BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6053 21. Wahlperiode 27.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 20.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Belastete Sedimente im Hamburger Hafen: Kommt es im Hamburger Hafen zu einer Umweltkatastrophe durch PCB? Laut Berichterstattung „Der Welt“ vom 17. September 2016 ist es in der Tschechischen Stadt Ústí nad Labem zu einer Umweltkatastrophe gekommen , die gefährliche Auswirkungen auf den Hamburger Hafen haben könnte. Durch nicht sachgerecht durchgeführte Bauarbeiten an einer Eisenbahnbrücke gelangten große Mengen der giftigen und krebsauslösenden PCB in die Elbe. Rund 100 Kilogramm reine PCB seien in den Fluss gelangt. Die belasteten Sedimente, so die Einschätzung des BUND, würden auch bald Hamburg erreichen. Sollte die Belastung der Sedimente in der Konsequenz signifikant ansteigen, dürfte das Baggergut aus Hamburg laut der Vereinbarung mit Schleswig-Holstein nicht mehr zur Tonne E3 bei Helgoland gebracht werden . Es stellt sich die Frage, welche Schritte von Hamburger Behörden eingeleitet wurden, um den Fall zu untersuchen und welche Maßnahmen eingeleitet werden, um den Hamburger Hafen vor einer drohenden Umweltkatastrophe zu schützen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wann wurden der Senat beziehungsweise die zuständigen Stellen erstmals über den schweren Fall von Umweltverschmutzung in Tschechien von wem unterrichtet? 2. Welche öffentlichen Stellen sind sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene mit dem Fall befasst? Welche öffentlichen Stellen sind auf tschechischer Seite mit dem Fall befasst? 3. Welche Schritte wurden vonseiten des Senats und der zuständigen Stellen unternommen, um den Fall zu prüfen und die ökologischen Auswirkungen zu untersuchen? Siehe Drs. 21/6041. 4. Laut Berichterstattung habe die Hamburger Behörde für Umwelt und Energie (BUE) Ende Juli einen detaillierten Report vorgelegt, der der Ursache des PSC-Eintrags auf den Grund gehe. a. Was sind die Ergebnisse des Reports? Bitte den Report beifügen. Der Bericht „PCB in der Elbe – Eigenschaften, Vorkommen und Trends sowie Ursachen und Folgen der erhöhten Freisetzung im Jahr 2015“ ist veröffentlicht auf der Internetseite http://elsa-elbe.de/massnahmen/fachstudien-neu/bericht-pcb-in-derelbe .html. Seit dem Frühjahr 2015 werden in der Elbe historisch hohe PCB-Gehalte festgestellt. Es kommt seitdem über weite Bereiche (mehrere Hundert Flusskilometer) und lange Drucksache 21/6053 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zeiträume (mehrere Monate) zu erheblichen Überschreitungen der PCB-Umweltqualitätsnorm (UQN). Die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE) hat bestätigt, dass sich die Schadstoffquelle in Tschechien im Ballungsraum von Ústí nad Labem befindet. Nach Angaben der Tschechischen Umweltinspektion (ČIŽP) wurde die PCB-Freisetzung maßgeblich durch Unterhaltungsarbeiten in der Fahrrinne (Baggerungen ) verursacht. Der staatliche Wasserwirtschaftsbetrieb der Elbe (Povodí Labe) hingegen gibt als Ursache der extrem erhöhten Gehalte die unsachgemäße Entfernung einer PCB-haltigen Farbe von einer Eisenbahnbrücke über die Elbe im Stadtgebiet von Ústí nad Labem an. Aufgrund der ausgeprägten Niedrigwassersituation im Bereich der Mittel- und Oberelbe im Jahr 2015 haben sich die mit PCB beladenen Schwebstoffe bevorzugt in den strombegleitenden Stillwasserbereichen abgelagert. Im Dezember 2015 kam es aufgrund erhöhter Abflussverhältnisse von über 700 m³/s (Bezugspegel Neu Darchau) zu einem ersten ereignisbedingt erhöhten PCB-Eintrag in die Tideelbe. Dies belegen die Ergebnisse aus den Sedimentationsbecken der Hamburger Messstation Bunthaus (Strom-km 609,2). Besonders auffällig ist der überproportionale Anstieg der PCB- Kongenere 180, 153 und 138. Es ist davon auszugehen, dass mit den nächsten Hochwässern erneut erhöhte Gehalte in Bunthaus festzustellen sein werden. Bislang wird in Hamburg die UQN von 20 μg/kg für die PCB-Einzelkongenere jedoch nicht überschritten. Es zeigt sich, dass aufgrund der verstärkten