BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6234 21. Wahlperiode 11.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 04.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Schulabstinenz – Regionale Schwerpunkte/Effizienz der Sanktionsmaßnahmen Das Hamburgische Schulgesetz regelt die Schulpflicht in den Paragraphen 37 – 39.1 In Hamburg versucht man unter anderem mit der Verhängung von Bußgeldern gegen Fälle von Schulabstinenz anzukommen. Mit der Überschrift „Behörde greift durch: Harter Kurs gegen Schulschwänzer“ veröffentlichte das „Hamburger Abendblatt“ am 15.09.2016 einen Artikel, in dem der Anstieg der eingenommenen Bußgelder von insgesamt 120.000 Euro im Jahr 2012 auf 140.000 Euro im Jahr 2015 als positive Entwicklung in der Bekämpfung von Schulabstinenz dargestellt wird. Tatsächlich belegen die Zahlen eine absolute Zunahme an Schulverweigerern und offenbaren mindestens teilweise eine Ineffizienz der Maßnahmen.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Es ist eine zentrale Aufgabe, den verlässlichen und lückenlosen Schulbesuch aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen. Die Schulen und die für Bildung zuständige Behörde nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Schulpflichtverletzungen sind oft Ausdruck schwieriger Lebenssituationen und bergen zudem die ernste Gefahr, dass Kinder und Jugendliche in der Schule den Anschluss verlieren, den Schulabschluss nicht schaffen und auch privat sowie im sozialen Umfeld aus der Bahn geworfen werden. Deshalb sorgen die Schulen und die für Bildung zuständige Behörde mit einem Bündel von Maßnahmen für die Einhaltung der Schulpflicht. Diese Maßnahmen sind in der Handreichung zum Umgang mit Schulpflichtverletzungen (siehe www.hamburg.de/ bsb/handreichungen/3639432/schulpflichtverletzungen/) genau geregelt. So müssen die Lehrkräfte in jeder Stunde die Anwesenheit kontrollieren und bei unentschuldigtem Fehlen noch am selben Tag die Sorgeberechtigten kontaktieren. Weitere Schritte umfassen unter anderem normenverdeutlichende Gespräche mit Schülern und Sorgeberechtigten , pädagogische Sanktionen, Betreuung der Schülerinnen und Schüler durch besondere pädagogische Institutionen wie beispielsweise die Regionalen Bildungs - und Beratungszentren (ReBBZ) bis hin zu Bußgeldern gegen Sorgeberechtigte oder Schülerinnen und Schüler sowie einschlägige Gerichtsverfahren. 1 Behörde für Schule und Berufsbildung: Hamburgisches Schulgesetz, unter: http://www.hamburg.de/contentblob/1995414/data/schulgesetzdownload.pdf (abgerufen am: 16.09.2016). 2 „Hamburger Abendblatt“: Behörde greift durch: Harter Kurs gegen Schulschwänzer, unter: http://www.abendblatt.de/hamburg/article207109715/Behoerde-greift-durch-Harter-Kursgegen -Schulschwaenzer.html (abgerufen am: 15.09.2016). Drucksache 21/6234 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Grundsätze der Schulpflicht sind in den §§ 37 fortfolgende Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) geregelt. Den Begriff „Schulabstinenz“ kennt das HmbSG nicht. Gemäß Handreichung zum Umgang mit Schulpflichtverletzungen liegt eine Schulpflichtverletzung dann vor, sobald eine Schülerin oder ein Schüler – auch unzusammenhängend – mehr als drei Tage oder 20 Schulstunden Unterricht in einem Zeitraum von einem Monat unentschuldigt versäumt hat. Auf Grundlage der Handreichung für den Umgang mit Schulpflichtverletzungen werden alle Schülerinnen und Schüler mit problematischem Schulbesuchsverhalten durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Schule, des