BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5992 21. Wahlperiode 23.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 15.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Fördert der Senat Ausgründungen aus Hamburger Hochschulen? Universitäten und Hochschulen haben neben ihren beiden Kernaufträgen Forschung und Lehre auch den Auftrag, die Gesellschaft durch Innovationen zu bereichern und diese dadurch gesellschaftlich und wirtschaftlich voranzubringen . Zu diesem Zweck ist ein stärkerer Austausch zwischen Universitäten bzw. Hochschulen und der Wirtschaft wünschenswert. Es sollte den Wissenschaftlern der Hamburger Universitäten und Hochschulen (Professoren, Habilitanden, Doktoranden) daher so einfach wie möglich gemacht werden, aus ihrer Tätigkeit heraus Unternehmen (Start-ups) zu gründen, in diese Unternehmen zu investieren beziehungsweise sich an ihnen zu beteiligen sowie auch ihre Arbeitskraft in diesen Unternehmen einzusetzen, ohne dabei natürlich ihre Tätigkeit an der Universität beziehungsweise Hochschule zu vernachlässigen beziehungsweise zu gefährden. Patentagenturen, wie die TUTech, leisten hier bereits heute eine wertvolle Unterstützung und stellen ihre Kompetenz und Infrastruktur zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen, wie etwa des Landesbeamtenbesoldungsgesetzes Hamburg, der Hamburgischen Hochschul-Nebentätigkeitsverordnung, der Hamburgischen Nebentätigkeitsverordnung sowie des Hamburgischen Beamtengesetzes, stellt sich die Frage, ob es im Bereich der Gratifikation beziehungsweise Entlohnung für Unternehmensgründungen, aber auch von den gesetzlichen Einschränkungen von verbeamteten Wissenschaftlern in Bezug auf Tätigkeiten in von ihnen gegründeten Unternehmen Motivationshemmnisse gibt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochschulen wie folgt: 1. Wie viele Unternehmen beziehungsweise Start-ups wurden in den Jahren 2008 bis 2016 aus den Hamburger Universitäten und Hochschulen heraus gegründet? Bitte differenziert nach Jahr und nach Universität und Hochschule darstellen. An der Universität Hamburg (UHH) werden durch EXIST-oder GO-Bio-Anträge unterstützte Gründungen systematisch erfasst. Gründungsaktivitäten von Mitgliedern der UHH (Wissenschaftler und Studierende) oder Alumni, die nicht durch Förderanträge unterstützt werden, gibt es seit Jahren mit Erfolg an der UHH, diese werden jedoch nicht systematisch erfasst. Drucksache 21/5992 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Anzahl der Unternehmens - bzw. Startup- Gründungen (Förderung durch EXIST-Gründerstipendium ) Unternehmen bzw. Start-ups (Name) Ursprungsuniversität bzw. Ursprungshochschule Beteiligungen von Wissenschaftlern (Promovierte) 2008 1 Delta Branding GmbH UHH Ja 2009 2 Gpredictive Gradient GmbH UHH Nein Mondula GmbH UHH Nein 2010 0 Entfällt Entfällt Nein 2011 0 Entfällt Entfällt Nein 2012 2 Lablicate GmbH UHH Ja YouVal GmbH UHH Ja 2013 3 Crowdstein UG UHH Nein ADB Analytic Dashboards GmbH (jetzt quantilope GmbH) UHH Ja Baqend GmbH UHH Nein 2014 1 Viewlicity GmbH UHH Nein 2015 2 Taxdoo GmbH UHH Ja Versility Labs GmbH UHH Ja 2016 - (noch in Bewertung durch PtJ/BMWi) Entfällt Entfällt Nein Summe aller 11 11 UHH 6 An der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) sind folgende Ausgründungen erfasst. Jahr Intensiv betreute Gründungen 2008 14* 2009 7 2010 8 2011 10 2012 8 2013 12 2014 15 2015 15 2016 bis September (teilweise noch im Gründungsprozess) 15 * In diesen Zahlen können Dopplungen mit der HAW Gründerwerkstatt enthalten sein (EXIST- III). An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) liegt erst für den Zeitraum Oktober 2011 bis 2014 eine zusammengefasste Zahl von 66 Gründungen vor. Für das Jahr 2015 gab es zwei Gründungen. Im Jahr 2016 hat es bisher zwei Gründungen gegeben. An der HAW sind keine Ausgründungen durch Professorinnen beziehungsweise Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter oder Doktorandinnen beziehungsweise Doktoranden bekannt. Die angegebenen Zahlen beziehen sich auf Studierende oder Absolventinnen und Absolventen , die Räume im GründungsService der HAW genutzt haben. Die HafenCity Universität Hamburg (HCU), die Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) und die Hochschule für Musik und Theater (HfMT) melden eine Fehlanzeige . 