BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6310 21. Wahlperiode 18.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 11.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebungen nach Afghanistan Die Sicherheitslage in Afghanistan ist katastrophal und wird sich absehbar nicht ändern, das haben die Entwicklungen der vergangenen Monate gezeigt. Nichtsdestotrotz forciert die Bundesregierung seit einiger Zeit Abschiebungen nach Afghanistan und erhöhte den Druck auf die afghanische Regierung, einem Rückübernahmeabkommen zuzustimmen. In der vergangenen Woche schloss die Europäische Union ein Rückübernahmeabkommen mit der afghanischen Regierung, im Gegenzug wurden Afghanistan fast 14 Milliarden Euro „Finanzhilfen“ versprochen. Im Oktober 2015 hatte der Bundesinnenminister zudem angekündigt, die Entscheidungskriterien für Afghanistan zu verändern, weil ihm die Schutzquote zu hoch sei. Gleichzeitig lag die bereinigte Schutzquote von afghanischen Staatsangehörigen in 2015 bundesweit bei fast 80 Prozent. Schon im Februar 2016 hatte der Bundesinnenminister von den Ländern gefordert, Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen. In meiner Anfrage Drs. 21/3492 antwortet der Senat, er prüfe die „Möglichkeiten der Rückkehr ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger im Einzelfall “. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Inwiefern und mit welcher Begründung hat die zuständige Behörde ihre Bemühungen, Menschen afghanischer Staatsangehörigkeit zur Rückkehr in ihr Heimatland zu bewegen, verstärkt, beziehungsweise plant sie dies konkret? Bitte den aktuellen Stand darstellen. Die zuständige Behörde hat den gesetzlichen Auftrag, bestehende Ausreiseverpflichtungen durchzusetzen, sofern ihnen keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe entgegenstehen . Dabei wird der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise Vorrang gegenüber einer Abschiebung eingeräumt. Alle ausreisepflichtigen Personen werden über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise und Wege der Förderung beraten. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und 4. a. a. Sind einzelne Gruppen von derartigen Planungen ausgenommen? Wenn ja, welche? Von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise sind grundsätzlich keine Personengruppen ausgeschlossen. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. g. Drucksache 21/6310 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie viele Afghaninnen und Afghanen aus Hamburg sind in den vergangenen neun Monaten „freiwillig“ ausgereist? Bitte nach Monaten aufschlüsseln . Im Zeitraum Januar bis einschließlich September 2016 sind nach Kenntnis der zuständigen Behörde insgesamt 100 afghanische Staatsangehörige freiwillig ausgereist . Die Angaben zu den einzelnen Monaten sind der folgenden Übersicht zu entnehmen : Monat ausgereiste Personen Januar 2016 9 Februar 2016 0 März 2016 9 April 2016 59 Mai 2016 20 Juni 2016 0 Juli 2016 0 August 2016 1 September 2016 2 3. Berichten zufolge wird derzeit afghanischen Familien, die zum Teil seit einem Jahr in Erstaufnahmeeinrichtungen leben, teilweise sogar in Hallen , mitgeteilt, dass sie nicht mehr in Folgeeinrichtungen verlegt werden. a. Inwiefern treffen diese Informationen zu? Gibt es eine entsprechende Anordnung, und wer hat sie erlassen? Eine entsprechende Anordnung besteht nicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/5998. b. Wie viele Familien sind davon betroffen? Wie viele alleinstehende afghanische Geflüchtete sind davon betroffen? c. Inwiefern stehen diese Maßnahmen im Zusammenhang mit der Planung und Vorbereitung von Abschiebe-Maßnahmen? d. Wenn diese Weigerung, afghanischen Familien in Folgeunterkünfte zu verlegen, nicht im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Abschiebe-Maßnahmen steht: was ist die Begründung? Entfällt. 4. Inwiefern plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde konkret , Abschiebe-Maßnahmen nach Afghanistan durchzuführen? a. Welche Vorbereitungsmaßnahmen werden getroffen? Afghanische Staatsangehörige, für die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine ablehnende Entscheidung zum Asyl- oder sonstigen Aufenthaltsrecht trifft und eine Ausreisefrist festsetzt, werden wie andere ausländische Staatsangehörige mit entsprechenden Ablehnungen behandelt. Kommen sie ihrer gesetzlichen Ausreisepflicht trotz Beratung und des Angebots von Unterstützung nicht freiwillig nach, bereitet die Ausländerbehörde die Rückführung vor. 5. Sind bereits konkrete Abschiebe-Maßnahmen nach Afghanistan in Vorbereitung ? Wenn ja: a. für wann? b. handelt es sich um eine Charter-Maßnahme? c. sollen sie im Verbund mit weiteren Ländern durchgeführt werden? Wenn ja, mit welchen? d. wohin genau soll der Flug gehen? e. wie viele „Plätze“ hat Hamburg gebucht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6310 3 f. von welchem Flughafen aus werden sie durchgeführt werden? Abschiebe-Maßnahmen nach Afghanistan werden entsprechend der Lage des jeweiligen Einzelfalls terminiert. g. sollen auch Familien mit Kindern, besonders Schutzbedürftige und/oder allein reisende Frauen abgeschoben werden? Die gesetzliche Pflicht zur Ausreise erfasst alle Personen, gegen die entsprechende Bescheide des BAMF vollziehbar geworden sind. Die Ausländerbehörde ist damit gesetzlich gehalten, diesen Personen gegenüber die Ausreisepflicht durchzusetzen, wenn sie trotz Beratungs- und Hilfsangeboten nicht freiwillig ausreisen. Im Rahmen der Rückführungsvorbereitung werden gleichwohl Einzelfallbetrachtungen vorgenommen und die vorhandenen Rückführungskapazitäten zunächst auf allein reisende Männer konzentriert.