BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6554 21. Wahlperiode 11.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 03.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Fehlende Kinderbetreuung für Integrationskurse in Harburg und anderswo Im Hamburger Integrationskonzept – Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenarbeit des Senats beziehungsweise der BASFI (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) ist zur Erwachsenenbildung zu lesen: „Auch Erwachsene brauchen Sprachkenntnisse für Alltag und Beruf. Der Zugang zu Integrationskursen soll deshalb verbessert werden. Hamburg unterstützt diese Kurse zudem durch vorbereitende, begleitende und weiterführende Maßnahmen.“ Und unter Weiterbildung heißt es dort explizit: „Die Erfahrungen zeigen, dass insbesondere Mütter mit Migrationshintergrund besser mit Weiterbildungsangeboten erreicht werden müssen. So können sie ihre Kinder in der Schule besser unterstützen und verbessern ihre eigenen beruflichen Chancen.“ (Vergleiche http://www.hamburg.de/contentblob/ 4303472/4c07d5e1d6f7c58589611aad1b4a7fc7/data/integrationskonzeptkurzfassung .pdf.) In jüngster Zeit erreichen uns aber vermehrt Hinweise darauf, dass die Gewährleistung von Integrationssprachkursen für nach Hamburg Zugezogene nicht oder nicht im notwendigen Maße in allen Bezirken besteht. So wurde etwa in der Sitzung des Bezirksfachausschusses für Soziales, Bildung und Integration der Bezirksversammlung Harburg berichtet, dass in der Folgeunterbringung für Geflüchtete Am Radeland, nahe der Siedlung Bostelbek, viele Migranten/-innen seit Längerem wegen fehlender gleichzeitiger Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht an Integrationssprachkursen teilnehmen können . Ebendiese Integrationskursangebote sind jedoch als Basis des Spracherwerbs essenziell für die Partizipation an Gesellschaft und Kultur unserer Stadt. Deshalb muss ganz besonderer Wert darauf gelegt werden, diese Kurse überall in Hamburg in angemessener Weise stattfinden lassen zu können und Hemmnisse zur Teilnahme umgehend abzustellen. Ich frage den Senat: Nach § 6 Absatz 1 Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG) haben alle noch nicht eingeschulten Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung im Umfang von fünf Stunden an fünf Wochentagen . Gemäß § 6 Absatz 2 Hamburger KibeG hat ein Kind darüber hinaus Anspruch auf eine Kindertagesbetreuung in dem zeitlichen Umfang, in dem seinen Eltern wegen einer Berufstätigkeit, Ausbildung oder der Teilnahme an einem Deutsch- oder Integrationskurs die Betreuung nicht selbst übernehmen können. Diese Rechtsansprüche gelten für alle Kinder mit einem gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg und schließen in Drucksache 21/6554 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wohnunterkünften lebende Kinder mit ein. Sofern Eltern an einem Deutsch- oder Integrationskurs teilnehmen, erhält ihr Kind auf Antrag einen Kita-Gutschein im Umfang der zeitlich benötigten Kindertagesbetreuung inklusive Wegezeiten. Der Kita- Gutschein kann in einer der über 1.000 Kitas des Hamburger Kita-Gutschein-Systems eingelöst werden (siehe Kita-Informationssystem Hamburg unter: http://www.hamburg.de/kita-finden). Im Hamburger Kita-Gutschein-System erhalten die Kita-Träger die erforderlichen finanziellen Mittel für die Betreuung aller in der Kita betreuten Kinder beziehungsweise zur Finanzierung des dafür erforderlichen Personals mittels kindbezogener Leistungsentgelte. Hinsichtlich der Finanzierung der Betreuungsangebote , der Personalausstattung und -qualifikation gelten die Standards des Landesrahmenvertrags ‚ Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen (siehe unter: http://www.hamburg.de/contentblob/1830150/data/landesrahmenvertrag-neu.pdf). Im nachfrageorientierten Hamburger Kita-Gutschein-System wird auf eine zentrale Angebotsplanung seitens des öffentlichen Jugendhilfeträgers grundsätzlich verzichtet. In der Regel passen die Kita-Träger durch die Erweiterung bestehender oder den Bau neuer Kitas ihre Betreuungskapazitäten veränderten Nachfragestrukturen an. Das Kita-Gutschein-System führt daher grundsätzlich zu einer bedarfsgerechten Struktur an Angeboten der Kindertagesbetreuung. Eine Vielzahl Hamburger Kitas betreut bereits Kinder aus Wohnunterkünften beziehungsweise Flüchtlingsfamilien. Vor dem Hintergrund der besonderen Situation der Flüchtlingsfamilien werden die Familien bei der Platzsuche durch das bezirkliche Jugendamt, das Sozialmanagement der Unterkunftsbetreiber, durch Kita-Träger und durch weitere im Sozialraum und Unterkünften aktive Institutionen und Personen aktiv unterstützt. Alle Eltern, die keinen Kita-Platz für ihr Kind finden können, haben nach § 11 Absatz 4 KibeG Anspruch auf den Nachweis eines dem Bewilligungsbescheid entsprechenden Betreuungsplatzes. