BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6593 21. Wahlperiode 15.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 07.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Behindert der neue Rahmenvertrag der KMK mit der VG WORT die Lehre an den Hamburger Hochschulen? Nachdem sich die Kulturministerkonferenz (KMK) und die Verwertungsgesellschaft Wort (VG WORT) Ende 2015 darauf verständigt hatten, im Jahr 2016 die erlaubte Intranetnutzung an öffentlichen Hochschulen, wie sie unter anderem für digitale Semesterapparate von Bedeutung ist, im Jahr 2016 nochmals über eine angemessene Pauschalzahlung zu vergüten, wurde nun ein neuer Rahmenvertrag zwischen KMK und VG WORT abgeschlossen. Dieser Anfang Oktober geschlossene Rahmenvertrag über die Intranetnutzung nach Paragraf 52a Urheberrechtsgesetz (UrhG) bekommt von einigen Hochschulen Gegenwind. Im Unterschied zu früheren Rahmenverträgen müssen alle Hochschulen explizit der Vereinbarung beitreten. Einige Hochschulen beziehungsweise Landeshochschulkonferenzen (LHK), wie etwa die LHK Niedersachsen, weigern sich nun, diesem Rahmenvertrag beizutreten beziehungsweise diesen Vertrag abzuschließen und beizutreten. Hintergrund für die Weigerung ist in erster Linie die Umstellung des Vergütungsmodells von der Pauschalabgeltung zur Einzelfallabrechnung. Über die Einzelfallabrechnung war jahrelang in einem Rechtsstreit zwischen der VG WORT und der Kultusministerkonferenz gestritten worden. Die vom Bundesgerichtshof empfohlene Nutzungsvergütung von 0,008 Euro (0,8 Eurocent) pro Seite und Unterrichtsteilnehmer wurde in den jetzt unterzeichneten Rahmenvertrag übernommen. Mit der nutzungsbezogenen Abrechnung wurde nun scheinbar die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. März 2013 (I ZR 84/11) umgesetzt. Die VG WORT soll so in die Lage versetzt werden, die Einnahmen unmittelbar denjenigen Rechtsinhabern zukommen zu lassen, deren Werke im Intranet einer Hochschule tatsächlich genutzt werden. Ein Testversuch im Wintersemester 2014/2015 an der Universität Osnabrück zur Umsetzung des neuen Abrechnungsmodus zeigte allerdings einige Probleme auf. Unabhängig davon, dass nun jeder Professor und Lehrende seine Materialien, die er in solche Semesterapparate einstellt, der VG WORT melden muss, zeigten sich weitere bürokratische Hemmnisse. Es musste in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob jeder einzelne Text dem Paragrafen 52a unterliegt oder nicht, ob es möglicherweise Verlagslizenzen gibt, die genutzt werden müssen und so weiter. Es stellen sich hier Fragen danach, ob die Umstellung auf die Einzelfallabrechnung angemessen ist vor dem Hintergrund des bürokratischen Aufwandes , und ob es nicht auch andere einfachere Lösungen für einen an und für sich berechtigten Leistungsschutz geben kann. Drucksache 21/6593 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche konkreten Neuerungen beinhaltet der neue Rahmenvertrag zwischen KMK und VG WORT im Vergleich zum bisher geltenden Recht? Und zu wann treten die Änderungen in Kraft? 2. Welche Änderungen wurden durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. März 2013 genau eingefordert? Und inwieweit finden sich diese in der Neuregelung des neuen Rahmenvertrages wieder? 3. Wann und in welcher Form wird die Hamburgische Bürgerschaft über die Neuregelungen des Rahmenvertrages informiert werden? Die Volltexte des Vertrags und des BGH-Urteils sind im Internet zu finden. Rahmenvertrag mit der VG WORT: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/ PresseUndAktuelles/2016/Rahmenvertrag52aUrhG_VGWORT_unterzeichnet.pdf. BGH-Urteil: http://openjur.de/u/641887.html. Bei dem „Rahmenvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG (Hochschulen )“ handelt es sich um einen Vertrag zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK) und der VG WORT. Der Inhalt der Neuregelungen ist frei öffentlich zugänglich. 4. a) Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Neuregelungen des neuen Rahmenvertrages zwischen KMK und VG WORT vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf die Hamburger Hochschulen und Universitäten? b) Gibt es nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde andere, unbürokratischere Möglichkeiten das oben genannten Urteil des Bundesgerichtshofs umzusetzen? Und wenn ja: welche? Wenn nein: warum nicht? 5. a) Welche Positionen nehmen die Hamburger Universitäten und Hochschulen zu den Neuregelungen des neuen Rahmenvertrages zwischen KMK und VG WORT ein? b) Welche Erfahrungen haben die Hamburger Universitäten und Hochschulen bisher, sofern möglich, mit dieser Neuregelung gemacht beziehungsweise welche Auswirkungen erwarten diese durch die nun anstehenden Neuregelungen? Die Entscheidung über den Beitritt zum Rahmenvertrag bleibt der jeweiligen Hochschule vorbehalten. Die Hamburger Landeshochschulkonferenz (LHK) hat sich in ihrer Sitzung am 1. November 2016 einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Hamburger Hochschulen dem Rahmenvertrag zum § 52a UrhG nicht beitreten. Die Universität Hamburg (UHH) war in dieser Sitzung nicht vertreten; das Präsidium der UHH wird über die Frage des Beitritts gesondert beraten. Gegenwärtig haben sich nach Kenntnisstand der zuständigen Behörde weitere fünf Landeshochschulkonferenzen anderer Länder gegen den Beitritt zum Rahmenvertrag ausgesprochen. Erfahrungen mit den Neuregelungen liegen noch nicht vor, da diese erst zum 1. Januar 2017 greifen. c) Inwieweit steht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde im Austausch mit den Hamburger Universitäten und Hochschulen zu den anstehenden Neuregelungen beziehungsweise zur Einzelfallabrechnung ? Und was sind die bisherigen Erkenntnisse aus diesem Austausch? Die Direktorin der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (SUB) ist Mitglied der zuständigen Kommission „Bibliothekstantieme“ der KMK und hat in dieser Funktion an den Vertragsverhandlungen mit der VG WORT teilgenommen, sodass ein direkter Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6593 3 Informationsfluss zur zuständigen Behörde durchgehend gewährleistet ist. Die Hochschulen wurden durch die SUB über die anstehenden Neuregelungen informiert, hinzu kam eine Unterrichtung der Hochschulen über die Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Schließlich hat das Multimedia Kontor Hamburg (MMKH) nach Abschluss des Rahmenvertrages eine Informationsveranstaltung durchgeführt, zu welcher die Kanzlerinnen und Kanzler, die Bibliotheksleitungen und die E-Learning-Beauftragten der Hochschulen eingeladen wurden. Die Diskussion im Anschluss an die Fachvorträge hat gezeigt, dass die Teilnehmenden den mit den Neuregelungen einhergehenden Aufwand im Verhältnis zum Nutzen als zu hoch einschätzten. d) Gedenkt der Senat die Erfahrungen mit der Neuregelung des Rahmenvertrages Ende 2017 zu evaluieren? Und wenn ja: in welcher Form? Wenn nein: warum nicht? Angesichts der bundesweiten Entwicklung ist offen, ob und wie viele Hochschulen ab dem 1. Januar 2017 das im Rahmenvertrag vorgesehene Verfahren anwenden werden und sich damit evaluierbare Erfahrungen ergeben. Im Übrigen liegt die Koordination des weiteren Verfahrens bei der KMK.