Durchmischung mit unbelasteten marinen beziehungsweise ästuarinen Schwebstoffen und Sedimenten in Seemannshöft (bislang) kein PCB-Anstieg festzustellen ist. b. Wer hat den Report beziehungsweise die Untersuchung wann in Auftrag gegeben? Die Beauftragung erfolgte nach Bekanntwerden des Schadereignisses im November 2015 durch die behördenübergreifende Lenkungsgruppe (BUE, BWVI, HPA) des Projektes „Schadstoffsanierung Elbsedimente – ELSA“. c. Welche ökologischen Folgen hat die Kontamination für die Elbe und welche Konsequenzen ergeben sich aus Sicht des Senats für den Hamburger Hafen insgesamt und das Sedimentmanagement? d. Trifft es zu, dass die Sedimente durch eine erhöhte Kontamination durch PCB nicht mehr bei der Tonne E3 verklappt werden dürften? Siehe Drs. 21/6041 sowie Antwort zu 4. a. e. Welche Schritte und Maßnahmen haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden eingeleitet, um eine landseitige Entsorgung sicherzustellen? Höher belastete Sedimente, die nicht im Gewässer verbracht oder umgelagert werden können, werden von der HPA regelmäßig an Land behandelt und anschließend deponiert . Hierfür stehen Technik (METHA) und Kapazitäten (Deponien in Francop und Feldhofe sowie externe Entsorgung) bereit. Würde der Fall eintreten, dass Sedimente nicht verbracht oder umgelagert werden können, müssten die zu stark mit PCB belasteten Sedimente an Land behandelt und entsorgt werden. Zu prüfen wäre auch, ob eine gesonderte Unterbringung von Baggergut in einem subaquatischen Depot, dem sogenannten Slufter, in der Nähe von Rotterdam möglich ist. 5. Wie hoch ist die derzeitige Belastung der Sedimente im Hamburger Hafen mit PCB? Bitte je Kilogramm angeben. Sollte es Abweichungen geben, bitte die Gebiete mit weniger und mehr Belastung konkret benennen und mit einer Karte die besonders belasteten Gebiete farblich markiert hervorheben. Im Rahmen der jährlich im Sommer durchgeführten Referenzbeprobung wurde eine derzeitige PCB-Belastung von frisch abgelagerten Sedimenten im Bereich des Hamburger Hafens in einer Spanne von 13,5 bis 41,7 µg/kg Trockensubstanz ermittelt (angegeben als PCB Summe 7). Der Mittelwert liegt auf einer Höhe von 25,6 µg/kg Trockensubstanz, angegeben als PCB Summe 7. Die höheren Anreicherungen befinden sich in den oberstrom gelegenen Hafenabschnitten in Hamburg-Harburg sowie in den schlickigen Randbereichen der oberen Tideelbe. Eine detailliertere kartografische Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6053 3 Darstellung liegt nicht vor. Bei den Untersuchungen zur Schadstoffbelastung des in diesem Sommer aus der Delegationsstrecke der Elbe und der Hafenbeckeneinfahrten verbrachten Schlicks zur Tonne E3 wurden im Mittel pro Gebiet keine Gehalte größer als 20 µg/kg Trockensubstanz, angegeben als PCB Summe 7, vorgefunden. 6. Wie hat sich die Belastung der Sedimente mit PCB im Hamburger Hafen in den letzten zwei Jahren entwickelt? Bitte um detaillierte Darstellung. Die im Rahmen der jährlich durchgeführten Referenzbeprobung ermittelten Gehalte an PCB Summe 7 lagen in den Jahren 2014 und 2015 im Bereich des Hamburger Hafens in folgender statistischer Verteilung vor (Hafengebiet zwischen Außeneste und Hafen Oortkaten). Diese Werte lagen in einem unbedenklichen Bereich. PCB Summe 7 Gehalte in µg/kg Trockensubstanz Jahr Anzahl der Proben Min Median Mittelwert 90. Perzentil Max 2014 17 6,65 12,9 13,9 17,6 31,2 2015 17 8,9 14,2 15,6 22,4 29,3 7. Wer haftet für eine grenzüberschreitende Kontamination wie in diesem Fall? Gibt es entsprechende rechtliche Prüfungen, die eingeleitet wurden ? Wenn ja, auf welche Regelungen beziehen sich diese und gibt es entsprechende Vorgaben durch die Wasserrahmenrichtlinie der EU? Fachliche und rechtliche Grundlage in Hinblick auf eine mögliche Haftung bildet die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden mit den entsprechenden nationalen Umsetzungen. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde in diesem Zusammenhang ein Strafermittlungsverfahren nach § 324 StGB eingeleitet. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.