2. An wie vielen dieser Unternehmensgründungen waren in den Jahren 2008 bis 2016 Wissenschaftler (Professoren, Habilitanden, Doktoran- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5992 3 den) der Hamburger Universitäten beziehungsweise Hochschulen, gemessen an ihren Unternehmensanteilen, ihren Entlohnungen, die sie von diesen Unternehmen erhielten, und ihrem Arbeitsaufwand in den jeweiligen Unternehmen, beteiligt? Bitte differenziert nach Jahr und nach Universität und Hochschule darstellen. Für die UHH siehe Antwort zu 1. Differenziertere Angaben werden an der UHH nicht erhoben. Die vom Startup Dock der TUHH betreuten Gründungen finden in der Regel statt, ohne dass sich Professoren, Habilitanden oder Doktoranden im Nebenamt an diesen Gründungen beteiligen. Die Unterstützung einzelner Gründungsteams durch Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer in Form von Rat und Begleitung wird nicht statistisch erfasst. Von Doktorandinnen und Doktoranden betriebene Ausgründungen werden mit Abschluss der Promotion von den handelnden Personen in der Regel im Haupterwerb weitergeführt. Jahr Beteiligte Wissenschaftler der TUHH 2008 entfällt 2009 SolidSim Engineering GmbH (Professor, Oberingenieur), inzwischen verkauft an Weltmarktführer AspenTech 2010 entfällt 2011 entfällt 2012 entfällt 2013 entfällt 2014 Odego GmbH (Professor, ehemaliger Doktorand) 2015 entfällt 2016 bis September entfällt Für die HAW siehe Antwort zu 1. 3. Wie viele Wissenschaftler (Professoren, Habilitanden, Doktoranden) der Hamburger Universitäten beziehungsweise Hochschulen erhielten in den Jahren 2008 bis 2016 für ihre Unternehmensgründungen zusätzliche Gratifikationen durch ihre Universitäten und Hochschulen und in welchem Umfang? Bitte differenziert nach Jahr und nach Universität und Hochschule und unter Nennung der jeweiligen Rechtsvorschiften darstellen . Die UHH zahlt keine zusätzlichen Gratifikationen für Unternehmensgründungen an Wissenschaftler. An der TUHH hat es in den Jahren 2008 bis 2016 keine Gratifikation für die Beteiligung von Professorinnen und Professoren, Habilitandinnen und Habilitanden und Doktorandinnen und Doktoranden an Ausgründungen gegeben. Doktorandinnen und Doktoranden werden von EXIST grundsätzlich nur in Ausnahmefällen gefördert – wenn sie unmittelbar vor dem Ende ihrer Promotion stehen und die Promotion in der Förderzeit abgeschlossen wird. Es ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, zu ermitteln, wie viele Doktorandinnen und Doktoranden während der Förderzeit ihre Promotion abgeschlossen haben, da diese Daten an der TUHH statistisch nicht verfügbar sind. Auch an der HAW gab es keine zusätzlichen Gratifikationen. 4. Wie viele Wissenschaftler (Professoren, Habilitanden, Doktoranden) der Hamburger Universitäten beziehungsweise Hochschulen investierten in den Jahren 2008 bis 2016 eigenes Kapital in ihre Unternehmensgründungen und in welchem Umfang? Bitte differenziert nach Jahr und nach Universität und Hochschule und unter Nennung der jeweiligen Rechtsvorschiften darstellen. Drucksache 21/5992 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Entsprechende Daten werden an der UHH, TUHH und HAW statistisch nicht erfasst. 