BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6680 21. Wahlperiode 22.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 14.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Verwertung von Patenten der Hamburger Hochschulen An den Hamburger Hochschulen werden neue Technologien entwickelt, die der Gesellschaft Nutzen bringen sollen und können. Diese Forschungen werden teilweise mit Steuergeldern finanziert, deshalb besteht ein großes Interesse daran, dass der materielle Nutzen dieser Technologien teilweise der Stadt Hamburg zugutekommt. Hierzu ist es erforderlich, dass die Hamburger Hochschulen entsprechende Patente erwerben und deren Nutzung international vermarktet wird. Internationale Spitzenhochschulen haben längst entsprechende Strukturen wie technology transfer offices (TTO) gebildet . Ich frage den Senat: 1. Wie viele Patente haben die Hamburger Hochschulen in den letzten zehn Jahren erworben? Bitte nach Jahren, Hochschulen und gegebenenfalls Fakultäten aufschlüsseln. Siehe Anlage 1. 2. Wie viele davon haben wirtschaftliche Anwendung gefunden? Bitte ebenfalls nach Jahren, Hochschulen und gegebenenfalls Fakultäten aufschlüsseln . Siehe Anlage 2. 3. Welche Strukturen haben die Hamburger Hochschulen zur Vermarktung ihrer Patente gebildet? Gibt es TTOs? Bitte ebenfalls nach Hochschulen und gegebenenfalls Fakultäten aufschlüsseln. Die Universität Hamburg (UHH), Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Helmut-Schmidt- Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (HSU) und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) haben sich zu einem Patentverwertungsverbund zusammengeschlossen . Der Verbund arbeitet mit dem Geschäftsbereich Patentverwertungsagentur (PVA) der TUTECH Innovation GmbH/Hamburg Innovation GmbH (TU- TECH/HI) als externem Dienstleister zusammen, wodurch die Hochschulen ihren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine professionelle Beratung für Erfinderberatung , Erfindungsbewertung, Patentmanagement und Patentverwertung durch Experten bieten. An den Hochschulen wurden zudem Strukturen geschaffen, die in Zusammenarbeit mit der TUTECH/HI, Geschäftsbereich (PVA) für die Vermarktung ihrer Patente verantwortlich sind. An der HAW ist innerhalb der Stabsstelle Forschung und Transfer eine Stelle für den Bereich Wissens- und Technologietransfer eingerichtet. Das UKE hat in der MediGate GmbH eine eigene Technologietransfereinrichtung. An der UHH ist innerhalb des Drucksache 21/6680 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Referats Wissens- und Technologietransfer (WTT) in der Abteilung Forschung und Wissenschaftsförderung eine Person für den Bereich Erfindungen, Patente und Existenzgründungen zuständig. Hier erfolgen unter anderem die Erfinderberatung, die Prüfung der Erfindungsmeldungen, die Patentbetreuung sowie die Endabstimmung der Verwertungsverträge. Für die TUHH betreut das Tochterunternehmen TUTECH und HI neben dem Technologietransfer im weitesten Sinne auch das Patentwesen. Die HafenCity Universität Hamburg (HCU) verfügt über kein eigenständiges TTO. Das Referat für Forschung dient als erste Kontaktadresse in Fragen von Erfindungsmeldungen /Patenten. Für ausführliche Beratungen nimmt die HCU die Dienstleistungen der TUTECH/HI in Anspruch. An der HSU gibt es zur Vermarktung von Patenten keine eigene Organisationseinheit. Die HSU nimmt dafür insbesondere die Dienstleistungen der TUTECH/HI in Anspruch. 4. Wie viel Personal haben diese Strukturen zu ihrer ausschließlichen Verfügung ? Bitte in VZÄ angeben. Siehe Anlage 3. 5. Inwieweit unterstützen die Hamburger Hochschulen ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter bei der Anmeldung von Patenten? Die patentrelevanten Hamburger Hochschulen haben Leitlinien zum Umgang mit geistigem Eigentum und Patenten verabschiedet und diese teilweise auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Überdies stehen Kontaktpersonen zur Verfügung, bei denen die Erfindungen gemeldet werden. An der HCU, die nicht im Hamburger Patentverbund organisiert ist, werden im Rahmen eines Workshop-Programms des Forschungsreferats Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der HCU über das Prozedere einer Patentanmeldung informiert. Hierfür greift das Forschungsreferat auf die Expertise von TUTECH/HI zurück. 6. Welche Kosten verursacht eine Patentanmeldung? Wer trägt diese Kosten ? Die Kosten einer Patentanmeldung setzen sich zusammen aus Patentanwaltshonoraren und Patentamtsgebühren. Die Kosten variieren je nach Länderauswahl und eingebundener Patentanwaltskanzlei. Die Amtsgebühren werden von den jeweiligen Patentämtern auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Die TUTECH/HI stellt ihren Aufwand im Rahmen der Dienstleistungen den Hochschulen in Rechnung. Im Hamburger Patentverbund betreiben die HAW, HSU, TUHH, UHH und das UKE die Patentverwertung seit Februar 2016 im Rahmen des Fördervorhabens „WIPANO“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das BMWi fördert darin Ausgaben für Patentanwälte und -ämter im Zuge einer Anteilsfinanzierung von 35 Prozent der Bruttokosten. Die zuständige Behörde unterstützt die Hochschulen durch eine Kofinanzierung und der verbleibende Anteil wird von den Hochschulen getragen. Über eine Festbetragsfinanzierung fördert das BMWi zudem die Beauftragung einzelner , definierter Leistungspakete beim Dienstleister. Die zuständige Behörde unterstützt die Hochschulen auch hierbei durch eine Kofinanzierung, der verbleibende Anteil wird von den Hochschulen getragen. 