BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/608 21. Wahlperiode 02.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke und Michael Kruse (FDP) vom 27.05.15 und Antwort des Senats Betr.: Rundfunkbeitrag für Flüchtlinge? In einigen Kommunen ist es vorgekommen, dass von der öffentlichen Hand untergebrachten Asylbewerberinnen und Asylbewerber Rundfunkbeitragsbescheide zugeschickt wurden. Teilweise erhielten sie sogar Besuch vom Gerichtsvollzieher, um ausstehende Beiträge eintreiben zu lassen. Qua Gesetz sind sie jedoch eigentlich vom Rundfunkbeitrag befreit. Aus Unverständnis und Angst seien die Beiträge durch die Flüchtlinge jedoch in einigen Fällen gezahlt worden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Norddeutschen Rundfunks (NDR) wie folgt: 1. Ist es in den Jahren seit 2012 vorgekommen, dass in Einrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) gemeldete Asylbewerberinnen und Asylbewerber Rundfunkgebührenbescheide erhielten? Wenn ja, wann, wo und in circa wie vielen Fällen? (Bitte jahresweise auflisten .) Ausgangslage für die Anschreiben des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio an Bürgerinnen und Bürger sind die Meldedaten der Einwohnermeldeämter, die dem Beitragsservice regelmäßig übermittelt werden. Aus den übermittelten Meldedaten ergibt sich nach Auskunft des NDR nicht, ob es sich bei den angeschriebenen Personen um in Einrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) gemeldete Asylbewerberinnen und Asylbewerber handelt. Eine entsprechende Kennzeichnung des Datensatzes erfolgt beim Beitragsservice auch aus Gründen des Datenschutzes nicht. Sobald dem Beitragsservice bekannt ist, dass es sich um ein Asylbewerberheim oder eine Asylbewerberunterkunft handelt, werden die Bewohner nicht als Beitragszahler angemeldet, weil es sich dann um eine Gemeinschaftsunterkunft nach § 3 Absatz 2 RBStV handelt. Erhält der Beitragsservice Kenntnis, dass es sich bei Angeschriebenen um in einer Einrichtung gemeldete Asylbewerberinnen oder Asylbewerber handelt, werden Beitragsbescheide aufgehoben und etwaige Vollstreckungsersuchen zurückgezogen. Die Zahl der Abmeldungen aufgrund von Rückmeldungen der Asylbewerberunterkünfte oder deren Bewohner wird vom Beitragsservice nicht statistisch erfasst. Im März 2014 sowie im Mai 2015 informierte der Beitragsservice die Städte und Kommunen über den Deutschen Städte- und Gemeindebund, den Deutschen Landkreistag sowie den Deutschen Städtetag darüber, dass Asylbewerberunterkünfte an Drucksache 21/608 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 den Beitragsservice zu melden sind, um zu verhindern, dass Schreiben an diese Anschriften ausgelöst werden. Erhält der Beitragsservice Kenntnis von der Adresse einer Asylbewerberunterkunft, wird diese für künftige Mailings gesperrt. In Hamburg sind dem Beitragsservice aktuell (Stand 28. Mai 2015) 61 Adressen bekannt, an denen eine Unterbringung von Asylbewerbern stattfindet. Die Einrichtungen der Zentralen Erstaufnahme und der Folgeunterbringung, die f & w fördern und wohnen – Anstalt öffentlichen Rechts – (f & w) betreibt, sind dem Beitragsservice gemeldet. Die dort lebenden Bewohner erhalten keine Beitragsbescheide . Sind die Haushalte in abgeschlossenem Wohnraum untergebracht, können sie Beitragsbefreiung beantragen. Das Unterkunfts- und Sozialmanagement von f & w klärt die Asylbewerberinnen und Asylbewerber darüber auf, dass für sie die Beitragsbefreiung gilt. Bei der Beantragung wird ihnen entsprechend geholfen. In den vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Einrichtungen der Zentralen Erstaufnahme wurden im April 2015 24 und im Mai 2015 23 Fälle erfasst, in denen Schreiben des Beitragsservice eingegangen sind. Die dortige Sozialberatung