BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/669 21. Wahlperiode 09.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 02.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Kindesmisshandlungen in Hamburg – Wie können wir unsere Kinder noch besser schützen? Allein 2014 gab es in Deutschland 4.200 Fälle von polizeibekannten Kindesmisshandlungen . Experten gehen sogar davon aus, dass jedes Jahr in Deutschland rund 200.000 Kinder geschlagen, getreten oder verbrüht werden beziehungsweise ihnen andere Gewalt angetan wird. Auch klagen die Experten aufgrund der hohen Dunkelziffern über ein regelmäßiges Versagen des Kinderschutzes. Laut Presseberichten wurden 2014 in Hamburg 700 Kinder vom Säuglingsalter bis zum 13. Lebensjahr im Kinderkompetenzzentrum (Kinder -KOMPT) der Hamburger Rechtsmedizin mit Verdacht auf Misshandlungen untersucht. Seit Jahren steigt die Zahl der festgestellten Misshandlungen, wobei davon ausgegangen wird, dass nicht die Zahl der Misshandlungen zugenommen hat, sondern sich die Sensibilität für das Thema in der Vergangenheit erhöht hat. Das ist richtig und gut. Dennoch ist die Dunkelziffer nicht erkannter Kindesmisshandlungen nach wie vor viel zu hoch und weist auf erheblichen Handlungsbedarf hin. Auch für Hamburg wird eine hohe Zahl an Dunkelziffern bei Kindesmisshandlungen vermutet, die nur durch genaueres Hinschauen erkennbar wären. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, zum Teil auf Grundlage von Auskünften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), wie folgt: 1. Seit wie vielen Jahren werden Kinder im Kinderkompetenzzentrum des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf auf Kindesvernachlässigung sowie Kindesmisshandlung untersucht? Das Kinderkompetenzzentrum des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf führt entsprechende Untersuchungen seit dem Jahr 2007 durch. 2. Wie viele Verdachtsmeldungen auf Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung gab es seit 2011 in Hamburg? Wie hat sich im Verhältnis dazu die Zahl der untersuchten Kinder entwickelt? Bitte insgesamt sowie nach Bezirken aufschlüsseln. Das primäre Ziel des Kinderschutzes ist die Behebung möglicher Gefährdungssituationen . In den Jugendämtern werden daher ausschließlich die Verdachtsmeldungen zu möglichen Kindeswohlgefährdungen statistisch erhoben. Ob es sich bei einer gemeldeten möglichen Gefährdung eines Kindes auch um einen möglichen Straftatbestand der Kindesmisshandlung oder Kindesvernachlässigung handelt, wird statistisch nicht erfasst. Drucksache 21/669 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Kindeswohlgefährdungsmeldungen Bezirksamt 2011 2012 2013 2014 Hamburg-Mitte 1.698 2.126 1.888 2.547 Altona 719 1.000 1.030 1.399 Eimsbüttel 875 792 828 1.064 Hamburg-Nord 884 1.102 1.105 1.665 Wandsbek 2.161 2.392 2.080 2.863 Bergedorf 670 865 780 1.524 Harburg 799 816 881 1.050 Hamburg 7.806 9.093 8.592 12.112 Quelle: JUS-IT Anzahl der Untersuchungen Kinderkompetenzzentrum des Instituts für Rechtsmedizin 2011 2012 2013 2014 127 192 201 510 Quelle: Sachberichte des UKE 2011 – 2014 (ohne Wiederholungs-/Kontrolluntersuchungen) 3. Wie viele dieser Untersuchungen erfolgten dabei auf Anordnung der einzelnen ASDs? Bitte insgesamt und nach Bezirken getrennt angeben. Jahr HamburgMitte Altona Eimsbüttel HamburgNord Wandsbek Bergedorf Harburg Gesamt 2011 14 4 2 3 23 9 10 65 2012 24 7 9 21 22 5 23 116 2013 29 15 4 10 22 3 25 108 2014 92 36 26 26 101 68 33 382 Quelle: Sachberichte des UKE 2011 – 2014 (ohne Wiederholungs-/Kontrolluntersuchungen) 4. Wie viele dieser Untersuchungen erfolgten dabei auf Anordnung der Staatsanwaltschaft, von Kinderärzten, Kinderkrankenhäusern oder anderer