BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6740 21. Wahlperiode 22.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 16.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Mobbing und Bossing am Arbeitsplatz in den Hamburgischen Behörden (II) In der Fachliteratur wird Mobbing als ein Prozess der systematischen Anfeindungen , Diskriminierung, Schikanierung oder Ausgrenzung einer bestimmten Person oder einer Gruppe bezeichnet. Mobbing liegt dann vor, wenn jemand über einen längeren Zeitraum durch eine Person oder Gruppe wiederholt durch negative Handlungen wie Anfeindung, Ausgrenzung und oben genannte Aspekten gedemütigt oder eingeschüchtert wird. Es handelt sich hierbei um einen Angriff auf die Persönlichkeitsrechte und die Würde des Betroffenen . Mobbing kann von Vorgesetzten – hier spricht man von Bossing – oder auch von Kollegen/-innen ausgehen. Gesundheitliche Einschränkungen, wie körperliche, psychosomatische oder psychische Reaktionen bis hin zur temporären oder dauerhaften Arbeitsunfähigkeit können die Folgen sein. Oftmals hilft dann nur noch den Arbeitsplatz in Form einer Versetzung oder Kündigung zu verlassen. Juristisch dagegen vorzugehen ist nicht immer ganz einfach . Laut Statista haben 15 Prozent schon einmal Mobbing am Arbeitsplatz erlebt. Bis heute gibt es in Deutschland kein „Anti-Mobbing-Gesetz“, in dem Betroffene zum Beispiel eine Definition von Mobbing nachlesen können und dadurch Schutz erfahren. Das BAG hat im Jahr 1997 erstmals den Begriff Mobbing als das „systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“ definiert. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das 2006 in Kraft getreten ist, spricht von (...) „unerwünschte Verhaltensweisen, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen , Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“ Zwar gibt es Rechtsgrundlagen, wie das AGG, BetrVG, StGB, ArbSchG, KSchG sowie einzelne §§ des BGB, die gesetzliche Regulierungen vorschreiben, jedoch nicht explizit Mobbing oder Bossing beinhalten. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich dafür verantwortlich, seine Arbeitnehmer/-innen vor Belästigungen zu schützen. Auch hat er für ein gesundes Arbeitsklima zu sorgen. So sind Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes auch im beruflichen Bereich zu beachten. Und nicht nur deliktisch nach § 823 Absatz 1 BGB gegenüber jedermann, also auch Mitarbeitern/-innen, sondern auch als Gegenstand der mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Pflichten und Nebenpflichten. Verletzt der Arbeitgeber innerhalb des Arbeitsverhältnisses das Persönlichkeitsrecht des/ der Arbeitnehmer/-in, ist das zugleich ein Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Aus der Drs. 21/6552 und den Antworten des Senats ergeben sich weitere Nachfragen. Drucksache 21/6740 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Sind dem Senat angezeigte Mobbing- oder Bossingfälle bekannt? Bitte jeweils für die Jahre 2010 bis aktuell und nach m/w auflisten nach: a. Fachbehörden b. Bezirksämtern c. Senatsbehörden d. Agentur für Arbeit Hamburg e. Sonstigen Behörden m w m w m w m w m w m w m w Bezirksamt Altona 4 1 2 3 3 2 2 1 1 Bezirksamt Wandsbek 1 1 1 Behörde für Schule und Berufsbildung 3 4 12 22 10 25 32 47 48 71 31 61 39 59 Technische Universität Hamburg- Harburg 2 4 3 5 3 1 Kulturbehörde 1 2 Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz 1 Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation 1 Behörde für Inneres und Sport (inkl. Landesfeuerwehrschule und Hochschule der Polizei) 1 1 2016 (bis 16.11.)20122011 2014 201520132010 Die Agentur für Arbeit ist keine Dienststelle der Freien und Hansestadt Hamburg. Informationen hierzu liegen dem Senat nicht vor. 2. Liegen dem Senat aktuelle Daten zu Mobbing oder Bossing von Betroffenen vor, die sich an: a. Personalrat, b. Leitungsfunktionen, c. Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), d. Schwerbehindertenvertretung, e. Gleichstellungsbeauftragte gewandt haben? Bitte jeweils in der Anzahl auflisten. Zu der Anzahl können keine Angaben gemacht werden. Eine systematische Erfassung von Mobbing- oder Bossingvorfällen bei den erwähnten internen Gremien und Ansprechpartnern erfolgt schon aufgrund der Vertraulichkeit nicht (siehe auch Drs 19/4755). 3. Ist nach der Erprobungsphase der „Handlungsanleitung für die Arbeitsschutzverwaltungen der Länder LV 34“ eine Prüfung erfolgt, wie die Vorgehensweisen von den Aufsichtsbehörden angenommen wurden und ob damit Mobbingprävention in den Betrieben erfolgreich umgesetzt wurde? Wenn ja, mit welchem Ergebnis für Hamburg? Wenn nein, warum nicht? Die Handlungsanleitung LV 34 der Länder hat Empfehlungscharakter für die Vorgehensweise der Aufsichtsbehörden im Betrieb. Es liegen keine länderübergreifenden Erkenntnisse zur Frage vor, ob beziehungsweise in welcher Form die Empfehlungen von den Aufsichtsbehörden angenommen und gegebenenfalls in den Betrieben umgesetzt wurden. Mobbingprävention ist in der Praxis der Hamburger Arbeitsschutzbehörde Bestandteil der vom Arbeitgeber gesetzlich geforderten Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, die in diesem Zusammenhang von den Aufsichtsbeamten überprüft wird. Systematische Erkenntnisse zum Teilaspekt Mobbing im Zusammenhang mit einer Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz liegen für Hamburg nicht vor. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6740 3 4. Gibt es bei den einzelnen (Fach-)Behörden, Landesbetrieben und Beteiligungsbetrieben oder sonstiger Verwaltung eine Betriebsvereinbarung gegen Mobbing durch die Stadt Hamburg? Wenn ja, bitte anhängen. Wenn nein, warum nicht und ist dieses in Zukunft geplant? Wenn dieses nicht geplant ist, warum nicht? Dienstvereinbarungen liegen vor: Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration Behörde für Schule und Berufsbildung Kulturbehörde Behörde für Inneres und Sport (inklusive Landesfeuerwehrschule und Hochschule der Polizei) Universität Hamburg Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburger Institut für Berufliche Bildung Bezirksamt Hamburg-Mitte Bezirksamt Altona Bezirksamt Hamburg-Nord Bezirksamt Harburg Landesbetrieb Erziehung und Beratung Landesbetrieb Verkehr Planetarium Hamburg Elbkinder Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH Dienstvereinbarungen sind geplant: Bezirksamt Wandsbek Bezirksamt Bergedorf Staats- und Universitätsbibliothek Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Elbe-Werkstätten GmbH In den übrigen Dienststellen und Beteiligungsbetrieben gibt es keine Dienstvereinbarungen und es sind auch keine geplant, da kein Bedarf gesehen wird. 5. Wie hat sich die Zahl der Gerichtsverfahren vor Arbeitsgerichten, Landesarbeitsgerichten und Bundesarbeitsgericht gegen die Stadt Hamburg, in denen Mobbing oder Bossing zumindest sekundär eine Rolle gespielt hat, seit 2010 bis aktuell entwickelt? 6. In wie vielen Gerichtsverfahren nach Frage 5. wurde ein Vergleich geschlossen? 7. In wie vielen Gerichtsverfahren nach Frage 5. haben Mitarbeiter/-innen der Stadt Hamburg vor Gericht Recht erhalten und in welchem Verhältnis steht dieses zur Gesamtanzahl Gerichtsverfahren? Bitte jeweils auflisten nach: a. Arbeitsgericht Drucksache 21/6740 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 b. Landesarbeitsgericht c. Bundesarbeitsgericht 8. Wie hoch lagen die Kosten nach Frage 5. für die Stadt Hamburg für externe Rechtsanwälte/Kanzleien/Gutachten, um die Verfahren zu bestreiten? Bitte tabellarisch nach Verfahren vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht auflisten. ArbG LAG BAG ArbG LAG BAG ArbG LAG BAG ArbG LAG 2010 2011 Bezirksamt Wandsbek 1 1 0 0 2012 Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz 1 1 0 1 1 0 1.000 € 1.000 € 2013 Bezirksamt Wandsbek 1 0 0 0 2014 2015 Bezirksamt Altona 1 1 0 7.000 € 2016 Bezirksamt Altona 1 1 0 7.000 € Technische Universität Hamburg- Harburg 1 0 0 0 Dienststelle 5. Anzahl Gerichtsverfahren 6. Vergleich geschlossen? 7. Recht erhalten 8. Kosten