BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/655 21. Wahlperiode 09.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 01.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Gymnasiasten ohne Gymnasialempfehlung Der Senat hat auf meine Schriftliche Kleine Anfrage vom 6. Mai 2015 (Drs. 21/427) hin offengelegt, dass mehr als einem Viertel aller Gymnasiasten in Jahrgangsstufe 5 eine Gymnasialempfehlung fehlt. Besonders irritierend ist hierbei, dass es unter anderem am Gymnasium Süderelbe, am Matthias-Claudius -Gymnasium sowie am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium in den letzten Jahren zu einem sprunghaften Anstieg der Schüler ohne Gymnasialempfehlung gekommen ist. Dabei stellt sich die Frage, ob diese Schüler dem Leistungsdruck eines Gymnasiums gewachsen sind und auf diesem erfolgreich bis zur Allgemeinen Hochschulreife herangebildet werden können. Gerade an den Gymnasien, an denen Schüler ohne Gymnasialempfehlung einen erheblichen Teil, zum Teil sogar die überwältigende Mehrheit stellen, ist zu befürchten, dass sie in großer Zahl an der Herausforderung dieser Schulform scheitern – wenn nicht die Leistungsstandards verwässert werden. Dieser Zustand gibt Anlass zur Sorge, dass die betroffenen Hamburger Gymnasien ihren schulgesetzlichen Auftrag, die betroffenen Schüler zum bestmöglichen Schulabschluss zu führen, nur unzureichend erfüllen können. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Beobachtungsstufe des Gymnasiums bildet nach § 17 des Hamburgischen Schulgesetzes eine pädagogische Einheit, der die Anforderungen des Bildungsplans für die Sekundarstufe I des Gymnasiums zugrunde liegen. Die Schülerinnen und Schüler werden in den Jahrgängen 5 und 6 des Gymnasiums auf den weiteren Besuch des Gymnasiums vorbereitet. Die Beobachtungsstufe schafft „eine Grundlage für die Entscheidung über die weiterführende Schulform“. Im Hinblick auf die Daten der Schuljahresstatistik (Antwort zu 1. a) lässt sich erkennen, dass die nichtausgesprochenen Gymnasialempfehlungen der Lehrkräfte aus den Grundschulen zutreffen. Die zuständige Behörde verfügt über keine Daten, die eine Diskrepanz zwischen Gymnasiasten ohne oder mit Gymnasialempfehlung im weiteren Verlauf ihrer Schullaufbahn belegen. Das Hamburgische Schulgesetz sieht nach § 42 Absatz 4 das uneingeschränkte Elternwahlrecht für die weiterführende Schule vor. Die Gymnasialempfehlung stellt im Rahmen der schulgesetzlich vorgesehenen „fachlich-pädagogischen Beratung“ der Sorgeberechtigten durch die abgebende Grundschule nur ein Element dar, siehe auch Drs. 21/427. Die zuständige Behörde sieht keine Veranlassung, eine Begrenzung des Elternwahlrechts oder eine Verschärfung der Übergangsbedingungen in anderen Jahrgängen in Erwägung zu ziehen. Drucksache 21/655 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Gymnasiasten ohne Gymnasialempfehlung sind in den vergangenen vier Jahren jeweils a) mit Ende der sechsten Klasse an eine Stadtteilschule abgeschult worden (§ 42 Absatz 5 HmbSG), Abschulungen von Schülerinnen und Schülern mit beziehungsweise ohne Gymnasialempfehlung * aus Jahrgangsstufe 6 der Gymnasien an eine Stadtteilschule in den letzten vier Jahren: Schuljahr, zu dem an eine Stadtteilschule gewechselt wurde Anzahl Abschulungen mit Gymnasialempfehlung ohne Gymnasialempfehlung* 2014/15 239 615 2013/14 139 703 2012/13 43 527 2011/12 20 620 Quelle: Schuljahresstatistik 2011 bis 2014 * Die Gymnasialempfehlung wird von den weiterführenden Schulen in Jahrgangsstufe 5 zum Stichtag der Schuljahresstatistik eingegeben und ist dann aufwachsend vorhanden. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Information bei einem Schulwechsel nicht in jedem Fall erhalten bleibt. Zur eingeschränkten Validität der Angaben zur Schullaufbahnempfehlung in der Schuljahresstatistik siehe auch Drs. 21/427. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b) wie viele von ihnen sind in den Jahrgangsstufen ab der fünften Klasse freiwillig auf eine Stadtteilschule gewechselt und c) wie viele wurden auf besonderen Antrag hin auch außerhalb der sechsten Klasse abgeschult? Bitte getrennt nach diesen drei Fallgruppen und jeweils aufgeschlüsselt nach Gymnasien, Jahrgangsstufe und Zahl der jeweiligen Abschulungen. Die erfragten Daten werden von der zuständigen Behörde und von den Schulen statistisch nicht erfasst. Für eine nachträgliche Auswertung im Sinne der Fragestellung müssten händisch 52.693 Schülerakten ab Jahrgangsstufe 5 an den 59 Stadtteilschulen ausgewertet werden. Dies ist im Rahmen der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Wie hoch beliefen sich zum Vergleich die entsprechenden Zahlen von Gymnasiasten mit Gymnasialempfehlung? Siehe Antwort zu 1.a). 3. Wie viele Gymnasiasten ohne Gymnasialempfehlung haben in den vergangenen vier Abiturjahrgängen die allgemeine Hochschulreife erlangt, wie viele nicht (bitte aufschlüsseln nach Gymnasien und Jahrgang)? Wie hoch beliefen sich die entsprechenden Zahlen von Gymnasiasten mit Gymnasialempfehlung? Was war in diesen Jahrgängen jeweils die durchschnittliche Abiturnote der Gymnasiasten mit Gymnasialempfehlung einerseits und ohne Gymnasialempfehlung andererseits? Die Gymnasialempfehlung wird von der zuständigen Behörde seit dem Schuljahr 2010/2011 in der Jahrgangsstufe 5 systematisch erfasst. Für die Abiturientinnen und Abiturienten liegen daher für die erfragten Jahrgänge keine Angaben zur Gymnasialempfehlung vor. 4. Welche Ursachen bestehen nach Auffassung des Senates für die Diskrepanzen zwischen Gymnasiasten ohne und mit Gymnasialempfehlung hinsichtlich der Zahl der Abschulungen, des freiwilligen Wechsels an eine Stadtteilschule und der Abiturergebnisse? Wie beurteilt die zuständige Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/655 3 Behörde vor diesem Hintergrund die Zweckdienlichkeit der Maßnahme, das Elternwahlrecht zu begrenzen – etwa dadurch, a) den Mindestnotendurchschnitte für den Übertritt auf ein Gymnasium anzuheben, b) eine Eingangsprüfung durch (alle oder gegebenenfalls einzelne) Gymnasien einzuführen und/oder c) eine Abschulung auch außerhalb der Jahrgangsstufe 6 zuzulassen? Siehe Vorbemerkung.