BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6369 21. Wahlperiode 25.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 17.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Hamburgs Siele laufen regelmäßig über – Was unternimmt der Senat? Nach jedem Gewitter mit starkem Niederschlag ist der Presse zu entnehmen, dass eine Vielzahl an Kellern überschwemmt wurde. Für die Betroffenen ist dies bereits mit erheblichem Ärger verbunden, wenn es sich um eindringendes Regenwasser handelt. Dringt indes Abwasser in den Keller ein, sind die Folgen noch weitaus gravierender. HAMBURG WASSER gibt hierzu folgende Hinweise zur Rückstausicherung heraus: „Abwasser fließt im Normalfall problemlos über die Kanalisation ab. Ausnahmesituationen sind selten. Sie werden uns daher häufig erst bewusst, wenn es zu spät ist – etwa dann, wenn bereits Abwasser in die Garage oder den Keller eingedrungen ist oder auf das Grundstück fließt. Wie kommt es zum Rückstau im Siel? Es gibt zwei Ursachen: extreme Niederschläge (vor allem bei heftigen Gewittern ) und Spülungen des Sielnetzes (Reinigungsarbeiten). In beiden Fällen staut sich das Abwasser im Siel bis in die Hausanschlüsse zurück, dabei entstehen häufig hohe Drücke. Findet es dabei unverschlossene Öffnungen, tritt das Abwasser an diesen Stellen aus und überflutet Grundstücke, Garagen und Keller. Überflutungen können vermieden werden Öffnungen von Grundstücksentwässerungsanlagen wie Schächte, Ausgüsse, Bodenabläufe, Klosettbecken und Abläufe für Niederschlagswasser, die unter der Rückstauebene liegen, müssen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gegen Rückstau aus den öffentlichen Abwasseranlagen gesichert werden. So verlangt es das Hamburgische Abwassergesetz. Wer schon einmal die unangenehme, vielleicht sogar bittere Erfahrung mit eingedrungenem Abwasser gemacht hat, weiß warum. Sie können aktiv gegen diesen Worst-Case vorbeugen: Lassen Sie Ihren Installateur überprüfen, ob Ihr Haus durch eine Rückstausicherung geschützt ist. Stellen Sie sicher, dass Ihre Rückstausicherung regelmäßig gewartet wird. Nur intakte Sicherungen schützen! Auch Abläufe außerhalb des Hauses gegen Rückstau sichern! Drucksache 21/6369 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Haus, zumeist im Keller, liegt die Verbindung mit der Kanalisation. Das ist jedem bewusst. Häufig wird aber übersehen, dass es auch auf dem Hof, vor der Garage und vor dem Kellereingang Wasserabläufe gibt. Auch diese sind mit dem Siel verbunden. Daher kann bei Rückstau im Siel auch hier Abwasser austreten und Überschwemmungen verursachen.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: HAMBURG WASSER hat für weite Teile des Stadtgebietes unterirdische Speichervolumina geschaffen, die deutlich über den üblichen Bemessungsanforderungen des technischen Regelwerkes liegen und damit sowohl hinsichtlich des Überflutungsschutzes bei Starkregen als auch hinsichtlich des Gewässerschutzes ein bundesweit vorbildliches Niveau erreichen. Dennoch kann auch das Hamburger Kanalnetz aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht auf die schadlose Ableitung von extremen Starkregen ausgelegt werden , sodass außergewöhnliche Starkregenereignisse zum Beispiel zu Überflutungen von Grundstücken führen können. Darüber hinaus können Überflutungen auch auf die fehlende, mangelhafte oder unzureichend gewartete Rückstausicherung zurückzuführen sein. Dies liegt im Verantwortungsbereich des Grundstückseigentümers. Die zuständigen Stellen informieren die Bürgerinnen und Bürger über die Notwendigkeit derartiger Einrichtungen und deren Funktionsfähigkeit. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von HAMBURG WASSER wie folgt: 1. Wer ist in Hamburg für die regelmäßige Prüfung, Reinigung und Wartung der Straßengullys und Hausanschlüsse zuständig? Für die Instandhaltung öffentlicher Entwässerungseinrichtungen in Hamburg ist mit wenigen Ausnahmen HAMBURG WASSER verantwortlich. Für nicht öffentliche Entwässerungseinrichtungen ist der jeweilige Eigentümer verantwortlich, in der Regel der Grundstückseigentümer. 