BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6409 21. Wahlperiode 25.10.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Dr. Bernd Baumann (AfD) vom 19.10.16 und Antwort des Senats Betr.: Werbeanlagen im öffentlichen Raum  Im Straßenbild einer Großstadt stellen Werbeanlagen von jeher ein gewohntes Bild dar, doch während früher vor allem große Tafeln auf Hausfassaden oder die berühmten Litfaßsäulen stadtbildprägend waren, wird der knappe Straßenraum heute durch beleuchtete und automatisch wechselnde Schilder und drehende Vitrinen „möbliert“. Durch die sich weiter entwickelnde Technik wurde in den letzten Jahren immer mehr versucht, durch aggressive Werbemethoden die Verbraucher zu erreichen. Diese Entwicklung macht auch vor Hamburg nicht halt, und so können wir im Stadtbild eine Vielzahl von Werbeanlagen verzeichnen, die nicht in jedem Fall positiv auffallen. Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: 1. Welche Werbeanlagen unterliegen in Hamburg der Genehmigungspflicht ? Die Errichtung von Anlagen der Außenwerbung bedarf regelmäßig einer Genehmigung , es sei denn, es handelt sich um Werbeanlagen mit einer Ansichtsfläche von höchstens 1 m2, die als, sogenannte verfahrensfreie Vorhaben gemäß § 60 Hamburgische Bauordnung (HBauO) i.V.m. Anlage 2 zu § 60 HBauO, Ziffer 11 ohne Genehmigung errichtet werden dürfen. 2. Welche Behörde(n) ist/sind für die Genehmigung von Werbeanlagen zuständig: a) im privaten Raum, b) im öffentlichen Verkehrsraum, c) an Bushaltestellen, d) im Bereich vom Hafen einschließlich der Elbe, e) auf Bahnhöfen und an Gleisanlagen? Zuständig sind grundsätzlich die Bezirksämter für Werbeanlagen auf öffentlichen Wegeflächen und privaten Flächen einschließlich der Bahnhöfe und Gleisanlagen beziehungsweise die Hamburg Port Authority AöR (HPA) im Hafengebiet einschließlich der Elbe und die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) in der Hafen- City, der Speicherstadt beziehungsweise den Vorbehaltsgebieten. Soweit die Genehmigung durch Verträge, die nicht ausschließlich das Hafengebiet betreffen, erteilt wird, ist die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) zuständig. 3. Nach welchen Maßstäben werden die Werbeanlagen genehmigt beziehungsweise welche Gesetze oder sonstigen Vorschriften sind dabei zu beachten? Drucksache 21/6409 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Werbeanlagen, die im Bereich von öffentlichen Wegen im Sinne des Hamburgischen Wegegesetz (HWG) errichtet werden, bedürfen einer Sondernutzungsgenehmigung nach § 19 HWG; im Bereich von Bundesfernstraßen einer Genehmigung nach §§ 8 folgende Bundesfernstraßengesetz (FStrG). Werbeanlagen auf privaten Grundstücken, sofern sie nicht verfahrensfrei gestellt sind, bedürfen regelhaft einer Baugenehmigung nach § 62 HBauO. Werbeanlagen auf oder über öffentlichen Gewässern bedürfen einer Genehmigung zur Benutzung einer Gewässerfläche nach § 15 Hamburgisches Wassergesetz (HWaG). Die folgenden Vorschriften verbieten oder begrenzen grundsätzlich die Errichtung oder den Betrieb von Werbeanlagen, sodass sie allenfalls aufgrund einer Ausnahmeentscheidung im Einzelfall zulässig sind: - Das Verbot der Errichtung von Werbeanlagen in bestimmten Abständen längs von Bundesfernstraßen nach § 9 Absatz 1, Absatz 6 FStrG. - Das Verbot der belästigenden oder verkehrsgefährdenden Werbung außerhalb geschlossener Ortschaften nach § 33 Straßenverkehrsordnung. - Das Verbot verkehrsgefährdender Werbung, Werbung störenden Umfangs, der Errichtung von Werbeanlagen an Ufern, Böschungen, Brücken und Bäumen, an repräsentativen oder städtebaulichen Gebäuden sowie in Vorgärten sowie das Verbot des Betreibens von Werbung mit Wechsellicht nach § 13 HBauO. - Das Verbot