BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6261 21. Wahlperiode 11.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 05.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Unzumutbar lange Wartezeiten und ungeklärte Sonderstellung der Firma G.A.R.D. beim Krankentransport im Auftrag des UKE? Entrüstet darüber, dass seine querschnittsgelähmte Mutter nach ihrer ambulanten Behandlung im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) über fünf Stunden auf einen Krankentransport warten musste, wandte sich ihr Sohn an die Bürgerschaftsfraktionen und bat um Klärung der Umstände, die zu der langen Wartezeit geführt haben. Die „tageszeitung“ griff das Thema auf (vergleiche „Warten auf dem Krankenwagen“, 3.10.2016, online erschienen ). Nach Aussage des Sohnes hat das Klinikpersonal ihm gegenüber angegeben , ausschließlich das Krankenbeförderungsunternehmen G.A.R.D. Verwaltungsgesellschaft für Ambulanz und Rettungsdienst mbH (GARD) mit der Beförderung ihrer Patienten beauftragen zu dürfen. Die Existenz von Exklusivverträgen mit einzelnen Anbietern wurde in der Zwischenzeit zwar vom UKE dementiert, allerdings bleibt die Frage offen, wie gegenteilige Aussagen von Mitarbeitern gegenüber den Betroffenen zustande kamen. Ferner wirft der benannte Fall die Frage auf, wie der Prozess des Disponierens von Krankentransportwagen (KTW) grundsätzlich abläuft und warum es zu derartig langen Wartezeiten kommen kann. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Gegenstand des Krankentransports ist es, Kranken, Verletzten oder sonstigen Hilfsbedürftigen , die keine Notfallpatienten sind, sofern erforderlich, Hilfe zu leisten und sie unter fachgerechter Betreuung zu befördern (§ 3 Absatz 2 Hamburgisches Rettungsdienstgesetz (HmbRDG)). Im Gegensatz zur Notfallrettung handelt es sich dabei ausnahmslos nicht um zeitkritische oder lebensrettende Maßnahmen, sondern um eine in der Regel planbare, qualifizierte Transportdienstleistung. Diese Dienstleistung wird von hinreichend vielen staatlich überwachten privaten Unternehmen angeboten. Neben den privaten Unternehmen erbringt auch der öffentliche Rettungsdienst Krankentransporte . Ein Eingriff in den freien Markt des Krankentransports oder eine staatliche Regulierung erfolgt nicht. Die Erteilung von Genehmigungen für den Krankentransport nach § 4 Absatz 1 HmbRDG unterliegt keiner Bedarfserwägung. Die Entscheidung, welcher Dienstleister mit der Erbringung des Krankentransportes beauftragt wird, trifft die Auftraggeberin beziehungsweise der Auftraggeber nach eigenem Ermessen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Besteht eine vertragliche Verpflichtung zwischen dem UKE und GARD, welche das Klinikum dazu verpflichtet, die Firma exklusiv als Krankentransportdienstleister für seine Patienten einzusetzen? Wenn dies so ist, Drucksache 21/6261 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 a. warum? b. welche Verträge wurden wann mit GARD beziehungsweise anderen Rettungsdiensten geschlossen? Welchen Inhalt haben die Verträge ? c. sind diese im Transparenzportal einsehbar? Wenn nicht, wie viele der durch das UKE beauftragten Krankentransporte entfallen auf GARD, wie viele auf andere Dienste? Bitte für die Jahre 2015 und 2016 und pro Rettungsdienst und Monat angeben. Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/6179. 2. Bestehen zwischen anderen staatlichen Einrichtungen Hamburgs (Krankenhäuser , Pflegeheime und ähnliche) derartige Exklusivverträge? Wenn ja, bitte aufschlüsseln nach Einrichtung mit jeweiligem Dienstleister . Für die beiden staatlichen Krankenhäuser UKE und Bundeswehrkrankenhaus: nein. Darüber hinaus existieren in Hamburg keine staatlichen Pflegeheime. 