BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/611 21. Wahlperiode 23.06.15 Große Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse, Jennyfer Dutschke, Katja Suding, Anna-Elisabeth von Treuenfels, Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) und Fraktion vom 28.05.15 und Antwort des Senats Betr.: Schwächung der Hamburger Gründerszene: Das Kleinanlegerschutzgesetz unter der Lupe Am 24. April 2015 hat der Deutsche Bundestag das Kleinanlegerschutzgesetz beschlossen. Dieses Gesetz regelt erstmalig wichtige Finanzierungsformen wie Nachrang- oder patriarchische Darlehen, die häufig zur Finanzierung von Start-ups, beispielsweise durch das Crowdinvestment, genutzt werden . Damit werden dem sogenannten grauen Kapitalmarkt Regeln gegeben. Bei dem Gesetz sind vor Beschluss durch den Bundestag auch die Bundesländer über den Bundesrat zur Beratung hinzugezogen worden. Hamburg hatte damit die Möglichkeit, investorenfreundliche Rahmenbedingungen für Start-up-Unternehmen zu schaffen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das Kleinanlegerschutzgesetz wurde im 2. Durchgang am 12. Juni 2015 im Bundesrat beschlossen, nachdem der Bundestag den Gesetzesentwurf am 23. April 2015 beschlossen hatte. Da noch keine Gebührenrichtlinie für die Umsetzung vorliegt, können einige der gestellten Fragen noch nicht beantwortet werden. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Dies voraus geschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Angaben des Statistikamtes Nord, der Investitions- und Förderbank Hamburg (IFB) sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. (VzHH) wie folgt: Hintergrund der Regelung 1. Was ist Anlass der Regulierung? Inhalt des Gesetzes 2. Welche genauen Regelungen beinhaltet das neu beschlossene Kleinanlegerschutzgesetz ? a. Welche Regelungen sieht das Kleinanlegerschutzgesetz für neue Finanzierungsformen, insbesondere das Crowdinvestment, vor? Siehe BR.-Drs. 226/15. Drucksache 21/611 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vergleich mit anderen europäischen Ländern 3. Wie restriktiv sind die Regelungen zu Crowdfunding und Crowdinvestment im Vergleich zu anderen europäischen Ländern? Die Europäische Kommission hat im Herbst 2013 eine öffentliche Konsultation zum Thema „crowdfunding in Europa – Untersuchung des Mehrwertes potenzieller Maßnahmen der EU“ durchgeführt. Die Konsultation zeigt, dass die Mehrheit der Befragten einen angemessenen Anlegerschutz für notwendig hält. Position des Bundeslandes Hamburg 4. Welche Positionen hat das Bundesland Hamburg in die Beratungen des Kleinanlegerschutzgesetzes im Bundesrat eingebracht? Welche dieser Forderungen sind im Laufe der Gesetzesberatungen übernommen worden ? Welche in veränderter Form? Welche nicht? (Bitte jeweils anfügen .) Der Bundesrat hat mit den Stimmen Hamburgs beschlossen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Bürokratischer Aufwand durch das neue Gesetz 5. Welcher zusätzliche bürokratische Aufwand entsteht welchen Hamburger Unternehmen durch welche jeweilige Regelung des Kleinanlegerschutzgesetzes ? a. Wie viele Unternehmen sind von der Neuregelung in Hamburg derzeit betroffen? b. Welche zusätzlichen Kosten werden den Unternehmen dadurch verursacht? 6. Welcher zusätzliche bürokratische Aufwand entsteht bei welcher Stelle in der Hamburger Verwaltung durch welche jeweilige Regelung des Kleinanlegerschutzgesetzes? a. Welche zusätzlichen Kosten werden der Hamburger Verwaltung dadurch verursacht? Siehe BR.