staatlicher Stellen? Bitte insgesamt und nach Bezirken sowie differenziert nach „Auftraggebern“ angeben. Beauftragende Stelle Jahr 2011 2012 2013 2014 Eltern 1 2 4 7 Jugendamt 65 116 108 382 Kinderarzt 6 7 11 7 Kinderklinik 25 20 24 34 Kita 1 1 Mutter 4 14 15 25 Polizei 21 19 29 28 Schule 2 4 1 1 Vater 1 2 3 4 Gericht 3 7 Andere 2 4 6 14 Gesamt 127 192 201 510 Quelle: Sachberichte des UKE 2011 – 2014 (ohne Wiederholungs-/Kontrolluntersuchungen) Die Zuordnung der von den Jugendämtern beauftragten Untersuchungen zu Bezirken ergibt sich aus der Antwort zu 3. Darüber hinaus ist eine Zuordnung zu Bezirken nicht Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/669 3 möglich. Eine direkte Beauftragung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt nicht. Im Rahmen von Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung wird insoweit die Polizei tätig. 5. Bei wie vielen der untersuchten Kinder lag tatsächlich eine Kindesvernachlässigung und/oder Kindesmisshandlung vor? Bitte insgesamt sowie nach Bezirken aufschlüsseln sowie differenziert nach Alter der Kinder, Kindesmisshandlung, Kindesvernachlässigung sowie anderen Meldungen . Im Kinderkompetenzzentrum des Instituts für Rechtsmedizin (IfR) am UKE erfolgt eine Erstuntersuchung der zugewiesenen Kinder dahin gehend, ob sich die anlassgebende Verdachtsdiagnose (Einweisungsdiagnose) mit Bezug auf körperliche Misshandlung, Vernachlässigung oder sexualisierte Gewalt bestätigt, teilweise bestätigt, nicht bestätigt oder das Ergebnis der Untersuchung zunächst unklar ist. Hierbei handelt es sich um erste Einschätzungen nach Inaugenscheinnahme der Kinder sowie anhand der zum Untersuchungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen. Später nachgereichte oder bekannt gewordene Anknüpfungspunkte, die sich beispielsweise in strafrechtlichen Ermittlungs- oder Hauptverfahren ergeben können (und in vielen Fällen zu Folgegutachten führen), fließen in diese Einschätzung nicht ein. Das IfR meldet die Untersuchungsergebnisse im Rahmen eines Sachberichtes jährlich an die BASFI. Die in den Sachberichten niedergelegten Analysen erfolgen grundsätzlich pauschal nach Altersgruppen. Eine Differenzierung in Bezug auf die zugrundeliegenden Kategorien sowie auf die einzelnen Auftraggeber (zum Beispiel Jugendamtsbezirke ) erfolgt dabei nicht. Für die Jahre 2012 bis 2014 ergibt sich folgendes Ergebnis. Für das Jahr 2011 wurde keine derartige Analyse durchgeführt 2012 Altersgruppe Gesamt 0-4 Jahre 5-9 Jahre 10-14 Jahre Einweisungs -Diagnose bestätigt ? ja Anzahl 16 24 18 58 % 24,2% 28,6% 42,9% 30,2% teilweise Anzahl 1 0 0 1 % 1,5% 0,0% 0,0% 0,5% nein Anzahl 24 21 6 51 % 36,4% 25,0% 14,3% 26,6% unklare Diagnose Anzahl 25 39 18 82 % 37,9% 46,4% 42,9% 42,7% Gesamt Anzahl 66 84 42 192   2013* Altersgruppe Summe 0-4 Jahre5-9 Jahre 10-14 Jahre >14 Jahre Einweisungs -Diagnose bestätigt ? ja Anzahl22 25 21 0 68 % 22,7% 27,8% 42,9% 0,0% 28,7% teilweise Anzahl0 1 1 0 2 % 0,0% 1,1% 2,0% 0,0% 0,8% nein Anzahl10 19 4 0 33 % 10,3% 21,1% 8,2% 0,0% 13,9% unklare Diagnose Anzahl42 30 19 1 92 %. 43,3% 33,3% 38,8% 100,0% 38,8% Umfelduntersuchung : Kein Verdacht Anzahl4 1 0 0 5 % 4,1% 1,1% 0,0% 0,0% 2,1% Drucksache 21/669 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 2013* Altersgruppe Summe 0-4 Jahre 10-14 Jahre >14 Jahre Umfelduntersuchung : keine eindeutige Diagnose Anzahl1 0 0 0 1 % 1,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,4% Kontrolluntersuchung : kein Hinweis auf neuerliche Misshandlung Anzahl15 12 2 0 29 % 15,5% 13,3% 4,1% 0,0% 12,2% Kontrolluntersuchung : kein eindeutiges Ergebnis Anzahl3 2 2 0 7 % 3,1% 2,2% 4,1% 0,0% 3,0% Gesamtsumme Anzahl97 90 49 1 237 % 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% * In 2013 sind zusätzlich sogenannte Umfeld- und Kontrolluntersuchungen (Umfeld= insbesondere Geschwisterkinder von Indexfällen; Kontrolle= Wiederholungsuntersuchungen betroffener Kinder) als Bezugsgrundlage der Ausgangsstichprobe in die Prozentzahl mit eingeflossen sind. Rechnet man diese heraus, ergibt sich für 2013 ein Bestätigungswert (ja) von 34,8 Prozent. 