3. Wie viele Krankenbeförderungsdienstleister operieren derzeit in Hamburg ? Bitte aufgeschlüsselt nach Anzahl der Mitarbeiter und der KTW. Mit Stand 30. September 2016 führen 18 Krankenbeförderungsdienstleister den Krankentransport in Hamburg durch. Davon betreiben 17 Unternehmen insgesamt 289 Krankenkraftwagen (KKW). Ein Dienstleister betreibt ausschließlich einen Rettungshubschrauber , der auch für Krankentransporte genutzt werden kann. Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Krankenbeförderungsdienstleister ist der zuständigen Behörde nicht bekannt. Weiterhin ist es zulässig, dass nicht in Hamburg ansässige Unternehmen Krankentransporte durchführen, wenn der Ausgangs- oder Zielort nicht in Hamburg liegt. 4. Nach welchen Kriterien wird die Vergabe von Krankenbeförderungen unterhalb der verschiedenen Unternehmen entschieden? Die privaten Unternehmer betreiben Krankentransport aufgrund einer Genehmigung nach § 4 Absatz 1 Hamburgisches Rettungsdienstgesetz (HmbRDG) und führen den Betrieb gemäß Absatz 2 in eigenem Namen, auf eigene Verantwortung und auf eigene Rechnung. Sie akquirieren ihre Aufträge eigenständig über eine eigene Leitstelle. 5. Laut „tageszeitung“-Artikel vom 3.10.2016 ist vonseiten der Innenbehörde keine Einrichtung einer gemeinsamen Leitstelle für Krankentransporte in Hamburg geplant. Wieso nicht? Warum sieht der Senat hier keinen Bedarf? Der Senat hat sich hiermit noch nicht befasst. 6. Gibt es in Hamburg eine festgelegte Eintreffzeit (vergleiche §§ 13, 19 Hamburgisches Rettungsdienstgesetz (HmbRDG)) für bestellte Krankentransporte ? Wenn ja, welche? Gemäß § 13 Absatz 2 Nummer 2 HmbRDG können Eintreffzeiten festgelegt werden. Die zuständige Behörde legt in den einzelnen Genehmigungen grundsätzlich 60 Minuten als einzuhaltende Eintreffzeit fest. 7. Wie häufig kam es seit Beginn des Jahres 2016 und im vergangenen Jahr 2015 zu gemeldeten Fällen, bei denen besagte vorgegebene Eintreffzeit nicht eingehalten werden konnte? Eine Statistik im Sinne der Fragestellung wird durch die zuständige Behörde nicht geführt. Im Übrigen siehe Antwort zu 13. und 14. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6261 3 8. Wer ist mit der Zulassung und Kontrolle von Krankenbeförderungsunternehmen betraut? Die Zuständigkeiten werden in der Anordnung zur Durchführung des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes vom 5. August 1992, zuletzt geändert am 20. September 2011, geregelt. 9. Wie häufig sind entsprechende Kontrollen seit Beginn dieses Jahres sowie im letzten Jahr durchgeführt worden? Die privaten Krankentransportunternehmen wurden durch die Feuerwehr in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt 172 Kontrollen hinsichtlich der Auflagen der Genehmigung unterzogen. Die Anzahl der Hygienekontrollen der Bezirksämter gibt nachfolgende die Übersicht wieder: Bezirksamt Anzahl der Hygienekontrollen Altona 0 Bergedorf 1 Eimsbüttel entfällt, da kein Unternehmen im Bezirk ansässig Harburg 4 Hamburg-Mitte 1 Hamburg-Nord 2 Wandsbek 12 10. Wie oft wurde das Unternehmen GARD in diesem Zeitraum und den Jahren davor überprüft? 