BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6143 21. Wahlperiode 04.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding (FDP) vom 27.09.16 und Antwort des Senats Betr.: Reform der Grundsteuer – Welche Auswirkung hat der Vorschlag der Länder Hessen und Niedersachsen auf die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH)? Der Bundesrat (BR) hat die BR.-Drs. 514/16 und 515/16 in seiner Sitzung am 23.09.2016 zur Beratung in die die fachlich zuständigen Ausschüsse zugewiesen . Die Länder Hessen und Niedersachsen streben mit den genannten Drucksachen eine Änderung des Grundgesetzes sowie des Bewertungsgesetzes zur Reform der Grundsteuer an, nachdem das Bundesverfassungsgericht diese bereits mehrfach angemahnt hatte. Die Grundgesetzänderung dient dabei dazu, dem Bund die grundsätzliche Gesetzgebungskompetenz insbesondere hinsichtlich der Basisbewertung von Grundvermögen zuzusprechen und den Ländern die Festsetzung der Steuermesszahlen sowie den Kommunen weiterhin die von Hebesätzen hierauf zu ermöglichen. Die Neubewertung von Grundvermögen, welche bislang in den westdeutschen Bundesländern auf Grundlage von Einheitswerten aus dem Jahr 1964 und in den ostdeutlichen Bundesländern von solchen aus dem Jahr 1935 erfolgt, wird sich nach einer Grundsteuerreform voraussichtlich bis ins Jahr 2022 ziehen und erhebliche Ressourcen binden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie bewertet die FHH den Grundsteuerreformvorschlag der Länder Hessen und Niedersachsen auf Basis der eingangs genannten BR.-Drs. 514/16 und 515/16? Vor welchem Hintergrund verhält sich die FHH bislang kritisch gegenüber dem Reformvorschlag1? Hamburg und Bayern lehnen die Einbringung eines Gesetzentwurfs, der isoliert nur die Bewertungsmaßstäbe für die neue Grundsteuerbemessungsgrundlage regelt, als nicht zielführend ab. In seiner bisherigen Fassung beschränkt sich der in den Bundesrat eingebrachte Gesetzentwurf auf ein neues Bewertungsverfahren, das stark von den aktuellen Bodenrichtwerten und damit den Marktwerten von Immobilien geprägt ist und – vor allem in Metropolregionen mit angespannten Immobilienmärkten – insgesamt zu deutlich höheren grundsteuerlichen Immobilienbewertungen führt. Er stellt jedoch keine Klarheit darüber her, in welchen Regionen und in welchem Umfang Grundeigentümer, Unternehmen sowie Mieterinnen und Mieter mit höheren Grundsteuerzahlungen rechnen müssen. Hierzu bedarf es noch ausstehender konkreter Regelungen zur Anpassung des Systems der Messzahlen und Hebesätze, die für die Ermittlung der Grundsteuer für ein konkretes Objekt und die Auswirkungen der Grundsteuer im Länderfinanzausgleich von Bedeutung sind. Das im Entwurf vorgese- 1 Vergleiche http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/immobilien/bund-der-steuerzahler-fuerchtetteure -grundsteuer-reform-14450019.html. Drucksache 21/6143 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 hene Bewertungsverfahren ist nach Einschätzung der zuständigen Behörde darüber hinaus kompliziert und lässt sich voraussichtlich nicht automatisieren. 2. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Berechnungen angestellt, wie sich der Reformvorschlag von Hessen und Niedersachsen – ceteris paribus – auf die Grundsteuererträge der FHH auswirkt? Wenn ja, mit welchen Veränderungen ist zu rechnen? Wenn nein, warum nicht? Um die Auswirkungen des Modells auf die Bemessungsgrundlage im Bereich der Wohnimmobilien zu untersuchen, hat die zuständige Behörde eine Stichprobe von rund 850 Bewertungseinheiten unterschiedlicher Wohngebäudearten untersucht. Anhand der vorliegenden Gebäudedaten und der aktuellen lageabhängigen Bodenrichtwerte wurden typisierte Grundsteuerwerte