hat daraufhin im Auftrag der Betroffenen den Beitragsservice über die bestehende Beitragsbefreiung informiert. Im Bezirk Bergedorf gab es einen Fall eines Unterkunftsbewohners, der zu einer Zahlung aufgefordert wurde und deshalb im Sozialen Dienstleistungszentrum des Bezirksamtes Bergedorf vorgesprochen hat. Nach Beratung wurde eine Bescheinigung zur Vorlage beim Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ausgestellt. Auch im Bezirksamt Hamburg-Mitte gab es einen Fall, in dem ein Wohnunterkunft (WUK)-Bewohner mit einem Beitragsbescheid in das Fachamt Grundsicherung und Soziales kam und nach der Vorgehensweise fragte. Die Sachbearbeiterin erklärte ihm, dass er zur Zahlung nicht verpflichtet sei und sie hat ihn an den Sozialarbeiter vor Ort verwiesen. 2. Ist es in den Jahren seit 2012 vorgekommen, dass in Einrichtungen der FHH gemeldete Asylbewerberinnen und Asylbewerber gerichtliche Mahnbescheide und/oder Besuch vom Gerichtsvollzieher erhielten? Wenn ja, wann, wo und in circa wie vielen Fällen? (Bitte jahresweise auflisten .) Die Beitreibung rückständiger Rundfunkbeiträge erfolgt in Hamburg im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach den Bestimmungen des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (HmbVwVG). Zuständige Vollstreckungsbehörde nach der Anordnung des Senats vom 1. Juni 1999 ist die Finanzbehörde. Der Landesbetrieb Kasse.Hamburg (K.HH) nimmt die Aufgabe gem. Geschäftsverteilungsplan wahr. Der K.HH liegen im Vollstreckungsverfahren regelhaft keine Informationen darüber vor, ob es sich bei Zahlungspflichtigen um Asylbewerberinnen oder Asylbewerber handelt. Soweit im Vollstreckungsverfahren durch die K.HH in Einzelfällen festgestellt wurde, dass es sich um Asylbewerberinnen und Asylbewerber handelt, wurde die Vollstreckung eingestellt. Eine gesonderte statistische Auswertung beziehungsweise Dokumentation hierzu erfolgt nicht. Da es sich bei den Rundfunkbeiträgen um öffentlich-rechtliche Forderungen handelt, die durch Rundfunkbeitragsbescheide festgesetzt werden, bedarf es keines gerichtlichen Titels durch Beantragung von Mahn- beziehungsweise Vollstreckungsbescheiden . Beim Gemeinsamen Mahngericht der Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie bei den Amtsgerichten werden keine statistischen Daten dahin gehend erfasst, ob der Anspruchsgegner beziehungsweise der Vollstreckungsschuldner eine Asylbewerberin oder ein Asylbewerber ist. In den einzelnen Mahn- und Vollstreckungssachen werden regelmäßig nur die Anschriften, aber nicht die Meldeadressen bekannt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/608 3 Die Vollstreckung der Rundfunkbeiträge als öffentlich-rechtliche Forderungen wird durch die K.HH und deren Vollziehungsbeamte durchgeführt. Es ist daher davon auszugehen , dass die Asylbewerberinnen und Asylbewerber keine Besuche von Gerichtsvollziehern erhielten, da diese in der Regel für privatrechtliche Forderungen zuständig sind. 3. In circa wie vielen Fällen wurden die Beiträge durch die Asylbewerberinnen und Asylbewerber tatsächlich entrichtet? (Bitte jahresweise auflisten .) Da der Beitragsservice nicht automatisch Kenntnis davon erlangt, ob es sich bei der jeweils angeschriebenen Person um eine Asylbewerberin oder einen Asylbewerber handelt (siehe Antwort zu 1.), sind dem NDR keine Fallzahlen bekannt. 4. Hatten die Einrichtungen beziehungsweise Dienststellen der FHH Kenntnis von den Fällen, in denen Asylbewerberinnen und Asylbewerber Rundfunkbeitrags- oder gar Mahnbescheide erhielten oder diese gar bezahlten? Wenn ja, seit wann in circa wie vielen Fällen und was wurde hernach unternommen? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 1. Weitere Fälle sind den Hamburger Behörden und Bezirksämtern nicht bekannt.