BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6354 21. Wahlperiode 21.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Kurt Duwe (FDP) vom 13.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Entsorgungsnotstand für Styropordämmstoffe In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Gebäude mit einer Außendämmung aus Styropor versehen. Damit dieses Dämmmaterial die Anforderungen des Brandschutzes erfüllen, wurde es mit HBCD (Hexabromcyclododecan ) behandelt. Diese Chemikalie gilt nach der Änderung der Abfallverordnung als gefährlicher Abfall und darf in Hamburg nicht mehr mit den normalen Haus- und Gewerbemüll verbrannt werden. Zudem müssen auf Baustellen nun gesonderte Entsorgungscontainer aufgestellt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche gesundheitlichen Gefährdungen gehen von HBCD-behandelten Styropordämmstoffen aus? Siehe www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1438463916300219 und www.umweltbundesamt.de/publikationen/haufig-gestellte-fragen-antworten-zu. 2. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, ob die Chemikalie mit der Zeit durch Witterungseinflüsse in das Erdreich beziehungsweise das Grundwasser gelangen kann? Welche Risiken gehen davon aus? Nein, es liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Zu den Risiken von HBCD führt das Umweltbundesamt aus, dass selbst in der unmittelbaren Umgebung von Gebäuden mit HBCD-haltigen Dämmplatten kaum akute Umweltwirkungen zu erwarten sind, da auch bei ungeschützt außen angebrachten Dämmstoffen nur sehr geringe Konzentrationen HBCD durch das Regenwasser ausgewaschen werden. Grund hierfür sind die extrem geringe Wasserlöslichkeit und die hohe Bindefähigkeit an Feststoffe. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 3. Aus welchen Gründen wurde bei der Änderung der Abfallverordnung eine gesonderte Entsorgung von HBCD-behandelten Styropordämmstoffen festgelegt? Welche Gefahren gehen bei der Verbrennung von HBCD-behandelten Styropordämmstoffen aus? Die Einstufung als gefährlicher Abfall gemäß Abfallverzeichnisverordnung bei einem Anteil von >0,1 Prozent HBCD und die damit verbundene Getrennthaltungspflicht hat die Ausschleusung aus dem Stoffkreislauf und Zerstörung des Stoffes zum Ziel. Die Zerstörung oder unumkehrbare Umwandlung ist nach Artikel 7 und Anhang IV der EU-Verordnung über persistente organische Schadstoffe daher seit 30. September 2016 verpflichtend. Wesentlicher Grund hierfür ist die Persistenz von HBCD (schwere Abbaubarkeit in der Umwelt). Die Verbrennung in dafür zugelassenen Verbrennungsanlagen ist der richtige Entsorgungsweg für HBCD-behandelte Styroporabfälle. Bei Einhaltung der dafür geltenden Auflagen und bei Beachtung des Standes der Emissionsminderungstechnik der Anla- Drucksache 21/6354 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gen gehen davon keine Gefahren für die Umwelt und den Menschen aus (siehe auch Antwort zu 4.). 4. Welche Voraussetzungen müssen die Entsorgungsanlagen für HBCDbehandelte Styropordämmstoffe erfüllen? Die Anlagen müssen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für die Behandlung der Abfallschlüssel AS 17 06 03* oder 17 09 03* zugelassen sein. 5. In welchen Zeitraum war eine Behandlung von Styropordämmstoffen mit HBCD üblich? Seit dem 22. März 2016 dürfen Produkte (Stoffe, Gemische und Erzeugnisse) mit einem Gehalt von mehr als 100 mg/kg HBCD in der EU nicht mehr hergestellt oder in Verkehr gebracht werden. Für Restbestände an Dämmstoffen galt abweichend, dass diese noch bis zum 22. Juni 2016 verkauft und verbaut werden durften. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. und 7. 6. Ist dem Senat bekannt, wie viele Tonnen an HBCD-behandelten Styropordämmstoffen in Hamburg verbaut sind? Wenn ja, wie viele Tonnen sind in Hamburg verbaut? 7. Ist dem Senat bekannt, wie viele Gebäude in Hamburg mit HBCDbehandelten Styropordämmstoffen gedämmt sind? Wenn ja, bitte angeben. Der zuständigen Behörde liegen keine Daten vor. Im Übrigen gehört nach § 3 des Hochbaustatistikgesetzes (HBauStatG) die Art der verwendeten Dämmung in Außenfassaden nicht zu den Erhebungsmerkmalen. 8. Wie werden HBCD-behandelte Styropordämmstoffe derzeit in Hamburg entsorgt? Bis zum 30. September 2016 wurden HBCD-haltige Dämmstoffe in Hamburg als nicht gefährlicher Abfall in Form von gemischten Bau- und Abbruchabfällen (AV-Nummer 170904) in Hausmüllverbrennungsanlagen entsorgt. Seit 1. Oktober 2016 können diese Abfälle mit dem neuen Abfallschlüssel für HBCD in der Hamburger Sonderabfallverbrennungsanlage AVG entsorgt werden. Zum Teil werden die Abfälle auch in zugelassenen Anlagen zwischengelagert und in entsprechenden Anlagen in anderen Ländern verbrannt. 9. Welcher zusätzlicher Aufwand und welche zusätzlichen Kosten entstehen bei der Entsorgung HBCD-behandelter Styropordämmstoffe? Zusätzlicher Aufwand infolge der Einstufung als gefährlicher Abfall entsteht durch die Getrennthaltung, die Nachweisführung und gegebenenfalls erhöhte Preise bei der Entsorgung. Die konkreten Kosten unterliegen marktbedingten Schwankungen.