2013* Altersgruppe Summe 0-4 Jahre 5-9 Jahre 10-14 Jahre >14 Jahre Einweisungs - Diagnose bestätigt ? ja Anzahl 43 51 43 9 146 % 8,43% 10,00% 8,43% 1,76% 28,63% teilweise Anzahl 13 16 4 0 33 % 2,55% 3,14% 0,78% 0,00% 6,47% nein Anzahl 86 46 24 1 157 % 16,86% 9,02% 4,71% 0,20% 30,78% unklare Diagnose Anzahl 61 50 24 3 138 %. 11,96% 9,80% 4,71% 0,59% 27,06% Umfelduntersuchung : Anzahl 2 2 1 5 Verdacht bestätigt % 0,39% 0,39% 0,20% 0,00% 0,98% Umfelduntersuchung : Anzahl 1 0 1 2 Verdacht teilw. bestätigt % 0,20% 0,00% 0,20% 0,00% 0,39% Umfelduntersuchung : Anzahl 10 10 3 23 Verdacht nicht bestätigt % 1,96% 1,96% 0,59% 0,00% 4,51% Umfelduntersuchung : Anzahl 4 1 1 6 Keine sichere Klärung % 0,78% 0,20% 0,20% 0,00% 1,18% Gesamtsumme Anzahl 220 176 101 13 510 % 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% 100,00% Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/669 5 6. Wie hoch ist die darüber hinausgehende und dem Senat bekannte Anzahl von Kindesmisshandlungsfällen? Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Bezirk. Nach Auskunft des UKE handelt es sich bei den Untersuchungsergebnissen jeweils um eine erste Einschätzung nach Inaugenscheinnahme der Kinder sowie anhand der zum Untersuchungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen (siehe Antwort zu Frage 5.). Insofern handelt es sich in diesen Fällen um Verdachtsfälle, bei denen zwar die Möglichkeit, jedoch keine Sicherheit besteht, dass es sich um Misshandlungs- oder Missbrauchsfälle handelt. Darüber hinaus sind dem Senat, abgesehen von den in der Antwort zu Frage 7. genannten Fällen keine Misshandlungen bekannt. 7. Wie viele Fälle von festgestellten Kindesmisshandlungen führten seit 2011 jährlich zu Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft? Mit welchem Ergebnis? In den Jahren 2011 bis 2015 wurde die folgende Anzahl von Verfahren wegen des Vorwurfs gemäß §§ 223-227 und 211-213 StGB als Jugendschutzsache1 sowie wegen einer Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht gemäß § 171 StGB mit den aufgeführten Erledigungsarten bei der Staatsanwaltschaft Hamburg geführt2: Jahr §§ 223- 227 und 211-213 StGB Erledigung3 § 171 StGB Erledigung4 2011 416 Anklage/Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 57 268 72 19 115 Anklage/Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 9 79 16 11 2012 461 Anklage/Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 71 365 5 20 118 Anklage/Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 6 96 6 9 2013 543 Anklage/Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 111 320 71 36 70 Anklage/ Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 9 43 8 10 2014 532 Anklage/ Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen 108 319 68 53 Anklage/ Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen 4 39 1 1 Während der Tatbestand des § 225 den Altersbereich der Opfer aus der Schriftlichen Kleinen Anfrage erfasst, ist dieses bei den anderen aufgeführten Straftatbeständen aus dem Bereich der Körperverletzungs- und Tötungsdelikte nur durch das Zusatzmerkmal „Jugendschutzsache“ zu gewährleisten versucht worden. Sollte dieses Merkmal bei der Datenerfassung nicht gespeichert worden sein, wäre das Verfahren hier nicht erfasst. 2 Die Daten stehen unter dem Vorbehalt der vollständigen und richtigen Erfassung in MESTA, das nicht als Statistikprogramm konzipiert wurde; Stand: 03.06.2015. 