5. Unter welchen Bedingungen dürfen Wissenschaftler (Professoren, Habilitanden , Doktoranden) der Hamburger Universitäten beziehungsweise Hochschulen eigenständig und/oder in Zusammenarbeit mit Studenten, Doktoranden et cetera und externen Unternehmen aus den Universitäten beziehungsweise Hochschulen heraus eigene Unternehmen beziehungsweise Start-ups gründen, für diese Unternehmen in welchem Umfang arbeiten, von diesen Unternehmen Gehälter und/oder Gewinnbeteiligungen beziehen und/oder Anteile an diesen Unternehmen besitzen ? Bitte unter Nennung der jeweiligen Rechtsvorschriften aufführen. 6. Unter welchen Bedingungen ist es Wissenschaftlern (Professoren, Habilitanden , Doktoranden) der Hamburger Universitäten beziehungsweise Hochschulen untersagt, eigenständig und/oder in Zusammenarbeit mit Studenten, Doktoranden et cetera und externen Unternehmen aus den Universitäten beziehungsweise Hochschulen heraus eigene Unternehmen beziehungsweise Start-ups zu gründen, für diese Unternehmen zu arbeiten, von diesen Unternehmen Gehälter und/oder Gewinnbeteiligungen zu beziehen und/oder Anteile an diesen Unternehmen zu besitzen? Bitte unter Nennung der jeweiligen Rechtsvorschriften aufführen. Für Professorinnen und Professoren sowie andere wissenschaftliche Beamte gelten die allgemeinen und hochschulspezifischen beamtenrechtlichen Regelungen, für tariflich Beschäftigte die arbeits- und tarifvertraglichen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Professorinnen und Professoren und anderes verbeamtetes wissenschaftliches Personal an Hochschulen werden durch die Wissenschaftsfreiheit (Artikel 5 GG, vergleiche auch § 11 Hamburgisches Hochschulgesetz – HmbHG) vorgegeben und durch einfachgesetzliche Regelungen genauer bestimmt. Insoweit sind insbesondere die Vorschriften des Beamtenrechts (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG, Hamburgisches Beamtengesetz – HmbBG und Hamburgisches Besoldungsgesetz – HmbBesG) sowie die Hamburgische Nebentätigkeitsverordnung und die Hamburgische Hochschul -Nebentätigkeitsverordnung vom 6. Dezember 2011 (HmbGVBl. S. 513) zu nennen . Das Besoldungsrecht für Beamte sieht im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit neben den allgemeinen Bezügen (§§ 21 fortfolgende HmbBesG) in Unterabschnitt 3 des HmbBesG Vorschriften für Professorinnen, Professoren, Juniorprofessorinnen, Juniorprofessoren , hauptberufliche Leiterinnen, hauptberufliche Leiter und Mitglieder von Leitungsgremien an Hochschulen spezifische, insbesondere leistungsbezogene Regelungen vor. So können beispielsweise in den Besoldungsgruppen W2 und W3 neben dem als Mindestbezug gewährten Grundgehalt Leistungsbezüge für besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung vergeben werden (§ 32 Nummer 2. HmbBesG). Ferner können als Einmalzahlung oder als monatliche Zahlungen Leistungsbezüge für besondere Leistungen in der Forschung nachgewiesen werden durch Erfindungen, Patente und technologische Entwicklungen (§ 34 Absatz 1 i.V.m. Absatz 3 Nummer 4 HmbBesG). Die Gründung von Unternehmen beziehungsweise Start-ups, die Tätigkeit für diese Unternehmen, der Bezug von Gehältern und/oder Gewinnbeteiligungen und der Besitz von Anteilen an diesen Unternehmen ist von der Drittmittelforschung abzugrenzen, die lediglich anzeigepflichtig ist und nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht werden darf (§ 77 Absatz 2 HmbHG). Jedoch können die für die Gewährung von Leistungsbezügen an Professorinnen und Professoren zuständigen Stellen an Professorinnen und Professoren einschließlich der Juniorprofessorinnen und -professoren, die private oder öffentliche Mittel Dritter für Forschungs- oder Lehrvorhaben der Hochschule einwerben und diese Vorhaben durchführen, aus diesen Mitteln im Rahmen ihrer Zweckbindung und für den Zeitraum, für den diese Mittel gezahlt werden, eine nicht ruhegehaltfähige Zulage (Forschungs- oder Lehrzulage) zahlen (§ 39 Absatz 1 Satz 1 HmbBesG). Außerhalb der dienstlichen Tätigkeit gilt: Im Einzelnen