BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6603 21. Wahlperiode 15.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Kurt Duwe und Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 07.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Änderung der Krankenhausversorgung in Harburg – Warum so plötzlich ? Über 45 Millionen Euro hat die Stadt Hamburg in Neubauten der HELIOS Mariahilf Klinik und des Asklepios Klinikums Harburg investiert. Die Planungen und Umsetzungen erfolgten unter anderem in der Annahme, dass sowohl das Mariahilf als auch das AKH eine Notaufnahme vorhalten. Des Weiteren sollte auch weiterhin in beiden Häusern eine Geburtenstation und eine gynäkologische Abteilung für die Patienten vorgehalten werden. Nun verkündet der Senat zur Überraschung der Beschäftigten und der Öffentlichkeit , dass eine Umstrukturierung in beiden Harburger Krankenhäusern erfolgen soll. Geplant ist die Aufgabe der Notaufnahme in der Mariahilf Klinik und im Gegenzug schließt das AKH seine gynäkologische Abteilung und die Geburtenstation. Die betroffenen Angebote sollen demnach nur noch an jeweils einem Standort vorgehalten werden. Diese Ankündigung kommt sehr plötzlich, wirft dementsprechend Fragen auf und führt zu Protesten in der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften des Asklepios Klinikum Harburg und der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg wie folgt: 1. Seit wann beabsichtigt der Senat konkret die Schließung/Verlagerung der genannten Bereiche? Die zuständige Behörde befindet sich seit April 2016 im Gespräch mit den beiden Harburger Krankenhäusern Asklepios Klinikum Harburg und HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg zu strukturellen Veränderungen. 2. Welche Gründe haben zu der Entscheidung geführt? Die Gründe sind der Pressemitteilung der zuständigen Behörde vom 16. September 2016 (http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/6943586/2016-09-16-bgvkrankenhausversorgung -harburg/) zu entnehmen. 3. Wann und wo wurden die Änderungen beschlossen? Im September 2016 in Absprache zwischen der zuständigen Behörde, dem Asklepios Klinikum Harburg, der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg und deren Trägern. 4. Welche Gremien wurden oder werden an der Entscheidung darüber beteiligt? Der Landesausschuss für Krankenhaus- und Investitionsplanung wird sich in seiner November-Sitzung 2016 mit den Plänen für Harburg befassen. Drucksache 21/6603 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 5. In welcher Form und von wem liegen dem Senat bisher ablehnende Stellungnahmen /Proteste vor? Der zuständigen Behörde liegen einzelne ablehnende Schreiben von Bürgerinnen und Mitarbeitern/-innen des Asklepios Klinikum Harburg und eine Unterschriftensammlung vor. 6. Wie bewertet der Senat diese jeweils? Die zuständige Behörde hält die Konzentration der geburtshilflichen und gynäkologischen Versorgung an einem Standort in Harburg für sehr sinnvoll und für eine große Chance zur Optimierung der Versorgung. Die gleichzeitige Neuordnung der Notfallversorgung ermöglicht eine Optimierung von Ressourceneinsatz und organisatorischen Abläufen. Bisher betreiben sowohl das Asklepios Klinikum Harburg als auch die HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg jeweils eine Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Geburtshilfe in der Asklepios Klinikum Harburg im Status einer Geburtsklinik mit rund 740 Geburten in 2015 und die HELIOS Mariahilf Hamburg als Perinatalzentrum Level 2 mit rund 1.700 Geburten. In der Fachwelt ist es unstrittig, dass sehr kleine geburtshilfliche Abteilungen ohne pädiatrische Unterstützung grundsätzlich ein größeres Risiko für Mutter und Kind zur Folge haben als größere Abteilungen. Auch