3 Erledigungskategorien: 1. Anklage/Strafbefehl 2. Einstellung gemäß § 170 Absatz 2 StPO 3. Sonstige Einstellungen (insbesondere §§ 153, 153a, 154, 154f, 376 StPO und § 45 JGG) 4. Sonstige Erledigungen (insbesondere Abgabe innerhalb der Behörde oder an andere StA, Verbindung zu einem anderen Verfahren) Sofern die Addition dieser Kategorien nicht die Gesamtzahl der aufgeführten Verfahren ergibt, liegt dieses daran, dass einige Verfahren noch nicht erledigt sind. 4 Siehe Fußnote 3. Drucksache 21/669 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Sonstige Erledigungen 37 Sonstige Erledigungen 7 2015 (bisher ) 128 Anklage/ Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 19 91 10 8 18 Anklage/ Strafbefehl Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO Sonstige Einstellungen Sonstige Erledigungen 0 14 2 1 Soweit das Verfahren durch Anklageerhebung oder mit Strafbefehl abgeschlossen worden ist, steht dennoch nicht fest, ob die eine Gewalttat zum Nachteil eines Kindes Gegenstand der Anklage oder eines Strafbefehlsantrags war, da auch andere Vorwürfe im Rahmen des Verfahrens erhoben worden sein könnten. In wie vielen Fällen tatsächlich wegen eines Gewaltdelikts zum Nachteil eines Kindes Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt wurde, ließe sich nur durch eine händische Einzelauswertung der genannten Verfahren feststellen. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 8. In welcher Form werden bei ärztlich festgestellten oder vermuteten Misshandlungen die ASDs informiert? In wie vielen Fällen dieser Art wurden die ASDs seit 2011 informiert? Bitte aufschlüsseln nach Bezirken. Der ASD wird regelhaft über alle Untersuchungsergebnisse informiert. Diese Information erfolgt durch unmittelbare persönliche oder telefonische Rückmeldung nach der Befunderhebung sowie durch einen ausführlichen schriftlichen Befund. 9. Welche Maßnahmen leiten die Jugendämter routinemäßig ein und welche Unterstützung erfahren Familien, in denen Gewalt vorkommt? Bezogen auf den jeweiligen Einzelfall wird ein Hilfe- und Schutzkonzept für die betroffenen Kinder/Jugendlichen entwickelt und die nächsten konkreten Handlungsschritte abgestimmt. Hierbei ist handlungsleitend, dass jede weitere Gefährdung des Kindes ausgeschlossen werden muss, gleichzeitig aber die Zusammenarbeit mit den Eltern soweit wie möglich erhalten beziehungsweise hergestellt werden soll. - Ein Verbleib beziehungsweise die Rückkehr in die Familie ist daher nur zulässig, wenn eine weitere Gefährdung im Elternhaus ausgeschlossen werden kann. - Die Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit der Erziehungsberechtigten müssen beurteilt und gegebenenfalls Unterstützungs- und Hilfsmöglichkeiten erörtert und eingeleitet werden. - Gegebenenfalls muss das Familiengericht bezüglich eines Verfahrens im Rahmen des § 1666 BGB informiert werden. - Gegebenenfalls müssen therapeutische Hilfsangebote für das Kind einbezogen werden . Die Gefährdungseinschätzung erfolgt unverzüglich im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte im Rahmen einer kollegialen Beratung. 10. Inwiefern werden Kinder, bei denen auch nur der Verdacht einer Misshandlung besteht, inzwischen auf Anordnung des ASD beziehungsweise der ASD-Mitarbeiter rechtsmedizinisch untersucht? Entsprechend der Kooperationsvereinbarung zwischen BASFI, UKE und Bezirksämtern schalten der ASD, das FIT und der KJND das Kinderkompetenzzentrum in allen Fällen ein, in denen Kinder Verletzungen ungeklärter/zweifelhafter/strittiger Ursache aufweisen und/oder der allgemeine Gesundheitszustand durch medizinische Diagnostik gesichert werden muss. Dies sind insbesondere Fälle, - in denen eine Vernachlässigung vermutet wird und der pflegerische und/oder Ernährungszustand sowie der körperliche Entwicklungszustand des Kinder als nicht ausreichend beurteilt werden, - ein möglicher zurückliegender Einsatz von physischer Gewalt und damit einhergehende Schädigungen nicht ausgeschlossen werden können oder - der Verdacht auf eine nicht altersgerechte Gabe von Medikamenten oder schädlichen Substanzen vermutet wird. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/669 7 11. Welche Hilfen erhalten durch familiäre Gewalt traumatisierte Kinder? Wo gibt es in Hamburg Kinderschutzambulanzen? In welcher Form helfen diese den Kindern? Wie hoch ist die Zahl der betreuten Kinder seit 2011? Bitte im Einzelnen aufschlüsseln. Der Begriff Kinderschutzambulanz wird bundesweit für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsstellen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdungen gebraucht. Diese Aufgabe nimmt in Hamburg zentral das Kinderkompetenzzentrum des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wahr. Therapeutische Hilfen für traumatisierte Kinder werden durch spezialisierte Beratungsstellen wie zum Beispiel die Hamburger Kinderschutzzentren, der Trauma-Ambulanz im UKE und durch niedergelassene Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten angeboten. Eine statistische Erhebung dieser in der Regel in den Aufgabenbereich der Krankenkassen fallenden Leistungen erfolgt nicht. Eine Erhebung der Zahlen durch Überprüfung mehrerer Tausend Jugendhilfeakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 12. Wie hat sich seit 2011 die Zahl der Fallakten pro Jugendamtsmitarbeiter entwickelt? Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Bezirk. In der Vergangenheit sind in der Praxis der Bezirksämter ASD-„Fälle“ nicht einheitlich definiert gewesen, sodass gleichartige Sachverhalte als ein Fall, als mehrere Fälle oder nicht als Fall gezählt wurden. Nachdem im Zusammenwirken mit der zuständigen Behörde eine einheitliche Falldefinition herbeigeführt wurde, kann die durchschnittliche Anzahl von laufenden Fällen (Akten) pro Vollzeitstelle im ASD seit 2014 aus den Daten des Verfahrens JUS-IT verlässlich erhoben werden. Aufgrund der Unterschiede in den Erhebungsmerkmalen der vorausgangenen Jahre ist ein Vergleich mit den Vorjahren als Datenreihe nicht möglich. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass eine reine Akten- beziehungsweise Fallmenge allein noch keine hinreichenden Anhaltspunkte über die Belastung der ASD-Mitarbeiter/-innen liefert. Zur Festlegung der angemessenen Personalkapazitäten im ASD führt die zuständige Behörde gemeinsam mit den Bezirksämtern das Projekt Personalbemessung im ASD durch. Die Fallbelastung lag am 31. Dezember 2014 je Vollzeitstelle bei durchschnittlich: Bezirksamt Hamburg-Mitte 59,60 Altona 52,90 Eimsbüttel 54,85 Nord 56,75 Wandsbek 63,86 Bergedorf 62,27 Harburg 72,05 Quelle: JUS-IT 13. In welcher Form werden Hilfemaßnahmen insbesondere der freien Träger evaluiert und sichergestellt, dass das Geld, das für Hilfen bereitgestellt wird, auch bei den Kindern ankommt? Einzelfallbezogene Leistungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung nach § 27 fortfolgende SGB VIII unterliegen der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII. Hierbei wird die Wirksamkeit der bewilligten Leistung in einem sechsmonatigen Turnus durch das Jugendamt , im Diskurs mit Trägern und Sorgeberechtigten gegebenenfalls auch mit den Kindern /Jugendlichen, überprüft und die Hilfe gegebenenfalls angepasst. Die Überprüfung der durch Zuwendung einzelfallunabhängig geförderten Träger erfolgt regelhaft im Rahmen der Überprüfung der Sachberichte der Träger.