BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6076 21. Wahlperiode 27.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten André Trepoll (CDU) vom 21.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Kerstan-Maaß-Connection – Wie dick ist der grüne Filz? Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) hat unter der Leitung von Senator Jens Kerstan die komplexe Aufgabe zu lösen, zeitnah eine Ersatzlösung für das älteste Kohlekraftwerk Deutschlands in Wedel zu finden. Im Zuge dieses Lösungsfindungsprozesses hat die BUE sich fachliche Unterstützung mittels Beauftragungen externer Dienstleister gesichert. Zu der zuvor genannten Fragestellung erfolgte dies bereits auch unter dem alleinregierenden SPD-Senat und ist im Grundsatz nicht zu kritisieren. Gleichwohl ist der Umstand der Auftragsvergabe an ein Unternehmen mit dem ehemaligen grünen Staatsrat Christian Maaß in führender Rolle – und damit an einen politischen Weggefährten von Senator Kerstan – ein irritierender Vorgang. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Behördenleitung der BUE ist maßgeblich an der Erarbeitung von verschiedenen Alternativen zum Ersatz des Kraftwerks Wedel beteiligt. Entwürfe von Leistungsbeschreibungen für in diesem Zusammenhang erforderliche Gutachterleistungen werden mit der Behördenleitung der BUE, wie bei der Vergabe von Gutachten mit strategischer Bedeutung üblich, vor Ausschreibung abgestimmt. Die Vergabe selbst, einschließlich der Auswahl der angefragten Unternehmen, der Sichtung der Angebote, der Durchführung der Bietergespräche und der abschließenden Vergabeentscheidung , ist eine eigenständige Fachaufgabe des zuständigen Fachamtes. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Was waren die genauen fachlichen Gründe, die zu der Vergabeentscheidung der BUE geführt haben und welche messbaren Kriterien wurden im Rahmen des Entscheidungsprozesses angewendet? Die Vergabeentscheidung wurde auf Grundlage von Angeboten und Bietergesprächen getroffen. Es waren Fachkenntnisse in den Bereichen erneuerbare Energien, Fernwärmetechnologie sowie Kenntnisse über das Hamburger Fernwärmesystem gefordert . Der Zuschlag ging an den Bieter, der im Vergleich mit anderen Bewerbern durch ein Angebot von hoher Qualität, das im Bietergespräch auch entsprechend präsentiert wurde, überzeugte. Kriterien für die Vergabeentscheidung waren: Ausführungen zum beabsichtigten Vorgehen Qualifikation und Erfahrungen der eingesetzten Beraterinnen und Berater Kosten (Gesamtpreis, Kostensätze der Berater) Qualität der Referenzen Drucksache 21/6076 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Hat Senator Kerstan die Vergabeentscheidung mit beeinflusst? a. Wenn ja, in welchen Phasen der Vergabe i. Erstellung der Leistungsbeschreibung, ii. Auswahl der angefragten Unternehmen, iii. Sichtung der Angebote, iv. Durchführung der Bietergespräche und v. abschließende Vergabeentscheidung war Senator Kerstan persönlich (direkt oder indirekt) und in welcher Form beteiligt? Bitte konkret Anlässe mit Gesprächspartner und Datum aufführen. b. Wenn nein, weshalb war Senator Kerstan in diesem für die Behörde so wichtigen strategischen Thema nicht involviert? Nein, im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Gab es bereits vor oder während der Erarbeitung der Leistungsbeschreibung (des besagten Projektes) persönliche oder schriftliche Kontakte zwischen der BUE beziehungsweise Senator Kerstan und dem HIC beziehungsweise seinen Vertretern/Mitarbeitern? Wenn ja: a. Wann und wie häufig gab es seit Amtsantritt von Senator Kerstan Kontakte (in Form von Gesprächen und Schriftverkehr) zwischen Senator Kerstan, Vertretern der BUE und der HIC Hamburg Institut Consulting GmbH? b. Waren diese Kontakte (Gespräche und Schriftverkehr) offizieller oder inoffizieller Natur? c. Was waren jeweils die Anlässe und die Inhalte dieser Kontaktaufnahmen ? Im Zusammenhang mit der Ausschreibung des Gutachtens „Erneuerbare Energien im Fernwärmenetz“ wurden von der Energieabteilung der BUE im Vorfeld mehrere Gutachter aufgefordert, für die Leistung ein Angebot abzugeben. Unabhängig davon stehen die Behördenleitung sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BUE im kontinuierlichen Austausch mit einem breiten Feld energiewirtschaftlicher Experten, darunter auch mit der Firma HIC Hamburg Institut Consulting GmbH, zu entsprechenden Fragestellungen. 4. Wann sollen die Arbeiten der HIC Hamburg Institut Consulting GmbH an dem von der BUE beauftragten Gutachten abgeschlossen werden und wann ist die offizielle Vorstellung der Ergebnisse geplant? Erste Zwischenergebnisse des Gutachtens liegen der BUE bereits vor. Der Endbericht soll am 15. Oktober 2016 abgegeben werden. Die Veröffentlichung des Gutachtens ist nach Fertigstellung und Abnahme durch die BUE geplant. 