BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6539 21. Wahlperiode 08.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 02.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Fachkräftemangel – Hat der Senat ein Konzept? Im rot-grünen Koalitionsvertrag von April 2015 steht auf Seite 47: „Mit Blick auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel strebt der Senat an, insbesondere in denjenigen Fachrichtungen Studienplätze bereitzustellen, in denen auch langfristig gute Berufsaussichten bestehen. Dazu wird der Senat einen Akademikermonitor einführen. Damit soll in Hamburg in der Zukunft immer mindestens so viel ausgebildet werden, wie der Arbeitsmarkt in der Metropolregion braucht.“ Noch in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/862 verweist der Senat darauf, dass 43 Prozent der Studienanfänger in Hamburg ein Studium der sogenannten MINT-Fächer aufnähmen. Der Anteil der Absolventen im MINT-Bereich betrüge 33 Prozent. Hamburg verfüge über einen hohen Anteil an Studienanfängerinnen und -anfängern im MINT-Bereich (vergleiche Drs. 21/862, Vorbemerkung). Gleichwohl sollten die Voraussetzungen weiter verbessert werden, um die Attraktivität weiter zu erhöhen. Dazu würden, so der Senat, im Rahmen der Fachkräftestrategie (vergleiche Drs. 20/8154) folgende Ziele definiert, zu deren Erreichung die zum Teil erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen mit der Novelle des Hamburgischen Hochschulgesetzes im Sommer 2014 geschaffen worden seien: ‐ Erweiterter Hochschulzugang, unter anderem für beruflich Qualifizierte, ‐ Bereitstellung dualer und berufsbegleitender Studiengänge, ‐ Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen dem System der beruflichen und dem der akademischen Bildung. In besagter Drs. 20/8154 verweist der Senat auf das Fachkräftemonitoring, das – beginnend im Jahr 2014 – zweijährig jeweils zum 1. Juni durch die Geschäftsstelle des Hamburger Fachkräftenetzwerks „Aktionsbündnis für Bildung und Beschäftigung Hamburg“ aktualisiert und an die jeweiligen Entwicklungen angepasst werde. Eine behördenübergreifende Lenkungsgruppe treffe auf Grundlage des Fachkräftemonorings Entscheidungen zur Einschätzung des Fachkräftebedarfs in Hamburg, sei für die Weiterentwicklung der strategischen Ansätze innerhalb der vier Säulen zuständig (Fachkräfte qualifizieren , Erwerbspersonenpotenzial sichern und ausschöpfen, „Chancen der Einwanderung nutzen“ sowie Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten) und könne der Projektgruppe Aufträge erteilen. Ich bitte darum, die Fragen ohne Verweis auf andere Drucksachen zu beantworten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/6539 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Hamburg verfolgt hinsichtlich des Studienplatzangebots seiner Hochschulen als Metropole grundsätzlich das Ziel, über den unmittelbaren Arbeitsmarktbedarf hinaus ein vielfältiges Fächerangebot aus allen Disziplinen anzubieten. Langfristig sichere Berufsaussichten liegen in den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), was sich auch in der Angebotsstruktur der Hamburger Hochschulen mit einem Anteil von mehr als 40 Prozent an allen Studienanfängerplätzen widerspiegelt. Die Fachkräftestrategie berücksichtigt allerdings nicht nur den akademischen Bereich. Fachkräfte sind alle Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung, siehe Drs. 20/8154. Als Engpassbereich ist zum Beispiel der Bereich Altenpflege identifiziert , für den eine schulische Ausbildung erforderlich ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage der Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) wie folgt: 1. Liegt der für 1. Juni 2016 angekündigte Bericht des Fachkräftemonitorings beziehungsweise der Projektgruppe bereits vor? Wenn ja: seit wann? Und wann beziehungsweise in welcher Form wird dieser der Bürgerschaft zur Beratung zugeleitet? Wenn nein: warum nicht? Und wann wird dieser vorliegen? Der Analysebericht zur Fachkräftesituation in der Metropolregion Hamburg wurde im Rahmen des diesjährigen „Gästehausgesprächs“ des Senats mit Vertreterinnen und Vertretern der Kammern, der Sozialpartnerinnen und Sozialpartner sowie von Gebietskörperschaften der anderen Bundesländer der Metropolregion am 5. Oktober 2016 erörtert. Er ist unter folgender Adresse im Internet veröffentlicht: http:// www.hamburg.de/fachkraefte/5456256/analysen-fachkraeftenetzwerk/. Eine gesonderte Zuleitung an die Bürgerschaft ist nicht vorgesehen. 