BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6562 21. Wahlperiode 11.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 03.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Pulverfass JVA Hahnöfersand – Erneut ein folgenschwerer Angriff auf Beamte? Immer häufiger und schwerer werden Bedienstete des Allgemeinen Vollzugsdienstes Opfer von körperlichen Angriffen durch Insassen. Am 3. November 2016 sollen erneut zwei Beamte durch einen Gefangenen so stark verletzt worden sein, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im vorliegenden Fall schritten die Bediensteten ein, um eine Auseinandersetzung zwischen Gefangenen zu deeskalieren. Verletzungen von Bediensteten in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hahnöfersand ergeben sich nahezu ausschließlich bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Stimmt es, dass zwei in der JVA Hahnöfersand eingesetzte Bedienstete durch einen Gefangenen verletzt wurden? Falls ja: a. Wie stellt sich der Sachverhalt im Einzelnen dar? Am 3. November 2016 kam es gegen 11 Uhr auf einer Wohngruppe der Abteilung für Jungendstrafhaft zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen zwei Jugendstrafgefangenen . Die Gefangenen wurden von zwei in der Wohngruppe tätigen Bediensteten in einem Gespräch jeweils ermahnt, sich ruhig und besonnen zu verhalten. Wenige Minuten später vernahmen die beiden Bediensteten aus der Küche der Wohngruppe laute Stimmen und begaben sich daraufhin sofort dorthin. Dort stritten die zwei Jugendstrafgefangenen wieder miteinander und wurden erneut von den beiden Bediensteten getrennt. Einer der beiden Jugendstrafgefangenen versuchte plötzlich an dem vor ihm befindlichen Bediensteten vorbei mit erhobenen Fäusten auf seinen Kontrahenten einzuwirken und diesen zu attackieren. Bevor er seinen Kontrahenten erreichen konnte, versperrte ihm einer der Bediensteten durch Heben des linken Armes den weiteren Weg und drängte den Gefangenen gegen die Wand der Küche, um ihn dort zu fixieren. Dabei verletzte er sich am linken Arm. Der zweite Bedienstete löste mit dem Funkgerät Hausalarm aus und unterstützte dann seinen Kollegen dabei, den heftig Widerstand leistenden Gefangenen zu Boden zu bringen und ihn dort sicher zu fixieren. Hierbei wurde der zweite Bedienstete vom Ellbogen des Gefangenen im Gesicht getroffen. Nach Eintreffen zweier weiterer Bediensteter konnte der Gefangene sicher zu Boden gebracht und ihm konnten dort Handfesseln angelegt werden. Der Gefangene wurde daraufhin von zwei Bediensteten auf die Arrest- und Sicherungsstation verbracht und dort unter Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen untergebracht. Die Unterbringung dort dauert an. Drucksache 21/6562 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die verletzten Bediensteten wurden im Krankenrevier der Anstalt erstversorgt und sodann von einem weiteren Bediensteten zur Diagnostik und Behandlung in ein öffentliches Krankenhaus gebracht. Die beteiligten Gefangenen wurden dem Krankenrevier vorgestellt. b. Welche Verletzungen haben die Bediensteten erlitten? Einer der Bediensteten hat Prellungen im Kopfbereich erlitten, der andere Bedienstete Prellungen, Schürfwunden und eine Zerrung. Der Senat sieht im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen von der Mitteilung weiterer Einzelheiten zu den erlittenen Verletzungen ab, da diese sensible Gesundheitsdaten betreffen, die den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung berühren. c. Welche Erkenntnisse liegen über den Hintergrund des Vorfalls vor? Die betroffenen Jugendstrafgefangenen haben in ihrer Anhörung berichtet, dass der Streit um eine vermeintlich gestohlene Jacke aus dem Haftraum des einen Gefangenen Grund der verbalen Auseinandersetzung zwischen den Gefangenen war. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.a. d. Welche Erkenntnisse liegen über den Gefangenen vor, der die Bediensteten verletzte? Es wurde nur ein Bediensteter durch Einwirkungen des Gefangenen verletzt. Es handelt sich um einen 21-jährigen Jugendstrafgefangenen, der die marokkanische Staatsangehörigkeit besitzt. Nach eigenen Angaben ist der Gefangene ledig. Im Übrigen siehe Antwort zu 1.f. e. Welche Maßnahmen wurden daraufhin jeweils von wem ergriffen? Unmittelbar nach dem Vorfall wurde die Küche der Wohngruppe verschlossen und der Vorfall auf Veranlassung der stellvertretenden Anstaltsleiterin durch die Schichtleitung bei der zuständigen Polizeidienststelle telefonisch zur Anzeige gebracht. Die Polizei traf um 12.30 Uhr in der Anstalt ein und verließ die Anstalt um 13 Uhr. Die Unterrichtung der Abteilung Justizvollzug und des Krisenhilfeteams erfolgte durch den Anstaltsleiter. Der Personalrat wurde durch den Vollzugsdienstleiter informiert. f. Wegen welcher Delikte war der Insasse verurteilt worden beziehungsweise aufgrund welcher Delikte befand er sich in Untersuchungshaft und wie lange war er bereits inhaftiert? Der Gefangene befindet sich seit dem 19. Februar 2016 in Haft. Vom 19. bis 28. Februar befand er sich wegen des Verdachts des Diebstahls in Untersuchungshaft für junge Gefangene und verbüßte im Anschluss eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen wegen Diebstahls. Seit dem 29. Mai 2016 verbüßt er eine Jugendstrafe von zehn Monaten wegen Diebstahls unter Einbeziehung zweier Ersatzfreiheitsstrafen wegen Diebstahls und Betrugs. 2. In wie vielen Schichten wurden die vorgesehenen Sollstärken in der JVA Hahnöfersand zwischen dem 31. Oktober und 3. November 2016 unterschritten ? Die Sollschichtstärke wurde im genannten Zeitraum in acht Schichten unterschritten.