BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6087 21. Wahlperiode 27.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 21.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung von Kindeswohlgefährdungen und staatlichen Inobhutnahmen in Hamburg Bis zum Jahr 2013 erschien jährlich der Bericht der Bezirksämter zum Kinderschutz in Hamburg. Dieser enthielt für den Kinderschutz relevante Daten wie die Entwicklung der Verdachtsmeldungen auf Kindeswohlgefährdung oder die Anzahl staatlicher Inobhutnahmen. Seit 2014 wurde dieser Bericht aus unbekannten Gründen nicht mehr erstellt beziehungsweise veröffentlicht, obwohl der Kinderschutz angesichts mehrerer Todesfälle von Kindern wie Chantal, Yagmur, Tayler und anderen hohe Bedeutung in Hamburg hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bezüglich der Fragen zur Inobhutnahme werden, wie auch im Kinderschutzbericht, Daten der Bundesjugendhilfestatistik verwendet. Hier werden ausschließlich beendete Inobhutnahmen ausgewiesen, in den Jahren 2014 und 2015 waren dies jeweils über 1.000. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in 2015 in Hamburg 2.571 UMA in Obhut genommen wurden und nicht alle diese Inobhutnahmen bereits am 31.12.2015 beendet waren. Somit sind diese auch nicht in den Daten der Bundesstatistik für 2015 enthalten . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Verdachtsmeldungen auf Kindswohlgefährdungen hat es in den Jahren 2014 und 2015 jeweils gegeben und wie hoch ist die absolute und prozentuale Veränderung jeweils zum Vorjahr? Bitte in der Darstellung des Kinderschutzberichts der Bezirksämter 2013 angeben. In der Kategorie „Verdacht auf Kindeswohlgefährdung“ werden in JUS-IT hier alle Anliegenseingänge mit dem Inhalt KWG angezeigt. Erfasst werden alle Anliegen (Meldungen), die mit einem geäußerten Hinweis auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung an den ASD herangetragen wurden. In der Zahl sind ebenfalls die Anliegen zu KWG inbegriffen, die in einem bereits laufenden Fall erfolgen. Der Anstieg der Meldung in 2014 ist zum einen einer geänderten Definition und Zählweise von Kindeswohlmeldungen in JUS-IT geschuldet, zum anderen hat es 2014 vonseiten der Polizei circa 1.600 Meldungen mehr als in 2013 gegeben. 2015 sank die Anzahl der Polizeimeldungen dann wieder um circa 1.100 ab. Nicht alle der jährlichen circa 9.000 bis 10.000 Polizeimeldungen erweisen sich bei der Prüfung durch das Jugendamt als Kindeswohlgefährdungen. Bezirksamt 2013 2014 Veränderung 2013/2014 Veränderung in % 2013/2014 Hamburg-Mitte 1.888 2.547 659 + 34,90 % Altona 1.030 1.399 369 + 35,83 % Eimsbüttel 828 1.082 254 + 30,68 % Drucksache 21/6087 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bezirksamt 2013 2014 Veränderung 2013/2014 Veränderung in % 2013/2014 Hamburg-Nord 1.105 1.664 559 + 50,59 % Wandsbek 2.080 3.143 1.063 + 51,10 % Bergedorf 780 1.524 744 + 95,38 % Harburg 881 1.056 175 + 18,86 % FHH 10.607 12.414 1.807 + 17,04 % Bezirksamt 2014 2015 