BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6591 21. Wahlperiode 15.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Birgit Stöver (CDU) vom 07.11.16 und Antwort des Senats Betr.: K2 – Wie gefährlich ist die „Teufelsdroge“ für Hamburg? Nach Presseberichten hat das synthetische Rauschgift „K2“ Hamburg erreicht. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes synthetisches Cannabinoid aus der Gruppe der Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS). Es soll zehn bis zwanzig Mal stärker als herkömmliches Marihuana wirken und die Gefahr von psychotischen Zuständen um ein Vielfaches erhöhen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), wie folgt: 1. Um was für eine Droge handelte es sich bei den in dieser Woche im Umfeld der Einrichtung Drob Inn festgestellten Vergiftungsfällen genau? Nach polizeilichen Erkenntnissen kam es am 28. Oktober 2016 zu mehreren Einsätzen von Rettungskräften der Feuerwehr auf dem Vorplatz des Drob Inn, weil Personen nach dem Konsum von Betäubungsmitteln (BtM) erkrankt waren. Von BtM- Konsumenten wurde das dort konsumierte BtM als „K2“ benannt. Die erkrankten Konsumenten wurden in Krankenhäusern ambulant behandelt. Der Abteilung für Organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität des Landekriminalamtes liegen zum jetzigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse zur Art der Droge vor. Reste der Substanz konnten im Rahmen der Ermittlungen nicht sichergestellt werden. Vier betroffenen Konsumenten wurden Blutproben entnommen. Ein Ergebnis der nicht in Hamburg durchführbaren toxikologischen Untersuchung dieser Proben wird in drei bis vier Wochen erwartet. 2. Wie kommt diese Droge in der Regel nach Hamburg? 3. In der Sitzung des Gesundheitsausschusses vom 24. September 2015 sagte die Sachverständige Prof. Dr. Gundula Barsch: „… wir haben faktisch über verschiedene, meistens über Internetwege die Möglichkeit, synthetische Cannabinoide, die irgendwo aufgetragen werden, zu beschaffen.“ (siehe Protokoll 21/3 des Gesundheitsausschusses). a) Trifft es auch auf K2 zu, dass diese Substanz hauptsächlich über das Internet vertrieben wird? Wenn nein, inwiefern nicht? Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen dem Senat nicht vor. Bisher kam es zu keinem Ermittlungsverfahren beziehungsweise zu keiner Sicherstellung von K2 im Zuständigkeitsbereich der speziell für die Verfolgung von Rauschgiftdelikten zuständigen Dienststelle LKA 6 im Landeskriminalamt Hamburg. Erkenntnisse zur Herkunft liegen daher nicht vor. Drucksache 21/6591 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b) Was tun der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden, um den Internethandel mit K2 und anderen synthetischen Cannabinoiden zu unterbinden? Die Polizei führt die im Einzelfall erforderlichen gefahrenabwehrenden und strafverfolgenden Maßnahmen durch; im Übrigen siehe Antworten zu 1. und zu. 2. bis 3. a). 4. Welche Feststellungen wurden in Hamburg bisher getroffen bezüglich Personen, die a) mit dieser Droge handeln? b) diese Droge konsumieren? Siehe Antworten zu 1. und zu. 2. bis 3. a). 5. Fallen synthetische Cannabinoide unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG)? Wenn nein, warum nicht? Synthetische Cannabinoide werden in ihrer chemischen Struktur häufig so verändert, dass sie eine ähnliche Wirkung wie bereits bekannte und dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterstellte Substanzen entfalten, jedoch aufgrund einer leichten chemischen Variation selbst nicht in der Anlage 6 des BtMG aufgeführt sind. Synthetische Cannabinoide fallen erst unter das BtMG, wenn sie mit ihrer speziellen chemischen Struktur als Betäubungsmittel in der Anlage 6 des BtMG namentlich erfasst wurden. Der zunehmende Vertrieb dieser neuen psychoaktiven Substanzen (npS), insbesondere in Form von sogenannten Legal-High-Produkten, die vielfach Inhaltsstoffe enthalten , die nicht dem BtMG unterstellt sind, stellt ein Problem dar. Diese Substanzen fielen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014 unter keine gesetzliche Einschränkung. Sie können bis zum Inkrafttreten des NpSG nur zur Gefahrenabwehr beschlagnahmt werden. Bei der Feststellung neuer psychoaktiver Substanzen werden die entsprechenden Untersuchungsergebnisse dem Bundeskriminalamt gemeldet, damit von dort bei den zuständigen Ministerien die Aufnahme der Substanzen in die Anlagen des BtMG angeregt werden kann. In Zukunft wird diese Strafbarkeitslücke durch ein Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz – NpSG) geschlossen, dass am 22. September 2016 vom Bundestag in zweiter und dritter Lesung beschlossen wurde. 