des Einsatzes von Wechsellicht nach § 3 der Verordnung über Werbung mit Wechsellicht außerhalb der in der Verordnung genannten Gebiete. - Das Verbot von Werbung in Grün- und Erholungsanlagen gemäß § 1 der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen. - Das Verbot von Werbeanlagen auf der Alster, ihren Kanälen und Fleeten sowie auf den Landungsstegen nach § 10a HWaG. Ferner regeln verschiedene Gestaltungsverordnungen, dass in ihrem Geltungsbereich Werbung entweder gar nicht oder nur unter den in der Verordnung genannten engen Bedingungen zulässig ist: - § 3 Binnenalsterverordnung, - § 4 Außenalsterverordnung, - § 2 Verordnung zur Gestaltung der Palmaille, - § 4 Rathausmarkt-Verordnung, - § 4 Verordnung zur Gestaltung von Neu-Altona, - § 2 Alsterfleet-Verordnung, - § 7 Verordnung zur Gestaltung der Deichstraße. 4. Gibt es über die Vorschriften und Gesetze hinaus zum Beispiel gesamtstädtische oder stadtteilbezogene Richtlinien, die bei der Anordnung der Werbeanlagen zu beachten sind? Für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen der Außenwerbung sind folgende Fachanweisungen und sogenannte Bauprüfdienste erlassen worden: - Fachanweisung Sondernutzung öffentlicher Wege, - Fachanweisung über Werbeanlagen, Hinweisschilder und Sonderbeleuchtung auf öffentlichen Wegen und privaten Verkehrsflächen, - Fachanweisung über die politische Werbung auf öffentlichen Wegen mit Werbeträgern , - Bauprüfdienst (BPD) 5/2013 Werbeanlagen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6409 3 Durch den Abschluss der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Verträge über die Außenwerbung auf „Staatsgrund“ hat Hamburg den Vertragspartnern ausschließliche Rechte eingeräumt. Beim „Staatsgrund“ handelt es sich um öffentlichen Wegeflächen und andere Flächen im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), die nicht an Dritte aufgrund eines dauerhaften Vertragsverhältnisses zur Nutzung und Unterhaltung auf eigene Kosten überlassen wurden. Im Geltungsbereich der Verträge werden daher keine Werbeanlagen von anderen Betreibern zugelassen (siehe Drs. 18/7234 und 20/4378). 5. Welches Verfahren ist für die Aufstellung von privaten Werbeanlagen im öffentlichen Raum zu durchlaufen? 6. Wird die Denkmalschutzbehörde bei der Aufstellung von Werbeanlagen beteiligt, wenn durch die Werbeanlage denkmalpflegerische Belange berührt sein können? 7. Welche Rolle spielen verkehrliche Belange bei der Anordnung von Werbeanlagen auf öffentlichen Verkehrsflächen? Alle Anlagen der Außenwerbung sind unabhängig von der Art der zugrunde liegenden Genehmigung so zu errichten und zu betreiben, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung und den Grundsätzen der Verkehrssicherheit entsprechen und die Umgebung sowie städtebauliche Belange nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen . Hierzu gehört auch die Prüfung, ob und inwiefern denkmalschutzrechtliche Belange betroffen sind. Sprechen im Einzelfall mögliche Gefahren insbesondere für Fußgängerinnen und Fußgänger oder Radfahrerinnen und Radfahrer, aber auch für die übrigen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer oder aber stadtgestalterische oder denkmalschutzrechtliche Belange gegen beantragte Standorte für einzelne Anlagen, wird die Genehmigung nicht erteilt. 