BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6104 21. Wahlperiode 30.09.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt und Karin Prien (CDU) vom 23.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Erstorientierung für Geflüchtete − Warum hält der Senat nur eine Beauftragung der Volksschule für sinnvoll? Die sogenannte Erstorientierung für Geflüchtete (EOF) richtet sich an Asylsuchende und Geduldete mit einer guten Bleibeperspektive, die vor einer Teilnahme am Angebot des BAMF oder der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) eine Erstorientierung benötigen. Laut Drs. 21/4566 vom 7. Juli 2016 planen die Fachbehörden derzeit eine Ausweitung dieses Programms. Die Planungen seien jedoch nicht abgeschlossen. Des Weiteren heißt es in der Drs. 21/5770 wie folgt: „Das Angebot ist von der Volkshochschule Hamburg (VHS) entwickelt worden. Die VHS als öffentliche Weiterbildungseinrichtung der Stadt ist dezentral aufgestellt und kann sicherstellen , dass die Kursangebote „Erstorientierung für Flüchtlinge“ (EOF) dezentral in relativer Nähe zu Unterkünften für Geflüchtete angeboten werden . Für die Umsetzung der bisherigen Größenordnung des Programms EOF ist eine Beauftragung unterschiedlicher Träger mit Blick auf die Zielgruppe nicht sinnvoll.“ Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele Unterrichtstunden sieht das Konzept EOF vor und über welchen Zeitraum läuft der Kurs? Ein Kurs „Erstorientierung und Sprache für Geflüchtete“ (EOF) umfasst 100 Unterrichtsstunden à 45 Minuten, die in einem Zeitraum von circa neun Wochen (zwölf Unterrichtsstunden in der Woche) erteilt werden. 2. Handelt es sich nur um einen Sprachkurs oder werden auch Inhalte gelehrt? Welche Besonderheiten weist das Konzept insgesamt auf? In den EOF-Kursen werden sprachliche und landeskundliche Themen bearbeitet. Der Grundwortschatz Deutsch wird anhand von Themen aus dem konkreten Alltag der Zielgruppe erarbeitet. Den Teilnehmenden wird dadurch die Kommunikation und Orientierung in ihrem direkten Lebensumfeld erleichtert beziehungsweise ermöglicht. Praxisorientierung sowie die mündliche Kommunikation stehen im Vordergrund, wobei zielgruppenorientiert authentische Materialien eingesetzt werden. Es wird kein bestimmtes Lehrwerk vorgegeben, um adressatenbezogen flexibel arbeiten zu können , häufige Exkursionen zum Kennenlernen bestimmter öffentlicher Einrichtungen und zur Verbesserung der Orientierung im unmittelbaren Lebensumfeld sind fester Kursbestandteil. 3. Anhand welcher Kriterien wird entschieden, ob vor den Angeboten des BAMF oder der BASFI eine Erstorientierung benötigt wird? Die Kursplätze werden bevorzugt nach arbeitsmarktorientierten sowie jugend- und familienpolitischen Kriterien vergeben, siehe hierzu Drs. 21/4566. Drucksache 21/6104 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Darüber hinaus haben Personen Vorrang, die eine Heranführung an Lernen und Orientierung benötigen, um gegebenenfalls im Anschluss erfolgreich einen „Deutschkurs für Flüchtlinge“ absolvieren zu können. Im Übrigen siehe Drs. 21/1748, Drs. 21/4316, Drs. 21/4499, Drs. 21/4765, Drs. 21/5126 und Drs. 21/5332. 4. Wie und durch wen erfolgt die Zuweisung zu dem Programm? Die Kursplätze werden zentral durch den Träger Zentrale Information und Beratung für Flüchtlinge gGmbH (Flüchtlingszentrum) vergeben. 