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von f & w fördern und wohnen AöR (f & w): 1. Wie genau ist das dauerhafte Kinderbetreuungsangebot des Senats für die Teilnahme von Migranten/-innen an Integrationskursen in den Unterbringungen in Hamburg organisiert und geregelt? (Bitte Strukturen und vorgesehene Angebote erläutern samt Nennung der Regelungen in betreffender Rahmenvorgabe beziehungsweise Durchführungsvorschrift und diese bitte als Datei beifügen.) 2. Durch welche Institutionen (kommunal und/ oder freie Träger) ist ein integrationskursbegleitendes Kinderbetreuungsangebot für Migranten/ -innen in den Unterbringungen in Hamburg zu gewährleisten? (Bitte zuständige Institutionen und deren Organisationsform für jede Unterkunft im Stadtgebiet tabellarisch angeben.) a. Welche Personal- sowie Qualifikationsanforderungen und Betreuungsschlüssel sind für die betreffenden Kinderbetreuungsangebote jeweils vorgegeben? (Bitte entsprechend in die Tabelle zu 2. integrieren .) b. Werden für die Absicherung einer solchen Betreuung gegebenenfalls Mittel der Stadt beziehungsweise der Bezirke bereitgestellt? Wenn ja nach welchem Verfahren, in welcher finanziellen Höhe und aus welchen Haushaltsbereichen? (Bitte Bedingungen, Beantragungsweisen , Umfang der Förderung in absoluten Zahlen samt Aufgabenbereich und Produktgruppe, aus der diese stammen, angeben .) c. Übernimmt der Senat gemäß eigener Bekundungen – siehe Hamburger Integrationskonzept – im Falle einer nicht gesicherten Kinderbetreuung als begleitende und unterstützende Notwendigkeit für die Teilnahme an Integrationskursen, insbesondere von Alleinerziehenden Migranten/-innen, die Sicherstellung des jeweiligen Angebotes ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6554 3 Wenn nein, mit welcher Begründung nicht? (Bitte vor dem Hintergrund des Integrationskonzeptes sachlich wie fachlich Stellung nehmen.) Siehe Vorbemerkung. 3. Hat der Senat Kenntnis darüber, dass eine große Zahl Geflüchteter an den Integrationssprachkursen in der Folgeunterbringung Am Randeland wegen fehlender gleichzeitiger Kinderbetreuungsangebote nicht teilnehmen konnte/kann? Wenn ja, seit wann wurde dies wie oft gemeldet und durch wen geschah dies? (Bitte Meldungen samt meldender Einrichtung sowie der Anzahl der betroffenen Migranten/-innen chronologisch darstellen.) 4. Welche Gründe lagen/liegen nach Kenntnis des Senats für die fehlende Kinderbetreuung am Standort vor? (Bitte einzeln erläutern.) 5. Wie viele Migranten/-innen sind dadurch nach Kenntnis des Senats Am Radeland gegenwärtig von der Teilnahme an Kursangeboten ausgeschlossen ? 6. Welche Schritte hat der Senat bisher unternommen, um dem Bedarf an Kinderbetreuung Am Radeland für Integrationskurse zu entsprechen, welche Schritte sind in dieser Angelegenheit wann genau vorgesehen und bis wann soll der Mangel behoben werden? (Bitte Maßnahmen erläutern und mit Terminierung darstellen.) Der für Kindertagesbetreuung und für die Sprachförderung von Erwachsenen zuständigen Behörde liegen hierzu keine Angaben vor. Es liegen jedoch allgemeine Hinweise vor, dass es Schwierigkeiten gibt, in Harburg und im Bereich Neugraben-Fischbek Kita-Plätze zu finden. Die für Kindertagesbetreuung zuständige Behörde und die bezirklichen Dienststellen stehen hierzu in einem intensiven Kontakt mit den Kita-Trägen, um weitere Möglichkeiten der Kindertagesbetreuung dort zu initiieren. Für den Bezirk Harburg liegen sowohl für die Vergangenheit als auch aktuell keine Platznachweisverfahren gemäß § 11 Absatz 4 KibeG vor. Nach Auskunft von f & w sind seit September 2016 alle Kinder der Wohnunterkunft Am Radeland, die älter als ein Jahr sind, in Kindertagesbetreuung. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Wie viele Fälle von fehlender Kinderbetreuung für Integrationskurse von Migranten/-innen waren/sind dem Senat seit 2015 bis heute (Stand November 2016) in allen Hamburger Bezirken bekannt, wann wurden diese jeweils gemeldet, durch wen geschah das und wie viele Personen waren/sind davon jeweils betroffen? (Bitte pro Bezirk, mit Nennung der Unterbringung, der Meldenden und der Anzahl der betroffenen Personen, chronologisch nach Zeitpunkt der Meldung tabellarisch aufschlüsseln.) a. In wie vielen dieser Fälle konnte bisher, wann genau eine Abstellung des Mangels an Kinderbetreuung umgesetzt werden und wie sah diese jeweils aus? (Bitte entsprechend in die Tabelle zu 7. integrieren .) b. In wie vielen Fällen steht eine Kinderbetreuung für Integrationskurse noch aus? (Bitte entsprechend in die Tabelle zu 7. integrieren.) Hierüber werden keine Statistiken geführt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Wie bewertet der Senat – speziell hinsichtlich seiner eigenen Vorgaben, siehe Integrationskonzept – die durch das Fehlen von Kinderbetreuung versagte beziehungsweise eingeschränkte Beteiligung aller Neuhamburger /-innen an diesen Angeboten für deren gesellschaftliche und kulturelle Inklusionsmöglichkeiten? (Bitte sachlich und fachlich Stellung nehmen.) Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 3. bis 6.