BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/675 21. Wahlperiode 09.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 03.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Telefonische Erreichbarkeit der Jobcenter in Hamburg Seit Mai 2010 haben Jobcenter die Beantwortung von Telefonanrufen zunehmend an Servicecenter ausgegliedert. Das ist eine Folge des Konzeptes für die Neuorganisation der SGB-II-Telefonie durch die Bundesagentur für Arbeit. Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Leipzig hat in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom Januar 2013 folgendes angeführt: „Die telefonische Kommunikation mit dem Bürger ist selbst Teil behördlicher Aufgabe . Es ist Ausdruck modernen staatlichen Selbstverständnisses, die telefonische Erreichbarkeit in beiden Richtungen unmittelbar sicherzustellen und zwar auch in sog. Massenverfahren und auch in Bereichen, wo es um die soziale Existenz gehen kann.“ (VG Leipzig, 5 K 981/11, Urteil vom 10.01.2013.) Grundsätzlich sieht das Gesetz den umfassenden Zugang zu amtlichen Informationen vor, sofern nicht Sicherheits- und Datenschutzgründe dagegen sprechen. Telefonnummern von Behördenmitarbeitern unterliegen nach der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) nicht dem persönlichen Datenschutz. Die innere Organisation des Jobcenters allein sei kein Kriterium, um Informationsansprüche zurückzuweisen. Jobcenter team.arbeit.hamburg (t.a.h) schreibt in einer internen Mail vom 22. April 2015 (vergleiche „junge Welt“ vom 5. Mai 2015) an die Mitarbeiter der Jobcenter, dass sich die „Übernahme telefonischer Kundenanfragen durch das Service Center (SC) bewährt hat“. Weiterhin wird darauf gedrungen, dass die Telefonnummern der Beschäftigten t.a.h. nicht an Kundinnen und Kunden sowie an sonstige Dritte herausgegeben werden und nur für den internen Dienstgebrauch sind. Auf eine entsprechende Servicenummer wird hingewiesen. Für Leistungsberechtigte nach SGB II bedeutet die Ausgliederung, dass sie in der Regel ihre Anliegen nicht kurzfristig mit einem zuständigen Sachbearbeiter besprechen können. Fragen, die einer schnellen Klärung bedürfen, lassen sich so nicht zeitnah klären (Kostenübernahme Umzug, Lohnzuschüsse , Arbeitsbeginn, Praktika, Krankmeldung bei Terminen). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Inanspruchnahme der Service-Center-Dienstleistung der Bundesagentur für Arbeit (BA) für fünf Standorte von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) ist nicht Folge eines „Konzeptes für die Neuorganisation der SGB-II-Telefonie“. Bei Jobcenter wird aktuell ein erweiterter Testbetrieb für die Service-Center-Dienstleistung der BA durchgeführt , der es ermöglichen soll, eine fundierte Entscheidung über die angestrebte Drucksache 21/675 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zukünftige Organisation der Telefonie zu treffen. Ziel ist eine kundenorientierte, verlässliche und effiziente Gestaltung. Mehr als 80 Prozent der Anrufe werden durch das Service-Center „fallabschließend“ erledigt – unabhängig davon, ob es um Geldleistungen oder Vermittlungsthemen geht. In diesen Fällen kann das Anliegen des Anrufenden also durch das Service-Center abschließend bearbeitet werden – ohne Nacharbeit am Standort. Durch das Service-Center nicht abschließend zu klärende Anliegen gibt das ServiceCenter dann an den verantwortlichen Standort weiter oder vereinbart direkt einen persönlichen Termin für den Kunden/die Kundin. Wenn ein Rückruf zugesagt wurde, erfolgt dieser spätestens innerhalb der nächsten zwei Werktage. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg wie folgt: 1. Welchen konkreten Inhalt hat das Konzept der Bundesagentur für Arbeit für die Neuorganisation der SGB-II-Telefonie vom Mai 2010? 2. Hat dieses Konzept für die bundesweiten Jobcenter (gemeinschaftliche Einrichtungen (ge) und Optionskommunen) eine einheitliche, allgemeine Gültigkeit? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? 3. Setzt Jobcenter t.a.h. dieses Konzept in ihren gemeinschaftlichen Einrichtungen ein? Siehe BT-Drs. 18/735 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/007/1800735.pdf). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Welche Jobcenter in Hamburg sind aktuell dem Service-Center angeschlossen ? Die Standorte Wilhelmsburg, Mitte, Altona-West und der Standort für schwerbehinderte Menschen sowie der Teil-Standort St. Pauli nutzen das Service-Center der BA. 5. Wer entscheidet vor Ort über die Veröffentlichung der Telefonlisten? Die Geschäftsführung von Jobcenter. 6. Gibt es jenseits der angegliederten Service-Center der Bundesagentur für Arbeit weitere (private) Callcenter, die analoge Dienstleistungen für Jobcenter t.a.h. anbieten? Wenn ja, welche Dienstleistungen werden angeboten? Nein. 7. Welche (Verwaltungs-)Kosten entstehen Jobcenter t.a.h. durch die Nutzung von externen Services? Der Einkauf der Dienstleistung Service-Center kostet 3,74 Euro pro betreuter Bedarfsgemeinschaft und Monat. 8. Welche telefonischen Erreichbarkeiten sind über das Service-Center sichergestellt? Die Geschäftszeit des Service-Centers umfasst Montag bis Freitag, jeweils von 8 bis 18 Uhr. 9. Gibt es einen internen Standard, in welchem Zeitraum telefonische Anfragen an das Service-Center vom jeweiligen Jobcenter beantwortet werden müssen? Siehe Vorbemerkung. 10. Gibt es allgemeine feststehende Telefonsprechzeiten für die Leistungssachbearbeitung ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/675 3 Wenn ja, bitte aufschlüsseln nach den jeweiligen Sprechzeiten und Jobcenter . Wenn nein, warum nicht? In den Standorten, die die Service-Center-Dienstleistung der BA nicht nutzen, gibt es keine reinen Telefonsprechzeiten. Diese haben sich in der Vergangenheit nicht bewährt, insbesondere in Bezug auf arbeitsorganisatorische Gesichtspunkte und mangelnde Kundenfreundlichkeit. 11. Welche Studien, wissenschaftlichen Untersuchungen, Expertisen und/ oder Evaluierungen zur Nutzung von Servicecentern/Callcentern sind von Jobcenter t.a.h. gegebenenfalls bei wem in Auftrag gegeben worden ? Wenn ja, welche Ergebnisse liefern diese Studien? Es sind keine derartigen Untersuchungen extern in Auftrag gegeben worden.