BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6001 21. Wahlperiode 23.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 15.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Beruf Rechtspfleger – Was tut der Senat zur Verbesserung der Situation ? In neun von zehn Arbeitsorten für Rechtspfleger bestehen trotz prekärer Lage noch immer Vakanzen. Allein am Amtsgericht-Mitte gibt es 3,43 nicht besetzte Stellen. .Gemäß dem Personalbericht 2016 plant der Senat, 40 Stellen zu reduzieren. Auch die Fehlzeitenquote hat sich im Jahr 2016 im Vergleich zu 2015 erheblich erhöht. Im zweiten Halbjahr 2015 betrugen die Fehlzeiten beispielsweise am Landgericht noch 3,4 Prozent, wohingegen bis April 2016 die Fehlzeiten schon auf 13,8 Prozent angestiegen sind. Dass hier ein dringender Handlungsbedarf besteht, ist offenkundig. Zu klären ist, wie Senator Steffen diese Situation tatsächlich verbessern wird. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Plant der Senat eine „Ausbildungsoffensive“ für den Beruf der Rechtspfleger ? Wenn ja, mit welchen Zielsetzungen? Wie viele Stellen sollen in Zukunft entstehen? Bitte differenziert nach Jahren darstellen. Siehe Drs. 21/5208 und 21/5638. Die Zahl der ab 2017 jährlich geplanten neuen Studienplätze wurde auf 9 erhöht. 2. Ist geplant, auch in Zukunft Volljuristen in den Aufgabenfeldern der Rechtspfleger einzusetzen? Wenn ja, in welchem Umfang? Wie oft ist dies in den Jahren 2012 bis 2016 geschehen? Ja. Siehe Drs 21/5208 und 21/5638. Zusätzlich sind in den Jahren 2012 bis 2016 zwei Volljuristen bei der Staatsanwaltschaft in Aufgabenfeldern der Rechtspfleger eingesetzt worden. 3. Auf welche Weise wird zurzeit die Ausbildung zum Rechtspfleger beworben ? a. An welchen Orten/Veranstaltungen bewirbt der Senat den Ausbildungsberuf ? b. Welche Werbemittel werden aktuell eingesetzt? c. Welches Budget stellt der Senat für Werbungskosten zur Verfügung ? Die zuständige Behörde hat vor zwei Jahren das Werbekonzept für die Ausbildungsund Studienangebote der allgemeinen Justizverwaltung neu ausgerichtet. Die werberelevante Zielgruppe der Nachwuchskräfte nutzt zur Information und Entscheidungs- Drucksache 21/6001 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 findung hauptsächlich das Internet. Um die Zielgruppe dort zu erreichen, wurde der Werbeeinsatz entsprechend angepasst. Die Online-Präsenz wurde erheblich weiterentwickelt . Der Internetauftritt auf der justizeigenen Homepage sowie auf hamburg.de wurde adressatengerechter gestaltet. Dort wurden Werbefilme eingebunden und neue Bildbotschaften entwickelt. Zusätzlich wurden Anzeigen in verschiedenen Online- Jobbörsen geschaltet. Aktuell laufen Anzeigen auf jobbörse.de und hamburgerjobs.de. Das Studium zum/zur Diplom-Rechtspfleger/In wird in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Aus- und Fortbildung im Rahmen der Kampagne „Wir sind Hamburg – Bist du dabei?“ beworben. Es laufen Spots über Fahrgast-TV und Seitenbannerwerbungen in Bussen und Bahnen. In einigen Bahnhöfen des ÖPNV erfolgt Werbung über Großplakate . Das Zentrum für Aus- und Fortbildung organisiert auch Inhouse-Veranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer, die im Berufskundeunterricht tätig sind, sowie für Schülerinnen und Schüler, die sich für Tätigkeiten in den Bereichen des Hamburger öffentlichen Dienstes interessieren. Auf diesen Veranstaltungen werden als Werbemittel hauptsächlich Flyer eingesetzt. Die Finanzierung dieser Werbeaktionen erfolgt aus den für die Gesamtkampagne „Wir sind Hamburg – Bist du dabei?“ zur Verfügung stehenden Mitteln. Der auf die zuständige Behörde entfallende Teil kann nicht ermittelt werden. 4. Welche Ursachen hat der Senat für die geringe Ausbildungszahl evaluiert ? Die Ausbildungszahlen orientieren sich an der Nachwuchskräftebedarfsplanung und dem zur Verfügung stehenden Ausbildungsbudget. 