BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6569 21. Wahlperiode 11.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 03.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Datenschutz bei Zeugenaussagen von Polizeibediensteten In Strafverfahren kommt es häufig zu Zeugenaussagen von Polizeibediensteten . Dabei kann es vorkommen, dass sie ihr Erinnerungsvermögen mit einem Blick in Polizeiakten auffrischen. Da die Akten zumindest auch elektronisch geführt werden, müssen sie entsprechende Zugänge zu den Akten erhalten. Insofern könnte es zu Kollisionen mit dem Datenschutz kommen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Über elektronische Akten im Sinne der Anfrage verfügt die Polizei Hamburg nicht. Die Einführung einer elektronischen Akte im Strafverfahren wurde vom Gesetzgeber durch eine Änderung der Strafprozessordnung (StPO) zwar vorbereitet; es bedarf allerdings noch weiterer rechtlicher Umsetzungen, insbesondere auch zur näheren Ausgestaltung der technischen Anforderungen, unter denen die Führung elektronischer Strafakten beziehungsweise die Verwendung elektronischer Dokumente und der elektronische Rechtsverkehr (ERV) in Strafverfahren zu erfolgen hat. Da derartige Regelungen noch ausstehen, werden derzeit Strafermittlungsverfahren anhand von Papierakten geführt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie ist die Praxis der Vorbereitung von Polizeibediensteten auf Zeugenaussagen ? 2. Gibt es innerhalb der Hamburger Polizei Dienstanweisungen für Zeugenaussagen von Polizeibediensteten vor Gericht? a. Wenn ja, a.i. welche? a.ii. Bitte Anweisungen im Wortlaut als Anlage beifügen. b. Wenn nein beziehungsweise wenn sie nicht übermittelt werden können , wird um Begründung gebeten. Die Vorbereitung von Polizeibediensteten auf Zeugenaussagen vor Strafgerichten erfolgt gemäß den einschlägigen Vorschriften aus der Dienstvorschrift für den täglichen Dienst der Polizei Hamburg (PDV 350 HH). 3. Auf welcher Rechtsgrundlage werden die Daten der Polizeiakten für Zeugenaussagen vor Gericht genutzt? a. Bitte für elektronische Akten und Papierakten beantworten. b. Bitte die Vorschriften genau nennen. Drucksache 21/6569 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c. Handelt es sich bei der Nutzung von Daten für Zeugenaussagen vor Gericht um eine Zweckänderung? d. Wenn ja, genügen die Rechtsgrundlagen für die Nutzung der Daten den Anforderungen einer Zweckänderung? Die Nutzung der Polizeiakten erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben- und Pflichterfüllung nach § 163 in Verbindung mit § 48 StPO. Die Strafverfolgungsverpflichtung der Polizei gemäß § 163 StPO erstreckt sich auf alle Phasen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Die Rolle als Zeuge vor Gericht in der Eigenschaft als Polizeibediensteter dient hierbei der direkten Sachaufklärung im Sinne der Vorschrift . Darüber hinaus ergibt sich gemäß § 48 StPO die Verpflichtung, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen und wahrheitsgemäß auszusagen. Aus diesen Pflichten ergibt sich für Polizeibedienstete, die über Wahrnehmungen aussagen sollen, die sie in amtlicher Eigenschaft gemacht haben, eine Vorbereitungspflicht. Eine konkrete Verpflichtung zur Vorbereitung auf die Aussage in Form einer Nutzung relevanter Polizeiakten besteht zwar nicht, erscheint vor dem Hintergrund, ein konkretes Erinnerungsbild zu erhalten, aber geboten; vergleiche Bundesgerichtshof für Strafsachen (BGHSt 1, 5 fortfolgende). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie sind die Zugangsrechte von Polizeibediensteten zu elektronischen Akten geregelt? a. Welche Suchfunktionen (zum Beispiel nach Aktenzeichen, nach Delikt, nach Namen et cetera) gibt es? b. Wie werden die Zugangsrechte für unterschiedliche Nutzungen, zum Beispiel Sachbearbeitung, Zeugenaussage et cetera, begrenzt? c. In welchen Verfahrensstadien vom Anfangsverdacht bis zum Hauptverfahren besteht der Zugang in welchem Umfang? d. Besteht Zugang auch nach Abschluss des Strafverfahrens? Wenn ja, wie lange? 5. Werden die Zugriffe auf elektronische Akten gespeichert? a. Wenn ja, wie lange? b. Wer kontrolliert die Zugriffe? c. Welche Löschungspflichten gibt es für gespeicherte Zugriffe? Entfällt. 6. Wie sind die Zugriffsrechte von Polizeibediensteten auf Papierakten geregelt? a. Besteht Zugriff nur auf Aktenauszüge oder auf die gesamte unter einem Aktenzeichen geführte Akte? b. Besteht Zugriff auf Beiakten und verbundene Aktenzeichen? c. Wird der Zugriff für unterschiedliche Nutzungen, zum Beispiel Sachbearbeitung , Zeugenaussage et cetera, begrenzt? d. In welchen Verfahrensstadien vom Anfangsverdacht bis zum Hauptverfahren besteht der Zugriff in welchem Umfang? e. Besteht Zugriff auch nach Abschluss des Strafverfahrens? Wenn ja, wie lange? Der Polizeibedienstete kann zur Vorbereitung auf eine Zeugenaussage vor Gericht auf die Unterlagen zugreifen, die bei seiner amtlichen Tätigkeit angefallen sind. Der Zugriff wird in Abhängigkeit von der vorgenommenen amtlichen Tätigkeit in dem jeweiligen Ermittlungsverfahren ermöglicht. Der Umfang des Zugriffs ergibt sich aus der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6569 3 jeweiligen amtlichen Tätigkeit des Polizeibediensteten. Die Zugriffsmöglichkeit besteht bis zum Zeitpunkt der vorgeschriebenen Vernichtung der Akte. 7. Werden Zugriffe auf Papierakten registriert? Nein. a. Wenn ja, in welcher Form und für wie lange geschieht dies? b. Wer kontrolliert dies? c. Wie ist die Vernichtung von Vermerken geregelt? Die Vernichtung von Schriftgut der Polizei richtet sich nach den einschlägigen Regelungen zu den Aufbewahrungsfristen. 8. Welche besonderen Regelungen gibt es für Polizeibedienstete hinsichtlich von Zeugenaussagen in Verfahren, an denen sie zum Teil beteiligt waren, zum Beispiel bei Platzverweisen, Aufenthaltsverboten, Identitätsfeststellungen , Ingewahrsamnahmen oder vorläufigen Festnahmen? a. Wie sind die Zugangsrechte nach den Kriterien von Ziffern 4 und 6 geregelt? b. Hat ein Polizeibediensteter, der zum Beispiel an einer Identitätsfeststellung beteiligt war, auch Zugang zu Aktenteilen oder Daten, die zum Beispiel die vorläufige Festnahme betreffen? Siehe Antwort zu 6. bis 6. e. und Vorbemerkung. 9. Welche Sicherheitsvorkehrungen, wie etwa Ausweisung der Person und Vorlage einer Zeugenladung, bestehen hinsichtlich der Gewährung von Aktenzugriffen? Grundsätzlich erfolgt eine Legitimation des Polizeibediensteten durch Vorlage des Dienstausweises und unter Angabe des Grundes der Akteneinsicht. 10. Werden Akten auch auf telefonische Anfrage hin freigeschaltet? a. Wenn ja, wie wird die/der Anrufer/in identifiziert? Entfällt. 11. Wie sind die Zugriffsrechte ausgestaltet, wenn ein Polizeibediensteter einer anderen Tätigkeit nachgeht: a. innerhalb der Polizei? b. wenn er aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist? Nach entsprechender inhaltlicher und persönlicher Legitimation kann einem Zeugen auch nach dem Ausscheiden aus dem Polizeidienst zur Vorbereitung einer Zeugenaussage Zugriff zu Aktenbestandteilen aus seiner damit verbundenen amtlichen Tätigkeit gewährt werden; darüber hinaus siehe Antworten zu 6. bis 6. e. und 9.