-Drs. 638/14. Darüber hinaus liegen der zuständigen Behörde keine weiteren Erkenntnisse vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Nutzenbewertung des Gesetzes: Betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Nutzen 7. Welcher Nutzen entsteht welchen Unternehmen durch die Regelungen im Kleinanlegerschutzgesetz? 8. Welcher volkswirtschaftliche Nutzen entsteht Hamburg durch das Gesetz? Das oberste Ziel des Kleinanlegerschutzgesetzes, und damit auch der Hauptnutzen, ist der Anlegerschutz. Dabei soll insbesondere die Transparenz von Vermögensanlagen weiter erhöht werden, um einem Anleger vollständige und zum Anlagezeitpunkt aktuelle Informationen über die Vermögensanlage zu verschaffen. Damit soll der Anleger die Seriosität und die Erfolgsaussichten einer Anlage einschätzen und eine informierte und risikobewusste Entscheidung treffen können. Durch verbesserten Schutz von Anlegern sollen Vermögensschäden verhindert werden und das Vertrauen in die in Deutschland angebotenen Finanzdienstleistungen und Produkte gestärkt werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/611 3 Offenbarungsverpflichtungen 9. Ist es zutreffend, dass Beteiligungen bis 10.000 Euro beim Crowdinvestment zukünftig nur noch erfolgen können, wenn Vermögensund /oder Einkommensangaben in einer sogenannten Selbstauskunft erbracht werden? a. Wenn ja, wer muss wem gegenüber welchen Nachweis erbringen, um Investitionen bis 10.000 Euro vorzunehmen? b. Wenn ja, wie hat diese Selbstauskunft auszusehen? Siehe BR-Drs. 638/14. 10. Ist es zutreffend, dass Unternehmen, die Einzelinvestoren eine Beteiligung von mehr als 10.000 Euro im Rahmen von Crowdinvestment ermöglichen wollen, der Prospektpflicht unterliegen? a. Wenn ja, wie beurteilt der Senat diese Regelung? b. Wenn ja, wer muss wem gegenüber welchen Nachweis erbringen, um Investitionen von mehr als 10.000 Euro vorzunehmen? c. Ist es richtig, dass diese Prospekte durch das BaFin gebilligt und veröffentlicht werden müssen? Welche Gebühren werden dafür erhoben? Ja. Die zuständige Behörde begrüßt die Regelungen zu § 2a des KleinanlegerschutzG . Sie stellen eine gelungene Abwägung zwischen den Anlegerschutz-Interessen (der Haupt-Intention des Gesetzes) und den Bedürfnissen von Emittenten von Vermögensanlagen dar. Wenn der Verkaufspreis aller Vermögensanlagen eines Emittenten 2,5 Millionen Euro nicht überschreitet, dann kann eine Befreiung von einer Vielzahl der Auflagen erwirkt werden, unter anderem der Prospektpflicht. Diese Befreiung gilt aber nur für Vermögensanlagen , die ausschließlich über eine Internet-Dienstleistungsplattform angeboten werden. Die Befreiungen für die Emittenten entfallen, sobald die Vermögensanlage öffentlich angeboten, die Wertgrenzen überschritten oder auf diese Weise angebotene Vermögensanlagen nicht vollständig in der Vergangenheit getilgt wurden. Der Prospektpflicht unterliegen in Deutschland neben Wertpapieren alle öffentlich angebotenen Unternehmensanteile, Anteile an Treuhandvermögen, offene oder geschlossene Fonds oder Namensschuldverschreibungen. Ausgenommen von der Prospektpflicht sind unter anderem Genossenschaftsanteile, Pensionsfonds von Versicherungen , sogenannte Private Placements (maximal 20 Anteilseigner oder Mindestinvestment von 200.000 Euro oder Gesamtinvestment von maximal 100.000 Euro in zwölf Monaten oder nur an Mitarbeiter), Angebote nur an institutionelle Investoren und die meisten Staatsanleihen. Diese Prospekte müssen in Deutschland grundsätzlich von der BaFin genehmigt werden. Die Anleger erhalten