BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6711 21. Wahlperiode 22.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Mehmet Yildiz (DIE LINKE) vom 15.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Neues Prestigeprojekt für Billstedt/Mümmelmannsberg? Seit Jahren gehen die freien Flächen der Hansestadt Hamburg zurück. Verantwortlich dafür ist unter anderem die Haltung beziehungsweise Praxis des regierenden Senats. Regelmäßig werden die noch freien Flächen an private Investoren unter Wert verkauft. Das neuste Beispiel geht aus der Pressemitteilung des Senats vom 28.10.2016 hervor. Wie schon im Konzept „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ vorgeschlagen, sollen neue Wohnquartiere in Oberbillwerder, Öjendorf und Mümmelmannsberg entstehen. Die Konsequenz: Wieder einmal werden noch städtische Flächen an private Investoren vergeben und die Bewohner dieser Stadtteile wurden nicht in die Planungen miteinbezogen. Besonders pikant: In Öjendorf gab es offiziell keine freien Flächen mehr, sodass die gebauten Flüchtlingsunterkünfte in den Landschaftsschutzgebieten errichtet wurden. Nach der Vereinbarung mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ sind nun auf einmal wieder freie städtische Flächen vorhanden , die freigiebig veräußert werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat im November 2015 mit der Drs. 21/1838 „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ die Bürgerschaft darüber in Kenntnis gesetzt, dass für die Flüchtlingsunterbringung unter anderem eine städtische Fläche östlich Haferblöcken am Öjendorfer See geprüft werde. Die Optionen für Wohnungsbau, die in der Pressemitteilung des Senats vom 28. Oktober 2016 beschrieben werden, wurden und werden unabhängig von der Thematik der Flüchtlingsunterbringung entwickelt. Die Flächen befinden sich nur zum Teil in städtischem Eigentum. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Seit wann ist dem Senat bekannt, dass diese genannten Grundstücke zur Wohnbebauung zur Verfügung stehen? 2. Seit wann laufen die Planungen für die Bebauung der freien Flächen in Oberbillwerder, Mümmelmannsberg und Öjendorf? Drucksache 21/6711 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Für Oberbillwerder hat es im Zusammenhang mit dem Entwicklungsraum Billwerder- Allermöhe bereits seit den Siebzigerjahren planerische Überlegungen gegeben. Diese wurden Mitte der Neunzigerjahre für die Fläche nördlich des S-Bahn-Haltepunktes Allermöhe überarbeitet und haben zur heutigen Darstellung im Flächennutzungsplan geführt. Die Senatskommission für Stadtentwicklung und Wohnungsbau hat am 28. September 2016 beschlossen, dass die IBA Hamburg GmbH mit der weiteren planerischen Entwicklung des Gebietes beauftragt wird. Die in Rede stehenden Flächen in Mümmelmannsberg und Öjendorf sind im Senatskonzept „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ als Entwicklungsoption für Wohnungsbau dargestellt (siehe Drs. 20/14117). Im Bezirklichen Wohnungsbauprogramm 2016 des zuständigen Bezirksamtes sind die Standorte „Östlicher Siedlungsrand Mümmelmannsberg “ und „Gartenstadt Öjendorf“ (nördlich Glinder Straße) als sogenannte Suchräume mit ersten Mengengerüstangaben und Überlegungen hinsichtlich potenzieller Wohnformen aufgenommen. Für den Standort „Östlich Haferblöcken“ westlich des Öjendorfer Sees ist der Bebauungsplan „Billstedt 113“ eingeleitet worden. Die öffentliche Plandiskussion zum Bebauungsplan-Entwurf findet am 8. Dezember 2016 statt. Dem ist ein intensives Werkstattverfahren Anfang 2016 mit zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen unter großer Beteiligung der Menschen aus den angrenzenden Quartieren vorangegangen. 3. Seit wann steht fest, dass für Öjendorf und Mümmelmannsberg 1.400 neue Wohnungen entstehen sollen? Wurden die Bewohner der Stadtteile im Vorfeld darüber informiert? Die Entwicklung konkreter Zahlen für die Standorte ist Gegenstand des weiteren Planungsprozesses . Das Senatskonzept „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ wurde 2014 in verschiedenen Gremien und Stadtteilräten im Planungsgebiet sowie in einer Stadtwerkstatt im Dezember 2014 öffentlich vorgestellt und diskutiert. 