BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6629 21. Wahlperiode 15.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 08.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Soziale Infrastruktur in Not In der letzten Woche hatten Mitarbeiter/-innen aus dem ASD im „Hamburger Abendblatt“ Alarm geschlagen, weil es gar keinen freien Platz mehr in den fünf Hamburger Kinderschutzhäusern gab, um akute Notfälle unterzubringen. Auch in der Bereitschaftspflege waren keine Plätze mehr vorhanden. Vor dem Hintergrund der kommenden Haushaltsberatungen ist es wichtig zu wissen , wie der Zustand von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur in der Kinder - und Jugendhilfe in Hamburg ist, damit solche Situationen für die Zukunft ausgeschlossen werden können. Ich frage den Senat: 1. Trifft es zu, dass der Senat ein weiteres Kinderschutzhaus plant? Wenn ja, welcher Träger wird mit dieser Einrichtung betraut sein? Siehe Drs. 21/6563. 2. Wie viele Mittel sind dafür im Haushalt jeweils für die Jahre 2017 und 2018 eingeplant? Siehe Drs. 21/6571. 3. Wie viele Plätze werden zusätzlich entstehen und wie viele Fachkräfte werden in der Einrichtung zur Verfügung stehen? Entsprechend der Leistungsvereinbarung sieht der Landesbetrieb Erziehung und Beratung in Kinderschutzhäusern folgenden Betreuungsschlüssel vor: Pädagogisches Personal : Platz 1 : 1,22 Wirtschaftspersonal (HWF) : Platz 1 : 3,5 Leitung und Koordination : Platz 1 : 14,5 Verwaltungspersonal : Platz 1 : 40 Im Übrigen siehe Drs. 21/6563. 4. Wann wurde mit den Planungen für das Kinderschutzhaus begonnen und wann soll das neue Kinderschutzhaus seinen Betrieb aufnehmen? Der LEB recherchiert laufend auf dem Immobilienmarkt und im städtischen Immobilienbestand nach Objekten, die für eine Betreuung von Kindern und Jugendlichen geeignet sind. Im Jahr 2016 liegt der Schwerpunkt auf einer Erweiterung des Platzbestandes im Bereich des Kinderschutzes. Die Suche führte im August 2016 zu einem Angebot durch einen privaten Investor für die Anmietung eines noch zu erstellenden Neubaus im Osten Hamburgs. Im Übrigen siehe Drs. 21/6571. 5. Um Fälle zu vermeiden, in denen eine vollständige Belegung aller Kinderschutzhäuser eine Unterbringung in akuter Notlage verhindert, wäre Drucksache 21/6629 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 es notwendig mit einer Belegungsquote von unter 100 Prozent zu rechnen . Mit welcher Belegungsquote rechnet die Fachbehörde? Wenn die Fachbehörde bis jetzt nicht mit solchen Quoten arbeitet, was hält die Fachbehörde von ihr? In jedem Fall einer akuten Notlage wird eine Unterbringung von Kindern gewährleistet (siehe Drs. 21/6563 und 21/6571.). Die Erfahrungen in diesem Arbeitsbereich haben gezeigt, dass der Bedarf weder lang- noch kurzfristig so planbar ist, dass eine Zielbelegungsquote festgelegt werden könnte. Die Bedarfssituation kann im Verlauf nur weniger Tage erheblich zwischen einer Auslastung weit unter oder über 100 Prozent schwanken. Eine Platzkapazitätsplanung orientiert sich daher an der Anzahl der Unterbringungsanfragen und den zur Verfügung stehenden alternativen Unterbringungsorten wie zum Beispiel den Bereitschaftspflegeplätzen. 6. Eine Begründung für die fehlenden Unterbringungsplätze war die längere durchschnittliche Unterbringungsdauer der Kinder in den Kinderschutzhäusern . Was sind aus Sicht der Behörde die Gründe für die derzeitigen längeren Unterbringungen? Gibt es Vorstellungen in der Fachbehörde , mit denen die Dauer der Unterbringung verkürzt werden kann oder ist das ein länger anhaltender Trend, der neue Planungen in diesem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe erfordert? Eine lange Unterbringungszeit ergibt sich meist aus einer aufwendigeren Klärung im Einzelfall. So müssen häufig in den familiengerichtlichen Verfahren Gutachten zur Erziehungsfähigkeit der sorgeberechtigten Personen eingeholt werden, was meist mehrere Monate dauert. Die Dauer eines familiengerichtlichen Verfahrens ist daher nicht planbar. Ein weiterer Grund für die längere Verweildauer im Kinderschutzhaus kann sich daraus ergeben, dass – im Falle einer längerfristigen Unterbringung – eine im Einzelfall passende Einrichtung oder Pflegestelle gesucht werden muss. Insbesondere bei der Suche nach Pflegestellen muss sehr genau abgewogen werden, welche Pflegeeltern den speziellen Bedürfnissen eines Kindes gerecht werden kann. 7. Sind der Sozialbehörde Vorkommnisse bekannt, in denen Kinder unter dem Verdacht der Kindeswohlgefährdung aus ihren Familien in Obhut genommen werden sollten und es aus Platznot nicht zu einer Unterbringung kam? Wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich? Welche weiteren Schritte konnten beziehungsweise mussten die zuständigen Jugendämter in diesen Fällen veranlassen? Bitte alle Vorkommnisse seit 2011 unter Nennung des Datums, des Bezirkes und des Grundes auflisten. In allen Fällen konnte eine Unterbringung und damit ein hinreichender Schutz für die Kinder realisiert werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/6563. 