BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6592 21. Wahlperiode 15.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 07.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Überlastung der Justiz – Übermäßig hohe Arbeitsbelastung in den Hauptabteilungen II und III der Staatsanwaltschaft Hamburg? Die Arbeitsbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg ist weiterhin außerordentlich hoch. Im vergangenen Jahr bestätigte der Leiter der Staatsanwaltschaft gegenüber dem NDR, „45 bis 47 Stunden Arbeitszeit pro Woche seien für die Staatsanwälte normal“. In demselben Interview räumte er ein, dass viele auch das Wochenende und beziehungsweise oder ihren Urlaub dafür nutzen, Rückstände abzuarbeiten. Besonders gravierend soll die Situation aktuell in den Hauptabteilungen II (Amtsanwaltssachen und sonstige Verfahren) und III (Allgemeine Abteilungen ) sein. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde arbeitet kontinuierlich an der Verbesserung der Personalsituation bei der Staatsanwaltschaft Hamburg. Auf den Anstieg der Verfahrenszahlen bei der Amtsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft wurde mit den Drs. 21/1425 und 21/1979 reagiert. Die Einrichtung des sogenannten Richterpools mit insgesamt fünf Stellen der R-Besoldung, von denen zurzeit zwei Stellen bei der Staatsanwaltschaft genutzt werden, trägt dazu bei, dass in Situationen mit herausgehobenen Arbeitsspitzen durch eine personelle Verstärkung flexibel reagiert werden kann. Des Weiteren wurden für Fälle von Langzeiterkrankungen die Möglichkeiten der Nachbesetzung geschaffen. Zurzeit werden dadurch zwei Stellen von Langzeiterkrankten ausgeglichen . Damit wurde die Staatsanwaltschaft um insgesamt vier Stellen für Dezernentinnen und Dezernenten gestärkt. Für die Amtsanwaltschaft wurde im Umfang von 0,5 VZÄ eine zusätzliche Einstellungsmöglichkeit geschaffen. Darüber hinaus wurde eine weitere Verbesserung der Personalsituation bei der Staatsanwaltschaft im Rahmen von Maßnahmen gegen gewaltbereiten Salafismus und religiösen Extremismus geschaffen (Drs. 21/5039, Salafismusprävention). Das Besetzungsverfahren der zwei zusätzlichen Stellen der R-Besoldung läuft noch. Eine weitere Verstärkung wird erfolgen, wenn der Haushaltsplan-Entwurf für 2017/ 2018 wie beantragt beschlossen wird. Danach wird es fünf zusätzliche Stellen für Dezernentinnen und Dezernenten sowie fünf zusätzliche Stellen in den Geschäftsstellen geben (siehe Drs. 21/5000). Konkret beabsichtigt die Staatsanwaltschaft, aus den Personalzuwächsen der Hauptabteilung II eine weitere volle Dezernentenstelle sowie der Hauptabteilung III einen zusätzlichen Stellenanteil von 0,9 zuzuweisen. Darüber hinaus wird die Hauptabteilung III bereits jetzt durch die Einrichtung der Abteilung 67 dadurch entlastet, dass Verfahren wegen Wohnungseinbruchsdiebstählen (§ 244 Absatz 1 Nummer 3 StGB) sowie damit zusammenhängende Hehlereitaten nunmehr in dieser neuen Abteilung bearbeitet werden. Zudem ist beabsichtigt, Brandsachen Drucksache 21/6592 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 aus der Zuständigkeit der Hauptabteilung III herauszunehmen und der Hauptabteilung VI zuzuweisen. Bereits kurzfristig hat die zuständige Behörde auf die Personalsituation mit Sofortmaßnahmen für die Bediensteten in den Geschäftsstellen reagiert und die Möglichkeit der Auszahlung von Überstunden sowie