BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6710 21. Wahlperiode 22.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 15.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Razzia gegen Salafisten aus dem Umfeld der Taqwa-Moschee Am 15.November 2016 haben Kräfte von Kriminal- und Bereitschaftspolizei eine Aktion gegen Hamburger Salafisten gestartet. Medienberichten zufolge handelt es sich bei den Tatverdächtigen um Personen, die der Taqwa- Moschee zugerechnet werden, die als zentraler Treffpunkt der städtischen Salafisten-Szene gilt und in der Tradition der berüchtigten al-Quds-Moschee steht, in der sich auch die Terroristen des 11. September 2011 regelmäßig trafen. Im Rahmen der Aktion, die im Kontext einer bundesweiten Operation gegen die Organisation „Die wahre Religion“ (DWR) erfolgte, wurden neben den Räumlichkeiten der Taqwa-Moschee auch vier weitere Gebäude nach Beweismitteln durchsucht. Dass die DWR, die in deutschen Städten seit Jahren unter dem Slogan „LIES!“ Koranverteilungsaktionen durchführt, offenbar in Kontakt mit dem IS steht, kann man daran erkennen, dass bislang etwa 140 der 870 aus Deutschland nach Syrien ausgereisten Personen zuvor an solchen Ständen gearbeitet hatten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Seit wann liegen dem Senat Informationen darüber vor, dass in der Taqwa-Moschee im Rahmen religiöser Predigten eine Verherrlichung des Dschihad stattfindet? Siehe Verfassungsschutzbericht 2012: http://www.hamburg.de/contentblob/4070998/dd9a7fbc068ca92ba087573700d7dcbe/ data/verfassungsschutzbericht-2012-illustriert-fhh-hamburg.pdf. Angaben zu Erkenntnissen über die religiösen Predigten können aus Gründen des Staatswohls nur gegenüber dem nach § 24 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) für die parlamentarische Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes zuständigen Kontrollausschusses (PKA) gemacht werden. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die beobachteten Bestrebungen Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und Einblickstiefe des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg gewährten und eine künftige Beobachtung unverhältnismäßig erschwert würde. 2. Ist dem Senat bekannt, wie groß der Personenkreis ist, der der Gemeinde der Taqwa-Moschee gegenwärtig zugerechnet wird? Zu dem Personenkreis werden zwischen 60 bis 90 Personen gezählt. 3. Die Taqwa-Moschee wird von der Gemeinschaft Olivenbaumzweig e.V. geführt. Was ist dies für eine Organisation? a) Seit wann ist sie in Hamburg aktiv? Drucksache 21/6710 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b) Wer ist ihr Vorsitzender/sind ihre Vorsitzenden? Die erfragten Informationen sind über das beim Amtsgericht Hamburg geführte Vereinsregister einsehbar. Die Einsicht ist nach § 79 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) frei zugänglich. c) Sind Mitglieder von Olivenbaumzweig e.V. bislang strafrechtlich in Erscheinung getreten? Falls ja, um was für Straftatbestände ging es dabei? Die Gemeinschaft Olivenbaumzweig e.V. war bislang nicht Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren. Die Mitgliedschaft eines Beschuldigten in der Organisation „Olivenbaumzweig e.V.“ wird weder im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft erfasst noch würde sich diese regelhaft aus den Ermittlungsakten ergeben. 4. Die Taqwa-Moschee gilt seit Jahren als salafistische Institution in Hamburg . Bereits im Juni 2012 waren ihre Räumlichkeiten deswegen von Sicherheitskräften durchsucht worden. Wie ist es zu erklären, dass die Tawqa-Moschee trotz ihrer Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz bis heute aktiv sein und offenkundig verfassungsfeindliche Tätigkeiten fortsetzen konnte? Die zuständigen Behörden nutzen konsequent die in Rahmen der gesetzlichen Regelungen vorhandenen Möglichkeiten zur Strafverfolgung/Gefahrenabwehr. Für Verbote muss das Vorliegen der entsprechenden Tatbestände nachgewiesen werden. Angaben im Sinne der Fragestellung können aus Gründen des Staatswohls nur gegenüber dem nach § 24 HmbVerfSchG für die parlamentarische Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes zuständigen Kontrollausschuss (PKA) gemacht werden . Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die beobachteten Bestrebungen Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und Einblickstiefe des LfV Hamburg erhielten und eine künftige Beobachtung unverhältnismäßig erschwert würde. 