durch die Mindestangaben im Prospekt ein Minimum an Informationen, die sie für seine Anlageentscheidung benötigen. Die Prospektpflicht sorgt somit für eine bessere Transparenz. Dies soll es potenziellen Anlegern ermöglichen, sich selbst ein Bild von den Eigenschaften und Risiken eines Projekts zu machen. Die Kosten des Prospekts sind abhängig von seinem Umfang, der Häufigkeit der Überarbeitung und der daraus abgeleiteten Häufigkeit der Prüfung durch die BaFin. Derzeit liegt noch keine Gebühren-Ordnung vor. Verbraucherschutz: Kosten und Nutzen 11. Wer schützt die sensiblen Daten, die durch die Kleinanleger bei der Selbstauskunft zur Verfügung gestellt werden (zum Beispiel Vermögensbeziehungsweise Einkommensnachweise)? Für den Schutz der Daten ist grundsätzlich das die Daten erhebende Unternehmen unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften verantwortlich. Im Übrigen Drucksache 21/611 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 ist entsprechend der Gesetzesbegründung der Umfang der Selbstauskunft auf das zur Prüfung der Einhaltung der Anlageschwellen Erforderliche beschränkt, sodass die genaue Gesamthöhe des Vermögens oder Monatseinkommens des jeweiligen Kunden regelmäßig nicht erhoben werden muss (vergleiche BT.-Drs. 18/3994). 12. Die neuen Auflagen führen sowohl bei Emittenten als auch bei Investoren zu Mehraufwand bei Anlagesummen von mehr als 1.000 Euro. Wie wird die Gefahr der adversen Selektion eingeschätzt, wenn sich damit verstärkt auf Anleger bis 1.000 Euro konzentriert wird? Die zuständige Behörde hält die in dem vom Deutschen Bundestag am 23. April 2015 beschlossenen Kleinanlegerschutzgesetz vorgesehenen Einzelanlageschwellen (§ 2a Absatz 3 Vermögensanlagegesetz, § 31 Absatz 5a Wertpapierhandelsgesetz) für sachgerecht, um das Ziel dieser Regelung, Klumpenrisiken sowohl beim Anleger als auch beim Emittenten vorzubeugen (vergleiche BT.-Drs. 18/3994, Seite 44), zu erreichen . Die Gefahr einer adversen Selektion (Negativauslese) erscheint in diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund, dass die in dem Gesetz vorgesehenen Einzelanlageschwellen nicht für Kapitalgesellschaften gelten, eher gering. 13. Gerade bei Crowdinvestments führt ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu Planungsunsicherheiten hinsichtlich der Finanzierung neuer Projekte. Wer trägt die Kosten, die Unternehmen dadurch entstehen, dass bei einem Crowdinvestment ein vierzehntägiges Widerrufsrecht besteht? Die zuständige Behörde geht davon aus, dass die durch das 14-tägige Widerrufsrecht (§ 2d Vermögensanlagegesetz) entstehenden Kosten von den betroffenen Unternehmen zu tragen sind. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass dieses Widerrufsrecht lediglich für Vermögensanlagen nach den §§ 2a bis 2c Vermögensanlagegesetz gilt. Für diese Vermögensanlagen sieht das Kleinanlegerschutzgesetz anderseits auch bestimmte kostenrelevante Ausnahmeregelungen (zum Beispiel Befreiung von der Prospektpflicht) vor. 14. Gibt es vergleichbare Finanzinstrumente, bei denen ein 14-tägiges Widerrufsrecht besteht? Wenn ja, welche? Den Verbraucherinnen und Verbrauchern steht ein grundsätzliches 14-tägiges Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen (§ 8 Versicherungsvertragsgesetz) sowie generell bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen zu. Letzteres gilt mit Einschränkungen (§ 312g Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 Bürgerliches Gesetzbuch) auch bei Finanzdienstleistungen. Ausfallrisiko von Crowdinvestment 15. Welcher Anteil von Crowdinvestments fällt in Hamburg durchschnittlich aus? (Bitte jährliche Zahlen angeben für die Jahre 2010 – 2014.) 