die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern wie Schweden, Finnland oder Portugal zeigen, dass die Konzentration von Geburten in weniger Klinken zu einer deutlichen Verringerung der Säuglingssterblichkeit führt. Die geburtshilfliche Abteilung in dem Asklepios Klinikum Harburg gehört zu den kleineren Abteilungen in Hamburg. Die Konzentration der Geburten in der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg erleichtert es, zu einer höheren Versorgungsstufe sowie in der Not- und Unfallversorgung zu einer Optimierung der Abläufe und der personellen Besetzung zu kommen. Dadurch kann gerade auch für die Frühgeborenen und besonders sehr kleinen Frühgeborenen ein höherer Sicherheitslevel erreicht werden. Die Sicherstellung der gynäkologisch-geburtshilflichen Versorgung im Süderelberaum soll daher zukünftig allein der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg obliegen. Vorgesehen ist, die gesamte Versorgungskette für Kinder und Frauen im Fachgebiet Gynäkologie/ Geburtshilfe anzubieten und diese Bereiche entsprechend zu optimieren. Entsprechend müssen die personellen und räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Diesen Prozess wird die zuständige Behörde weiter intensiv begleiten. 7. Zu welchem Zeitpunkt soll die Umstrukturierung in den beiden Häusern erfolgen? Die Geburtshilfe und Gynäkologie einschließlich der Notfallversorgung in diesen Bereichen geht zum 1. Januar 2017 vom Asklepios Klinikum Harburg auf die HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg über. Die Konzentration der Notfallversorgung Erwachsener an der AK Harburg erfolgt zum 1. Juli 2017. 8. Wann wurden die Beschäftigten der beiden Kliniken über die geplanten Änderungen in Kenntnis gesetzt? Die Beschäftigten des Asklepios Klinikum Harburg wurden am 19. September 2016 informiert. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg wurden am 16. September 2016 informiert. 9. Wie viele Beschäftige sind jeweils davon betroffen? Nach Auskunft des Asklepios Klinikum Harburg sind zwölf Ärztinnen/Ärzte, 13 Hebammen , 16 Pflegekräfte, vier Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter im Funktionsdienst (Ambulanz /Sprechstunde) und zwei Sekretariatskräfte betroffen. Von den Neuerungen in der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg sind nur die Mitarbeiterinnen /Mitarbeiter der Zentralen Notaufnahme direkt betroffen. Insgesamt müssen sich Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6603 3 circa 20 Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter darauf einstellen, dass hier ab dem 1. Juli 2017 hauptsächlich Kinder und gynäkologische Notfälle behandelt werden. 10. Sind durch die Änderungen Entlassungen notwendig? Wenn ja, in welcher Anzahl? Asklepios Klinikum Harburg: Aktuell geht das Asklepios Klinikum Harburg davon aus, dass keine betriebsbedingten Entlassungen notwendig sein werden und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Arbeitsplatz im Unternehmen angeboten werden kann. HELIOS Mariahilf Klinik: Es wird keine Entlassungen geben, da alle bestehenden Fachabteilungen der HELIOS Mariahilf Klinik erhalten bleiben. Zudem übernehmen die durch die Strukturveränderungen wachsenden Abteilungen Gynäkologie und Geburtshilfe fünf Kräfte vom Asklepios Klinikum Harburg zum Januar 2017 – drei Hebammen und zwei Ärzte. 11. In welcher Höhe wurden in den letzten drei Jahren Investitionen getätigt im Mariahilf, die den Bereich der Notaufnahme betreffen? Im Rahmen der Neubaumaßnahme wurden Mittel in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro (Anteil Freie und Hansestadt Hamburg) für die Zentrale Notaufnahme der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg bereitgestellt. Die Räumlichkeiten stehen weiterhin für die Versorgung zur Verfügung. 