5. Wie plant der Senat, eine geplante Ausbildungsoffensive umzusetzen? Welche Maßnahmen zur Umsetzung der Ausbildungsoffensive sind geplant? Wo und in welchem Umfang sollen diese stattfinden? Die Anzahl und Qualität der derzeit eingehenden Bewerbungen deckt den auch erhöhten Bedarf an Nachwuchskräften sehr gut ab. Aus diesem Grund sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. bis 3. c. 6. Wird der Beruf des Rechtspflegers an Schulen beworben? Wenn ja, wie und werden im Rahmen von Praktika oder anderen Maßnahmen Rechtspfleger in die Schulen eingeladen? Wenn nein, warum nicht und durch welche Maßnahmen kann der Beruf Rechtspfleger stärker in Schulen bekannt werden? Die Gerichte bieten Schülerpraktika für alle Laufbahnen an, in denen in der allgemeinen Verwaltung der Justiz ausgebildet wird, so auch für den Rechtspflegerberuf. Zudem erfolgt Werbung für den Rechtspflegerberuf im Rahmen des boys & girls day. Einige Schulen laden regelmäßig Eltern ein, um die eigenen Berufe vorzustellen. Hier engagieren sich auch einige Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, denen von der zuständigen Behörde Flyer zur Verfügung gestellt werden. Zudem steht Schulklassen bei Gerichtsbesuchen im Rahmen von Projekttagen im Strafjustizgebäude ein didaktischer Raum zur Verfügung, in dem Werbematerial ausliegt und gelegentlich Vorträge durch Vertreterinnen und Vertreter einzelner Berufsgruppen erfolgen. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. bis 3. c. 7. Wird der Beruf des Rechtspflegers an Universitäten beworben? Wenn ja, wie und an welchen Orten (Veranstaltungen, Beratungen et cetera)? Wenn nein, warum nicht und durch welche Maßnahmen plant der Senat, den Beruf Rechtspflegers stärker an Universitäten bekannter zu machen? Die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger der Hamburgischen Verwaltung studieren an der Norddeutschen Hochschule für Rechtspflege in Hildesheim. Diese bewirbt der- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6001 3 zeit mit der Kampagne „Gemeinsam Gerechtigkeit gestalten“ den Studiengang Rechtspflege. Weitere Werbung an Universitäten erfolgt nicht, da es sich nicht um ein freies Studium handelt, sondern um eines, das in der Beamtenlaufbahn absolviert werden muss. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. bis 3. c. 8. Sind Ausbildungserleichterungen beziehungsweise Verkürzungen geplant? Wenn ja, welche? Gemäß § 2 des Rechtspflegergesetzes kann mit den Aufgaben einer Rechtspflegerin oder eines Rechtspflegers betraut werden, wer einen dreijährigen Vorbereitungsdienst abgeleistet und die Rechtspflegerprüfung bestanden hat. Hierbei handelt es sich um ein Bundesgesetz. Verkürzungen oder Erleichterungen sind, soweit ersichtlich, nicht geplant. a. Sind Veränderungen im Ausbildungsablauf geplant? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Der Studiengang Rechtspflege wird jährlich evaluiert. Aus der Evaluation ergeben sich beständige Anpassungen im Hinblick auf die Studieninhalte und Abläufe. So wurden in den vergangenen Jahren der Zeitpunkt der Abgabe der Diplomarbeit verändert und die Inhalte der Wahlpflichtkurse in Bezug auf die Anwendung europäischen Rechts stark erweitert. Aktuell sind keine wesentlichen Änderungen geplant. b. Ist geplant, die Einstellungsvoraussetzungen zu erleichtern? Wenn ja, in welchem Umfang? Siehe Antwort zu 5. c. Plant der Senat eine Erhöhung der Besoldung der Rechtspfleger beziehungsweise der auszubildenden Rechtspfleger? Wenn ja, in welchem Umfang und in welchem Zeitrahmen? Die Besoldung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger richtet sich nach dem Hamburgischen Besoldungsgesetz. Änderungen sind zurzeit nicht beabsichtigt. d. Welche Maßnahmen plant der Senat, um das Ansehen des Berufsbildes der Rechtspfleger in der Öffentlichkeit zu steigern? Inwieweit wird dazu verstärkt mit den Gerichten und anderen zuständigen Stellen zusammengearbeitet? Siehe Antworten zu 3. bis 3. c., 6. und 7. 9. Welche Kosten veranschlagt der Senat für die Umsetzung der geplanten Ausbildungsoffensive? Die in der folgenden Tabelle aufgeführten Kosten berücksichtigen die Anwärterbezüge nach Personalkostenverrechnungssätzen und den Kostenbeitrag für die Norddeutsche Hochschule für Rechtspflege in Hildesheim. Letzterer hängt von der Zahl der Studierenden ab. In der Aufstellung ist von einem Mittelwert von 9.600 Euro jährlich je Studierenden ausgegangen worden. Jahr 2017 2018 2019 2020 Kosten 720.698 € 895.509 € 905.040 € 914.733 €