16. Wie viele Anleger sind von den vorgenannten Ausfällen betroffen? (Bitte jährliche Zahlen angeben für die Jahre 2010 – 2014.) 17. Wie hoch ist der durchschnittliche Anteil der Investments, die ausgefallen sind? (Bitte jährliche Zahlen angeben für die Jahre 2010 – 2014.) 18. Welche Rendite erzielen Crowdinvestments in Hamburg durchschnittlich ? (Bitte jährliche Zahlen angeben für die Jahre 2010 – 2014.) Die erfragten Angaben liegen der zuständigen Behörde nicht vor, da es sich um bisher nicht beaufsichtigte Finanzierungsinstrumente handelt. Crowdfunding/Crowdinvesting ist ein Finanzinstrument des grauen (= unregulierten, das heißt es gibt keine Gesetzes-Regulierungen, keine Kontrolle und damit auch keine Daten) Kapitalmarkts, das mit erheblichen Risiken bis hin zum Totalverlust für die Anleger behaftet ist. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/611 5 Neue Regelungen für Crowdfunding-Plattformen 19. Welche Änderungen gibt es für Crowdfunding-Plattformen durch das Kleinanlegerschutzgesetz? Folgende Änderungen gibt es: Erweiterung der Prospektpflicht Nach dem Gesetz müssen künftig auch Anbieter von partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen grundsätzlich einen Prospekt erstellen. Diese Produkte wurden bislang in zahlreichen Marktsegmenten prospektfrei angeboten, beispielsweise bei der Finanzierung der Herstellung von Möbeln, Tierfutter, Lebensmitteln und medizinischen Artikeln, aber auch bei der Inbetriebnahme und Unterhaltung von Radiosendern oder Apps und der Organisation von Konzerten sowie der Vermarktung von Kunstgegenständen . Prospektpflichtig werden darüber hinaus alle Anlagen, die den bisher prospektpflichtigen Vermögensanlagen wirtschaftlich gleichwertig sind, insbesondere weil sie einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren. Hierunter dürften je nach vertraglicher Ausgestaltung zum Beispiel Beteiligungen an Teakholzplantagen in Übersee oder bestimmte Container-Kaufmodelle gehören. Die BaFin wird im Einzelfall prüfen, ob ein Angebot prospektpflichtig ist. Mindestlaufzeit und Kündigungsfrist Das Kleinanlegerschutzgesetz wird darüber hinaus für Vermögensanlagen eine grundsätzliche Mindestlaufzeit von 24 Monaten und eine Kündigungsfrist von mindestens zwölf Monaten einführen. Dadurch entsteht eine doppelte Schutzwirkung: Zum einen erhält der Anbieter einer Vermögensanlage für 24 Monate eine stabile Finanzierungsgrundlage . Zum anderen weiß der Anleger von vornherein, dass seine Vermögensanlage eine unternehmerische Investition von gewisser Dauer darstellt, deren Rückzahlung er nicht kurzfristig einfordern kann. Beide werden daher prüfen müssen, ob und in welchem Umfang Verzinsung und Rückzahlung im Hinblick auf die Anlageziele und Anlagepolitik tatsächlich sichergestellt sind. In der Vergangenheit hatte es Fälle gegeben, in denen Anbieter nicht in der Lage waren, Anlegern ihre Mittel auf Verlangen kurzfristig wieder auszuzahlen, und darum Insolvenz anmelden mussten. Aktualität und Zugänglichkeit der Prospekte Auch die Aktualität und die Zugänglichkeit von Anlageprospekten werden verbessert. Prospekte sollen nur noch maximal zwölf Monate lang gültig sein. Will ein Anbieter eine Vermögensanlage länger im Markt lassen, muss er den Prospekt aktualisieren und erneut von der BaFin billigen lassen. Außerdem muss der Anbieter den Prospekt, ergänzt um sämtliche