2. Wie häufig werden die einzelnen Straßengullys und Hausanschlüsse jeweils kontrolliert und gereinigt? Für die verschiedenen Entwässerungsanlagen im Verantwortungsbereich von HAMBURG WASSER gibt es bedarfsgerechte Inspektions- und Reinigungshäufigkeiten . 3. Wie wird sichergestellt, dass Grundstückseigentümer Öffnungen von Grundstücksentwässerungsanlagen wie Schächte, Ausgüsse, Bodenabläufe , Klosettbecken und Abläufe für Niederschlagswasser, die unter der Rückstauebene liegen, nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gegen Rückstau aus den öffentlichen Abwasseranlagen sichern lassen? Die Pflicht zur Sicherung der privaten Entwässerungsanlagen vor Rückstau nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, in denen unter anderem auch die notwendigen Maßnahmen zum Schutz gegen Rückstau (z. B. DIN 1986-100 Ziffer 13) festgelegt sind, obliegt den Grundstückseigentümern. In Hamburg darf das Errichten und Ändern von Grundstücksentwässerungsanlagen seit 1997 nur von zertifizierten Fachbetrieben (§ 13 Absatz 3 Hamburgisches Abwassergesetz ) ausgeführt werden. Die Grundstückseigentümer/Bauherren sind verpflichtet , entsprechende Fachbetriebe zu beauftragen. Voraussetzung für die langfristige Wirkung dieser Maßnahmen ist zusätzlich die regelmäßige Wartung der Anlagen (Überprüfung der Funktionsfähigkeit), die durch die Grundstückseigentümer an Fachbetriebe zu beauftragen ist. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6369 3 4. Wie kann es passieren, dass es trotzdem in Hamburg immer wieder zu Überflutungen von Häusern, insbesondere Kellern, durch verstopfte Straßengullys und fehlende Rückstausicherungen kommt? Einzelne verstopfte Straßengullys (Trummen) verursachen in der Regel keinen Rückstau mit Überflutungen von Häusern oder Kellern, sondern führen zu einer Pfützenbildung auf der Straße. Sie kann kurzfristig durch das Freiräumen der Roste beseitigt werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Werden die betroffenen Hamburgerinnen und Hamburger hierfür jedenfalls entschädigt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie hoch waren die Entschädigungen in den vergangenen fünf Jahren jeweils und wie viele Fälle waren jeweils betroffen? Bitte pro Jahr aufführen. Gemäß aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können Schadensersatzansprüche gegen den Betreiber eines öffentlichen Kanalnetzes ausgeschlossen werden , wenn die vorgeschriebenen Rückstausicherungen fehlen beziehungsweise defekt sind. Dementsprechend hat HAMBURG WASSER in den vergangenen fünf Jahren keine Schadensersatzzahlungen beziehungsweise Entschädigungen geleistet. Entschädigungs- beziehungsweise Schadensersatzansprüche wegen Überflutungen von Häusern durch verstopfte Trummen sind in den vergangenen fünf Jahren nicht gegenüber HAMBURG WASSER geltend gemacht worden, siehe Antwort zu 4. 6. An welchen Stellen und mit welchem Volumen waren in den vergangenen fünf Jahren jeweils unterirdische Siel-Zwischenlager geplant? Bitte genaue Ortsangaben. 7. Welches der unter 6. genannten Zwischenlager wurde wann mit welchem Volumen realisiert? 8. Welches der unter 6. genannten Zwischenlager wurde aus welchen Gründen bis heute nicht realisiert und wer hat dieses wann in Abstimmung mit wem entschieden? 9. Welches der unter 6. genannten Zwischenlager soll nach jetziger Planung wann und mit jeweils welchem Volumen realisiert werden? Folgende Maßnahmen zur unterirdischen Speicherung von Regenwasser beziehungsweise Mischwasser wurden bei HAMBURG WASSER in den vergangenen fünf Jahren geplant: Nebensammler Bergedorf (1.800 m DN 1800, Frascatiplatz, Sander Damm, Albert- Gebel-Straße, Wehrdeich): circa 4.500 m³ zuzüglich circa 6.000 m³ für Speicherraumaktivierung durch Netzbewirtschaftung, Fertigstellung 2013 Entlastungssiel Marienthal (845 m DN 2400, Oktaviostraße): circa 4.000 m³, Fertigstellung 2016 Transportsiel Isebek (3.425 m DN 2400, Weidenstieg bis Hafenstraße): circa 15.500 m³, Fertigstellung 2016 Sielbau Adlerstraße/Lämmersieth (1.150 m DN 1600, Adlerstraße, Lämmersieth): circa 2.300 m³, Fertigstellung 2016 Transportsiel Wallring (1.685 m DN 1800, Stephansplatz bis Alter Elbpark): circa 4.000 m³, Fertigstellung 2018 geplant Speichersiel Bismarckstraße (880 m Drachenprofil 1800, Bismarckstraße): 2.000 m³, Fertigstellung 2019 geplant