Veränderung 2014/2015 Veränderung in % 2014/2015 Hamburg-Mitte 2.547 2.359 - 188 - 7,38 % Altona 1.399 1.423 24 + 1,72 % Eimsbüttel 1.082 1.028 - 54 - 4,99 % Hamburg-Nord 1.664 1.329 - 335 - 20,13 % Wandsbek 3.143 2.783 - 360 - 11,45 % Bergedorf 1.524 1.264 - 260 - 17,06 % Harburg 1.056 1.012 - 44 - 4,17 % FHH 12.414 11.198 - 1.216 - 9,79 % Quelle: JUS-IT/Datawarehouse, Daten ab 2014 gemäß Hamburger Falldefinition 2014 Datenbestand vom 18.01.2015 2015 Datenbestand vom 03.01.2016 2. Wie teilen sich diese KWG-Anliegen in den Jahren 2014 und 2015 jeweils auf die unterschiedlichen Altersgruppen auf? Bitte in der Darstellung des Kinderschutzberichts der Bezirksämter 2013 angeben. 2014 KWG-Meldungen nach Altersgruppen HH- Mitte Altona Eimsbüttel HH- Nord Wandsbek Bergedorf Harburg Summe: 0 bis u.3 272 143 101 128 343 108 108 1.203 3 bis u.6 162 111 67 101 271 118 95 925 6 bis u.9 188 110 114 89 344 109 101 1.055 9 bis u.12 226 123 71 118 297 172 108 1.115 12 bis u.15 377 205 160 305 565 297 149 2.058 15 bis u.18 742 426 338 629 871 459 273 3.738 Über 18 580 281 231 294 451 261 222 2.320 Summe: 2.547 1.399 1.082 1.664 3.142 1.524 1.056 12.414 2015 KWG-Meldungen nach Altersgruppen HH- Mitte Altona Eims büttel HH- Nord Wands bek Bergedorf Harburg Summe : 0 bis u.3 276 136 89 130 325 133 148 1.237 3 bis u.6 337 249 146 216 427 236 143 1.754 6 bis u.9 797 460 347 491 811 386 251 3.543 9 bis u.12 201 142 89 112 284 115 95 1.038 12 bis u.15 203 115 93 102 295 108 118 1.034 15 bis u.18 177 105 92 100 299 122 122 1.017 Über 18 412 216 189 177 342 170 142 1.648 Summe: 2.394 1.409 1.038 1.318 2.770 1.264 1.002 11.195 Quelle: JUS-IT/Datawarehouse gemäß Hamburger Falldefinition 2014 Datenbestand vom 18.01.2015 2015 Datenbestand vom 03.01.2016 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6087 3 3. Von welchen unterschiedlichen Meldegruppen wurden diese KWG- Anliegen in den Jahren 2014 und 2015 jeweils gemeldet? Bitte in der Darstellung des Kinderschutzberichts der Bezirksämter 2013 angeben. Siehe Anlage. 4. Wie hoch war die Zahl staatlicher Inobhutnahmen in den Jahren 2014 und 2015 jeweils? Wie viele Inobhutnahmen entfielen dabei auf deutsche und nicht deutsche Kinder und Jugendliche und wie verteilen sich die Inobhutnahmen auf die unterschiedlichen Altersgruppen? Bitte in der Darstellung des Kinderschutzberichts der Bezirksämter 2013 angeben. Durch Änderungen in der Bundesjugendhilfestatistik kann das Merkmal „deutsch/nicht deutsch“ nicht mehr dargestellt werden, ebenso hat sich die Darstellung der Altersgruppen geändert. 2014 Inobhutnahmen Insgesamt 2.045 unter 6 Jahre 168 6 – 14 Jahre 308 14 – 18 Jahre 1.569 Männlich 1.501 unter 6 Jahre 85 6 – 14 Jahre 158 14 – 18 Jahre 1.258 Weiblich 544 unter 6 Jahre 83 6 – 14 Jahre 150 14 – 18 Jahre 311 2015 Inobhutnahmen Insgesamt 1.940 unter 6 Jahren 193 6 – 14 Jahren 320 14 – 18 Jahren 1.427 Männlich 1.370 unter 6 Jahren 109 6 – 14 Jahren 177 14 – 18 Jahren 1.084 Weiblich 570 unter 6 Jahren 84 6 – 14 Jahren 143 14 – 18 Jahren 343 Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Womit endeten diese staatlichen Maßnahmen in den Jahren 2014 und 2015 jeweils (Rückkehr zu den Sorgeberechtigten, Rückkehr in die Pflegefamilie und so weiter)? Bitte in der Darstellung des Kinderschutzberichts der Bezirksämter 2013 angeben. 