ermittelt und den bisher für die Grundsteuererhebung zugrunde gelegten Einheitswerten gegenüber gestellt. Das Verfahren nach dem neuen Modell würde nach dieser Auswertung für Hamburg gegenüber dem bisherigen Einheitswertverfahren zu im Durchschnitt rund zehnfach höheren Immobilienbewertungen führen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 3. Wie hoch liegen die bisherigen Steuermesszahlen und Hebesätze für die Bestimmung der Grundsteuer in der FHH? a. Inwieweit beabsichtigt der Senat die Bürgerschaft zu ersuchen, diese im Sinne des Ziels der Aufkommensneutralität auf einen anderen Wert festzulegen? b. Mit welchem Wertekorridor ist hierbei für Steuermesszahl und Hebesatz jeweils zu rechnen? Die Steuermesszahlen betragen bundeseinheitlich für Grundstücke 0,35 Prozent, davon abweichend für Einfamilienhäuser mit Ausnahme des Wohnungseigentums und des Wohnungserbbaurechts 0,26 Prozent für die ersten 38.347 Euro des steuerpflichtigen Teils des Einheitswertes und 0,35 Prozent für den Rest des steuerpflichtigen Teils des Einheitswertes sowie für Zweifamilienhäuser 0,31 Prozent. Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft beträgt die Steuermesszahl 0,6 Prozent. In Hamburg beträgt der Hebesatz für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) 225 Prozent und für die Grundsteuer B (Grundstücke) 540 Prozent. Im Übrigen siehe Antworten zu 1. und 2. 4. Wie würde sich bei Umsetzung der von den Ländern Hessen und Niedersachsen angestoßenen Grundsteuerreform die Position der FHH im Länderfinanzausgleich verändern? a. Inwieweit ist insbesondere mit höheren Aufwendungen für den Länderfinanzausgleich zu rechnen? Welcher konkrete Mechanismus liegt dem dabei zugrunde? b. Ist auch dann mit höheren Aufwendungen für den Länderfinanzausgleich zu rechnen, wenn die FHH über eine Reduzierung von Steuermesszahlen und Hebesätzen eine Aufkommensneutralität im Vergleich zum bisherigen Status Quo erreicht? Wenn ja, welcher Mechanismus liegt diesem Effekt wiederum zugrunde? Im Länderfinanzausgleich (LFA) werden die Steuerkraftzahlen der Grundsteuer angerechnet , die sich ergeben, indem die im Bundesgebiet insgesamt im Ausgleichsjahr aufgekommenen Grundsteuern im Verhältnis der länderweisen Grundbeträge (Ist- Aufkommen x 100/Hebesätze) im dem Ausgleichsjahr vorausgehenden Kalenderjahr verteilt werden. Im geltenden Ausgleichsrecht führt ein erhöhter Grundbetrag zu einer zusätzlichen Ausgleichspflicht beziehungsweise einer geringeren Ausgleichsberechtigung . Eine länderweise aufkommensneutral wirkende Senkung von Hebesätzen kann diese LFA-Wirkung nicht verhindern. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6143 3 5. Wie viele Grundstücke und sonstige Immobilien müssten auf dem Gebiet der FHH nach der von Hessen und Niedersachsen angestoßenen Grundsteuerreform bis wann neu bewertet werden? a. In welchem Umfang ist für diese Neubewertung mit zusätzlichem Aufwand insbesondere im Bereich der Steuerverwaltung und Finanzgerichtsbarkeit zu rechnen? b. Inwieweit trifft der Senat hierfür in welcher konkreten Form Vorsorge ? Zum 1. Januar 2016 waren bei der Hamburger Steuerverwaltung rund 400.000 wirtschaftliche Einheiten registriert. Bei einer Neubewertung nach dem FMK-Modell ist mit erheblichem zusätzlichen Aufwand im Bereich der Steuerverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit zu rechnen (siehe Antwort zu 1.). Im Übrigen siehe Drs. 20/2509 und 21/457. 6. In welchem Umfang rechnen die öffentlichen Unternehmen und Beteiligungen der FHH zukünftig mit höheren Belastungen aus der Grundsteuer ? Inwieweit wird beispielsweise die SAGA GWG diese Mehrbelastungen an ihre Mieterinnen und Mieter weitergeben? Siehe Antworten zu 1. und 2.