5. Hat der Senat im Zuge der geplanten Ausweitung mittlerweile Gespräche mit anderen Trägern für die Durchführung von EOF aufgenommen? Wenn ja, mit welchen? Wenn nein, warum nicht? Nein. Die Platzzahl in den EOF-Kursen der VHS reicht aus. Der Bedarf ist rückläufig, da die Zahl neu zugewanderter Flüchtlinge stark gesunken ist und inzwischen Personen aus den Herkunftsländern Iran, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia bereits nach Asylantragstellung Zugang zu den Integrationskursen des Bundes (BAMF-Kurse) haben. 6. An welchen VHS-Standorten in der Nähe zu welchen Unterkünften wird EOF angeboten? Die EOF-Kurse finden derzeit an folgenden VHS-Standorten statt: Stadtteil Veranstaltungsort Straße Wilhelmsburg Bildungszentrum Tor zur Welt Krieterstraße 2 D St. Pauli VHS-Haus Dr. Alberto-Jonas Karolinenstraße 35 Sternschanze VHS-Zentrum Mitte Schanzenstraße 75 Barmbek VHS-Zentrum Nord Poppenhusenstraße 12 Farmsen VHS-Zentrum Ost Berner Heerweg 183 Othmarschen VHS-Zentrum West Waitzstraße 31 Zu den bestehenden Einrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen siehe http://www.hamburg.de/fluechtlinge-unterbringung-standorte/. 7. Wie viele der von Januar 2016 angebotenen Plätze waren bis einschließlich August dieses Jahres belegt? Bitte jeweils nach Monat, Standort, angebotener Platzzahl und tatsächlicher Auslastung auflisten. Wenn eine Vollauslastung gegeben ist: Gibt es eine Warteliste und wie viele Wartende umfasst diese? Im Zeitraum Januar bis August 2016 gab es folgende Kursbelegungen: Beginn des E- OF-Kurses Standort angebotene Platzzahl tatsächliche Auslastung Februar 2016 Berner Heerweg 183 22 21 Februar 2016 Karolinenstr. 35 44 36 Mai 2016 Poppenhusenstr. 12 26 26 Mai 2016 Berner Heerweg 183 44 36 Mai 2016 Waitzstr. 31 22 18 Mai 2016 Karolinenstr. 35 44 37 Mai 2016 Schanzenstr. 75 22 21 Mai 2016 Krieterstr. 2 d 20 15 Summen: 243 210 Quelle: VHS 8. Aus welchen Ländern stammten die Teilnehmer? Die Teilnehmenden stammen aus folgenden Ländern: Afghanistan: 199 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6104 3 Algerien: 2 Iran: 2 Pakistan: 2 Russische Föderation: 1 Ohne Angabe: 4 Personen aus den Herkunftsländern Iran, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia haben inzwischen bereits unmittelbar nach Asylantragstellung Zugang zu den Integrationskursen des Bundes (BAMF-Kurse). 9. Wie viele Plätze sind für das Jahr 2016 insgesamt geplant? In welcher Größenordnung bewegt sich die geplante Ausweitung? Für 2016 sind 450 Plätze geplant. Eine Ausweitung ist derzeit nicht beabsichtigt, siehe Antwort zu 5. 10. Wie viel kostet ein Platz bei EOF? 420 Euro. 11. Welche Kosten sind bisher für das laufende Jahr für EOF insgesamt angefallen, welche werden noch anfallen? Wie erfolgt die Finanzierung? In 2016 fielen bisher insgesamt circa 75.000 Euro an, es wird mit Gesamtkosten für das Jahr 2016 in Höhe von circa 171.000 Euro gerechnet. 12. Welche Kosten veranschlagt der Senat für EOF im Doppelhaushalt 2017/2018? Welche Kennzahlen werden aufgrund welcher Kriterien zugrunde gelegt? In welchem Einzelplan und in welcher Produktgruppe des Haushaltsplan-Entwurfs 2017/2108 schlagen sie sich nieder? Im Doppelhaushalt 2017/2018 sind auf der Basis des prognostizierten Bedarfs jährlich 146.000 Euro für EOF-Angebote eingeplant. Die Zahl der EOF-Plätze ist integriert in die Kennzahl B_245.01_010 „Anzahl der Kursbelegungen bei der VHS für „Deutsch als Fremdsprache“ und Grundbildung“, Einzelplan 3.1, Produktgruppe 245.01, Weiterbildung.