2014 Maßnahme endet mit (Mehrfachnennungen möglich) Rückkehr zu dem/den Personensorgeberechtigten 242 Rückkehr in die Pflegefamilie oder das Heim 36 Übernahme durch ein anderes Jugendamt 61 Einleitung einer ambulanten Hilfe zur Erziehung 688 Einleitung erzieherischer Hilfen außerhalb des Elternhauses 360 sonstiger stationärer Hilfe 613 keiner anschließenden Hilfe 45 Drucksache 21/6087 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 2015 Maßnahme endet mit (Mehrfachnennungen möglich) Rückkehr zu dem/den Personensorgeberechtigten 309 Rückkehr in die Pflegefamilie oder das Heim 32 Übernahme durch ein anderes Jugendamt 59 Einleitung einer ambulanten Hilfe zur Erziehung 695 Einleitung erzieherischer Hilfen außerhalb des Elternhauses 178 sonstiger stationärer Hilfe 668 keiner anschließenden Hilfe - Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Welche Anlässe für die staatlichen Inobhutnahmen gab es in den Jahren 2014 und 2015 jeweils? Bitte in der Darstellung des Kinderschutzberichts der Bezirksämter 2013 angeben. 2014 Anlass der Maßnahme1) Integrationsprobleme im Heim/Pflegefamilie 186 Überforderung der Eltern/eines Elternteils 346 Schul-/Ausbildungsprobleme 16 Vernachlässigung 97 Delinquenz eines Kindes/Straftat des Jugendlichen 49 Suchtprobleme des Kindes/Jugendlichen 33 Anzeichen für Misshandlung 136 Anzeichen für sexuellen Missbrauch 11 Trennung oder Scheidung der Eltern 7 Wohnungsprobleme 65 unbegleitete Einreise aus dem Ausland 1.084 Beziehungsprobleme 165 sonstige Probleme 186 Insgesamt2) 2.045 2015 Anlass der Maßnahme1) Integrationsprobleme im Heim/Pflegefamilie 118 Überforderung der Eltern/eines Elternteils 319 Schul-/Ausbildungsprobleme 11 Vernachlässigung 143 Delinquenz eines Kindes/Straftat des Jugendlichen 45 Suchtprobleme des Kindes/Jugendlichen 34 Anzeichen für Misshandlung 114 Anzeichen für sexuellen Missbrauch 14 Trennung oder Scheidung der Eltern 15 Wohnungsprobleme 47 unbegleitete Einreise aus dem Ausland 1.134 Beziehungsprobleme 110 sonstige Probleme 207 Insgesamt2) 1.940 1) Für jedes Kind oder Jugendlichen konnten bis zu zwei Anlässe der Maßnahme angegeben werden. 2) Ohne Mehrfachzählungen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6087 5 7. Aus welchem Grund wird der Bericht der Bezirksämter zum Kinderschutz in Hamburg seit 2014 nicht mehr erstellt beziehungsweise veröffentlicht? Wer hat dies aus welchen Gründen entschieden? Der Kinderschutzbericht ist im Zuge der Einführung von QM und JUS-IT in seiner Form – Fachanalyse (vornehmlich Textteile) und den Controllingdaten – entbehrlich geworden und wurde wegen des hohen Bearbeitungsaufwandes von den Bezirksamtsleitungen eingestellt. Die Controllingdaten