regional zuständigen ReBBZ oder des Beratungszentrums Berufsbildende Schulen (BZBS) betreut. Vor allem durch auf die Situation und Probleme der einzelnen Schülerinnen und Schüler individuell zugeschnittene Interventionen werden die Schülerinnen und Schüler in der Regel zeitnah wieder zum regelmäßigen Schulbesuch geführt. Die Betreuung durch den Schulberatungsdienst der Stadtteilschulen und das ReBBZ/BZBS sowie unterschiedliche Projekte sorgen für eine verbesserte Einhaltung der Schulpflicht. Zu den vielfältigen Maßnahmen , Beratungs- und Hilfsangeboten sowie Projekten der zuständigen Behörde zur Verringerung von Schulpflichtverletzungen siehe auch Drs. 21/2476. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Stadtteile und Schulen sind statistisch überproportional von Schulabstinenz betroffen? Bitte vorliegende Analysen dazu veröffentlichen . Siehe Vorbemerkung. 2. Wohin fließen die eingenommenen Bußgelder? Bitte die konkrete Haushaltsposition angeben und die weitere Verwendung erläutern. Erlöse aus Schulpflichtverletzungen werden im Kontenbereich „Erlöse“ der Produktgruppe 238.01 „Steuerung und Service“ des Einzelplans 3.1 (Behörde für Schule und Berufsbildung) als „Erlöse aus Verwaltungstätigkeit“ gebucht. Soweit die in einem Haushaltsjahr insgesamt in diesem Kontenbereich angefallenen Erlöse über dem Planwert des Kontenbereichs liegen, können diese Mehrerlöse zur Deckung von Mehrkosten in anderen Kontenbereichen verwendet werden. 3. Gibt es statistische Erhebungen bezüglich der Hintergründe von Schulschwänzern (Geschlecht, Schulart, Jahrgangsstufe, Migrationsintergrund , Staatsangehörigkeit, Religionszugehörigkeit)? Bitte vorliegende Erkenntnisse genauer erläutern. Die Erfassung der Schulpflichtverletzungen wird nach Geschlecht, Schulform und Jahrgangsstufen differenziert. Im Kalenderjahr 2015 verteilten sich Schulpflichtverletzungen relativ gleichmäßig auf die Geschlechter, so lag der Anteil der Schülerinnen bei 47 Prozent, der Anteil der Schüler bei 53 Prozent. Rund 67 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Schulpflichtverletzungen besuchten eine Stadtteilschule, rund 16 Prozent besuchten eine Grundschule und rund 8 Prozent ein Gymnasium, der Rest entfiel auf andere Schulformen . Die Jahrgangsstufen 9 und 10 sind schwerpunktmäßig mit Anteilen in Höhe von rund 25,4 Prozent beziehungsweise 22,1 Prozent am stärksten von Schulpflichtverletzungen durch Schülerinnen und Schüler betroffen. 4. Existieren Überlegungen zu weiteren Ansätzen, um hartnäckige Schulschwänzer zum Schulbesuch zu animieren? Für Schülerinnen und Schüler, die langanhaltend die Schulpflicht verletzt haben, werden in verschiedenen, regionalisierten Beschulungsprojekten, die sich an den individuellen Problemlagen der einzelnen Schülerinnen und Schüler orientieren, passgenaue Angebote durch multiprofessionell aufgestellte Teams der ReBBZ vorgehalten, um eine dauerhafte Integration in die Stammschule zu erreichen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, diese Schülerinnen und Schüler in Angeboten gemäß „Rahmenvereinbarung Regionale Kooperationen zwischen Schule und Jugendhilfe für die Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit beson- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6234 3 ders herausforderndem Verhalten“ (siehe: http://www.hamburg.de/infos-fuerfachkraefte /3752888/rahmenvereinbarung-schule-jugendhilfe/) zu beteiligen. Eine Evaluation und Weiterentwicklung der bestehenden Maßnahmen findet regelhaft statt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.