sind die beamtenrechtlichen Untersagungsgründe für eine Nebentätigkeit in § 73 HmbBG geregelt. Für den Bezug von Gewinnbeteiligungen und den Besitz von Anteilen an Unternehmen im Rahmen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5992 5 der Verwaltung eigenen oder der Nutznießung der Beamtin oder des Beamten unterliegenden Vermögens bestehen keine Obergrenzen (§ 72 Absatz 1 Nummer 2 HmbBG). Soweit Gründungen oder Anteilhalten im Einzelfall eine Nebentätigkeit darstellen sollten, wären auch hier die beamtenrechtlichen Vorschriften anwendbar. Für Gehälter bestehen ebenfalls keine Obergrenzen, allerdings darf die ausgeübte Tätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft nicht so stark in Anspruch nehmen, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann (§ 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 HmbBG). Für die Ausübung einer freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder die Mitarbeit bei einer dieser Tätigkeiten ist in der Hochschul-Nebentätigkeitsverordnung geregelt: Für tarifliches Personal gilt insbesondere die Sonderregelung des § 40 Nummer 2. TV-L zu der allgemeinen Vorschrift des § 3 Absatz 4 TV-L. Danach kann der Arbeitgeber die Nebentätigkeit untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn diese geeignet ist, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Beschäftigten oder berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. 7. In wie vielen Fällen zwischen 2008 und 2016 wurde es Wissenschaftlern (Professoren, Habilitanden, Doktoranden) der Hamburger Universitäten beziehungsweise Hochschulen untersagt, eigenständig und/oder in Zusammenarbeit mit Studenten, Doktoranden et cetera und externen Unternehmen aus den Universitäten beziehungsweise Hochschulen heraus eigene Unternehmen beziehungsweise Start-ups zu gründen, von diesen Unternehmen Gehälter und/oder Gewinnbeteiligungen zu beziehen und/oder Anteile an diesen Unternehmen zu besitzen? Bitte differenziert nach Jahr und nach Universität und Hochschule darstellen. Der zuständigen Behörde sowie nach Auskunft der staatlichen Hamburger Hochschulen sind keine entsprechenden Fälle bekannt. 8. Welche Maßnahmen möchte der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ergreifen, um Unternehmensgründungen aus den Hamburger Universitäten und Hochschulen heraus zu fördern beziehungsweise deren Anzahl zu steigern, besonders in Hinblick auf die Gratifikationen durch die Universitäten und Hochschulen für die Professoren bei Ausgründungen und im Hinblick auf den erlaubten Arbeitseinsatz in den Unternehmen? Unternehmensgründungen aus den Hamburger Hochschulen und Universitäten werden durch verschiedene Maßnahmen unterstützt, wie etwa: Durch die Beratung der Gründungswilligen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Technologietransfereinrichtungen der Hochschulen und Universitäten sowie der übergreifenden Transfereinrichtungen. Durch die Einrichtung von Forschungs- und Technologieparks, die Hamburgs Infrastruktur für Ausgründungen komplettieren; Technologieparks umfassen sogenannte Inkubatoren, die Flächen für junge Existenzgründer zur Verfügung stellen. Neben den Flächen werden zusätzliche Services wie Beratungsangebote vorgehalten . Derzeit entstehen solche Inkubatoren auf dem Forschungscampus in Bahrenfeld und in Harburg mit dem ICGT. Die räumliche Nähe der Technologieparks zu Universitäten und Hochschulen, Beratungsservices für Gründungswillige und Vorlesungsangebote im Themenbereich Entrepreneurship unterstützen und ermöglichen eine frühe Implementierung des Ausgründungsgedankens bei den Nachwuchswissenschaftlern. Im Hinblick auf die nebentätigkeitsrechtlichen Bestimmungen (siehe vorstehende Antwort auf die Fragen 5. und 6.) sieht der Senat derzeit keinen Anpassungsbedarf. Im Übrigen siehe Drs. 21/5874, 21/4322, 21/3101 und 20/13400.