5. Beabsichtigt die BUE, die Ergebnisse des Gutachtens im Ausschuss für Umwelt und Energie sowie im Energienetzbeirat präsentieren zu lassen? Eine Präsentation einzelner Gutachten ist derzeit nicht beabsichtigt. Die Ergebnisse fließen in die Konkretisierung der Handlungsvorschläge zum Ersatz des Kraftwerks Wedel ein. Diese werden, wie bereits frühere Diskussionsstände, im Energienetzbeirat vorgestellt. In welcher Weise die Bürgerschaft befasst wird, bleibt weiteren Entscheidungen des Senats und der Bürgerschaft vorbehalten. Im Übrigen bestimmt der Senat nicht über die Tagesordnung bürgerschaftlicher Ausschüsse . Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6076 3 6. Auf der letzten Sitzung des Energienetzbeirates am 1. September 2016 wurden die Leistungsbeschreibungen für die beiden ausgeschriebenen Projekte an die Beiratsmitglieder verteilt. Darauf sind mehrere Abschnitte geschwärzt und folglich unkenntlich gemacht worden. Was war der fachliche Grund der BUE, Teile der Leistungsbeschreibung unkenntlich zu machen? Der Wunsch des Energienetzbeirats war lediglich auf die Auskunft bezüglich der Aufgabenstellung und Zielsetzungen der in Auftrag gegebenen Gutachten gerichtet. a. Welcher Art waren die Angaben, die unkenntlich gemacht wurden? b. Wurden auch Angaben ohne Bezug zu konkreten Personen geschwärzt? c. Welche konkreten Informationen wurden den Mitgliedern des Energienetzbeirates so vorenthalten? Es wurden die Anforderungen an die Angebotslegung, die Vergabekriterien, eine nicht mehr aktuelle Zeitplanung sowie persönliche Kontaktdaten der ausführenden Mitarbeiter geschwärzt. 7. Hat das Unternehmen, das den Zuschlag für das zweite Projekt „Leistungsbeschreibung Handlungsalternativen GuD Wedel – Expertise Energiemarktszenario“ bekommen hat, in der Vergangenheit (insbesondere im Vorwege des Volksentscheides) mit der HIC Hamburg Institut Consulting GmbH von Ex-Staatsrat Christian Maaß zusammengearbeitet ? Kooperationen von energiewirtschaftlichen Beratungsbüros im Rahmen von Projekten sind gängige Praxis. So hat die Hamburg Institut Consulting GmbH in der Vergangenheit sowohl mit dem Auftragnehmer der Energiemarktstudie (LBD Beratungsgesellschaft ) als auch mit BET Aachen zusammengearbeitet. 8. Laut Berichterstattung des Hamburger Abendblattes vom 20. September 2016 hat die BUE das durch die damalige SPD-Umweltsenatorin Blankau für über 500.000 Euro in Auftrag gegebene Gutachten zur Zukunft der Fernwärme ohne das HKW Wedel scharf kritisiert und ihm mangelnde Aussagekraft attestiert. a. Was sind die konkreten Argumente der BUE, die zu der Einschätzung des zuvor genannten Gutachtens im Auftrag des damaligen SPD-Senats geführt haben? Die der Fragestellung zugrunde liegende Annahme trifft nicht zu. b. Teilt die BUE die Auffassung, dass das „Blankau“-Gutachten den Ersatz des HKW Wedel durch ein modernes Gaskraftwerk im Fokus hatte und Senator Kerstan nun eine andere energiepolitische Zielrichtung verfolgt? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Nein. Das genannte Gutachten gibt keine klare Empfehlung zugunsten einer Alternative ab. Es zeigt allerdings Handlungsalternativen auf, die zurzeit gemeinsam mit der Firma Vattenfall und unter Zuhilfenahme weiterer Experten/Gutachter näher geprüft und konkretisiert werden. Auf dieses Vorgehen hat sich auch der Aufsichtsrat der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH in seiner Sitzung am 08. Dezember 2015 verständigt. Vor diesem Hintergrund ist im Dezember 2015 auf eine Investitionsentscheidung zugunsten eines GuD in Wedel verzichtet worden (siehe dazu auch Pressemitteilung der BUE vom 08. Dezember 2015, http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/ 4651610/2015-12-08-bue-vattenfall/). Die von der BUE verfolgte Zielsetzung bewegt sich, unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf dem Energiemarkt, im Rahmen des vom BET-Gutachten vorgeschlagenen Korridors von Handlungsalternativen. Drucksache 21/6076 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Halt der jetzige rot-grüne Senat die energiepolitische Zielrichtung des SPD-Vorgängersenats mittlerweile für falsch beziehungsweise überholt? Nein. a. Wenn ja, wie begründet der jetzige Hamburger Senat diesen energiepolitischen Sinneswandel? Entfällt. b. Wenn nein, welche sachlichen Gründe sprechen nach wie vor für die inhaltliche Stoßrichtung des BET-Gutachtens mit dem Schwerpunkt auf die GuD-Lösung in Wedel? Wenn nein, warum verfolgt der rot-grüne Senat nicht die im BET- Gutachten präferierte Stoßrichtung? Siehe Antworten zu 8.