BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6561 21. Wahlperiode 11.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Thilo Kleibauer (CDU) vom 03.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Entnahmen aus den Sondervermögen für Versorgung – Plündert der Senat in guten Haushaltsjahren die Reserve für künftige Belastungen? Die hohen Auszahlungen für Pensionen und andere Versorgungsleistungen in den nächsten Jahrzehnten stellen die öffentlichen Haushalte vor große Herausforderungen. Zur Abmilderung dieser Belastung wurden seit Ende der Neunzigerjahre in Hamburg daher Rücklagen in entsprechenden Sondervermögen gebildet, die insgesamt Ende 2015 gemäß Drs. 21/2907 Anlagen von über 1 Milliarde Euro enthielten. Mit dem Haushaltsjahr 2015 hat der Senat begonnen, Mittel aus dem Sondervermögen „Zusätzlicher Versorgungsfonds “ zugunsten des Haushalts in Höhe von rund 80 Millionen Euro zu entnehmen. Im laufenden Jahr soll die Entnahme aus diesem Sondervermögen sogar auf über 100 Millionen Euro ansteigen. Zudem plant der Senat, die Einzahlungen in das Sondervermögen „Versorgungsrücklage“ nach dem Jahr 2017 einzustellen, wodurch sich ebenfalls ein positiver Effekt im Kernhaushalt der Stadt ergibt. Ab 2021 sind dann auch Auszahlungen aus diesem zweckgebundenen Sondervermögen an die Finanzbehörde vorgesehen. Diese Entnahmepläne gehen – so der Senat im Finanzbericht 2015/2016 – auf die in Drs. 20/9661 dargestellte Versorgungsprognose der Stadt aus dem Jahr 2013 zurück. Diese Prognose ging davon aus, dass die Versorgungszahlungen der Stadt im Jahr 2024 ihren Höchststand erreichen. Diese Annahme berücksichtigt allerdings nicht die in den letzten Jahren erfolgten Tarif- und Besoldungsanpassungen. Zudem lagen die Zinseinnahmen der Sondervermögen zuletzt unter den Planwerten des Senats. Trotzdem hat der Senat mit der Vorlage der aktuellen Finanzplanung im Finanzbericht 2017/2018 die Entnahmepläne in unveränderter Form fortgeschrieben. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Sondervermögen komplett aufgezehrt werden, bevor die strukturelle Höchstbelastung bei den aus dem Haushalt zu leistenden Versorgungsausgaben erreicht wird. Im Rahmen der Haushaltsberatungen hatten die Senatsvertreter dargestellt, dass sie entgegen der ursprünglichen Prognose inzwischen davon ausgehen , dass der Höchststand des „Versorgungsbergs“ erst um das Jahr 2030 erreicht wird. Zudem wurde eine Prüfung zugesagt, ob die Prognose „sinnvollerweise aktualisiert werden sollte“ (siehe Protokoll 21/16 des Haushaltsausschusses ). Ich frage den Senat: 1. Warum wurde die Planung der Entnahmen aus den Versorgungs-Sondervermögen über Gewinnausschüttungen und Kapitalauszahlungen mit dem Finanzbericht 2017/2018 nicht an die Veränderungen der Entwick- Drucksache 21/6561 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 lung der Versorgungslasten aus den seit 2015 erfolgten Tarif- und Besoldungsanpassungen angepasst? Weil die Entnahmeplanung im Sinne der Zielsetzung der Sondervermögen auf einer Entlastung des Haushalts der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) von der strukturellen Belastung im Bereich der Versorgungslasten für ihre Beschäftigten beruht (siehe Finanzbericht 2017/2018, Abschnitt 3.2.4.5). Nach derzeitigen Erkenntnissen liegen die strukturellen Versorgungslasten der FHH in den Jahren 2034/2035 auf dem Niveau der Jahre 2015/2016. Die aktuelle Entnahmeplanung für die drei Sondervermögen (Versorgungsrücklage der FHH, Zusatzversorgung der FHH und Zusätzlicher Versorgungsfonds für die Altersversorgung der Bediensteten der FHH) ermöglicht eine ausreichende Entlastung des Kernhaushalts von strukturell höheren Versorgungszahlungen im dazwischenliegenden Zeitraum. 2. Warum führte der derzeitige Rückgang der Zinserträge der Versorgungs- Sondervermögen mit dem Finanzbericht 2017/2018 nicht zu einer Anpassung der Planung der Entnahmen aus den Versorgungs-Sondervermögen über Gewinnausschüttungen und Kapitalauszahlungen? Weil die modifizierten Zinserträge nur einen geringen Anteil an der jährlichen Entnahme darstellen. 3. Hält der Senat eine Anpassung der Prognosen der strukturellen Entwicklung der Versorgungslasten insgesamt für entbehrlich? Wenn ja, warum? Nein. 4. Haben der Senat oder die zuständige Fachbehörde nach der Beratung im Haushaltsausschuss am 22.09.2016 eine Aktualisierung der Prognose geprüft? Wenn ja, mit welchen Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Ja, mit dem Ergebnis, dass eine Aktualisierung der Prognose erst auf Grundlage der Daten zum 31. Dezember 2016 sinnvoll ist. 5. Planen, prüfen oder erwägen der Senat oder die zuständige Fachbehörde im Zeitraum der Finanzplanung bis 2020 die Gewinnausschüttungen und Kapitalauszahlungen aus dem Sondervermögen „Zusätzlicher Versorgungsfonds “ gegenüber den bisherigen Planungen zu verändern? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Eine erneute Prüfung erfolgt voraussichtlich im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplan -Entwurfs 2019/2020. 6. Welche Entwicklung erwartet der Senat oder die zuständige Fachbehörde bezüglich der Ausgaben und Auszahlungen für Versorgungsbezüge in den einzelnen Jahren bis 2035? 7. Welche Entwicklung erwartet der Senat oder die zuständige Fachbehörde bezüglich der Ausgaben und Auszahlungen für Versorgungsbeihilfen in den einzelnen Jahren bis 2035? Siehe Anlage. 8. In welchem Jahr beziehungsweise in welchen Jahren erwarten der Senat oder die zuständige Fachbehörde den Höchststand bei der strukturellen Entwicklung der Versorgungslasten? 2031. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6561 3 9. In welchem Jahr wird nach der derzeitigen Einschätzung des Senats oder der zuständigen Fachbehörde das Kapital des Sondervermögens „Zusätzlicher Versorgungsfonds“ aufgebraucht sein? 2022. 10. In welchem Jahr wird nach der derzeitigen Einschätzung des Senats oder der zuständigen Fachbehörde das Kapital des Sondervermögens „Versorgungsrücklage“ aufgebraucht sein? 2035. Strukturentwicklung in Mio. Euro Jahr Versorgungs-bezüge Versorgungsbeihilfe 2015 1.119 180 2016 1.141 192 2017 1.164 198 2018 1.184 204 2019 1.196 209 2020 1.207 213 2021 1.216 217 2022 1.222 220 2023 1.227 224 2024 1.231 227 2025 1.232 230 2026 1.230 232 2027 1.232 234 2028 1.236 238 2029 1.237 240 2030 1.240 244 2031 1.242 246 2032 1.230 246 2033 1.216 246 2034 1.202 246 2035 1.185 245 Drucksache 21/6561 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 6561ska_Text 6561ska_Anlage