BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6225 21. Wahlperiode 11.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 04.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Institut für niederdeutsche Sprache (II) In der Anfrage zur Beendigung des Förderabkommens für das Institut für niederdeutsche Sprache des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf vom 14.6.2016 (Drs. 21/4786) schrieb der Senat, die Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein hätten sich gemeinsam darauf verständigt , die Förderung des Niederdeutschen auf eine neue Grundlage zu stellen. Weiter heißt es: „Die Länder werden die kommenden Monate nutzen, um untereinander und im Dialog mit den regionalen Akteuren Konzepte einer zukünftigen Förderung des Niederdeutschen unter den veränderten Rahmenbedingungen zu erarbeiten. (…) Es ist geplant, zu diesem Zweck die bislang zur Förderung des INS verwendeten Mittel auch künftig einzusetzen.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In Übereinstimmung mit den beteiligten Geberländern hat die zuständige Kulturbehörde des Sitzlandes Bremen dem Institut für niederdeutsche Sprache (INS) mit Schreiben vom 10. Mai 2016 mitgeteilt, dass vor dem Hintergrund eines rasanten demografischen Wandels, einer sich immer schneller verändernden Mediengesellschaft und der unterschiedlichen regionalen Besonderheiten die Geberländer einvernehmlich beschlossen haben, die Pflege und Förderung der niederdeutschen Sprache inhaltlich , strukturell und organisatorisch auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Bremer Kulturbehörde führt dazu derzeit Gespräche mit dem Institut für niederdeutsche Sprache (INS) und den Akteuren vor Ort sowie den Vertretern der Geberländer . Die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Es soll eine Regelung gefunden werden, die die Förderung des Niederdeutschen auch in Zukunft gewährleistet. Im Rahmen der Federführung klärt das Sitzland parallel auch die haushaltsrechtlichen Fragen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Warum hat sich Hamburg mit den Ländern Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf die Beendigung der Förderung des Instituts für niederdeutsche Sprache verständigt, obwohl bislang kein anderes, geschweige denn besseres, Konzept erarbeitet wurde? Siehe Drs. 21/4786. 2. Ist das Förderabkommen zwischen den Ländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zugunsten des Instituts für niederdeutsche Sprache inzwischen rechtswirksam gekündigt worden? Nein. 3. Was in Bezug auf die geplante Beendigung des Förderabkommens ist dem Institut für niederdeutsche Sprache mitgeteilt worden? Drucksache 21/6225 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Gibt es Gespräche zwischen Hamburg oder einem der anderen fördernden Länder oder mehreren Förderländern mit dem Institut für niederdeutsche Sprache über den Fortbestand des Instituts ab dem Jahr 2018? 5. Welche Entwicklungen und Veränderungen der letzten Jahrzehnte sind es konkret, die eine neue Grundlage erforderlich machen? 6. Inwieweit machen der demographische Wandel und die Veränderung der Mediengesellschaft die Arbeit des Instituts für niederdeutsche Sprache aus Hamburger Sicht verzichtbar? 7. Welche regionalen Besonderheiten sollen dabei auf welche Weise berücksichtigt werden, die auf der bestehenden Grundlage nicht berücksichtigt werden können? 8. Welche Änderungen stellt sich der Senat konkret vor: 8.1 inhaltlich? 8.2 strukturell? 8.3 organisatorisch? 9. Hält der Senat das Institut für niederdeutsche Sprache für überflüssig? Wenn ja, warum, wenn nein, warum stellt er dann die Förderung ein? 10. Wie stellt sich der Senat künftig die Finanzierung des Instituts für niederdeutsche Sprache vor, wenn ab 2018 keine Fördergelder mehr von Hamburg und den anderen bis dahin fördernden Bundesländern an das Institut gezahlt werden? 11. Wie stellt sich der Senat künftig den Fortbestand der Bibliothek des INS vor, wenn ab 2018 Hamburg und die übrigen Förderländer die Förderung einstellen? 12. Welche Stelle soll künftig die Dokumentation von Literatur in niederdeutscher Sprache übernehmen? 13. Welche Stelle soll künftig die Pflege der Wortschatzdatenbank betreuen? 14. Welche Stelle soll künftig die Datenbank für niederdeutsche Musikveröffentlichungen betreuen? 15. Welche Stelle soll künftig die jährlich rund 1.500 Anfragen zur sprachlichen Beratung (Übersetzung, Überprüfung von Übersetzungen), Literaturrecherche und Auskünfte zur Geschichte bearbeiten, von denen circa 10 Prozent aus Hamburg kommen? Siehe Vorbemerkung. 16. Wie genau sollen die eingesparten 32.000 Euro Fördermittel konkret eingesetzt werden? Einen Schwerpunkt künftiger Förderung soll ein verstärktes Heranführen von Kindern und Jugendlichen an die niederdeutsche Sprache bilden. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. 17. Welche Rolle hat für die Entscheidung der Länder der Verstoß des INS gegen das Besserstellungsverbot im Hinblick auf Ruhestandsversicherungen dreier ehemaliger Mitarbeiter des Instituts gespielt? 18. Wie hoch ist der Schaden, der dem INS daraus entstanden ist? 19. Wie lange haben diese Ruhestandversicherungen bestanden? 