Nachträge, auf seiner Internetseite zur Verfügung stellen. Auch nach dem Ende des öffentlichen Angebots von Vermögensanlagen müssen Anbieter alle Tatsachen unverzüglich veröffentlichen, die die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Anlegern erheblich beeinträchtigen könnten. Zusätzlich wird die BaFin diese Tatsachen auch auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Werbebeschränkungen Die Bewerbung von Vermögensanlagen wird ebenfalls stärker reguliert. Werbung für Vermögensanlagen im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel in Bussen und Bahnen, auf Plakaten und mittels Postwurfsendungen, wird künftig nicht mehr erlaubt sein. In Presseerzeugnissen bleibt sie zulässig, muss aber einen deutlichen Hinweis auf das Verlustrisiko enthalten. In anderen Medien ist die Werbung für Vermögensanlagen künftig nur noch erlaubt, wenn diese zumindest gelegentlich auch über wirtschaftliche Sachverhalte berichten und die Werbung im Zusammenhang mit einem solchen Bericht geschaltet wird. Auch hier müssen Anleger darauf hingewiesen werden, dass sie den Totalverlust des eingesetzten Vermögens riskieren. Die BaFin kann Missstände bei der Werbung für Vermögensanlagen künftig unterbinden . Täuscht der Anbieter vor, dass die Rückzahlung der Anlegergelder sicher sei, Drucksache 21/611 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 oder erweckt er in irreführender Weise den Anschein eines besonders günstigen und renditestarken Angebots, so kann die BaFin die Werbung untersagen. Ausnahmen von der Prospektpflicht Um die Finanzierung kleiner und mittlerer innovativer Unternehmen zu unterstützen, soll Crowdfunding in Form des Crowdinvesting unter bestimmten Voraussetzungen von der Prospektpflicht ausgenommen bleiben. Außerdem sollen auch Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen von bis 1 Million Euro für soziale und gemeinnützige Projekte nicht prospektpflichtig sein, wenn die Darlehen von einer Kleinstkapitalgesellschaft gemäß § 267a Handelsgesetzbuch emittiert wurden, deren Gesellschafter eingetragene Vereine mit einer sozialen oder gemeinnützigen Zielsetzung sind, und wenn der Sollzinssatz der Darlehen unter dem marktüblichen Zinssatz von Hypothekenpfandbriefen mit gleicher Laufzeit liegt. Auch die Darlehen und partiarische Darlehen von Mitgliedern einer Genossenschaft an ihre Genossenschaft sind von der Prospektpflicht befreit, wenn sie ausschließlich den Mitgliedern der Genossenschaft angeboten werden und diese die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage erhalten. Zusätzliche Befugnisse der BaFin Um potenzielle Anleger zu warnen, kann die BaFin künftig auf ihrer Internetseite Maßnahmen bekannt machen, die sie wegen Verstößen gegen das Vermögensanlagengesetz ergriffen hat, insbesondere auch Bußgeldentscheidungen. Hat sie erhebliche Bedenken, dass der Schutz der Anleger oder die Funktionsfähigkeit oder Integrität der Finanzmärkte gefährdet sein könnten, kann die BaFin den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte beschränken oder verbieten. Der neue Tatbestand der Produktintervention hat keinen bestimmten Adressaten und betrifft daher auch freie Finanzvermittler sowie den Direktvertrieb von Finanzinstrumenten und strukturierten Einlagen. Sie ist also nicht auf Vermögensanlagen beschränkt. Die Produktintervention kann als Allgemeinverfügung ergehen; die BaFin kann aber auch einzelnen Marktteilnehmern mittels eines individuellen Verwaltungsakts beispielsweise bestimmte Finanzpraktiken untersagen. Enforcement Ferner kann die BaFin künftig die Rechnungslegung eines Emittenten einer Vermögensanlage durch einen externen Wirtschaftsprüfer überprüfen lassen, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß hat. Damit wird der Druck auf Unternehmen erhöht, jedes Jahr eine ordnungsgemäße Rechnungslegung zu erstellen. Um sicherzustellen, dass die Jahresabschlüsse fristgerecht veröffentlicht werden, wurde die Höchstgrenze des Ordnungsgeldes für Offenlegungsverstöße von bisher 25.000 Euro auf 250.000 Euro verzehnfacht. 