BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5998 21. Wahlperiode 23.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 15.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Freiwilliger Verbleib in der Erstaufnahme An den Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) sollen sich regelmäßig Asylbewerber wenden mit der Bitte, länger in einer bestimmten Erstaufnahmeeinrichtung bleiben zu können oder in eine bestimmte Folgeeinrichtung verlegt zu werden. Fraglich ist, welche Folgen sich daraus ergeben. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das Belegungsmanagement der Erstaufnahme- und Folgeeinrichtungen wird von f & w fördern und wohnen – Anstalt öffentlichen Rechts – (f & w) gesteuert. Ein Kriterienkatalog zur Entscheidung über Begehren der Bewohnerinnen und Bewohner auf Verbleib in einer Erstaufnahmeeinrichtung wurde nicht erstellt. Bisher wurden keine Bitten auf Verbleib in einer Erstaufnahmeeinrichtung an den Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) gerichtet. Derzeit sind zwei Eingaben von jeweils sechsköpfigen Familien anhängig, die in der Erstaufnahmeeinrichtung Geutensweg verbleiben möchten. Die Entscheidungen stehen noch aus. Es muss bei derartigen Bitten unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob dem Anliegen gefolgt werden kann. Die Verlegung von einer Erstaufnahmeeinrichtung in die Unterkünfte der öffentlich-rechtlichen Unterbringung erfolgt grundsätzlich zuvorderst bei anerkannten Asylberechtigten und Flüchtlingen sowie subsidiär Schutzberechtigten. Danach werden in aufgeführter Folge die Mitglieder folgender genannter Statusgruppen verlegt: 1. Asylbewerber, die aus sonstigen Herkunftsstaaten stammen, im laufenden Verfahren nach Ablauf der Sechsmonatsfrist (Aufenthaltsgestattung) 2. Asylbewerber, die aus sonstigen Herkunftsstaaten stammen, im laufenden Verfahren vor Ablauf der Sechsmonatsfrist (Aufenthaltsgestattung) 3. Abgelehnte Asylbewerber, die aus sonstigen Herkunftsstaaten stammen, nach Ablauf der Sechsmonatsfrist (Duldung) 4. Abgelehnte Asylbewerber, die aus sonstigen Herkunftsstaaten stammen, vor Ablauf der Sechsmonatsfrist (Duldung) Im Rahmen dieser Prioritäten sind jeweils vorrangig Schwangere, allein reisende Frauen, Familien mit Kindern sowie Personen, die aus anderen Gründen wie etwa fortgeschrittenes Alter, Krankheit oder Behinderung besonders schutzbedürftig sind, zu berücksichtigen. Darüber hinaus werden bei der Verlegung weitere Kriterien berücksichtigt wie die Dauer des Aufenthaltes, Zusammensetzung der Gruppen, Zugehörigkeit zu Familien, lokale Gegebenheiten sowie räumliche Nähe. Die Erstbelegung von Folgeunterkünften wird grundsätzlich so gesteuert, dass sich möglichst ein Verhältnis von 60 Prozent Familien und 40 Prozent Alleinstehende ergibt. Zudem wird auf eine Mischung der Nationalitäten geachtet. Drucksache 21/5998 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Ein dauerhafter Verbleib in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder eine gegenläufige Verlegung ist regelhaft nicht vorgesehen. Jedoch können im Einzelfall durch die längere Verweildauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen bereits vielfältige Beziehungen zum Wohnumfeld entstanden sein. Um diese Ansätze einer beginnenden Integration zu unterstützen, wird das Sozialmanagement diese Aspekte im gebotenen Einzelfall bei der Verlegung in Folgeunterkünfte in Absprache mit den Bewohnern einbringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erstaufnahmeeinrichtungen stehen diesbezüglich in ständigem Kontakt zu f & w, dessen Belegungsmanagement nach Möglichkeit die besonderen Anforderungen berücksichtigt. Hierzu ist eine enge Abstimmung mit den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern erforderlich. Weiterhin informiert das Sozialmanagement die Betroffenen ausführlich über die Konsequenzen (zum Beispiel Verrechnung von Leistungen). Ab dem 1. Oktober 2016 wird Leistungsberechtigten nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) in Gemeinschaftsunterkünften ohne Selbstversorgungsmöglichkeit gemäß § 65 SGB II der Anteil für Ernährung und Haushaltsenergie, der als Sachleistung in der Einrichtung erbracht wird, auf das Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angerechnet. Die Höhe der Absetzbeträge ist gesetzlich festgelegt. Zur Umsetzung des § 65 SGB II siehe Drs. 21/5882. Bei Grundleistungsberechtigten nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) richtet sich der Anspruch nach der Unterbringungsform. Leistungsberechtigte in Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten gemäß § 3 Absatz 1 AsylbLG Leistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs in der Regel