2. Was sind die konkreten Erkenntnisse dieses Fachkräftemonitorings beziehungsweise des Berichts in Bezug auf Fachkräftemangel und eine mögliche Überversorgung von Fachkräften? Genauer gefragt: a. In welchen Fachbereichen sieht der Senat, die zuständige Behörde beziehungsweise die Projektgruppe eine Überversorgung mit Fachkräften in Hamburg? b. In welchen Fachbereichen sieht der Senat, die zuständige Behörde beziehungsweise die Projektgruppe eine Unterversorgung mit Fachkräften in Hamburg? Der Analysebericht zur Fachkräftesituation in der Metropolregion Hamburg beleuchtet wesentlich die Bevölkerungsentwicklung, die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, Konjunkturumfragen der Kammern, die Altersstruktur der Beschäftigten in ausgewählten Berufsgruppen, die Pendlerinnen- und Pendlerverflechtung , sowohl die absolute Zahl der Arbeitslosen als auch die Arbeitslosen-Stellen- Relation, die Zahl der gemeldeten Stellen in einzelnen Berufsgruppen sowie die Entwicklung bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Nach den herangezogenen Kennzahlen sind die Bereiche „Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung“ sowie „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ aufgrund der Zahl der gemeldeten offenen Stellen, der Dauer der Vakanzzeiten offener Stellen sowie der Arbeitslosenoffenen Stellen-Relation als Engpassbereiche identifizierbar. Aus dem Analysebericht zur Fachkräftesituation 2014 ist bezüglich akademischer Qualifikationen bei den MINT-Fächern und den Wirtschaftswissenschaften eine Engpasssituation indiziert. Dahingegen sind Qualifikationen aus dem Bereich der Sprach-, Literatur-, Geistes- und Gesellschaftswissenschaften ausreichend vorhanden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. c. Was genau schlägt die Projektgruppe vor, um einer mögliche Überoder Unterversorgung von Fachkräften entgegenzuwirken? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6539 3 d. Welche dieser unter 2. c genannten Vorschläge der Projektgruppe möchte der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in Zusammenarbeit mit den Hamburger Universitäten und Hochschulen umsetzen? e. Welche dieser unter 2. c genannten Vorschläge der Projektgruppe möchte der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in Zusammenarbeit mit den Hamburger Universitäten und Hochschulen nicht umsetzen und warum? Entsprechend den Vorschlägen der Projektgruppe befinden sich folgende Kooperationsprojekte zwischen dem Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) beziehungsweise Hamburger berufsbildenden Schulen und der Universität Hamburg beziehungsweise Hamburger Hochschulen in der Planung beziehungsweise Entwicklung: „Leuchtturmprojekt zur vernetzten Beratung, Vermittlung und Begleitung von Studienaussteigern in Berufsbildung in Hamburg“ Bis 2018 wird ein Hamburger Netzwerk zur Beratung und Vermittlung von Studienaussteigerinnen und Studienaussteigern in Ausbildung aufgebaut. Ziel ist, jungen Menschen, die nicht weiter studieren wollen, einen alternativen Ausbildungsweg in der beruflichen Bildung aufzuzeigen und ihr Potenzial als künftige Fachkräfte im mittleren Qualifikationsbereich zu nutzen. Entwicklung eines Kooperationsmodells „studienintegrierende Ausbildung“ zwischen Berufsschulen, Ausbildungsbetrieben und staatlichen Hochschulen mit unter anderem folgenden Zielen: Gegenseitige Anrechnung von Kompetenzen Schaffung einer erfahrungsbasierten Entscheidungsmöglichkeit zu alternativen Fortsetzungsmöglichkeiten der Ausbildung (Berufsausbildung + Fortbildungsebene ; Berufsausbildung + Bachelor; Bachelor) Über den hochschulischen Kontext hinaus gibt es zahlreiche weitere Projekte aller internen und externen Partner des Fachkräftenetzwerkes, um den Fachkräftebedarf in Hamburg zu sichern. f. Welche dieser unter 2. c genannten Vorschläge der Projektgruppe sind vom Hamburger Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde in Zusammenarbeit mit den Hamburger Universitäten und Hochschulen bereits umgesetzt worden? Zu weiteren Kooperationsprojekten zwischen Hamburger berufsbildenden Schulen und der Universität Hamburg beziehungsweise Hamburger Hochschulen siehe „Berufliche Bildungswege 2016“ (http://hibb.hamburg.de/2015/12/21/beruflichebildungswege -2016/). Diese Übersicht gibt den Stand vom Dezember 2015 wieder. Die Broschüre für 2017 befindet sich derzeit in der Aktualisierung.