12. In welcher Höhe wurden in den letzten drei Jahren Investitionen getätigt im AKH Harburg, welche die Geburtenstation und die gynäkologische Abteilung betreffen? Im Rahmen der Maßnahme „Neustrukturierung des Asklepios Klinikums Harburg 2. Bauabschnitt“ wurden Mittel in Höhe von rund 3,4 Millionen Euro (Anteil Freie und Hansestadt Hamburg) für die geburtshilfliche und gynäkologische Abteilung bewilligt. Die Baumaßnahmen zum 2. Bauabschnitt haben erst im Juli 2016 begonnen. Die bisher für die Gynäkologie/Geburtshilfe vorgesehenen Räume werden umgewidmet und nach Fertigstellung vorrangig für Funktionsbereiche des AK Harburg genutzt. Die Verlagerung der Funktionsbereiche ermöglicht die notwendige Erweiterung der Zentralen Notaufnahme und der damit verbundenen erforderlichen zusätzlichen Flächen im Erdgeschoß. 13. In welcher Höhe und Form müssen Investitionen im Mariahilf getätigt werden, um die geplante Umstrukturierung realisieren zu können? 14. In welcher Höhe und Form müssen Investitionen im AK Harburg getätigt werden, um die geplante Umstrukturierung realisieren zu können? 15. Wie hoch ist jeweils der Investitionskostenanteil der Freien und Hansestadt Hamburg daran? Die Planungen zu den baulichen Veränderungen sind noch nicht abgeschlossen. Für die Umsetzung der Veränderungen sollen Mittel aus dem Krankenhaus-Strukturfonds (§§ 12 – 14 KHG) beantragt werden. 16. Wurden die Mittel bereits bereitgestellt? Wenn ja, aus welchem Titel und in welcher Höhe? Nein. 17. Das AK Harburg bietet als eine der wenigen Kliniken Deutschlands die Hebammen geleitete Geburt an. Soll dieses Angebot künftig auch im Mariahilf vorgehalten werden? Die Neuordnung der Geburtenversorgung ermöglicht auch eine Neuorientierung in der HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg, daher ist auch hier die Einrichtung eines Hebammen -Kreißsaals möglich. Aktuell befindet sich das Krankenhaus hierzu in Gesprächen . Drucksache 21/6603 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 18. Welche Hamburger Plankrankenhäuser verfügen über eine Notaufnahme und welche nicht? Bitte einzeln auflisten. Von den Hamburger Plankrankenhäusern nehmen uneingeschränkt an der Not- und Unfallversorgung teil: Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg Albertinen-Krankenhaus Altonaer Kinderkrankenhaus Asklepios Kliniken St. Georg, Barmbek, Altona, Harburg, Nord, Wandsbek Westklinikum Bethesda Krankenhaus Bergedorf Bundeswehrkrankenhaus Hamburg Ev. Amalie-Sieveking-Krankenhaus HELIOS Mariahilf Klinik Hamburg Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Katholisches Marienkrankenhaus Schön Klinik Hamburg Eilbek Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Wilhelmsburger Krankenhaus „Groß Sand“ Eingeschränkt nehmen an der Not- und Unfallversorgung teil: BG Klinikum Hamburg (chirurgische Notfälle). Universitäres Herzzentrum GmbH (kardiologische und kardiochirurgische Notfälle) Folgende Plankrankenhäuser auf Hamburger Stadtgebiet nehmen nicht an der Notund Unfallversorgung teil: Ev. Krankenhaus Alsterdorf Facharztklinik Hamburg HELIOS Endo-Klinik Hamburg Israelitisches Krankenhaus Klinik Dr. Guth Klinik Fleetinsel Hamburg Krankenhaus Jerusalem Krankenhaus Tabea Praxisklinik Bergedorf Stadtteilklinik Hamburg 19. Wie ist das Verfahren nach der Schließung der Notaufnahme zukünftig, wenn Notfälle dem Mariahilf privat zugeführt werden? Die Notaufnahme der HELIOS Mariahilf Klinik wird nicht geschlossen, sondern übernimmt weiterhin die Notfallversorgung für alle Kinder und gynäkologische Notfälle. Alle Personen, die sich darüber hinaus in einem medizinischen Notfall an HELIOS Mariahilf wenden, werden selbstverständlich im Spektrum der bestehenden Fachabteilungen auch weiterhin rund um die Uhr in der dortigen Ambulanz behandelt.