20. Wie viele Crowdinvestment-Plattformen gibt es derzeit in Deutschland? Der zuständigen Behörde sind derzeit 36 Websites zum Thema Crowdinvesting bekannt (Stand: 17. Juni 2015). 21. Für welche Crowdinvestment-Plattformen gilt die Neuregelung? Das Kleinanlegerschutzgesetz gilt für alle Crowdinvesting-Plattformen, die in Deutschland tätig sind. 22. Gilt die Regelung auch für Plattformen, die ihren Sitz außerhalb Deutschlands haben und ihre Dienste in Deutschland anbieten? Wenn nein, wie soll Gleichbehandlung zwischen Plattformen innerhalb und außerhalb Deutschlands gewehrleistet werden? Die Regelungen betreffen Angebote des grauen Kapitalmarktes, sie sollen zu einer erhöhten Transparenz und einem verbesserten Anlegerschutz führen. Hier – wie im Handel mit Finanzprodukten üblich – gilt die Regel, dass der Rechtsrahmen des Landes gilt, in dem die Produkte angeboten werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/611 7 Darüber hinaus gilt für die Vermittlung von Einlagengeschäften in und aus einem Drittstaat die Drittstaateneinlagenvermittlung. Dies bedeutet hier, dass das Betreiben eines Crowdlending-Projektes mit ausländischer Beteiligung genehmigungspflichtig durch die BaFin wird, wenn ein Einlagenvolumen von 12.500,00 Euro oder mehr als 25 einzelne Anleger überschritten werden. Ergänzend gilt, dass das Financial Stability Board (FSB) der G20-Staaten schon im Jahre 2012 Maßnahmen gegen den Schattenbanken-Sektor und den unregulierten grauen Kapitalmarkt gefordert hat. Die Europäische Kommission hat sich im gleichen Jahr verpflichtet, diese möglichst zeitnah umzusetzen und die Entwicklung in diesem Bereich aktiv zu überwachen. Maßnahmen zur Stärkung der Gründerszene 23. Welche Initiativen unternimmt der Senat, damit ein besseres Klima für Gründer geschaffen wird? Hamburg hat eine Vielzahl von Angeboten für Gründerinnen und Gründer, die aus Beratungen, Networking-Events, finanzieller Förderung und Qualifizierung bestehen (siehe hierzu Drs. 20/11437 „Hamburg – Hochburg für Gründer“). Mit der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) steht eine wichtige Institution zur Förderung von Unternehmensfinanzierung und Existenzgründung bereit. Die zuständige Behörde wird mit der IFB Hamburg und der HWF Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH die Gründungs- und Wachstumsfinanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen in Hamburg weiter verbessern. Insbesondere wird geprüft, ob die Entscheidungsprozesse beschleunigt werden können . Zudem wird die zuständige Behörde eine digitale Gründungsplattform für wissensbasierte Gründungen schaffen, die Hamburger Hochschulen, Wirtschaftsakteure und Forschungseinrichtungen dabei unterstützt, mehr Gründungen und Ausgründungen zu ermöglichen. Geplant sind bereits vier Technologie- und Anwenderparks, in denen jeweils ein Nukleus für die Herausbildung eines wissenschaftlichen Umfeldes für angewandte Forschung sowie die Gründung und Ansiedlung innovativer Unternehmen entstehen soll.