BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6233 21. Wahlperiode 11.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 04.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Status Quo Jihadismus in Hamburg und Beratungsnetzwerk Prävention und Deradikalisierung In Drs. 21/5138 verweist der Senat auf islamistische Gruppierungen. Es gibt Anlass zu der Annahme, dass es inzwischen weitere oder von den Sicherheitsbehörden bislang unentdeckte islamistische Gruppierungen gibt. Des Weiteren ist nach wie vor unklar, wie sich der Erfolg des Beratungsnetzwerks misst. Auch die Verteilung der Gelder des Beratungsnetzwerks für 2017/2018 ist bislang nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche islamistischen/jihadistischen/salafistischen Gruppierungen gibt es in Hamburg? Bitte aufschlüsseln nach Name der Vereinigung, Anzahl der Mitglieder und Geschlecht. 2. Wie schätzen Senat und Sicherheitsbehörden diese Gruppierungen und Gemeinden ein? Die in Drs. 21/5138 genannten Gruppierungen werden dem Islamismus zugeordnet. Der Salafismus ist eine Untergruppe des Islamismus. Der Jihadismus ist ein Teil des Salafismus. Die Angehörigen der salafistischen Szene stehen im besonderen Fokus des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg. Deshalb liegt für dieses Spektrum auch detaillierteres Datenmaterial vor. Die Zahlen unterliegen aufgrund der sich ständig verändernden Informationslage und datenschutzrechtlicher Pflegemaßnahmen der gespeicherten Daten einer ständigen Fluktuation. Alle aufgeführten Organisationen gehören dem islamistischen Spektrum an. Salafisten (Stichtag 05.10.2016) Gesamt davon: jihadistisch männlich 527 278 weiblich 113 32 Gesamt 640 310 Weitere islamistische Gruppen: Organisation Mitgliederzahlen Spektrum Hizb Allah* 30 schiitischer Islamismus Hamas* Einzelmitglieder sunnitischer Islamismus Türkische Hisbollah* 50 sunnitischer Islamismus Hezb-e Islami* 30 sunnitischer Islamismus Hizb ut-Tahrir * 120 sunnitischer Islamismus Milli-Görüs-Bewegung** 200 sunnitischer Islamismus Drucksache 21/6233 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Organisation Mitgliederzahlen Spektrum TJ* 75 sunnitischer Islamismus Islamisches Zentrum Hamburg e.V.* 100 schiitischer Islamismus Furkan Gemeinde* 60 – 80 sunnitischer Islamismus * Aufgrund der nicht vorhandenen Datenbasis ist eine weitere verlässliche Aufschlüsselung nicht möglich. ** Seit August 2013 wurde die Beobachtung der Islamischen Gemeinschaft Milli Görus (IGMG) mit ihrem Hamburger Landesverband „Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland e.V.“ (BIG) eingestellt , da der Beobachtungsgrund entfallen war. Seither werden nur noch die verbliebenden extremistischen Teile der Milli-Görüs-Bewegung beobachtet. Alle genannten Organisationen werden als extremistisch eingestuft. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzberichte (VSB) Hamburg ab 2012 und Drs. 21/6106. 3. Welchem (politischem/religiösem) Spektrum sind sie jeweils zuzuordnen ? a) Welche Ziele verfolgen sie jeweils und wie wird versucht diese Ziele zu erreichen? b) Wer steht den Gruppierungen jeweils vor? c) An welchen Orten (Moscheen, Wohnungen et cetera) treffen sich die Mitglieder? Detaillierte Angaben zu den Ansprechpartnern einzelner Gruppierungen sowie über die im VSB Hamburg 2015 genannten Trefforte hinaus können aus Gründen des Staatswohls nur gegenüber dem nach § 24 HmbVerfSchG für die parlamentarische Kontrolle des Senats auf dem Gebiets des Verfassungsschutzes zuständigen Kontrollausschusses (PKA) gemacht werden. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die beobachteten Bestrebungen Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und Einblickstiefe des LfV Hamburg erhielten und eine künftige Beobachtung unverhältnismäßig erschwert würde. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 4. Wie viele Personen sind inzwischen (bis Ende September 2016) seit 2013 in Dschihadgebiete ausgereist und welchen jihadistischen Gruppierungen hingen sie gegebenenfalls an beziehungsweise standen sie nahe? Bitte aufschlüsseln nach Name der Gruppierung, Anzahl der Ausgereisten , Geschlecht, Alter, Ausreiseziel. a) Wie viele Personen in Hamburg sind nach Auffassung der Sicherheitsbehörden als salafistisch und wie viele als jihadistisch einzuordnen ? Siehe Drs. 21/5138. b) Wenn die Ausreisenden schulpflichtig waren, welche Schulen haben sie besucht? Siehe Drs. 21/114. 5. Für die Arbeit des Beratungsnetzwerks Prävention und Deradikalisierung sind für 2017/2018 4 Millionen Euro eingeplant. Sind die Planungen der zuständigen Behörden inzwischen abgeschlossen? a) Wenn ja, wofür sollen die Gelder ausgegeben werden? Bitte aufschlüsseln nach Einrichtung, Projekt und Maßnahme und Gründen, weshalb sich dafür entschieden wurde. b) Wenn nein, warum nicht und wann ist mit der endgültigen Planung zu rechnen? Siehe Drs. 21/5331. 6. Was sind die Ergebnisse der in Drs. 21/5138 erwähnten Erfolgskontrolle im Rahmen der der Projektsteuerung? a) Wenn es noch keine Ergebnisse gibt, weshalb nicht und wann ist mit ihnen zu rechnen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6233 3 b) Woran bemisst sich der Erfolg, was sind die Evaluationskriterien und welche Konsequenzen ergeben sich aus mangelndem Erfolg? Im Rahmen der Projektsteuerung werden pro Projekt Ziele, Zwecke und Aufgaben festgelegt und bei Bedarf weiterentwickelt und angepasst. Jedes Projekt hat das Erreichen der Zuwendungszwecke im Rahmen eines Verwendungsnachweises zu belegen, zu dem auch ein aussagekräftiger Sachbericht gehört. Der Erfolg bemisst sich an der Zweckerreichung. Nach gegenwärtigem Stand hat es bisher keine Beanstandungen gegeben, die die Zweckerreichung der jeweiligen Projekte infrage stellten. 7. In Drs. 21/5138 verweist der Senat auf die Reichweite der Kampagne „Think Social Now!“. Da die Reichweite verhältnismäßig gering ist, wie gedenkt der Senat die Kampagne künftig auszurichten, um die Reichweite zu steigern? a) Welches Konzept liegt einer Steigerung der Reichweite zugrunde? b) Nach welchen Kriterien werden die Themen für Videos ausgesucht? c) Nach welchen Kriterien wird ausgesucht, wer vor der Kamera etwas zu einem bestimmten Thema erzählt? d) Greifen die Videos Diskussionen auf, die es in der salafistischen und jihadistischen Szene gibt? Bei „Think Social Now“ handelt es sich um ein im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ bewilligtes und auf fünf Jahre angelegtes Modellprojekt, in welchem unterschiedliche neue Ansätze entwickelt und erprobt werden sollen. Das Projekt ist partizipativ angelegt, das heißt die jugendlichen Zielgruppen beteiligen sich selbst aktiv an der bedarfsgerechten Entwicklung der Inhalte und Formate. Ein Gesichtspunkt ist dabei die Vergrößerung der bereits ohnehin hohen Reichweite der Kampagne.