als Sachleistung und Leistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs als Geldleistung. Dies gilt unabhängig von dem Grund des Aufenthalts in der Erstaufnahmeeinrichtung. Bei Übergang in eine andere Unterbringungsform erhalten Grundleistungsberechtigte nach § 3 Absatz 2 AsylbLG sowohl zur Deckung des notwendigen Bedarfs als auch zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs Geldleistungen. Die Gesamthöhe der Leistungen unterscheidet sich zwischen Absatz 1 und 2 jedoch nicht und ergibt sich aus dem Gesetz. Die Notwendigkeit der Anrechnung von Sachleistungen ergab sich für diesen Personenkreis in Hamburg bisher nur für eine sehr geringe Anzahl an Fällen. Die Absetzbeträge wurden dazu von der zuständigen Fachbehörde ermittelt. Nachdem nunmehr die Regelungen im SGB II zum 1. August 2016 in Kraft getreten sind, werden die Absetzbeträge für Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG und Leistungsempfänger nach dem SGB XII den gesetzlich festgelegten Absetzbeträgen im SGB II angeglichen. Bei Leistungsberechtigten nach § 2 AsylbLG und Leistungsempfängern nach dem SGB XII, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung mit Vollverpflegung leben, werden die Sachleistungen ebenfalls angerechnet. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Bitten auf freiwilligen Verbleib in der Erstaufnahmeeinrichtung wurden seit Oktober 2015 an den ZFK gerichtet? Bitte nach Erstaufnahmeeinrichtung , Monat und Anzahl der Familienmitglieder differenzieren. a. Wie vielen Bitten konnte entsprochen werden? b. Für welchen Zeitraum wurde einer Verlängerung jeweils zugestimmt ? c. Gibt es einem maximalen Bewilligungszeitraum? d. Wie viele Bitten wurden abgelehnt? Mit welcher Begründung? 2. Unter welchen Voraussetzungen/Konstellationen kann der Bitte auf freiwilligen Verbleib in der Erstaufnahmeeinrichtung gefolgt werden? a. Gibt es einen konkreten Kriterienkatalog, nach dem die Fälle entschieden werden? b. Welche Abstimmung hinsichtlich der Standortverteilung erfolgt mit den Bewohnern einer Erstaufnahmeeinrichtung, bevor sie in eine Folgeunterkunft verteilt werden? c. Wird auf die Standortwünsche bezüglich der Folgeunterbringung der Betroffenen Rücksicht genommen? Bitte begründen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5998 3 Siehe Vorbemerkung. 3. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Betroffenen bei einem freiwilligen Verbleib in der Erstaufnahmeeinrichtung? a. Welche Abweichungen ergeben sich bei den Leistungsbezügen? Bitte nach Einzelperson und Familie differenzieren. Was bedeutet in diesem Zusammenhang die sogenannte Verrechnung im Leistungsbezug genau? Die derzeitigen Leistungsbeträge für die verschiedenen Regelbedarfsstufen ergeben sich aus der folgenden Tabelle: Regelbedarf in € Abzug in € Regelbedarf nach Abzug in € Regelbedarfsstufe 1: Alleinstehende Leistungsberechtigte 404 138 266 Regelbedarfsstufe 2: Zwei erwachsene Leistungsberechtigte , die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen 364 125 239 Regelbedarfsstufe 3: erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt 324 111 213 Regelbedarfsstufe 4: jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 306 118 188 Regelbedarfsstufe 5: Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 270 92 178 Regelbedarfsstufe 6: Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 237 72 165 Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b. Haben Personen, die freiwillig in Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben , einen anderen Rechtsstatus als solche, die Folgeunterkünfte bewohnen? Nein, der Status richtet sich nicht allein nach dem Stand des Asylverfahrens. 4. Unter welchen Umständen kann, nach Auszug aus einer Erstaufnahmeeinrichtung in eine Folgeunterbringung, der Bitte auf Rückverlegung entsprochen werden? a. Wie viele Bitten wurden seit Oktober 2015 an den ZFK gerichtet? b. Wie vielen Bitten konnte entsprochen werden, wie vielen nicht? Bitte begründen. Rückverlegungen von einer Folgeunterbringung in eine Erstaufnahmeeinrichtung können als Ergebnis einer dezidierten Einzelfallprüfung vorgenommen werden. Bisher erfolgten keine Rückverlegungen. In diesem Zusammenhang ist derzeit eine Eingabe anhängig. 5. Wie bewertet der Senat die Anzahl von Anträgen auf Verbleib in Erstaufnahmeeinrichtungen ? Zieht der Senat Konsequenzen aus der Anzahl der Anträge? Wenn ja, welche? Solche Anträge erreichen den ZKF vereinzelt. Um dem stärker Rechnung tragen zu können, überarbeitet der ZKF derzeit das Verfahren für das Belegungsmanagement mit dem Ziel, bei einem bevorstehenden Transfer soziale Bezüge der Asylsuchenden im Umfeld der bisherigen Unterkünfte intensiver einbeziehen zu können.