20. Wann und wie hat Hamburg von dem Verstoß gegen das Besserstellungsgebot erfahren? 21. Hätte Hamburg den Verstoß gegen das Besserstellungsgebot früher bemerken müssen oder können? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6225 3 22. Wie hoch ist der Schaden der Hamburg daraus entstanden ist beziehungsweise wie hoch waren die Rückforderungen an das INS ursprünglich und wie hoch sind sie heute? 23. Wie wurde und wird die Verwendung der Fördermittel durch das INS von der Stadt Hamburg kontrolliert? Die Zuständigkeit für die zuwendungsrechtlichen Belange der INS-Förderung liegt bei der Bremer Kulturbehörde. Sie prüft die Verwendung der Zuwendungen und informiert die anderen Länder regelmäßig über ihre Ergebnisse. Erste Hinweise auf einen möglichen Verstoß gegen das Besserstellungsgebot entstanden nach Angaben der Bremer Behörde im Januar 2015 in einem Gespräch zwischen INS und der zuständigen Bremer Behörde. Die Bremer Behörde hat diese Vermutungen geprüft und die Ergebnisse in einem Bericht zusammengefasst, der den Geberländern am 6. Juli 2015 vorgestellt wurde. Da das Verwaltungsverfahren noch nicht beendet ist, kann ein Schaden derzeit nicht beziffert werden. Die Rückforderungen der zuständigen Bremer Behörde betragen insgesamt circa 75.000 Euro und betreffen die Jahre 2008 bis 2014. Die jährlichen Teilwiderrufsbescheide wurden vom INS jeweils angefochten. Gegen die Widerspruchsbescheide , die daraufhin erlassen wurden, hat das INS Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. 24. Welche Aufgaben hat das Fachreferat Niederdeutsch der Behörde für Schule und Berufsbildung? Zu den Aufgaben des Fachreferats Niederdeutsch zählt die Koordination der Erstellung von Rahmenplänen und zugehörigen Hinweisen und Erläuterungen im Fach Niederdeutsch an allgemeinbildenden Schulen sowie die fachliche Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI), Behörden und Einrichtungen zur Unterrichtsentwicklung im Fach Niederdeutsch. Des Weiteren ist das Fachreferat zuständig für die Koordination der Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen für die Regionalsprache Niederdeutsch im Schulbereich. Darüber hinaus begleitet das Fachreferat die Wettbewerbe „Jungs un Deerns leest Platt“, „Schoolkinner leest Platt“, „Platt-Pries för Hamborg“. Zu den Regelaufgaben gehört weiterhin die Beantwortung zahlreicher Anfragen zum Niederdeutschen . Die Fachreferentin nimmt als ständige Vertreterin der für Bildung zuständigen Behörde regelhaft an den Sitzungen des Landesrats für Niederdeutsch der Freien und Hansestadt Hamburg (Plattdüütsch Root för Hamborg) teil. Im zweijährigen Turnus führt das Fachreferat Niederdeutsch in Kooperation mit dem LI und weiteren wechselnden Kooperationspartnern das Forum Niederdeutsch durch, das sich sowohl an Lehrkräfte als auch an außerschulische Kooperationspartner und Einrichtungen wendet, die das Niederdeutsche fördern. 25. Seit wann gibt es das Fachreferat Niederdeutsch? Das Fachreferat Niederdeutsch wurde zum 1. August 2011 eingerichtet. 26. Wie viele Wochenstunden stehen dem Referat Niederdeutsch exakt an Arbeitszeit zur Verfügung, wenn es aus 20 Prozent der Stelle einer Lehrkraft besteht? Dem Fachreferat stehen in den 38 Unterrichtswochen pro Schuljahr 9,32 Wochenstunden an Arbeitszeit zur Verfügung. 27. Was ist in dem Referat Niederdeutsch seit dessen Bestehen konkret geleistet worden? Im Fachreferat Niederdeutsch wurde die Erstellung der Rahmenpläne Niederdeutsch für die Grundschule, für die Jahrgangsstufen 5 bis 11 der Stadtteilschule sowie für die Sekundarstufe I des Gymnasiums koordiniert. Für die Grundschule wurde im Fachreferat Niederdeutsch das Lehrwerk „Fietje“ entwickelt, das aus einem Arbeitsbuch, einer Handreichung für den Unterricht (siehe https://li.hamburg.de/contentblob/ 3861174/1af64b34aae49b56a363a25c43219600/data/download-2014-10-09- niederdeutsch-erlaeuterungen.pdf) und einer Audio-CD mit plattdüütschen Liedern besteht. Darüber hinaus wird im Fachreferat für die Sekundarstufe I Unterrichtsmate- Drucksache 21/6225 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 rial erarbeitet und auf SchulCommSy (https://www.schulcommsy.de/) den Lehrkräften zur Verfügung gestellt. Es wurden drei Niederdeutsch-Foren zu unterschiedlichen Themen durchgeführt. Das Fachreferat hat in der zurückliegenden Zeit an zahlreichen Niederdeutsch-Wettbewerben, an der Plattdüütschen Bookmesse sowie am 1. Hamborger Plattdüütsch Dag 2016 mitgewirkt. Im Übrigen siehe Antwort zu 24. 28. Welche Lehrwerke werden gegenwärtig an Hamburger Schulen in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 und ab Jahrgangsstufe 5 eingesetzt? In der Grundschule wird in der Regel das von der für Bildung zuständigen Behörde erarbeitete Lehrwerk „Fietje“ eingesetzt und mit von Lehrkräften selbst erstellten oder vom LI in Fortbildungen zur Verfügung gestellten Materialien ergänzt. Ab Jahrgangsstufe 5 werden die auf der Lernplattform zur Verfügung gestellten Unterrichtsvorhaben genutzt. Darüber hinaus entscheiden die Schulen gemäß § 9 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) selbstverantwortlich über die Auswahl der im Unterricht verwendeten Lehrbücher und Lernmaterialien.