BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6570 21. Wahlperiode 11.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 03.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Was geschah am 26.03.2016 anlässlich einer Polizeikontrolle auf St. Pauli? Berichten zufolge ist es am 26. März 2016 gegen 23.30 Uhr im Bereich Taubenstraße /Spielbudenplatz zur Misshandlung eines Festgenommenen durch einen Polizeibeamten gekommen. Der Betroffene hatte zuvor an der Ecke Hopfenstraße/Taubenstraße eine Polizeikontrolle beobachtet und die beiden Zivilpolizisten während der Kontrolle angesprochen, um zu klären, ob es sich um ein Racial Profiling handele . Vonseiten der Polizeibeamten wird ihm in diesem Zusammenhang vorgeworfen , er habe „Scheißbullen, verpisst euch“ gesagt, was der Betroffene abstreitet. Vielmehr sei zu ihm gesagt worden „verpiss dich“. Nachdem er sich auf der Taubenstraße in Richtung Reeperbahn entfernt hatte, sei er von einem Polizeibeamten einer Polizeistreife festgehalten und zu Boden gebracht worden. Ihm seien Handschellen angelegt und sein Kopf sei mehrmals mit dem Gesicht auf den Boden geschlagen worden. Anschließend wurde er zum PK 15 gebracht, durchsucht und fotografiert. Es soll bei ihm ein einsatzbereites Messer gefunden worden sein. Ein Protokoll über den Tascheninhalt gebe es nicht. Die Verletzungen seien auf den angefertigten Fotos erkennbar. Er soll einige Stunden im PK 15 festgehalten worden sein. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Am 26. März 2016 um 23.23 Uhr überprüften zwei Zivilfahnder des Polizeikommissariats (PK) 15 in der Taubenstraße zwei männliche Personen, nachdem diese zuvor vorbeikommende Passanten und auch die beiden Beamten in Zivil aggressiv beschimpft und beleidigt hatten. Nachdem die Beamten sich gegenüber den angehaltenen Personen als Polizeibeamte zu erkennen gegeben hatten, beobachteten sie, wie eine von der Überprüfung betroffene Person einen Gegenstand in seiner rechten Hosentasche verbarg. Aus dem gezeigten Verhalten ergab sich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Im Rahmen der Kontrolle wurden bei der Person Betäubungsmittel (BtM) in der rechten Hosentasche gefunden und sichergestellt . Es wurde ein Strafverfahren wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln eingeleitet . Diese Person erhielt im Anschluss ein Aufenthaltsverbot für den Bereich des Gefahrengebiets „BtM“. Die zweite angehaltene Person erhielt aufgrund ihres aggressiven Verhaltens ein Aufenthaltsverbot für das Gefahrengebiet „Allgemeine Kriminalität “. Während der Kontrolle der beiden Personen trat eine weitere männliche Person an die kontrollierenden Beamten heran und beleidigte diese mehrfach. Die Person kam der Aufforderung, sich zu entfernen, da sie die Kontrolle störte, und dem folgenden Platzverweis nicht nach. Stattdessen beleidigte sie die Beamten wiederholt mit dem ausgestreckten Mittelfinger. Ihr wurde nun der Tatvorwurf der Beleidigung eröffnet. Drucksache 21/6570 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zum Zwecke der Einleitung eines Strafverfahrens wegen Beleidigung und Störung einer Amtshandlung sollte die Identität der Person gemäß § 163 b Strafprozessordnung (StPO) festgestellt werden. Dieser Maßnahme versuchte sich die Person durch Flucht zu entziehen, sie konnte jedoch von zwei weiteren Beamten des PK 15 zu Fuß eingeholt und gestellt werden. Da die Person weiterhin versuchte, die Flucht fortzusetzen , wurde sie zu Boden gebracht, ihr wurde die Handfessel angelegt und sie wurde im Anschluss rechtlich belehrt. Die Person wollte keine Angaben zum Sachverhalt machen und wurde durch einen angeforderten Funkstreifenwagen (FuStw) zwecks Identitätsfeststellung zum PK 15 verbracht. Der Person wurde ein Rettungswagen angeboten, da sie Verletzungen im Gesicht erlitten hatte. Sie lehnte eine ärztliche Versorgung ab. Von den Verletzungen wurde ein Lichtbild gefertigt. Am PK 15 wurde die Person nach Ausweisdokumenten, gefährlichen Gegenständen und Waffen durchsucht. Bei der Durchsuchung wurden BtM gefunden und sichergestellt ; hierzu wurde eine gesonderte Strafanzeige gefertigt. Zudem wurde ein Taschenmesser aufgefunden, sichergestellt und am PK 15 asserviert. Da das Messer in der Waffenverbotszone St. Pauli mitgeführt wurde, wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen verhielt sich die Person weiter anhaltend verbal aggressiv und kündigte an, einem Platzverweis nicht nachkommen zu wollen. Infolgedessen wurde gegen die Person die Ingewahrsamnahme ausgesprochen . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Sind gegen die von den Zivilpolizisten kontrollierten Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet worden? Siehe Vorbemerkung. a. Wenn ja, wie ist jeweils der Verfahrensstand beziehungsweise - ausgang? Gegen eine der beiden ursprünglich kontrollierten Personen wurde ein Verfahren wegen Besitzes von Betäubungsmitteln eingeleitet. Diese Person wurde rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegen den in der Anfrage benannten Betroffenen wurde wegen Betäubungsmittelbesitzes und Beleidigung zunächst der Erlass eines Strafbefehls beantragt. Am 13. Oktober 2016 kam es dann zu einer Hauptverhandlung beim Amtsgericht. Der Beschuldigte wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig . b. Welche Herkunft hatten die kontrollierten Personen jeweils? Es handelte sich um deutsche Staatsangehörige. 2. Wie viele Polizeistreifenwagen waren in diesem Zusammenhang im Einsatz ? Zwei. 3. Mit wie vielen Polizeibediensteten waren die Polizeistreifenwagen jeweils besetzt? Mit jeweils zwei Polizeivollzugsbeamten. 4. Wurde der/wurden die Polizeistreifenwagen zum Ort des Geschehens gerufen? Wenn ja, wann und durch wen? Der erste FuStw war von den Zivilfahndern des PK 15 für den Transport einer Person angefordert worden. Der Einsatz wurde um 23.30 Uhr an die Polizeieinsatzzentrale gemeldet. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6570 3 Der zweite FuStw wurde durch die bereits tätige FuStw-Besatzung nachträglich zum Transport der Person angefordert. Der Einsatz für den zum Transport eingesetzten FuStw wurde um 23.31 Uhr gemeldet. 5. Aus welchem Grund wurden der Person Handfesseln angelegt? Die Person war durch aggressives Verhalten aufgefallen und hatte versucht, sich den polizeilichen Maßnahmen durch Flucht zu entziehen. Die Handfessel wurde aus Gründen der Eigensicherung und zur Verhinderung einer erneuten Flucht angelegt. 6. Mit welcher Begründung, auf welcher Rechtsgrundlage und wie lange wurde die oben genannte Person in Gewahrsam genommen? Die Person verhielt sich durchgängig verbal aggressiv und hatte angekündigt, einem Platzverweis nicht Folge zu leisten. Die Ingewahrsamnahme erfolgte gemäß § 13 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG). Die Person traf am 26. März 2016 um 23:40 Uhr am PK 15 ein und verblieb nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen in Gewahrsam. Sie wurde am 27. März 2016 um 03.35 Uhr entlassen. 7. Wurde bei der Durchsuchung ein Messer gefunden? Wenn ja, wo ist es verblieben? Ja. Das Messer wurde mit dem Vorgang an das Justiziariat für Waffen- und Jagdangelegenheiten der Polizei übersandt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Wie viele Polizeibeamte/-innen und eventuell weitere Personen waren bei der Durchsuchung im Raum? Die Durchsuchung der Person wurde von zwei Beamten durchgeführt. Ob sich noch weitere Beamte während der Durchsuchung in dem Raum aufhielten, kann nicht mehr nachvollzogen werden. 9. Wann trafen die Polizeibeamten/-innen mit der oben genannten Person im PK 15 ein, und wann wurde sie aus dem Gewahrsam entlassen? Siehe Antwort zu 6. 10. Wie viele Protokolle von wie vielen Polizeibeamten/-innen gibt es zu welchen Geschehnissen im Einzelnen in diesem Zusammenhang? Ist darunter auch ein Protokoll über den Tascheninhalt der Durchsuchung auf dem PK 15? Insgesamt waren vier Beamte des PK 15 in die Vorgangsfertigung eingebunden. Im Zusammenhang mit der bezeichneten Person sind vier Vorgänge erwachsen: eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Beleidigung in Verbindung mit der Störung einer Amtshandlung, inklusive Zusatzberichte sowie der dazugehörigen Strafanträge, eine Strafanzeige wegen des Verdachts des Besitzes von BtM, eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen des Verdachts des Mitführens einer Waffe (Messer) in der Waffenverbotszone und ein Bericht über das Aufenthaltsverbot für das Gefahrengebiet „BtM“ gemäß § 12 b Absatz 2 SOG. Daneben gibt es Protokolle/Verzeichnisse über: die Verwahrung der Person am PK 15 (Verwahrbogen), die Aufstellung über ausgehändigte persönliche Sachen und ein Verzeichnis über die Kontrollzeiten am PK 15 (während der Gewahrsamszeit). Der bei der Durchsuchung aufgefundene Tascheninhalt ist im Elektronischen Verwahrbuch der Polizei registriert. Drucksache 21/6570 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 11. Wie ist es zu der Verletzung im Gesicht der betroffenen Person gekommen ? Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Person die Verletzungen durch das Zubodenbringen zugezogen hat. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 12. Hat eine/r der anwesenden beziehungsweise hinzukommenden Beamten /-innen eingegriffen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. 13. Hat eine/r der anwesenden beziehungsweise hinzukommenden Beamten /-innen Anzeige gegen den Polizeibeamten erstattet? Nein, dem Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) liegen bisher keine entsprechenden Anzeigen vor. a. Falls keine Anzeige erstattet wurde, hat die Dienststelle Interne Ermittlungen von sich aus Ermittlungen eingeleitet? Nein. b. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Entfällt. c. Wenn nein, warum nicht? Anhand der Ermittlungslage ergibt sich für das DIE kein Anfangsverdacht für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.