11. Welche Ergebnisse erbrachte die Kontrolle dieses Unternehmens? Das Unternehmen GARD wurde im Zeitraum von 2012 bis 2016 142-mal hinsichtlich der Auflagen der Genehmigung durch die zuständige Behörde kontrolliert. Dabei wurden keine gravierenden Verstöße festgestellt. Durch die Bezirksämter wurden nachfolgende Hygienekontrollen durchgeführt: Bezirksamt Anzahl der Hygienekontrollen (ab dem Jahr 2012) Ergebnisse Altona 2 im Jahr 2012 kleine Hygienemängel , bei Nachkontrolle 2013 behoben Bergedorf alle zwei Jahre eine Überprüfung keine erheblichen Mängel Eimsbüttel entfällt entfällt Harburg 3 keine gravierenden Mängel Hamburg-Mitte entfällt entfällt Hamburg-Nord 3 keine gravierenden Mängel Wandsbek 2 keine Mängel 12. Wie stellt die zuständige Behörde sicher, dass stets eine ausreichende Anzahl von Krankentransportfahrzeugen im Dienst ist? Krankentransporte werden im Ausnahmefall aufgrund der gesetzlichen Sicherstellungspflicht auch durch die Feuerwehr durchgeführt. Die Anzahl der durch die Feuerwehr durchgeführten Krankentransporte wird als Kennzahl B_277_01_016 im Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg ausgewiesen und ist Gegenstand der regelmäßigen Haushaltsberichterstattung. Sie dient der zuständigen Behörde als Indikator für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Marktes. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 13. Existiert eine zentrale Beschwerde- oder sonstige Anlaufstelle, an die sich unzufriedene Bürger wenden können? Wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht? Drucksache 21/6261 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Wie viele Beschwerden sind in diesem Jahr sowie im Vorjahr erfasst worden? Bitte aufschlüsseln nach Anzahl und Grund der Beschwerden pro Dienstleister. Bei der Feuerwehr gibt es eine zentrale Beschwerdestelle, die auch Beschwerden hinsichtlich Krankenbeförderungen bearbeitet. Zu den von der Feuerwehr und den privaten Dienstleitstern durchgeführten Krankenbeförderungen gibt es für die Jahre 2015 und 2016 keine Beschwerden. 15. Werden vom UKE darüber hinaus Beschwerden gegenüber den von der Klinik beauftragten Krankentransporten erfasst? Das UKE verfügt über ein durch den Geschäftsbereich Qualitätsmanagement administriertes zentrales Lob- und Beschwerdemanagementsystem, welches Patientinnen und Patienten, Besucherinnen und Besuchern sowie Beschäftigten offensteht. Beschwerden im Zusammenhang mit Krankentransporten werden in diesem System erfasst und bearbeitet. 16. Nach einer europaweiten Ausschreibung erhielt GARD im Dezember 2007 den Zuschlag als Partner der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) und disponiert die Einsätze der Ärzte im Notdienst. Fällt das Disponieren möglicher Folgeeinsätze von KTW oder Rettungswagen auch in den Zuständigkeitsbereich des Unternehmens? Laut Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) bestehen für die Ärzte/-innen im Nachgang zu einem Arztbesuch im Rahmen des Ärztlichen Notfalldienstes der KVH zwei Möglichkeiten, um einen erforderlichen KTW zu bestellen: a) Sie können direkt bei G.A.R.D. bestellen; G.A.R.D. übernimmt dann die Disposition des KTW-Einsatzes. b) Sie können sich selbst an einen beliebigen Anbieter wenden; der Arzt muss dann eine Rückmeldung zur erfolgten KTW-Bestellung an die KVH-Notfalldienstzentrale oder die G.A.R.D.-Disposition geben, damit die KTW-Anforderung im Einsatzprotokoll des Arztbesuchs dokumentiert wird. Der Ärztliche Notfalldienst der KVH macht den beteiligten Ärzten/-innen keine Vorgaben bei der Auswahl des Krankentransportanbieters. Im Übrigen kann jeder Arzt auch über die Einrichtung „Zentrale Krankenbeförderung und Notfallservice“ (ZKN) der Hilfsorganisationen als Teil des öffentlichen Rettungsdienstes oder über die Leitstelle der Feuerwehr, die dann an die ZKN vermittelt, einen Krankentransport anfordern. 17. Ist GARD auch Disponent der Krankenbeförderungen aus kassenärztlichen Notfallpraxen? Nach Auskunft der KVH: nein.