parlamentarischen Anfragen.