4. Gab es Gespräche mit städtischen Wohnungsbauunternehmen SAGA GWG und anderen Genossenschaften wegen der Planung der neuen Quartiere? Wenn ja, welche waren an den Gesprächen beteiligt und wie sind diese ausgegangen? In Bezug auf Oberbillwerder werden vertiefende Gespräche noch in diesem Jahr aufgenommen . Zu den Quartieren Neue Gartenstadt Öjendorf und Mümmelmannsberg gab es bereits erste Gespräche. Im Ergebnis hat der Senat das in oben genannter Presseerklärung beschriebene Vorgehen der Projektentwicklung beschlossen. Zum Standort „Östlich Haferblöcken“ gab es seit Ende 2015 Gespräche mit den potenziellen Bauherren SAGA GWG, der HANSA Baugenossenschaft eG und der Baugenossenschaft freier Gewerkschafter eG. Diese stehen seitdem in engen Verhandlungen mit der Freien und Hansestadt Hamburg und sind als zukünftige Bauherren für die Realisierung der projektierten Wohnbebauung verantwortlich. 5. Warum sollen in Mümmelmannsberg und Öjendorf private Investoren diesen neuen Wohneinheiten bauen? Gibt es Planungen wie sich die neuen Wohnungen in Mümmelmannsberg und Öjendorf zusammensetzen ? Das heißt wo und wie viele Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser , wo geförderter sozialer Wohnungsbau (Förderweg I und II) sollen entstehen? Bitte getrennt nach Stadtteilen. Im Bündnis für das Wohnen in Hamburg haben Senat und Wohnungsunternehmen die Entwicklung kooperativer Verfahren für die Entwicklung von Wohnungsbau vereinbart. Die Projektentwicklung in Öjendorf und Mümmelmannsberg stellt ein modellhaftes Beispiel für einen kooperativen Planungsprozess dar. Am Standort „Östlich Haferblöcken“ werden von rund 550 Wohneinheiten bis auf zwei Mehrfamilienhäuser ausschließlich Reihenhäuser realisiert. Rund 254 Wohneinheiten Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6711 3 werden zunächst als Unterkünfte für Geflüchtete realisiert. Der Rest soll als preisgedämpfter Mietwohnungsbau und ebenso als Eigentumsmaßnahmen nach Abschluss des Bebauungsplanverfahrens umgesetzt werden. Im Übrigen siehe Antworten zu 1., 2. und 3. 6. Durch die zu erwartende starke Steigerung des Mietpreises innerhalb der Stadtteile werden viele alte Bewohner/-innen Schwierigkeiten haben, weiterhin dort leben zu können. Gibt es eine Strategie, diese Bewohner/ -innen zu schützen? Oder wird die dadurch entstehenden Gentrifizierung bewusst in Kauf genommen? Grundsätzlich wird erwartet, dass sich durch den Wohnungsneubau die Bestandsmieten der Wohnungen im Umfeld eines Neubaugebietes nicht erhöhen. Eine Ausweitung des Wohnungsangebots wirkt sich im Gegenteil mietpreisdämpfend aus. In den genannten Quartieren in Billstedt liegt ein umfangreicher mietpreisgebundener Wohnungsbestand mit bezahlbaren Mieten vor. Eine Gentrifizierung ist auch für den Raum Oberbillwerder/Bergedorf nicht zu erwarten . 7. Wie soll in Zukunft sichergestellt werden, dass die Bewohner/-innen der Stadtteile aktiv und transparent bei dem neuen Konzept mitwirken können ? Für die aktive Einbeziehung der Bewohner/-innen in den Planungsprozess werden derzeit von den Bezirksämtern und der IBA Hamburg GmbH (für Oberbillwerder) umfassende Beteiligungsangebote entwickelt. Für den Standort „Östlich Haferblöcken“ hat das zuständige Bezirksamt im Juni 2016 ein Begleitgremium zur laufenden Planung und zum Bebauungsplanverfahren eingerichtet . Im Übrigen siehe Antwort zu Fragen 1. und 2. 8. Seit wann wurde über die zu bebauenden Flächen intern beraten? In welchen bürgerschaftlichen/bezirklichen Gremien wurde darüber informiert , beraten oder entschieden? Mit der Entwicklung des Senatskonzepts „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ wurde Anfang 2014 begonnen. Das Konzept wurde im Stadtplanungsausschuss des zuständigen Bezirksamtes vorgestellt. Die Bürgerschaft hat am 22. Januar 2015 von dem Konzept Kenntnis genommen. Die Flächen „Östlich Haferblöcken“ und „Gartenstadt Öjendorf“ wurden im Kontext des Bezirklichen Wohnungsbauprogramms im Stadtplanungsausschuss und in der Bezirksversammlung des zuständigen Bezirksamtes behandelt. Oberbillwerder war seit Juni 2016 in fünf Sitzungen der Bezirksversammlung, des Hauptausschusses und des Stadtentwicklungsausschusses Thema. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2.