8. Wonach wird entschieden, ob Werbeanlagen zusätzlich mit einer Beleuchtung ausgestattet werden dürfen und gibt es gegebenenfalls Vorgaben für die Betriebszeit der Beleuchtung? Der Betreiber einer Werbeanlage, der eine be- oder hinterleuchtete oder mit digitalen Ansichtsflächen versehene Werbeanlage errichten möchte, teilt dies im Antrag mit. Danach wird beurteilt, ob aufgrund der Beleuchtung die zu Fragen 5. bis 7. genannten Gesichtspunkte oder private Interessen von Anliegern beeinträchtigt werden. Hinterleuchtete Werbeanlagen sind bereits aufgrund der vor dem Jahr 2009 geltenden Werberechtsverträge errichtet und betrieben worden; auch die seither geltenden Verträge sehen derartige Werbeträger nicht zuletzt auch im Interesse der Stadt an der Erzielung von Einnahmen vor (siehe Drs. 18/7234). Darüber hinaus bestehen seit jeher beleuchtete und hinterleuchtete Werbeanlagen auf Grundstücken im Eigentum privater Dritter. Der Einschaltzeitpunkt und die Intensität der Hinterleuchtung der auf der Basis der Verträge über Werbung auf Staatsgrund der FHH betriebenen hinterleuchteten Säulen und eines Teils der hinterleuchteten Großwerbeanlagen können individuell gesteuert werden. Der Grad der Helligkeit ist abhängig von der Jahres- und der Uhrzeit programmiert (siehe Drs. 20/4263). Für den Betrieb digitaler Werbeanlagen wurden von der zuständigen Behörde maximale Lichtstärken zur Nachtzeit innerhalb und außerhalb der Innenstadt vorgegeben. Sollte ein bestimmter Standort davon abweichende, geringere Beleuchtungsstärken erfordern, wird diese konkret im Genehmigungsverfahren festgelegt (siehe Drs. 21/534). 9. Wie wird die Stromversorgung und die Abrechnung des Stromverbrauch für die im öffentlichen Raum befindlichen Werbeanlagen organisiert? Für den Anschluss der Werbeanlagen an das Stromnetz, den Abschluss betreffender Verträge zur Stromversorgung und deren Abrechnung ist der jeweilige Betreiber oder die jeweilige Betreiberin der Werbeanlage zuständig. Drucksache 21/6409 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Digitale Werbeanlagen dürfen nach der hierzu geschlossenen Vereinbarung nur mit Strom aus regenerativen Quellen betrieben werden (siehe Drs. 21/534). 10. Wie beurteilt der Senat die Qualität des Stadtbilds angesichts zunehmender und aggressiverer Werbeanlagen? Bei der Vergabe der seit 2009 geltenden Werberechtsverträge hat der Senat in Drs. 18/7234 die folgenden Ziele für den Umgang mit Außenwerbung formuliert, die weiterhin gelten und grundsätzlich gewahrt sind: - Die hochwertige Ausstattung und Gestaltung der Stadtmöbel und Werbeanlagen als Gestaltungselemente des öffentlichen Raums sollen dem unverwechselbaren Stadtbild Hamburgs entsprechen, wobei auch zukünftig ein zurückhaltender Umgang mit Werbung gepflegt werden soll; - Sicherung der Anforderungen an die Nutzerfreundlichkeit insbesondere für behinderte Menschen bei allen Stadtmöblierungselementen; - Erzielung hoher Einnahmen für die Freie und Hansestadt Hamburg; - Stärkung des Wirtschaftsstandortes Hamburg durch Unternehmensansiedlung oder Ähnliches; - Flächen- und bedarfsdeckende Ausrüstung der Freien und Hansestadt Hamburg mit Fahrgastunterständen einschließlich der Bereitstellung von Elementen zur Fahrgastinformation beziehungsweise Sicherung der Option zu deren technischer Weiterentwicklung sowie - vorbildliche Reinigung und Wartung der Stadtmöblierungs-und Werbeelemente. 11. Wie bewertet der Senat das Erscheinungsbild der Bahnhöfe, das zum Beispiel im Hauptbahnhof durch völlig überdimensionierte Werbebanner stark beeinträchtigt wird? Die Errichtung und Gestaltung von Werbeanlagen innerhalb von Gebäuden oder baulichen Anlagen wie zum Beispiel in Bahnhöfen obliegt den jeweiligen Eigentümern der Bahnhöfe. Die mit Werbung erzielten Einnahmen tragen auch zum Erhalt der Bahnhofsgebäude bei. 12. Kann die DB den Hauptbahnhof ohne Beteiligung der Stadt mit Werbeanlagen ausstatten? Wenn ja: Inwieweit verträgt sich dies mit dem Denkmalschutz? Der Hauptbahnhof wurde am 21. Juni 1989 unter Denkmalschutz gestellt. Seither ist die Errichtung von Werbeanlagen am und im Hauptbahnhof mit den zuständigen Behörden abzustimmen.