8. Wie viele Bereitschaftspflegestellen gibt es in Hamburg? Ist die Zahl der Bereitschaftspflegestellen aus Sicht der Behörde ausreichend? Wenn ja, wie erklärt sich die Fachbehörde den Engpass in derzeitigen Bereitschaftspflege? Wenn nein, wie will der Senat den Engpass beseitigen? Will er die Zahl der Plätze in der Bereitschaftspflege erhöhen und um wie viele? In Hamburg gibt es zurzeit insgesamt 40 Bereitschaftspflegestellen. Die Zahl der Inobhutnahmen und die Inanspruchnahme von Bereitschaftspflegestellen unterliegt Schwankungen, sodass zeitweise die Platzzahl nicht ausreichend ist. Andererseits gibt es jedoch auch Zeiten, in denen Plätze nicht belegt sind. Die zuständige Behörde fördert kontinuierlich den Ausbau von Bereitschaftspflegestellen und ist mit dem Träger PFIFF gGmbH und den Bezirksämtern, die bezirkliche Bereitschaftspflegestellen (Stand-by Familien) haben, über eine konzeptionelle Ausgestaltung und den bedarfsgerechten Ausbau der Plätze im Gespräch. In 2016 liegt ein Schwerpunkt der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6629 3 Öffentlichkeitsarbeit des Trägers PFIFF gGmbH auf der Gewinnung von Bereitschaftspflegefamilien für die Stadt Hamburg. 9. Wie ist die finanzielle Ausstattung der Bereitschaftspflege geregelt? Wie viele Mittel werden bereitgestellt? Stehen die Mittel generell bereit oder werden sie nur bei Inanspruchnahme der Dienste gezahlt? Das monatliche Bereitschaftspflegegeld beträgt je nach Alter des aufgenommenen Kindes zwischen 1.397 Euro und 1.565 Euro. Im Bereitschaftspflegegeld ist eine Bereithaltepauschale für nicht belegte Zeiten enthalten. Die Nachfolgende Tabelle zeigt die Bestandteile und Staffelung des Pflegegeldes. Bereitschaftspflege 0-5 Jahre 6-11 Jahre ab 12 Jahre Unterhalt des Kindes 508 € 589 € 676 € Pauschalierte Nebenleistungen1 33 € 33 € 33 € Erstattung der Erziehungskosten1 856 € 856 € 856 € Summe 1.397 € 1.478 € 1.565 € 10. Wie viele Plätze in Mutter-Kind-Einrichtungen beziehungsweise Wohngruppen gibt es in Hamburg? Bitte tabellarisch auflisten bei Nennung der Einrichtung, Angabe des Bezirkes, Anzahl der Plätze und Jahr der Betriebsaufnahme. Die Gesamtzahl der Plätze in Mutter-/Vater-Kind-Einrichtungen in Hamburg beträgt derzeit 252. Zur Platzauflistung im Einzelnen siehe Anlage. 11. Mit welcher Personalquote wird in Eltern-Kind-Einrichtungen gearbeitet? Mit welchen Qualifikationen arbeitet das Personal in den Einrichtungen? Die Personalquote in den Mutter-/Vater-Kind-Einrichtungen bewegt sich in der Spanne zwischen 1 Fachkraft zu 1, 68 Müttern/Vätern und 1 Fachkraft: 2,10 Müttern/Vätern. Der rechnerische Mittelwert beträgt 1:1,89. Die in den individuellen Leistungsvereinbarungen vereinbarten Qualifikationsprofile betragen überwiegend eine sozialpädagogische Qualifikation zu 100 Prozent. Darüber hinaus gibt es Abweichungen durch den vereinbarten Einsatz von erzieherischen Kräften von bis zu 30 Prozent und pflegerischen Kräften von bis zu 20 Prozent. Der Anteil von sozialpädagogischen Kräften beträgt in diesen Einrichtungen mindestens 60 Prozent . 12. Welche anderen (ambulanten) Angebote zur Vermeidung der Herausnahme von Kindern aus der Familie hält Hamburg vor? Alle Angebote der Jugendhilfe sind darauf ausgerichtet, einen Beitrag zur Sicherstellung des Kindeswohls in der Familie sicherzustellen. Auch die Kindertagesbetreuung, Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie die Hamburg weit ausgebauten sozialräumlichen Hilfen und Angebote dienen diesem Ziel. Insbesondere sollen ambulante Hilfen zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII fortfolgende , die Erziehungsberatung, die soziale Gruppenarbeit, der Erziehungsbeistand, die sozialpädagogische Familienhilfe und die Erziehung in einer Tagesgruppe das Kindeswohl in der Familie gewährleisten und eine Herausnahme vermeiden. 