7. Welche finanziellen Erträge haben die Hamburger Hochschulen in den letzten zehn Jahren aus ihren Patenten gezogen? Bitte nach Jahren, Hochschulen und gegebenenfalls Fakultäten aufschlüsseln. Siehe Anlage 4. 8. Welche immateriellen Vorteile wie zum Beispiel wissenschaftliche Partnerschaften mit Unternehmen haben die Hamburger Hochschulen aus ihren Patenten gezogen? Die Erzielung von Verwertungserlösen durch Veräußerung der Schutzrechte oder Vergabe von Nutzungslizenzen stellt ein wichtiges Ziel der Dienstleistung der PVA dar. Von zunehmender Bedeutung ist aus Sicht der Hamburger Hochschulen aber auch die Einwerbung von Drittmitteln auf Basis schutzrechtlich gesicherter Technologien . Nicht nur die Anbahnung von Industriekooperationen, sondern auch die Beantragung von EU- oder Bundesfördermitteln kann durch die nachweisliche schutzrecht- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6680 3 liche Sicherung der in die Projekte einzubringenden Technologien wesentlich unterstützt oder bei Projektanträgen erst ermöglicht werden. Sowohl seitens der Hochschulpräsidien als auch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird die strategische Bedeutung einer professionellen IP-Sicherung für die Akquise von Drittmitteln hervorgehoben. Aus diesem Grund entscheiden sich die Hochschulen zunehmend für eine strategisch begründete Fortführung von Patentverfahren. 9. Was hat Senatorin Fegebank unternommen, um die Anmeldung und Nutzung von Patenten durch Hamburger Hochschulen zu fördern? Die zuständige Behörde fördert den Hamburger Patentverbund im Rahmen der ab 01.01.2016 in Kraft getretenen neuen Förderrichtlinie „WIPANO – Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie jährlich durch Landesmittel (siehe Drs. 21/5000). Durch diese Förderung soll zum einen die verbesserte Verwertung von Erfindungen aus öffentlicher Forschung gewährleistet werden. Zum anderen tragen die Identifizierung, schutzrechtliche Sicherung und Vermarktung von Forschungsergebnissen dazu bei, die Wissensressourcen der Hamburger Hochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen für die Wirtschaft transparent und einer Verwertung außerhalb der Wissenschaft zugänglich zu machen. Drucksache 21/6680 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Tabelle 1: Anzahl der Patentanmeldungen (deutsche Erstanmeldungen (DE)- und europäische Erstanmeldungen (EP) sowie internationale Nachanmeldungen (PCT)); alle Patentanmeldungen basierten auf Erfindungen aus Instituten naturwissenschaftlicher Fakultäten . 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* HAW 0 5 3 3 1 1 1 2 3 1 HCU 1 HSU 7 5 2 4 4 5 9 10 18 10 TUHH 10 18 18 19 16 11 15 12 11 8 UHH 10 7 7 6 3 4 8 9 11 11 UKE 12 9 18 17 17 16 9 10 12 9 Summe** 39 44 48 49 41 37 42 43 56 39 Unternehmens - patentanmeldungen nach Rechteübertragungen ** nicht erfasst nicht erfasst nicht erfasst 10 - 20 10 - 20 15 - 25 10 - 20 15 - 25 10 - 20 15 - 25 * Zahlen aus 2016: Stand 30. September 2016 ** In der Summe der Hochschul-Patentanmeldungen nicht erfasst sind pro Jahr zwischen 10 und 25 Patentanmeldungen von Unternehmen (insbesondere Airbus, Lufthansa Technik, Elektrotechnik-Konzerne), denen von den Hamburger Hochschulen die Rechte an Erfindungen direkt, d.h. vor einer Patentanmeldung, übertragen wurden. Die genaue Anzahl ist nicht ermittelbar, da für die Unternehmen keine Informationspflicht über eine erfolgte Patentanmeldung besteht. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6680 5 Anlage 2 Anzahl der Patente, die wirtschaftliche Anwendung gefunden haben 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* HAW 0 1 1 0 1 1 1 2 3 1 HCU 0 HSU 2 1 1 1 1 5 3 5 5 3 TUHH 2 9 7 5 8 8 6 8 8 6 UHH 1 2 3 0 1 0 2 3 2 3 UKE 4 3 5 4 4 7 4 5 6 6 Summe 9 15 17 10 15 22 16 23 24 19 * Zahlen aus 2016: Stand 30. September 2016 Drucksache 21/6680 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Anlage 3 VZÄ HAW 1 HCU 0,3 HSU 0,5 TUHH 0,5 UHH 0,5 UKE 2 TUTECH (PVA) 6,5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6680 7 Anlage 4 Finanzielle Erträge der Hochschulen (in Tsd. €) 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* HAW 0 0 4 0 50 67,5 54 54 18 8 HCU 0 HSU 8 8 8 4 4 42 4 41,5 10,5 9 TUHH 6,6 89,5 55 45 63,5 85 58,5 15,5 73,5 58,3 UHH 15 0 2 4 0 0 0 10,75 6 22 UKE 67,6 10,6 35 22 6 59 27 41,5 257 177 * Zahlen aus 2016: Stand 30. September 2016