6. Welche kurz- und langfristigen psychischen, organischen und sozialen Folgen hat der Konsum von synthetischen Cannabinoiden? Zu den am häufigsten beschriebenen Neben- und Nachwirkungen gehören Herzrasen , Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen, Übelkeit, Angst und Panik sowie vereinzelt auch Sehstörungen und aggressives Verhalten der Konsumenten, Lähmungserscheinungen und Wahnvorstellungen bis hin zum Versagen der Vitalfunktionen (Anhörung von Gesundheits- und Sicherheitsexperten im Gesundheitsausschusses des Bundestags zum Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe am 06.07.2016, BT.-Drs. 18/8579). Der Konsum von synthetischen Cannabinoiden kann längerfristig dieselben Auswirkungen auf nahezu alle Lebensbereiche haben wie die Abhängigkeit von anderen Suchtmitteln. 7. Werden Fälle des Konsums natürlichen Cannabis und synthetischer Cannabinoide statistisch gemeinsam erfasst? Wenn ja, warum und wie bewerten die zuständigen Behörden diese gemeinsame Erfassung? Wenn nein, wie genau werden diese beiden Stoffgruppen jeweils erfasst? Statistiken im Sinne der Fragestellung werden nicht geführt. Verstöße gegen das BtMG, wie beispielsweise der Besitz, der Erwerb oder der Handel von BtM, werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) grundsätzlich getrennt Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6591 3 nach Stoffgruppen erfasst. Die Erfassung von Taten im Zusammenhang mit Cannabis erfolgt dementsprechend gegliedert nach der Art des Deliktes. Eine gesonderte Erfassung synthetischer Cannabinoide erfolgt nicht. Diese Verstöße werden, gegliedert nach der Art des Deliktes, unter dem Rubrum „mit sonstigen BtM“ erfasst. 8. Laut des aktuellen Drogen- und Suchtberichts der Bundesregierung1 wurden 2015 39 Todesfälle im Zusammenhang mit synthetischen Drogen vom Bundeskriminalamt festgestellt. Wie viele dieser Fälle haben sich in Hamburg ereignet und um welche synthetische Droge handelte es sich jeweils? Siehe Drs. 21/3590. 9. Wie viele Konsumenten synthetischer Drogen in Hamburg wurden im vergangenen und im laufenden Jahr festgestellt und in wie vielen Fällen spielten synthetische Cannabinoide eine Rolle? Statistiken im Sinne der Fragestellung zu synthetischen Cannabinoiden werden nicht geführt. Im Hinblick auf Konsumentinnen und Konsumenten, die eine Suchtberatung in Anspruch nehmen, wird auf die Hamburger Basisdokumentation 2015 (BADO), 7. Tabellenanhang, verwiesen. Für 2016 liegen der zuständigen Behörde noch keine Daten vor. 10. Wie viele Fälle von Krankenhauseinlieferungen aufgrund einer akuten Intoxikation durch synthetische Cannabinoide wurden seit 2011 in Hamburg festgestellt? Bitte jahresweise angeben. 11. Wie hat sich die Fallzahl von Krankenhauseinlieferungen aufgrund einer akuten Intoxikation durch synthetische Cannabinoide seit 2011 in Deutschland entwickelt? Bitte jahresweise angeben. Die genaue Zahl der Krankenhauseinlieferungen (stationäre und gegebenenfalls ambulante Fälle) aufgrund einer akuten Intoxikation durch synthetische Cannabinoide liegen der zuständigen Behörde nicht vor. Hilfsweise kann auf die Zahl der vollstationär behandelten Fälle verwiesen werden. Aus der vollstationären Krankenhausbehandlung entlassene Fälle mit der Diagnose F12.0 Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide: Akute Intoxikation (akuter Rausch) Behandlungsort 2011 2012 2013 2014 Deutschland 1.268 1.288 1.340 2.089 Hamburg 23 18 13 26 Krankenhausstatistik – Diagnosedaten der Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern, Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn 12. Wie viele Todesfälle aufgrund des Konsums synthetischer Cannabinoide wurden seit 2011 in Hamburg festgestellt? Bitte jahresweise aufschlüsseln . 13. Wie viele Todesfälle aufgrund des Konsums synthetischer Cannabinoide wurden seit 2011 in Deutschland festgestellt? Bitte jahresweise aufschlüsseln . Nach Auskunft des Instituts für Rechtsmedizin (IfR) des UKE können nach dortigem Ad-hoc-Kenntnisstand in der Kürze der Zeit die nachfolgenden Hinweise gegeben werden: Soweit im IfR bekannt, ist in Hamburg für die letzten Jahre noch kein Todesfall bekannt, der auf die Einnahme von „Neuen psychoaktiven Substanzen“ zurückgeführt werden kann. Wie schon bei Crystal Meth oder auch dem Missbrauch von Fentanyl, liegen erhebliche regionale Unterschiede bei der Konsumhäufigkeit in Deutschland vor. Auch bei 1 http://www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/Dateien-DBA/Drogenbeauftragte/4_Presse/ 1_Pressemitteilungen/2016/2016_2/160928_Drogenbericht-2016_NEU_Sept.2016.pdf. Drucksache 21/6591 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 diesen genannten Drogen blieb Hamburg, im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands, weitgehend verschont. Auch bei den „Legal Highs“ erscheint der Konsum in Hamburg bei Weitem nicht so verbreitet wie anderswo. Im Übrigen siehe Drs. 21/3590. 14. Was haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden bisher unternommen, um die Herstellung, den Handel und den Konsum synthetischer Cannabinoide wie „K2“ zu unterbinden? Siehe Antworten zu 1. und zu. 2. bis 3. a).