1 Die erstatteten Erziehungskosten berücksichtigen den Vorhalteaufwand der anfallenden Standby-Zeiten. Der Leistungszeitraum für das erhöhte Erziehungsgeld soll in der Regel sechs Monate nicht übersteigen. Im besonders begründeten Einzelfall können die erhöhten Erziehungskosten bis zu weiteren drei Monaten erstattet werden. Die Erstattung der Erziehungskosten wird wegen der besonderen Anforderungen an Bereitschaftspflegestellen ab 1.4.2015 so angehoben, dass insgesamt eine monatliche Pauschale analog einer Erziehungsstelle erreicht wird. Drucksache 21/6629 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Plätze nach § 19 SGB VIII in Mutter/Vater-Kind-Einrichtungen Träger Platzzahl Bezirk Betriebsaufnahme Alida Schmidt-Stiftung 10 Hamburg-Mitte 01.01.2002 Alida Schmidt-Stiftung 2 Hamburg-Mitte 01.01.2005 Alida Schmidt-Stiftung 14 Hamburg-Mitte 01.04.2009 Alida Schmidt-Stiftung 1 Hamburg-Nord 01.01.2005 Alida Schmidt-Stiftung 1 Hamburg-Nord 01.01.2005 Alida Schmidt-Stiftung 1 Hamburg-Mitte 15.07.2013 Alida Schmidt-Stiftung 1 Hamburg-Mitte 15.09.2013 Alida Schmidt-Stiftung 1 Hamburg-Mitte 27.01.2014 Alida Schmidt-Stiftung 1 Hamburg-Mitte 10.06.2014 Alida Schmidt-Stiftung 2 Hamburg-Mitte 01.07.2015 Alsterdorf assistenz ost gGmbH 3 Bergedorf 01.09.2016 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 6 Bergedorf 02.06.2009 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 6 Bergedorf 01.02.2011 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 4 Eimsbüttel 28.07.2011 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 2 Eimsbüttel 28.07.2011 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 2 Eimsbüttel 09.03.2012 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 2 Eimsbüttel 15.10.2012 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 2 Eimsbüttel 08.04.2013 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 1 Eimsbüttel 10.06.2013 Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. 7 Hamburg-Mitte 01.04.2014 Caritasverband für Hamburg e.V. 9 Hamburg-Mitte 01.10.2012 Ev.-Luth. Kirchenkreis Hamburg-Ost 13 Wandsbek 01.01.2002 Ev.-Luth. Kirchenkreis Hamburg-Ost 2 Wandsbek 05.06.2014 Hamburger Kinder- und Jugendhilfe e.V. 6 Hamburg-Mitte 21.04.2010 Hamburger Kinder- und Jugendhilfe e.V. 5 Harburg 01.12.2013 Kinderheim Erwin Steffen GmbH 2 Harburg 09.11.2011 Landesbetrieb Erziehung und Beratung 28 Hamburg-Nord 07.07.2003 Landesbetrieb Erziehung und Beratung 14 Wandsbek 15.04.2014 Margaretenhort Kinder- und Jugendhilfe gGmbH 9 Harburg 15.12.2004 Margaretenhort Kinder- und Jugendhilfe gGmbH 9 Harburg 01.02.2008 S&S gemeinnützige Gesellschaft für Soziales mbH 7 Hamburg-Mitte 29.10.2014 SterniPark GmbH 27 Eimsbüttel 01.01.2002 Stiftung Abendroth-Haus 10 Eimsbüttel 01.01.2002 Stiftung Abendroth-Haus 3 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 4 Eimsbüttel 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 02.08.2005 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 01.08.2007 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 01.08.2007 Stiftung Abendroth-Haus 1 Wandsbek 15.05.2013 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 01.07.2015 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 01.07.2015 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 01.07.2015 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 15.12.2015 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 15.02.2016 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 15.02.2016 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6629 5 Träger Platzzahl Bezirk Betriebsaufnahme Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 15.02.2016 Stiftung Abendroth-Haus 1 Hamburg-Mitte 15.04.2016 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 01.01.2011 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 01.01.2011 Stiftung Das Rauhe Haus 2 Hamburg-Mitte 01.01.2011 Stiftung Das Rauhe Haus 4 Eimsbüttel 01.01.2011 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 14.01.2013 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 14.01.2013 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 01.05.2013 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 23.08.2013 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 05.12.2014 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 01.08.2015 Stiftung Das Rauhe Haus 1 Hamburg-Mitte 01.09.2015 Stiftung Das Rauhe Haus 2 Hamburg-Mitte 01.04.2016