der Verlängerung von Verträgen für studentische Hilfskräfte geschaffen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der Dezernenten-Stellen (VZÄ und Besetzungsumfang ) bei der Staatsanwaltschaft in den Hauptabteilungen II und III jeweils jährlich seit dem Jahr 2013 entwickelt? Bitte zum Stichtag 31.12. und aktuell angeben. Der Stellenplan wird nicht nach Hauptabteilungen getrennt geführt. Die folgende Aufstellung der Ist-VZÄ der in den Hauptabteilungen eingesetzten Dezernentinnen und Dezernenten beruht auf Unterlagen über die interne Personaldisposition der Staatsanwaltschaft : Stichtag* Hauptabteilung II Hauptabteilung III VZÄ VZÄ 01.01.2013 41,05 29,70 01.01.2014 44,00 30,75 01.01.2015 40,25 33,85 01.01.2016 43,00 32,70 01.11.2016 44,30 33,60 * Die Daten liegen nur zum Stichtag 1.1. vor. 2. Wie hat sich die Eingangszahl der Ermittlungsverfahren in den Hauptabteilungen II und III der Staatsanwaltschaft Hamburg seit dem Jahr 2013 jeweils jährlich entwickelt? Bitte jeweils nach Js-, UJs- und OWi- Verfahren getrennt darstellen. Die Statistik wird nicht nach Hauptabteilungen getrennt geführt (siehe Drs. 21/6005). 3. Wie lange dauerte seit dem Jahr 2013 jährlich durchschnittlich ein Ermittlungsverfahren in den Hauptabteilungen II und III vom Tag des Eingangs bis zur Erledigung durch die Staatsanwaltschaft? Siehe Antwort zu 2. Im Übrigen wird für die UJs–Verfahren und die Owi-Verfahren keine Erledigungsstatistik geführt. Die Daten wären nur durch eine händische Auswertung von rund 620.000 UJs- und 26.000 Owi-Akten zu ermitteln. Dies ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich . 4. Wie hat sich die Anzahl der offenen Verfahren in den Hauptabteilungen II und III jeweils seit dem Jahr 2013 jährlich entwickelt? Bitte zum Stichtag 31.12. und aktuell angeben. Siehe Antwort zu 2. 5. Wie hoch ist die tatsächliche durchschnittliche Anzahl an Wochenarbeitsstunden der in den Hauptabteilungen II und III tätigen Dezernenten? Die Arbeitszeit der Dezernentinnen und Dezernenten wird wie bei Richterinnen und Richtern einvernehmlich nicht erfasst. 6. Wie viele seit dem Jahr 2013 in den Hauptabteilungen II und III geführte Verfahren endeten mit Einstellungen gemäß a. § 170 Absatz 2 StPO? b. § 153 StPO? c. § 153a StPO? d. § 154 Absatz 1 StPO? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6592 3 Siehe Antwort zu 2. 7. Wie beurteilt die zuständige Behörde die Entwicklung der Arbeitsbelastung insbesondere der in den Hauptabteilungen II und III tätigen Dezernenten ? 8. Der Senat geht in seinem Haushaltsplan-Entwurf 2017/2018 von deutlich steigenden Eingangszahlen aus: In Bekanntsachen steigen die erwarteten Neuzugänge von 145.000 auf 155.000 p.a. ab 2017 (Kennzahl B_234_01_001 StA) und in Unbekanntsachen ist ein Anstieg von 155.000 auf 165.000 geplant (Kennzahl B_234_01_003 StA). Wie hoch ist nach Ansicht der zuständigen Behörde der Anteil dieser Steigerungen , der auf die Hauptabteilungen II und III entfällt beziehungsweise mit wie vielen Neuzugängen rechnet die zuständige Behörde in den Hauptabteilungen II und III für die Jahre 2017 und 2018? 9. Welche konkreten Maßnahmen werden zur Entlastung der überdurchschnittlich hoch belasteten Dezernenten in den Hauptabteilungen II und III der Staatsanwaltschaft seitens der zuständigen Behörde durchgeführt beziehungsweise sind geplant? Bitte detailliert darstellen. Siehe Vorbemerkung.