BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6581 21. Wahlperiode 15.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 07.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Verkommt Hamburg zum Eldorado der „Abschlepp-Mafia“? Bis 2014 sorgte das Abschleppunternehmen „Aktiv Transport“ mit seinen unlauteren Methoden immer wieder für Schlagzeilen. So bot Aktiv Transport GmbH Abschleppdienst privaten Parkplatzbetreibern seine Dienste für die Parkraumbewirtschaftung an. Oft wurden Autos ohne Grund in die private Verwahrstelle am Hogenfeldweg in Altona verbracht und sollten dort gegen horrende Gebühren und nur per Barzahlung wieder ausgelöst werden. Selbst die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) arbeitete mehrere Jahre mit Aktiv Transport zusammen und beauftragte das Unternehmen mit der Bewirtschaftung von öffentlichem Parkraum. Erst 2014 wurde der entsprechende Vertrag gekündigt. Im Jahr 2015 wurde Aktiv Transport dann zusätzlich die Transportgenehmigung, die für den Betrieb eines Abschleppunternehmens unerlässlich ist, durch die Verkehrsbehörde entzogen. Allerdings wurde dem Anschein nach kurzerhand ein Nachfolgeunternehmen aus dem Boden gestampft, das den Abschleppsparte von Aktiv Transport übernommen hat und bis heute betreibt. Regelmäßig berichten geprellte und geschädigte Verkehrsteilnehmer von ungerechtfertigten Abschleppvorgängen durch dieses und weitere dubiose Abschleppunternehmen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Stellt ein Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug im öffentlichen Straßenraum verbotswidrig zum Parken ab, wird die Verkehrsordnungswidrigkeit durch die Polizei oder Bedienstete des Landesbetriebs Verkehr (LBV) angezeigt. Ein verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug wird in der Regel nach § 14 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sichergestellt, wenn es die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder wenn eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist. Diese Abschleppmaßnahme wird durch die Polizei angeordnet und von einem Abschleppunternehmen durchgeführt. Die Bewirtschaftung im öffentlichen Parkraum erfolgt durch den LBV. Die Abschleppunternehmen , die einen Rahmenvertrag mit der Polizei Hamburg geschlossen haben, werden lediglich beauftragt, das Fahrzeug zur Verwahrstelle der Polizei Hamburg zu verbringen. Sofern eine Person/Firma als Besitzer eines Grundstücks ein Abschleppunternehmen beauftragt hat, die in ihrem Besitz stehenden Parkflächen zu überwachen und Fahrzeuge von der Fläche zu entfernen, handelt es sich um ein privatrechtliches Verhältnis . Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Drucksache 21/6581 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie genau kontrollieren der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden, ob auf privatem Grund abgestellte und/oder geparkte Kfz rechtmäßig abgeschleppt werden? Siehe Vorbemerkung. 2. Wie genau weisen Abschleppunternehmen in Hamburg nach, dass ein von ihnen abgeschlepptes Kfz unrechtmäßig abgestellt und/oder geparkt war und wie wird dies gegenüber dem Halter des abgeschleppten Kfz dokumentiert? Im Verhältnis zwischen Abschleppunternehmen und dem Fahrer oder Halter des abgeschleppten Fahrzeuges spielt die Nachweisführung insbesondere im Hinblick auf eine Forderung des Abschleppunternehmens für die mit dem Abschleppvorgang verbundenen notwendigen Kosten eine Rolle (eine Kostenforderung ergibt sich dabei in aller Regel aus abgetretenem Recht des Eigentümer/Besitzers des privaten Grundes). Soweit es zu einem Gerichtsverfahren über die Kostenforderung vor den ordentlichen Gerichten kommt und dabei die Frage, ob ein abgeschlepptes Kraftfahrzeug (Kfz) unrechtmäßig abgestellt war, streitig ist, kommen grundsätzlich sämtliche im Zivilprozess zulässigen Beweismittel in Betracht. Die Art und Weise der Nachweisführung ist dabei grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Regelmäßig dürfte in diesen Fällen eine Beweisführung durch Lichtbilder des abgestellten Kfz und/oder durch Zeugen in Betracht kommen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie oft wurden seit 2011 auf privatem Grund in Hamburg abgestellte und/oder geparkte Kfz nicht rechtmäßig abgeschleppt und welche Abschleppunternehmen haben diese unrechtmäßigen Abschleppvorgänge jeweils durchgeführt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele und welche Abschleppunternehmen gibt es aktuell insgesamt in Hamburg? Eine spezielle Erlaubnispflicht zum Betrieb eines Abschleppunternehmens besteht nicht, diese gewerbliche Tätigkeit ist mit einer generellen deutschen güterkraftverkehrsrechtlichen Erlaubnis beziehungsweise einer EU-Lizenz möglich. Eine Genehmigung kann zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung wegfallen oder Feststellungen getroffen werden, dass sie von Beginn an nicht