stehen an anderer Stelle wie in der JUS-IT-Datenbank und in der Bundesstatistik weiterhin zur Verfügung. Die Analyse einzelner Fachthemen erfolgt im Rahmen des Qualitätsmanagements anlassbezogen, sodass es für die Steuerung der Aufgabenerledigung im ASD keines gesonderten Berichts bedarf. Drucksache 21/6087 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Anlage 2014 KWG-Meldungen nach Meldergruppen HH- Mitte Altona Eimsbüttel HH- Nord Wands bek Berge - dorf Harburg Summe : andere Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 8 10 6 5 20 1 3 53 Arzt/ Ärztin 3 7 2 4 12 1 29 Auswärtiges Jugendamt 1 1 1 2 5 Betroffener/ Selbstmelder 2 6 5 3 6 1 6 29 BSB (Schulzwang) 1 1 Einrichtung offene Kinder- und Jugendhilfe 3 1 1 5 2 2 14 Elternteil 12 12 9 4 21 2 13 73 Familiengericht 1 3 2 3 1 1 11 Gesundheitsamt 5 2 1 5 2 1 2 18 Hebamme 1 1 4 1 1 8 Jobcenter - team.arbeit.hamburg 3 8 4 14 2 1 32 JPPD 1 1 keine Daten* 83 66 62 52 221 38 63 585 Kind 2 1 1 3 1 8 Kindertagespflegeperson 1 1 2 Kindertagesstätte 5 6 10 4 23 4 9 61 Kommunale Erziehungsberatungsstelle 2 3 5 Krankenhaus 4 6 3 5 14 3 5 40 Nachbar/in 11 9 15 10 14 5 7 71 Polizei/ Bundespolizei / Zoll 2.337 1.224 904 1.510 2.598 1.426 875 10.874 Psychiatrie 1 2 2 1 3 3 12 REBUS 2 2 1 10 2 17 Schule 24 18 15 12 79 16 20 184 Sonstige 10 5 4 5 26 6 10 66 Sonstige/r 9 11 18 11 30 5 8 92 sozialer Dienst/Jugendamt 13 4 3 11 6 6 9 52 Soziales Dienstleistungszentrum 1 2 1 2 4 10 Sozialraumprojekt 3 1 3 1 2 10 Staatsanwaltschaft 1 1 2 Verwandte/r 3 3 6 6 22 4 5 49 Summe: 2.547 1.399 1.082 1.664 3.142 1.524 1.056 12.414 Quelle: JUS-IT/Datawarehouse 2014 Datenbestand vom 18.01.2015 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6087 7 2015 KWG-Meldungen nach Meldergruppen HH- Mitte Altona Eimsbüttel HH- Nord Wands -bek Berge - dorf Harburg Summe : andere Einrichtung/Dienst der Erziehungshilfe 14 11 4 2 11 12 54 Arzt/ Ärztin 2 7 3 2 6 1 21 Auswärtiges Jugendamt 1 1 5 7 Betroffener/ Selbstmelder 3 2 1 5 4 8 4 27 Einrichtung offene Kinder- und Jugendhilfe 3 2 3 1 5 1 15 Elternteil 7 11 6 5 26 8 14 77 Familiengericht 5 1 3 1 2 12 Fördern und Wohnen 2 2 5 9 Gesundheitsamt 1 2 1 4 Hebamme 1 1 2 Jobcenter - team.arbeit.hamburg 1 1 1 2 5 2 12 keine Daten* 109 90 83 44 236 53 86 701 Kind 1 1 Kindertagespflegeperson 1 1 Kindertagesstätte 2 10 1 4 11 6 34 Kommunale Erziehungsberatungsstelle 1 1 Krankenhaus 2 4 8 8 6 3 4 35 Nachbar/in 1 4 3 8 21 8 8 53 Polizei/ Bundespolizei / Zoll 2.205 1.209 903 1.179 2.304 1.142 810 9.752 Psychiatrie 1 2 4 1 8 REBUS 6 1 2 3 6 3 21 Schule 18 26 6 21 69 16 19 175 SDZ / Abteilung Kindertagesbetreuung 1 1 Sonstige/r 9 14 4 7 24 12 9 79 sozialer Dienst/Jugendamt 2 4 3 11 8 5 3 36 Soziales Dienstleistungszentrum 2 7 2 3 14 Sozialraumprojekt 1 4 2 2 1 10 Staatsanwaltschaft 1 3 1 5 Verwandte/r 2 2 2 3 11 4 4 28 Summe: 2.394 1.409 1.038 1.318 2.770 1.264 1.002 11.195 Quelle: JUS-IT/Datawarehouse 2015 Datenbestand vom 03.01.2016 * hierbei handelt es sich um anonyme Melder