5. Wird im Rahmen der Polizeiaktion vom 15.November 2016 gegenwärtig auch gegen Tatverdächtige ermittelt? Falls ja, gegen wie viele? Falls nein, warum nicht? a) Welcher Straftaten werden die Tatverdächtigen bezichtigt? b) Wie viele dieser Personen waren bereits in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten? c) War es dabei zu Verurteilungen gekommen? Falls ja, in wie viele Fällen und welche Strafen wurden verhängt? Die polizeilichen Maßnahmen vom 15. November 2016 fanden nicht im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens statt, sondern dienten der Vollstreckung einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern vom 25. Oktober 2016 gegen die Vereinigung „Die wahre Religion“ einschließlich Ihrer Teilorganisationen . Derzeit werden gegen Personen keine strafrechtlichen Ermittlungen geführt. d) Liegen dem Senat Informationen darüber vor, ob beziehungsweise inwieweit Personen aus der Hamburger Salafisten-Szene in Kontakt mit Ibrahim Abou Nagie stehen, der als Kopf der DWR in Deutschland gilt? Siehe Antwort zu 4. 6. Im Mai 2016 hatte Innensenator Grote erstmals LIES!-Koranstände in Hamburg abgelehnt, woraufhin der Senat im September desselben Jahres ein generelles Verbot erließ. Wie viele Koranverteilungsaktionen hatte es 2016 bis dahin gegeben? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6710 3 Seit Mai 2016 wurden in Hamburg mehr als 30 Anträge für salafistische Info-Stände im Sinne der Fragestellung abgelehnt. Seitdem gab es in Hamburg keine Salafisten- Stände mehr. Im Übrigen siehe Internetartikel des LfV Hamburg http:// www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/7379816/verbot-vereinigung-diewahre -religion-verfassungsschutz-hamburg/. a) Wie viele Street-Dawa-Aktionen hat der Senat zwischen Januar und Mai 2016 beziehungsweise Juni und November 2016 in Hamburg registriert? Siehe Drs. 21/1278. b) Welche Moscheen außer der Taqwa-Moschee rechnet der Senat gegenwärtig dem salafistischen Spektrum zu? Moscheen sind nahezu über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Lediglich die Taqwa- Moschee in Harburg ist als zentrale Anlaufstelle für Salafisten einzustufen. Darüber hinaus werden verschiedene Moscheen, insbesondere zur Verrichtung des Freitagsgebets , auch von Salafisten besucht, die damit den Moscheen aber keine eigene Ausrichtung geben. 7. Ist dem Senat bekannt, wer gegenwärtig das Amt des Imam in der Taqwa-Moschee versieht? a) Hat der Senat einen Überblick darüber, welche Personen zwischen 2012 und 2016 als Imame in der Taqwa-Moschee aktiv waren? b) Falls ja, sind diese den Sicherheitsbehörden bekannt und kam es womöglich zu Verurteilungen? c) Falls nein, warum nicht? Erkenntnisse zu Einzelpersonen können gemäß § 18 HmbVerfSchG grundsätzlich nicht mitgeteilt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 8. Ist dem Senat bekannt, ob die Taqwa-Moschee von Asylsuchenden besucht wird beziehungsweise ob ihre Mitglieder in der Vergangenheit versucht haben, mit Asylsuchenden in Kontakt zu treten? Falls ja, in wie vielen Fällen? Asylsuchende besuchten nach Kenntnisstand auch die Taqwa-Moschee. Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. 9. Kann der Senat bestätigen, dass die Taqwa-Moschee in erster Linie von Personen aus arabischen Ländern besucht wird? Die Taqwa-Moschee wird von Personen unterschiedlicher Ethnien besucht. a) Ist dem Senat bekannt, wie oft in der Taqwa-Moschee wöchentlich Predigten stattfinden? Gebetsveranstaltungen finden täglich statt. b) War die Taqwa-Moschee jemals Mitglied in einem der muslimischen Dachverbände? Nein. 10. Ist dem Senat bekannt, inwieweit die Taqwa-Moschee mit der Masjid-El- Iman-Moschee vernetzt ist? a) Stehen die Betreiber beider Häuser womöglich in Kontakt? b) Ist es in der Vergangenheit zu gemeinsamen Aktionen gekommen? Siehe Antwort zu 4. 11. Bestehen laut Kenntnis des Senats seitens der Taqwa-Moschee Kontakte zu salafistischen Organisationen aus anderen Bundesländern? Falls ja, welche? Drucksache 21/6710 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Salafisten organisieren sich nur äußerst selten in formellen Organisationen. Im Übrigen siehe Internetartikel des LfV Hamburg http://www.hamburg.de/innenbehoerde/ schlagzeilen/7379816/verbot-vereinigung-die-wahre-religion-verfassungsschutzhamburg /. 12. Beabsichtigt der Senat, die Taqwa-Moschee zu schließen? Verbotsmaßnahmen können wirkungsvollen Maßnahmen zur Eindämmung des Salafismus sein. Diesen Weg wird der Senat wie in der Vergangenheit auch weiterhin – soweit möglich und angebracht – beschreiten. 13. Im November wurde bekannt, dass der salafistische Prediger Pierre Vogel die Führung des Projekts „We Love Mohammed“ übernommen hat, bei dem in eine Biographie des Propheten Mohammed als Buch verteilt wird. Ist dem Senat bekannt, ob derartige Verteilungsaktionen auch bereits in Hamburg stattgefunden haben? Falls ja, wann und wo? Nach derzeitigem Kenntnistand haben Verteilaktionen im Sinne der Fragestellung in Hamburg bisher nicht stattgefunden.