vorlagen . Maßgeblich ist hier neben der finanziellen Leistungsfähigkeit insbesondere die Zuverlässigkeit des Unternehmens beziehungsweise der für das Unternehmen handelnden Personen. Die Betätigung des Abschleppunternehmens für private Grundeigentümer stellt für sich, selbst in Verbindung mit hohen Preisen, diese Zuverlässigkeit grundsätzlich nicht infrage. Ungeachtet dessen bieten nach Kenntnis der Genehmigungsbehörde gegenwärtig die folgenden acht Unternehmen diese Dienstleistung auf Grund einer entsprechenden Genehmigung an: Abschleppdienst Stephan GmbH Hans-Jürgen Clasen KFZ-Abschlepp- und Transportdienst GmbH Struck-Hamburg Pannen- und Bergungsdienst e.K. Marlies Buchholz GmbH Reinsch GmbH Reifen Börse Riemschneider GmbH Peter Henseleit GmbH Abschlepp- Bergungs- Pannenservice Schröder Hamburg GmbH 5. In Drs. 21/5596 hatte der Senat in der Antwort auf meine Frage „Welche Unternehmen sind aktuell in Hamburg mit dem Abschleppen von Fahr- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6581 3 zeugen beauftragt und für welche Regionen sind diese Unternehmen jeweils zuständig?“ die Unternehmen Abschleppdienst Stephan GmbH, Hans-Jürgen Clasen KFZ-Abschlepp- und Transportdienst GmbH, Reinsch GmbH, Abschlepp- Bergungs- Pannenservice Schröder Hamburg GmbH und Peter Henseleit GmbH angeführt. Trifft es zu, dass es sich hierbei ausschließlich um die von der FHH für die Bewirtschaftung von öffentlichem Parkraum beauftragten Unternehmen handelt? Mit den genannten Unternehmen hat die Polizei Hamburg einen Rahmenvertrag geschlossen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Welche Abschleppunternehmen verfügen in Hamburg über private Verwahrstellen ? Siehe Vorbemerkung. 7. Wie vielen Abschleppunternehmen wurde seit 2011 aus welchen Gründen jeweils die Transportgenehmigung entzogen? Bitte Jahresweise aufschlüsseln. Es wurde gegenüber einem Abschleppunternehmen die Neuerteilung der EU-Lizenz mit Bescheid vom 1. Dezember 2014 versagt. Die Firma hatte erhebliche Abgabenrückstände und erfüllte damit nicht mehr die Berufszugangsvoraussetzungen der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und der finanziellen Leistungsfähigkeit. 8. Wie viele Beschwerden und/oder Klagen wurden seit 2011 wegen unrechtmäßigen Abschleppens eines auf privatem Grund in Hamburg geparkten beziehungsweise abgestellten Kfz eingereicht und wie wurden diese Beschwerden beziehungsweise Klagen jeweils beschieden beziehungsweise entschieden? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Verfahren wegen (unrechtmäßigen) Abschleppens werden statistisch nicht erfasst. Sogenannte Abschleppfälle sind in vielfältigen juristischen Konstellationen denkbar (etwa Schadensersatzklagen aus unterschiedlichsten Anspruchsgrundlagen – gegebenenfalls auch aus abgetretenem Recht, Ansprüche aus Besitzstörungen, Feststellungsklagen et cetera). Eine sinnvolle Eingrenzung der Verfahren ist daher aufgrund der vielfältig denkbaren Konstellationen nicht möglich. Zur Beantwortung der Frage müssten rund 230.000 Verfahrensakten ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Warum hat die FHH den Vertrag mit Aktiv Transport seinerzeit nicht verlängert ? Der Vertrag wurde gekündigt, weil das Unternehmen keine EU-Lizenz hat. 10. Warum wurde Aktiv Transport die Transportgenehmigung entzogen? Siehe Antwort zu 7. 11. Inwiefern ist dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden bekannt, dass ein Nachfolgeunternehmen das Abschleppgeschäft von Aktiv Transport übernommen hat und halten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden dies für zulässig vor dem Hintergrund, dass Aktiv Transport die Transportgenehmigung vorher entzogen wurde? Es hat den Antrag einer Nachfolgefirma auf Erteilung einer EU-Lizenz gegeben, der mit Bescheid vom 11. Mai 2015 versagt wurde. Darüber hinaus wurde gegen das Nachfolgeunternehmen im Jahr 2015 eine mit Zwangsgeld versehene Untersagungsverfügung für die Durchführung von güterkraftverkehrsrechtlichen Tätigkeiten erlassen . 12. Wie stellt die FHH sicher, dass Inhaber von Abschleppunternehmen, denen die Transportgenehmigung entzogen wurde, ihre dubiosen Geschäfte nicht mit einem Nachfolgeunternehmen einfach weiter betreiben ? Drucksache 21/6581 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Grundsätzlich wird in jedem Antragsverfahren die Erfüllung der Berufszugangsvoraussetzungen geprüft. Wenn dieser von Personen gestellt wird, denen die Führung güterkraftverkehrsrechtlicher Geschäfte untersagt wurde, wird der Antrag abgelehnt; dies gilt auch für sogenannte Strohmannverhältnisse. 13. Wie viele Abschleppunternehmen, denen die Transportgenehmigung entzogen wurde, haben seit 2011 ihr Geschäft unter neuem Namen und mit neuer Transportgenehmigung in Hamburg fortgesetzt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Der Verkehrsgewerbeaufsicht sind keine solchen Unternehmen bekannt.